Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2003, Az. XII ZB 87/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2161

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[X.] ZB 87/03vom23. Juli 2003in der [X.]:[X.]: nein[X.] § 28 Abs. 2; [X.] § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Vorlage nach § 28 Abs. 2 [X.] gehört,daß die Rechtsauffassung, von der das vorlegende [X.], für die Entscheidung des anderen [X.]s ausweislich des [X.] Entscheidung erheblich gewesen ist.Zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, Abs. 2 [X.].[X.], Beschluß vom 23. Juli 2003 - [X.]/03 - OLGSchleswigAGNorderstedt- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 23. Juli 2003 durch die [X.] Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof.Dr. [X.] und [X.]:Die Sache wird an das [X.] Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit [X.].Gründe:[X.] Beteiligten streiten um die Höhe der dem Beteiligten zu 1 zustehen-den Betreuervergütung.Der mittellose Betroffene wurde 1976 wegen [X.] entmün-digt. 1994 wurde für ihn ein Vereinsbetreuer mit den [X.]n "Bestim-mung des Aufenthalts, Zustimmung zu ärztlichen Behandlungsmaßnahmen [X.] der Interessen gegenüber dem psychiatrischen Krankenhaus R. ..."bestellt. Am 9. Oktober 2001 wurde - nach einem Umzug des Betroffenen - derbisherige Betreuer entlassen und der Beteiligte zu 1 als Berufsbetreuer für [X.] bestellt.Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschluß vom 19. März 2002 die imJahr 2001 angefallene Vergütung des Beteiligten zu 1 nach einem Stundensatzvon 60 DM bemessen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Be-- 3 -teiligten zu 2 hat das [X.] mit Beschluß vom 29. Oktober 2002 zurück-gewiesen. Mit seiner zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde hält [X.] zu 2 an seiner Auffassung fest, der Beteiligte zu 1 sei zwar Diplom-Betriebswirt, verfüge damit aber noch über keine nennenswerten [X.], die ihm bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen [X.] [X.] zugute kämen.Das [X.] möchte der vom [X.] vertretenen Ansicht folgen, wonach die in § 1 Abs. 2 des [X.]es ([X.]) enthaltene Vermutung für die Nutzbarkeitder besonderen - vergütungssteigernden - Kenntnisse in der konkreten Betreu-ung nur dann entfalle, wenn das Vormundschaftsgericht bei der Bestellung [X.] etwas anderes bestimmt habe, was hier nicht geschehen sei. [X.] deshalb die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurück-weisen, sieht sich daran aber durch die Entscheidungen des damals zuständi-gen 15. Zivilsenats des [X.] vom 14. März 2000([X.], 847) und vom 10. Juli 2000 ([X.], 1306) gehindert. [X.] Auskünfte des Vorsitzenden des 15. Zivilsenats und eine schriftliche Mittei-lung des nunmehr zuständigen 3. Zivilsenats des [X.]ergeben hätten, beruhten die genannten Entscheidungen auf der Auffassung,daß die Vermutung des § 1 Abs. 2 [X.] nur greife, wenn "die [X.] Betreuers zum Kreis seiner Aufgaben paßt". An dieser Auffassung haltedas [X.] [X.] auch fest.Das [X.] hat deshalb die [X.] § 28 Abs. 2 [X.] dem [X.] zur Entscheidung [X.] -I[X.] Sache ist dem vorlegenden [X.] zur Entscheidung [X.] Zuständigkeit zurückzugeben. Die Vorlage ist nicht zulässig.Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Vorlage gemäß § 28 Abs. 2[X.] gehört, daß das vorlegende [X.] von einer auf weitere Be-schwerde ergangenen Entscheidung eines anderen [X.]s abwei-chen will. Die Abweichung muß dieselbe Rechtsfrage betreffen und die [X.] muß für beide Entscheidungen erheblich sein. Der[X.] ist zwar an die für die Entscheidungserheblichkeit maßge-bende rechtliche Beurteilung des Falles, wie sie dem Vorlagebeschluß [X.] gelegt ist, gebunden. Er prüft aber, ob die Rechtsauffassung, von der dasvorlegende [X.] abweichen will, für die Entscheidung des ande-ren [X.]s erheblich gewesen ist (st. Rspr., vgl. etwa [X.] vom 1. Juli 1998 - [X.] 181/97 - FamRZ 1999, 22, 23 und vom19. März 2003 - [X.] 121/01 - FamRZ 2003, 868, 869). Die Entscheidung desanderen [X.]s muß also auf der abweichenden Beurteilung [X.] beruhen. