Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2004, Az. 4 StR 574/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 4525

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] StR 574/03vom17. Februar 2004in der [X.] schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 17. Februar 2004 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] Münster - Strafkammer bei dem Amtsge-richt [X.] - vom 30. September 2003 im Maßre-gelausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Miß-brauchs eines Kindes in fünf Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs [X.] in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.Ferner hat es seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.].Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichenRechts rügt, ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des§ 349 Abs. 2 StPO, weil die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] -rechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten er-geben hat. Der [X.] hat hingegen keinen Bestand.Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus nach § 63 StGB setzt voraus, daß die Schuldfähigkeit des Angeklagtenzur Tatzeit aufgrund eines positiv festgestellten, länger andauernden [X.] zumindest erheblich eingeschränkt im Sinne des § 21 StGB war (st.Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 26 f.; 42, 385 f.). Dies belegt das angefochtene Urteilnicht.Das [X.] hat, dem Gutachten des angehörten [X.], angenommen, daß bei dem Angeklagten eine schwere seelische [X.] - und zwar eine Pädophilie mit sadistischen Zügen sowie eine [X.] Persönlichkeitsstörung - vorgelegen habe, die zwar nicht zum [X.], wohl aber zu einer erheblichen Verminderung seiner Einsichtsfähigkeitgeführt habe.Auf dieser Grundlage kommt eine Unterbringung nach § 63 StGB nichtin Betracht, weil die Schuld des Angeklagten dann nicht im Sinne des § 21StGB gemindert wird, wenn er ungeachtet seiner erheblich verminderten Ein-sichtsfähigkeit das Unrecht seines Tuns zum Tatzeitpunkt tatsächlich eingese-hen hat (vgl. BGHSt 21, 27 f.; BGHR StGB § 21 Einsichtsfähigkeit 6 m.w.[X.] aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des [X.]. Über diesen ist umfassend neu zu befinden. Der Senat hebt die zuge-hörigen Feststellungen ebenfalls auf. Dazu zählen auch die der Schuldfähig-keitsbeurteilung zugrunde liegenden Feststellungen. Der neue Tatrichter wird- 4 -insbesondere genaue Feststellungen zum Schweregrad und zur Verfestigungder sexuellen Devianz zu treffen und diese im Urteil - für das [X.] - darzulegen haben. Er wird sich ferner mit der Frage befassenmüssen, ob der Zustand des Angeklagten möglicherweise zu einer erheblichenVerminderung der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Dies ist, wenn für die Be-urteilung der Schuldfähigkeit eine von der Norm abweichende sexuelle Präfe-renz im Vordergrund steht, nur dann der Fall, wenn diese den Täter in seinerPersönlichkeit so nachhaltig verändert hat, daß er zur Bekämpfung seiner Trie-be nicht die erforderlichen Hemmungen aufbringt (vgl. BGHR StGB § 21 seeli-sche Abartigkeit 33, 37 und § 63 Zustand 23). Daher ist nicht jedes [X.] Sexualverhalten, auch nicht eine Devianz in Form einer Pädophilie, ohneweiteres gleichzusetzen mit einer schweren anderen seelischen Abartigkeit [X.] der §§ 20, 21 StGB. Die Steuerungsfähigkeit kann allerdings dann be-einträchtigt sein, wenn abweichende Sexualpraktiken zu einer eingeschliffenenVerhaltensschablone geworden sind, die sich durch abnehmende Befriedigung,zunehmende Frequenz, durch Ausbau des [X.] und durch gedankli-che Einengung auf diese Praktiken auszeichnet (vgl. [X.], [X.] 2. Aufl., [X.] aufgezeigte Rechtsfehler bei der Schuldfähigkeitsbeurteilung läßtden Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils unberührt, weil ei-ne vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit hier von vorneherein ausschei-det- 5 -und der Angeklagte durch die fehlerhafte Annahme der Voraussetzungen des§ 21 StGB bei der Strafzumessung nicht beschwert ist.[X.]Athing

Meta

4 StR 574/03

17.02.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2004, Az. 4 StR 574/03 (REWIS RS 2004, 4525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4525

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 283/10 (Bundesgerichtshof)

Kindesmissbrauch: Pädophilie als schwere andere seelische Abartigkeit


4 StR 283/10 (Bundesgerichtshof)


1 StR 395/17 (Bundesgerichtshof)

Schuldfähigkeitsprüfung im Strafverfahren wegen des Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften: Anforderungen an Feststellung der Eingangsmerkmale …


4 StR 563/03 (Bundesgerichtshof)


1 StR 526/15 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Anforderungen an den Ausprägungsgrad einer Pädophilie zur Erfüllung des Eingangsmerkmal …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.