Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.06.2018, Az. I R 13/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 7151

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Gegenstand

(Maßgeblicher Zeitpunkt für den Ausschluss des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 KStG 2002 a.F. - Zulässigkeit der Klage gegen einen Folgebescheid)


Leitsatz

1. § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 a.F. versagt den Verlustabzug auch dann vom Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung an, wenn die Zuführung des neuen Betriebsvermögens dieser zeitlich nachfolgt (Bestätigung des Senatsurteils vom 5. Juni 2007 I R 9/06, BFHE 218, 207, BStBl II 2008, 988).

2. Der Verlustabzug ist (ggf. rückwirkend) in dem Feststellungsbescheid zum 31. Dezember desjenigen Veranlagungszeitraums zu versagen, in welchem die schädliche Anteilsveräußerung stattgefunden hat. Eine Versagung des Verlustabzugs erst in dem Bescheid zum 31. Dezember des nachfolgenden Veranlagungszeitraums ist nicht möglich.

3. Die Klage gegen einen Folgebescheid ist nicht allein deswegen unzulässig, weil sie ausschließlich mit Einwendungen begründet wird, die den Grundlagenbescheid betreffen (Änderung der Senatsrechtsprechung).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. September 2015  3 [X.]/12 wird im Hinblick auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2006 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Im Übrigen wird das Urteil des [X.] auf die Revision des Beklagten aufgehoben.

In Bezug auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2007 wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich der Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 wird die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und [X.]evisionsbeklagte (Klägerin), eine Gmb[X.], wurde im Jahr 2003 gegründet. Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 25.000 € ausgestatteten Klägerin waren zunächst [X.] mit einem Anteil von 51,2 %, [X.] mit einem Anteil von 24,8 % sowie [X.] und [X.] mit Anteilen von jeweils 12 %.

2

Am 9. November 2004 veräußerte [X.] seinen Anteil an [X.], die nunmehr zu 76 % an der Klägerin beteiligt war. [X.] und [X.] übertrugen ihre Anteile am gleichen Tag an [X.], der dadurch eine Beteiligung von 24 % hielt.

3

Am 30. Mai 2005 teilte [X.] ihren Anteil und übertrug einen Teilgeschäftsanteil von ... € auf [X.]; dadurch waren [X.] zu 60 % und [X.] zu 40 % an der Klägerin beteiligt. Ebenfalls am 30. Mai 2005 erhöhten die Gesellschafter das Stammkapital der Klägerin auf 50.000 €. Den daraus entstehenden neuen Geschäftsanteil von 25.000 € zuzüglich eines ratierlich zu leistenden [X.] (Agio) von ... € übernahm eine [X.] Aktiengesellschaft ([X.]olding-AG). Damit waren die [X.]olding-AG zu 50 %, [X.] zu 30 % und [X.] zu 20 % an der Klägerin beteiligt.

4

Der Beklagte und [X.]evisionskläger (das [X.]inanzamt --[X.]A--) kam nach einer Außenprüfung zu der Auffassung, in den Beteiligungserwerben der Jahre 2004 und 2005 --verbunden mit der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens in [X.]orm der [X.] der [X.]olding-AG in den Jahren 2005 und [X.] sei eine "schädliche" Anteilsveräußerung i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.[X.]. bis zur Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntSt[X.]efG 2008) vom 14. August 2007 ([X.], 1912, [X.], 630) --[X.] 2002 a.[X.].--, hinsichtlich der Gewerbesteuer i.V.m. § 10a Satz 8 des Gewerbesteuergesetzes 2002 in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden [X.]assung (GewStG 2002 a.[X.].) zu sehen. Er versagte unter Berufung auf § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.]. unter dem 14. März 2011 in dem Änderungsbescheid zur gesonderten [X.]eststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2006 den Verlustabzug in [X.]öhe von ... € und in dem Änderungsbescheid zur gesonderten [X.]eststellung des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2006 den Verlustvortrag in [X.]öhe von ... €. Ausweislich der [X.]eststellungsbescheide handelt es sich bei den zum 31. Dezember 2006 nicht berücksichtigten Verlusten um den jeweils zum 31. Dezember 2005 gesondert festgestellten verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer sowie um den vortragsfähigen [X.]. Gleichzeitig erließ das [X.]A unter dem 14. März 2011 entsprechend geänderte [X.]olgebescheide jeweils zum bzw. auf den 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2010.