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß diestrittige Rechtsfrage in der Entscheidung des anderen [X.]s er-örtert und beantwortet ist und das Ergebnis für die Entscheidung von Einflußwar (Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1988 - [X.] - FamRZ 1989, 48).An diesem Erfordernis fehlt es im vorliegenden Fall.In seiner Entscheidung vom 14. März 2000 (aaO) hat das Oberlandesge-richt [X.] einer [X.] einen Stundensatz nach § 1 Abs. 1Satz 2 Nr. 2 [X.] (60 DM abzüglich 10 % gemäß Art. 4 [X.]; [X.]) zugebilligt. Die Betreuerin verfügte über einen nach Art. 37 Eini-gungsvertrag anerkannten Hochschulabschluß als Diplomlehrerin für [X.] 5 -tik und Physik; sie hatte im Rahmen ihrer Ausbildung über vier Semester [X.] Pädagogik und Psychologie belegt und entsprechende Hauptprüfungenabgelegt. Nach Auffassung des [X.]s hatte die Betreuerin damitFachkenntnisse erworben, die für die ihr übertragenen Wirkungskreise Aufent-haltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge nutzbar und durch eine in ihremKernbereich auf die Vermittlung dieser Fachkenntnisse ausgerichtete [X.] erworben waren. Von diesem Ausgangspunkt, dessen Richtig-keit hier nicht zu überprüfen ist, hatte das [X.] [X.] keinenAnlaß, sich in der zitierten Entscheidung mit § 1 Abs. 2 [X.] und der [X.] vom vorlegenden [X.] thematisierten Rechtsfrage auseinan-derzusetzen: Der Betreuerin war, folgt man dem [X.] [X.],der höchste Stundensatz bereits nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] [X.]; auf die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 [X.] kam es [X.] an. Diese Vorschrift findet ebenso wie die vom vorlegenden [X.] herausgestellte Rechtsfrage in der Entscheidung des Oberlandesge-richts [X.] folglich auch keine Erwähnung.In seiner Entscheidung vom 10. Juli 2000 (aaO) hat das Oberlandesge-richt [X.] einem Betreuer einen Stundensatz nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1[X.] (45 DM abzüglich 10 % gemäß Art. 4 [X.]; mittlerer Stundensatz)verweigert. Der Betreuer, der für die [X.] der Vertretung in Woh-nungsangelegenheiten und gegenüber Ämtern sowie der [X.] für das [X.] bestellt war, verfügte über eine Berufsausbildungals Altenpfleger; ihm waren im Rahmen seiner Ausbildung in [X.] rechtliche und wirtschaftliche Kenntnisse vermittelt worden. Nach Auffas-sung des [X.]s sind Rechtskenntnisse zwar für [X.] nutzbar; die Ausbildung zum Altenpfleger sei jedoch nicht in ihrem Kern-bereich auf die Vermittlung solcher Kenntnisse ausgerichtet. Fachwissen, dassoziale Kompetenz im Verhältnis zum Betreuten und zwischenmenschliche- 6 -Kommunikationsfähigkeit vermittle, könne zwar für die Betreuung nutzbar [X.] sei hier im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweilige Ausbildung des [X.] Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 [X.] (mittlerer undhöchster Stundensatz) erfülle. Das sei hier nicht der Fall. Die Ausbildung zumAltenpfleger vermittle in ihrem Kernbereich medizinisches Grundlagenwissensowie Kenntnisse über die Pflege von alten und kranken Menschen; diesesWissen sei jedoch nur dann für die konkrete Betreuung nutzbar, wenn diese- anders als hier - auch die Gesundheitssorge umfasse.Auch bei Zugrundelegung dieser Beurteilung, die vom Senat nicht auf ih-re Richtigkeit hin zu überprüfen ist, hatte das [X.] [X.] kei-nen Anlaß, sich mit der vom vorlegenden [X.] herausgestelltenRechtsfrage auseinanderzusetzen: Da das [X.] [X.] zwarRechtskenntnissen eine generelle Betreuungsrelevanz zuerkannt, dem [X.] der Ausbildung zum Altenpfleger erwobenen Fachwissen eine solcheallgemeine Nutzbarkeit für Betreuungen jedoch abgesprochen hat, blieb für eineAnwendung des § 1 Abs. 2 [X.] von vornherein kein Raum. Auch in die-ser Entscheidung hat das [X.] [X.] folglich § 1 Abs. 2[X.] nicht angesprochen und die vom vorlegenden [X.]thematisierte Frage, ob die Vorhaltung eines für Betreuungen allgemein nutzba-ren Fachwissens zwingend eine höhere Vergütung des Betreuers bewirke, fallsdas Vormundschaftsgericht nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] etwas ande-res bestimme, nicht erörtert.Die vom vorlegenden [X.] mitgeteilten Auskünfte der [X.]n des 3. und des 15. Zivilsenats des [X.] bele-gen nichts anderes. Sie sind auch sonst nicht geeignet, eine Abweichung [X.] des § 28 Abs. 2 [X.] zu begründen. Das Vorliegen einer solchen [X.] 7 -chung muß sich aus den Entscheidungen, von denen abgewichen werden soll,selbst ergeben. Das ist hier nicht der Fall.