Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX ZB 160/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2619

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZB 160/11

vom

19. September 2013

in dem Kostenfestsetzungsverfahren

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und die [X.] Möhring

am 19. September
2013
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde
der Beklagten wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des [X.] vom 30.
März 2011 -
unter Verwerfung
der Rechtsbeschwerde
als un-zulässig
im Übrigen
-
aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des [X.] gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] vom 17. Dezember 2010 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses
vom 2. März 2011 wird [X.].

Von den Kosten der
Rechtsmittelverfahren
haben der
Kläger 68,79
v.H.
und die
Beklagte 31,21
v.H.
zu tragen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 13.933,60

festgesetzt.

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Gründe:

I.

Der Kläger legte fristgerecht Berufung gegen das am 19.
August 2010 verkündete Urteil des [X.] ein. Nachdem er die Beru-fung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht begründet hatte, nahm er sie
nach einem richterlichen Hinweis zurück.
Schon zuvor hatten die [X.] die Vertretung gegenüber dem Berufungsge-richt angezeigt.

Im
Kostenfestsetzungsverfahren
hat das [X.] durch Beschluss vom 17.
Dezember 2010 zu Gunsten der Beklagten gegen den Kläger zu erstat-tende Kosten auf Grundlage einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr.
3200 in Höhe von 13.933,60

Der hiergegen ge-richteten
sofortigen
Beschwerde des [X.] hat das [X.] teilweise ab-geholfen und den zu erstattenden Betrag auf Grundlage einer 1,1-fachen Ver-fahrensgebühr
nach VV RVG Nr. 3200, 3201 auf 9.585,60

setzt. Das [X.] hat auf die weitergehende Beschwerde des [X.] die Kos-tenfestsetzung
insgesamt
aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückge-wiesen.
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Beklagte die Festsetzung der
zu erstattenden
Kosten auf Grundlage einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr erreichen.

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II.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie die Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbe-schlusses in seiner ursprünglichen Fassung und damit die Festsetzung eines Erstattungsanspruches von mehr als 9.585,60

nebst Zinsen erstrebt. Das [X.] hatte
der sofortigen Beschwerde des [X.] in Höhe von 4.348

abgeholfen.
Die hiermit verbundene Teilablehnung des [X.] der Beklagten ist rechtskräftig, nachdem
die Beklagte gegen diese
erstmals im Abhilfeverfahren
eingetretene
Beschwer kein Rechtsmittel eingelegt hatte (vgl.
[X.], Rpfleger 1989, 55; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
104 Rn.
100 f;
Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 5.
Aufl., §
104 Rn.
36).

III.

Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde zulässig und begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Kosten eines
vom [X.] beauftragten Rechtsanwalts seien nur dann notwendig
im Sinne von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO, wenn der [X.] anwaltlichen Rat in einer als risikohaft empfundenen Situation für erforderlich halten dürfe. Wenn die [X.] selbst Rechtsanwalt sei oder ihr Rechtsanwälte angehörten, stelle sich die [X.] für sie als [X.] erst dann als riskant dar, wenn eine Berufungsbegründung vorliege. Werde die Berufung schon während der laufenden Berufungsbegründungsfrist zurückgenommen oder verstreiche diese
ungenutzt, müsse eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung hingegen nicht befürchtet werden.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Solange noch unsicher ist, ob die Berufung durchgeführt werden wird, ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Berufungsinstanz zur [X.] Rechtsverfolgung objektiv nicht erforderlich ([X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007 -
IX
ZB 223/06, [X.], 1087 Rn.
10). Die Kosten eines gleichwohl beauftragten Rechtsanwalts werden von der Rechtsprechung alleine deshalb als erstattungsfähig anerkannt, weil der [X.] in einer von ihm als risikohaft empfundenen Situation für erfor-derlich halten darf ([X.], Beschluss vom 17.
Dezember 2002 -
X
ZB 9/02, NJW 2003, 756, 757; vom 3.
Juli 2007 -
VI
ZB 21/06, [X.] 2007, 537, 538; vom 6.
Dezember 2007, aaO).

b) Hiernach durfte die hier beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft die [X.] eines Rechtsanwaltes als notwendig erachten, obwohl im Zeitpunkt der Bestellung noch unsicher war, ob die Berufung durchgeführt werden würde. Für die Frage, ob eine [X.] die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes als erfor-derlich ansehen darf, kommt es nicht darauf an, ob sie rechtskundig ist oder über eine eigene Rechtsabteilung verfügt (vgl. [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
91 Rn.
57). Maßgeblich ist die Sicht einer verständigen Prozesspartei
([X.], [X.], 1340 Rn.
12). Soweit der Senat erkannt hat, dass der sich selbst vertretende Anwalt die Situation nicht in gleicher Weise als risikobehaftet empfindet und deshalb keines Rates bedarf ([X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007, aaO), folgt hieraus keine Abkehr von vorgenannten allgemeinen [X.]. Der Entscheidung lag
ein Sachverhalt zugrunde, in dem sich der sich
selbst vertretende Rechtsanwalt im Rechtsmittelverfahren noch nicht bestellt hatte. In einem solchen Fall besteht kein Anlass dafür, vor Eingang einer 6
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Rechtsmittelbegründung Information und Beratung als anwaltliche Tätigkeit zu fingieren ([X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007, aaO). Demgegenüber [X.] sich die Bevollmächtigten der Beklagten im Berufungsverfahren bereits vor dem gerichtlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Berufung (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 26.
Januar 2006 -
III
ZB 63/05, [X.], 2260 Rn.
20) bestellt
und hierdurch eine anwaltliche Tätigkeit entfaltet (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Juli 2007 -
VI
ZB 21/06, [X.] 2007, 537, 538 mwN). Dass die
frühzeitige Anwaltsbestellung in erkennbarer Schädigungsabsicht erfolgt ist (vgl. [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
91 Rn.
57), ist weder dargetan
noch ersichtlich.

IV.

Die Entscheidung des [X.] kann daher keinen Bestand haben. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachver-halt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß §
577 Abs.
5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Die Beklagte kann von dem Kläger die Erstattung einer 1,1-Gebühr nach VV RVG Nr.
3200, Nr.
3201 nebst einer Auslagenpau-schale gemäß Nr.
7002 VV RVG in einer Gesamthöhe von 9.585,60

verlan-gen
(vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Juli 2007 -
VI
ZB 21/06, [X.] 2007, 537, 538

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mwN; [X.]/[X.]/Maué, RVG, 5.
Aufl., RVG [X.]. 3200-3205 VV Rn.
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f). Dies entspricht der Festsetzung des [X.]s in der Fassung seines Beschlus-ses vom 2.
März 2011. Dieser
ist wiederherzustellen.

Kayser
Gehrlein
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.12.2010 -
2-10 O 283/09 -

O[X.], Entscheidung vom 30.03.2011 -
18 W 55/11 -

Meta

IX ZB 160/11

19.09.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX ZB 160/11 (REWIS RS 2013, 2619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2619

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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