5

Die Klägerin ist der Auffassung, es habe keine schädliche Anteilsveräußerung vorgelegen; außerdem lägen die Voraussetzungen des [X.] nach § 8 Abs. 4 Satz 3 [X.] 2002 a.[X.]. vor, weil die Zuführung neuen Betriebsvermögens durch die [X.]olding-AG allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs gedient habe, der den Verlust verursacht habe. Die Klage richtet sich sowohl gegen die geänderten Verlustfeststellungsbescheide auf den 31. Dezember 2006 als auch gegen die geänderten [X.]olgebescheide auf den 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2010. [X.]ährend des Klageverfahrens --am 3. Juli 2015-- änderte das [X.]A die Verlustfeststellungsbescheide zum 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 aufgrund der Ergebnisse einer die Jahre 2008 bis 2012 betreffenden Außenprüfung. Die Klägerin erhob gegen die [X.] vom 3. Juli 2015 Einspruch und brachte dagegen auch Einwendungen vor, die nichts mit der Versagung des [X.] zum 31. Dezember 2006 zu tun hatten. Das [X.]A verwarf die Einsprüche als unzulässig, weil die [X.] gemäß § 68 der [X.]inanzgerichtsordnung ([X.]GO) zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden seien. Das Thüringer [X.]inanzgericht ([X.]G) wurde von den Beteiligten nicht über den Erlass der [X.] vom 3. Juli 2015 und das anschließende Einspruchsverfahren unterrichtet.

6

Die Klage hatte Erfolg. Das [X.]G änderte die Verlustfeststellungsbescheide "in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.05.2012" dahingehend, "dass keine nicht zu berücksichtigenden Verluste nach § 8 Abs. 4 [X.] bzw. § 10a GewStG i.V.m. § 8 Abs. 4 [X.] beschieden werden".

7

Gegen das [X.]G-Urteil richtet sich die auf Verletzung sowohl materiellen [X.]echts als auch Verfahrensrechts gestützte [X.]evision des [X.]A.

8

Das [X.]A beantragt, das [X.]G-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, die [X.]evision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist im Hinblick auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2006 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2006 unbegründet und daher insoweit gemäß § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen (dazu unten 1.). Hinsichtlich der weiteren Bescheide ist die Revision im Ergebnis begründet und führt zur Aufhebung des [X.]: In Bezug auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2007 ist die Klage gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O als unbegründet abzuweisen (dazu unten 2.). Hinsichtlich der Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 ist die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (dazu unten 3.).

1. Der Klage gegen die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2006 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2006 hat das [X.] im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Eine Versagung des [X.] zur Körperschaftsteuer und des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags für Verluste der Klägerin, die vor der vom [X.] angenommenen schädlichen Anteilsveräußerung vom 30. Mai 2005 entstanden waren, hätte in den [X.] zum 31. Dezember 2005 vorgenommen werden müssen; die Versagung eines diesbezüglichen [X.]/Verlustvortrags in den [X.] zum bzw. auf den 31. Dezember 2006 ist ausgeschlossen. Auf die von der Vorinstanz erörterten und zwischen den Beteiligten streitigen materiell-rechtlichen Fragen kommt es somit für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

a) Bei Körperschaften ist gemäß § 8 Abs. 4 [X.] 2002 a.[X.] Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002), dass die Körperschaft nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat (Satz 1). Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt (Satz 2). Auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge ist § 8 Abs. 4 [X.] 2002 a.[X.] entsprechend anzuwenden (§ 10a Satz 8 GewStG 2002 a.[X.]).

b) Nach der den angefochtenen Feststellungsbescheiden zugrunde liegenden Auffassung des [X.] liegt im Streitfall die in § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] 2002 a.[X.] beschriebene Konstellation vor, weil mit der Kapitalerhöhung um nominal 25.000 € und der Übernahme des neu entstandenen Geschäftsanteils durch die [X.] am 30. Mai 2005 --unter Berücksichtigung der vorangegangenen Veränderungen im [X.] der Altgesellschafter-- eine schädliche Anteilsveräußerung von mehr als der Hälfte der Geschäftsanteile vollendet worden sei und die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen --in Form der bis in das [X.] hinein geleisteten ratierlichen Zahlungen der [X.] auf das übernommene [X.] fortgesetzt habe.

c) Träfe diese Beurteilung zu --und hätten entsprechend der Auffassung des [X.] nicht die Voraussetzungen der [X.] des § 8 Abs. 4 Satz 3 [X.] 2002 a.[X.] vorgelegen--, hätte dies zur Rechtsfolge, dass der Verlustabzug für jene Verluste, die bis zum [X.]punkt der schädlichen Anteilsveräußerung entstanden waren, ausgeschlossen ist. Vom Abzugsausschluss umfasst wären zum einen der zum 31. Dezember 2004 festgestellte verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer (vortragsfähige [X.]) als auch die vom Beginn des [X.] 2005 bis zum 30. Mai 2005 --dem [X.]punkt der schädlichen [X.] entstandenen Verluste (§ 8 Abs. 4 Satz 4 [X.] 2002 a.[X.]).