[X.] das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes [X.] § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 [X.] knüpft die Vergütungssteigerungan besondere, durch Ausbildung erworbene Kenntnisse, die für die konkreteBetreuung "nutzbar" sind. Diese Kenntnisse müssen also nicht - im Sinne einerconditio sine qua non - für eine ordnungsgemäße Amtsführung des [X.] sein. Das Gesetz begnügt sich vielmehr mit der potentiellen Nütz-lichkeit dieser Fachkenntnisse; eine konkrete Nutzung des vom Betreuer vorge-haltenen Wissens wird nicht verlangt (vgl. etwa [X.][X.] BGB4. Aufl. § 1836 [X.]. 28). Das vorlegende [X.] hat nicht [X.], daß den Fachkenntnissen, die durch das Studium der Betriebswirtschaftvermittelt werden, eine solche Nützlichkeit gerade für die Wahrnehmung derdem Beteiligten zu 1 übertragenen [X.] zukommt. Dagegen dürftenichts zu erinnern [X.] Die vom vorlegenden [X.] herangezogene Regelungdes § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] normiert eine - widerlegbare - Vermutung,nach der besondere Kenntnisse des Betreuers, die für Betreuungen allgemeinnutzbar sind, auch für die konkrete Betreuung nutzbar sind. Diese [X.] man sinngemäß auch dann anwenden können, wenn ein Betreuer überFachkenntnisse verfügt, die zwar nicht für alle Arten von Betreuung, wohl [X.] bestimmte [X.] allgemein nutzbar sind und deren [X.] 8 -deshalb für die konkrete Betreuung vermutet wird, wenn die konkrete Betreuungdiesen Aufgabenkreis umfaßt (BT-Drucks. 13/7158 S. 15 linke Spalte 1. Abs.).Die Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] setzt allerdings stets die vor-rangige Feststellung der allgemeinen Nutzbarkeit dieser Fachkenntnisse voraus- sei es, daß dieses Erfordernis auf jedwede Art von Betreuungen, sei es, daßes nur auf Betreuungen mit bestimmten [X.]n bezogen wird. [X.] in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Beurteilung dürften strengeMaßstäbe anzulegen sein. So wird man dem Fachwissen eines [X.] allgemeine Betreuungsrelevanz beimessen können; auch dürfte es eherfernliegen, diesem Fachwissen eine allgemeine Nützlichkeit für die gerade hierin Frage stehenden [X.] zu attestieren.3. Fehlt es an der allgemeinen - sei es für jedwede Art von Betreuungen,sei es für Betreuungen mit bestimmten [X.]n geltenden - Nutzbar-keit von Fachkenntnissen, bleibt für eine Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1[X.] von vornherein kein Raum. § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] steht demnicht entgegen: Mit der hiernach möglichen anderweitigen Bestimmung [X.] soll dem Vormundschaftsgericht vorrangig die Mög-lichkeit eröffnet werden, Betreuer, die an sich über für die konkrete Betreuungnutzbare Fachkenntnisse verfügen, bei einem Überangebot in dieser [X.] Betreuer "unter Wert" zu beschäftigen (Soergel/Zimmermann BGB13. Aufl. § 1836 a [X.]. 54 f.; vgl. auch BT-Drucks. 13/7158 S. 15 mit Zweifeln,ob dieses Ziel im Hinblick auf die Möglichkeit jedes Betreuers, die [X.] Fachkenntnisse nachzuweisen und so eine Vergütungssteigerung nach§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 [X.] zu erwirken, erreichbar ist). Zwar mag [X.] auch eine Handhabe bieten, die Vermutung des § 1 Abs. 2 Satz 1[X.] - im Hinblick auf die besonderen tatsächlichen Verhältnisse der [X.] Betreuung - gleichsam von vornherein zu widerlegen. Sie bewirkt jedochnach Sinn und Systematik nicht, daß eine Widerlegung dieser Vermutung - das- 9 -Vorliegen der Vermutungsvoraussetzungen (dazu oben unter 2.) unterstellt - aufdie Fälle einer nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu treffenden anderweitigenBestimmung des Vormundschaftsgerichts beschränkt wäre.[X.][X.][X.][X.]Bundesrichter Dr. Ahlt ist urlaubsbedingtverhindert zu unterschreiben.[X.]

Meta

XII ZB 87/03

23.07.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2003, Az. XII ZB 87/03 (REWIS RS 2003, 2161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2161

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