Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2011, Az. XI ZB 11/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 259

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 11/11

vom

20. Dezember
2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
[X.] und [X.]
Ellenberger, [X.], Dr.
Matthias und Pamp

am 20.
Dezember 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
April 2011 wird auf Kosten
des [X.]
zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert
für das Beschwerdeverfahren
beträgt 468,63

Gründe:
I.
Der
im Bezirk des [X.] ansässige
Kläger hat
die be-klagte
Bank
vor dem [X.] [X.]
auf Schadensersatz wegen fehler-hafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Kauf von Anteilen an einem Medienfonds
in Anspruch
genommen.
Das [X.] hat der Klage stattge-geben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage teil-weise abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits zu 62% dem Kläger sowie zu 38% der Beklagten auferlegt. Das Revisionsverfahren endete mit dem Aner-kenntnisurteil
des erkennenden Senats, in dem der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt
wurden. Der Kläger ist von in Berlin
ansässigen Rechts-1
-
3
-
anwälten vertreten worden, die er wegen ihrer Spezialisierung auf Fälle des Kapitalanlagerechts beauftragt hat
und
die bundesweit zahlreiche Anleger [X.] vertreten. Er
hat zum [X.] u.a. Reisekosten seiner Prozessbevollmächtigten
für
einen Verhandlungstermin beim [X.] in Höhe von 428,81

nebst Umsatzsteuer
angemeldet.
Für die erste
Instanz hatte er lediglich die Erstattung fiktiver Reisekosten [X.].
Das [X.] hat die Berücksichtigung dieser Kosten
mit Ausnahme von fiktiven Reisekosten
eines am Wohnsitz des [X.] ansässigen Prozess-bevollmächtigten
in Höhe von 35

abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des
[X.]
hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt der
Kläger sein
Begehren weiter.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Übri-gen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit
begründet, dass die Beauftragung auswärtiger Rechtsanwälte
in Fällen, in de-nen
eine [X.]
im eigenen Gerichtsstand klage oder verklagt werde,
zur
zweck-entsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne
des §
91 Abs.
2 Satz
1 Halbs.
2 ZPO regelmäßig nicht
als erforderlich
anzusehen
sei. Dies gelte
auch dann, wenn die [X.] einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens bereits vorgerichtlich mit ihrer Interessenvertretung beauftragt gehabt habe.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liege nicht vor, da die
Brauchbarkeit der
vom Kläger eingewandten
Spezialisierung seiner Anwälte wegen der im Kostenfestsetzungsverfahren gel-2
3
4
-
4
-
tenden typisierenden Betrachtung im Einzelfall
nicht geprüft werden könne. [X.] hätten am Sitz des [X.]s zahlreiche
andere [X.] mit Spezialkenntnissen im Bereich des Kapitalanlagerechts für eine ord-nungsgemäße Vertretung des [X.] zur Verfügung gestanden, die sich in die Fragen
einer fehlerhaften Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem Medienfonds hätten einarbeiten können.
2.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
Die über den zuerkannten Betrag hinaus geltend gemachten Reisekos-ten des Prozessbevollmächtigten des
[X.]
sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (§
91 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1 Halbs.
2 ZPO).
a) Die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts, der zwar beim Prozessgericht auftreten kann, dort aber nicht zugelassen ist, ist zur [X.] Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht notwendig, wenn die [X.] -
wie hier
-
im eigenen Gerichtsstand klagt ([X.], Beschlüsse vom 12.
De-zember 2002 -
I
ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902,
vom 22.
Februar 2007 -
VII
ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071
Rn.
10 ff. und vom 22.
April 2008 -
XI
ZB 20/07, juris Rn.
7 mwN).

b) Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, dass vorlie-gend besondere Gegebenheiten die Einschaltung der auswärtigen [X.] erforderlich gemacht hätten.
Im Verfahren gehe es
um einen Medienfonds, mithin
um eine Spezialmaterie des Kapitalanlagerechts,
in die sich die Prozessbevollmächtigten des [X.], die weit über hundert weitere Anleger desselben Fonds vertreten würden,
mehrjährig
eingearbeitet hätten. Da auch die Beklagte von einer spezialisierten Anwaltskanzlei mit erheblicher Pro-zesserfahrung im Bereich der Medienfonds vertreten werde, habe der Kläger 5
6
7
8
-
5
-
unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit die Hilfe eines
spezialisierten Rechtsanwalts
in Anspruch nehmen dürfen.
Diese
Einwände
greifen
nicht durch.
aa)
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint nur dann ausnahmsweise als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann
([X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2002 -
I
ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902;
KG [X.] 2010, 428, 429). Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat das Be-schwerdegericht -
entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde
-
ausdrück-lich festgestellt, dass am Sitz des [X.]s und damit in unmittelbarer Nähe des Wohnortes des [X.] zahlreiche geeignete Rechtsanwälte zur Verfügung stehen.

bb)
Etwas
anderes ergibt sich auch nicht daraus,
dass die [X.] des [X.] vorprozessual
staatsanwaltschaftliche Ermittlungs-akten
hinsichtlich des streitgegenständlichen Medienfonds gesichtet haben
und
weitere
Anleger desselben Fonds in Parallelprozessen
vertreten. Vielmehr ist
der Umstand, dass der mit der Prozessvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt für die [X.] in derselben Angelegenheit bereits vorprozessual tätig war,
nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
nicht
geeignet, die kostenträchtige Mandatierung eines auswärtigen Rechtsanwaltes zu rechtfertigen
([X.], Beschlüsse
vom 12.
Dezember 2002 -
I
ZB 29/02, NJW
2003, 901, 903
und vom 22.
Februar 2007 -
VII
ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072).
Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, dass
es im Allgemeinen
immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengüns-tiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozessvertretung zu beauftragen. 9
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11
-
6
-
Für die Frage, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs-
oder Rechtsverteidi-gungsmaßnahme notwendig
ist, ist jedoch nicht erst auf den Zeitpunkt abzustel-len, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorien-tierten [X.], schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsan-walt einzuschalten
([X.], Beschlüsse
vom 12.
Dezember 2002 -
I
ZB 29/02, NJW 2003, 901, 903 und vom 22.
Februar 2007 -
VII
ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1073).
cc)
Auch die Tatsache, dass die inzwischen weit verbreitete Spezialisie-rung zu den Umständen zählt, derentwegen das [X.] die Singularzulassung von Rechtsanwälten bei den Oberlandesgerichten für ver-fassungswidrig erklärt hat (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Dezember 2000 -
1
BvR 335/97, [X.]E
103, 1, 17
f.), rechtfertigt
-
entgegen der Rechtsansicht der Beschwerde
-
keine andere Beurteilung ([X.], Beschlüsse
vom 22.
Februar 2007 -
VII
ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, 1072
und vom 22.
April 2008 -
XI
ZB 20/07, juris Rn.
8 mwN).
c) Das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertre-ten zu lassen, erlaubt es einer [X.] nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile ei-nen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn-
oder Ge-schäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist. [X.] sind deshalb auch

12
13
-
7
-

hier
nur diejenigen
Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem Aus-einanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts-
oder Wohnsitz einer [X.] andererseits entstehen ([X.], Beschluss vom 22.
Februar 2007 -
VII
ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071
Rn.
14).

[X.]

Ellenberger

[X.]

Matthias

Pamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.06.2010 -
4 O 675/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.04.2011 -
11 W 50/10 -

Meta

XI ZB 11/11

20.12.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2011, Az. XI ZB 11/11 (REWIS RS 2011, 259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 259

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