Der [X.]punkt der schädlichen Anteilsveräußerung ist auch in jenen Fällen der für den Ausschluss des [X.] maßgebliche [X.]punkt, in denen --wie hier nach Auffassung des [X.] der [X.] die Zuführung des neuen Betriebsvermögens der schädlichen Anteilsveräußerung zeitlich nachfolgt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 5. Juni 2007 I R 9/06, [X.], 207, [X.], 988; dem folgend Schreiben des [X.] vom 4. Dezember 2008, [X.], 1033), an der festzuhalten ist, sieht § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] a.[X.] den Ausschluss des [X.] nicht erst ab dem [X.]punkt der Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale und dem damit eintretenden Verlust der wirtschaftlichen Identität vor. Vielmehr versagt § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] a.[X.] den Verlustabzug vom [X.]punkt der schädlichen Anteilsübertragung an, ggf. also rückwirkend. In der [X.] zwischen schädlichem Anteilseignerwechsel und schädlicher Betriebsvermögenszuführung entstandene Verluste bleiben abzugsfähig.

d) [X.] folgt aus dem Vorstehenden, dass der Ausschluss des [X.] stets im Feststellungsbescheid zum 31. Dezember desjenigen Veranlagungszeitraums vorzunehmen ist, in welchem die schädliche Anteilsveräußerung stattgefunden hat. Denn gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG 2002 (i.V.m. § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.]) ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Entsprechendes gilt gemäß § 10a Satz 4 GewStG 2002 a.[X.] für den gewerbesteuerlichen Fehlbetrag. Tritt der Verlust der wirtschaftlichen Identität erst zu einem späteren [X.]punkt ein, sind jene Verlustfeststellungsbescheide im Rahmen der dafür bestehenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ggf. rückwirkend zu ändern.

e) Für den Streitfall ergibt sich daraus, dass eine Versagung des [X.] zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen [X.] aus den vom [X.] angeführten Gründen nicht in den verfahrensgegenständlichen Bescheiden zum Feststellungszeitpunkt 31. Dezember 2006 vorzunehmen gewesen wäre, sondern in den Feststellungsbescheiden zum Feststellungszeitpunkt 31. Dezember 2005. Eine zeitliche Verlagerung der Versagung des [X.] bzw. Verlustvortrags in die zum 31. Dezember 2006 zu erlassenden Feststellungsbescheide ist ausgeschlossen. Denn der verbleibende Verlustvortrag ist gemäß § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 definiert als die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Abs. 1 der Vorschrift abgezogenen und die nach Abs. 2 der Vorschrift abziehbaren Beträge, vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag. Da das Gesetz hinsichtlich der in früheren [X.] entstandenen Verluste auf den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums "festgestellten" Verlustvortrag abstellt, ist der Feststellungsbescheid auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums insoweit Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid auf den Schluss des nachfolgenden Veranlagungszeitraums (vgl. z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, [X.], 117, [X.], 551; [X.] in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 10d Rz 22). Der in dem [X.] festgestellte Verlustvortrag ist damit im Rahmen des Erlasses des [X.] nicht auf seine materielle Richtigkeit hin zu prüfen. Entsprechendes gilt für den vortragsfähigen [X.], der gemäß § 10a Satz 4 GewStG 2002 a.[X.] jeweils gesondert festzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2001 I R 77/00, [X.] 2001, 1293).

2. Im Hinblick auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2007 ist die Revision im Ergebnis begründet und führt insoweit zur Aufhebung des [X.] und zur Abweisung der Klage.

a) Die Klägerin wendet sich insoweit gegen die vom [X.] in den [X.] zum 31. Dezember 2006 vorgenommene Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.] auf bestimmte [X.] bzw. Verlustvorträge, woraus im Ergebnis auch für den Feststellungszeitpunkt 31. Dezember 2007 niedrigere Feststellungsbeträge resultieren. Da nach den vorstehenden Ausführungen jedoch die [X.] insoweit Grundlagenbescheide für die Verlustfeststellungsbescheide des [X.] sind, kann die Klägerin mit ihren diesbezüglichen Einwendungen nur in den Rechtsbehelfsverfahren gegen jene Grundlagenbescheide, nicht aber auch in den Rechtsbehelfsverfahren gegen die [X.] gehört werden (§ 351 Abs. 2 der Abgabenordnung).

b) Der vorgenannte Umstand führt indessen nicht dazu, dass die Klage gegen den [X.] als unzulässig anzusehen ist. Der Senat hält in diesem Punkt nicht an seiner in jüngerer [X.] vertretenen gegenteiligen Auffassung (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2012 I R 23/11, [X.], 344; vom 11. September 2013 I R 26/12, [X.] 2014, 728; vom 26. April 2017 I R 76/15, [X.], 210, [X.], 1159 --jeweils Klagen gegen die Festsetzung des [X.], sowie Senatsurteil vom 18. Dezember 2013 I R 25/12, [X.] 2014, 904 --Klage gegen Verlustfeststellungs- und andere [X.]--) fest. Vielmehr kehrt er zu seiner früheren Rechtsprechung (z.B. Senatsurteile vom 2. September 1987 I R 162/84, [X.], 104, [X.] 1988, 142; vom 9. November 2005 I R 10/05, [X.] 2006, 750) zurück, die im Einklang mit der Spruchpraxis anderer Senate des [X.] steht (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 5. November 2015 III R 12/13, [X.]E 252, 304, [X.] 2016, 420; vom 12. Oktober 2011 VIII R 2/10, [X.] 2012, 776; vom 1. Juli 2010 IV R 100/06, [X.] 2010, 2056; vom 15. Oktober 2003 [X.], [X.]E 204, 1, [X.], 169) und der zufolge es in einem solchen Fall nicht an der gemäß § 40 Abs. 2 [X.]O für die Erhebung der Anfechtungsklage erforderlichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts fehlt (vgl. zur Begründung und zur Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung insbesondere Senatsurteil in [X.], 104, [X.] 1988, 142, sowie Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 42 Rz 38).

c) Jedoch ist die Klage insoweit unbegründet, weil die Verlustfeststellungen zum 31. Dezember 2005 aus den genannten Gründen Bindungswirkung für die angefochtenen [X.] haben und daher im Klageverfahren gegen die [X.] nicht mehr auf ihre materielle Richtigkeit hin geprüft werden können.

3. Im Ergebnis begründet ist die Revision auch in Bezug auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010 und des vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember der Jahre 2008 bis 2010. Im Hinblick auf jene Bescheide ist das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Die Vorentscheidung kann insoweit keinen Bestand haben, weil das [X.] --infolge fehlender Kenntnis von der am 3. Juli 2015 vorgenommenen erneuten Änderung jener [X.] über im [X.]punkt der Entscheidung materiell nicht mehr wirksame Verwaltungsakte entschieden hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, [X.]E 108, 1, [X.] 1973, 231). Wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt wird, wird gemäß § 68 Satz 1 [X.]O der neue Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens. So lag der Fall hier, nachdem das [X.] die ursprünglichen [X.] vom 14. März 2011 während des erstinstanzlichen Klageverfahrens durch die [X.] vom 3. Juli 2015 ersetzt hat. Über die demnach zum Gegenstand der Klage gewordenen Bescheide vom 3. Juli 2015 hat das [X.] nicht entschieden, was im zweiten Rechtsgang nachzuholen ist. Eine in einer solchen Verfahrenssituation ausnahmsweise denkbare Beschränkung des [X.] auf eine bloße Richtigstellung (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. Mai 2010 I R 62/09, [X.]E 230, 18) ist hier ausgeschlossen, weil die [X.] vom 3. Juli 2015 nach dem Vorbringen beider Beteiligten neue Streitpunkte enthalten haben.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O. Auch bei einer nur teilweisen Zurückverweisung der Sache ist dem [X.] im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen (z.B. [X.]-Urteil vom 9. Juni 2015 [X.], [X.]E 250, 19, [X.] 2015, 931).

Meta

I R 13/16

27.06.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Thüringer Finanzgericht, 16. September 2015, Az: 3 K 450/12, Urteil

§ 8 Abs 4 S 1 KStG 2002 vom 15.10.2002, § 8 Abs 4 S 4 KStG 2002 vom 15.10.2002, § 10d Abs 4 S 1 EStG 2002, § 10d Abs 4 S 2 EStG 2002, § 40 Abs 2 FGO, § 351 Abs 2 AO, KStG VZ 2006, KStG VZ 2007, KStG VZ 2008, KStG VZ 2009, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, § 10a S 8 GewStG 2002 vom 13.12.2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.06.2018, Az. I R 13/16 (REWIS RS 2018, 7151)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7151

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