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Urheberrechtsverletzung im Internet: Ersatzfähigkeit anwaltlicher Abmahnkosten nach Abmahnung wegen des Anbietens eines mit einer geschützten Abbildung versehenen Kleidungsstücks via eBay
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 17. Zivilkammer des [X.] vom 8. Juli 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Inhaberin der in [X.] und [X.] bestehenden ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Grafiken des [X.] Tattoo-Künstlers [X.] („ [X.]“).
Der Beklagte hatte im August 2007 bei [X.] ein weißes Kapuzenhemd zum Preis von 130 € ersteigert, das mit der Abbildung eines [X.] versehen war. Weil ihm das Kleidungsstück nicht passte, bot er es im September 2007 erneut bei [X.] zum Kauf an. Bei der Abbildung des [X.] handelte es sich um die unbefugte Vervielfältigung einer Grafik von [X.]. Mit Zustimmung des Berechtigten wurden vergleichbare Hemden mit einer solchen Grafik nur in schwarzer Grundfarbe vertrieben.
Die anwaltlichen Vertreter der Klägerin mahnten den Beklagten am 1. November 2007 wegen einer Urheberrechtsverletzung ab. Der Beklagte gab zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber, die geforderten Abmahnkosten zu zahlen. Die anwaltlichen Vertreter stellten der Klägerin für die Abmahnung des Beklagten am 4. August 2009 einen Betrag von 859,80 € einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Freistellung von dieser Forderung ihrer anwaltlichen Vertreter in Anspruch.
Das Amtsgericht hat der Klage nur in Höhe eines Betrages von 100 € stattgegeben. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne von dem Beklagten gemäß § 257 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 97a Abs. 1 [X.] dem Grunde nach die Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung der von ihren anwaltlichen Vertretern geforderten Abmahnkosten verlangen. Zwischen den Parteien stehe außer Streit, dass die Abmahnung wegen einer Urheberechtsverletzung berechtigt gewesen sei und der Klägerin gegen den Beklagten daher ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten zustehe. Dieser Anspruch sei jedoch gemäß § 97a Abs. 2 [X.] der Höhe nach auf 100 € beschränkt. Es handele sich um eine erstmalige Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs.
II. Die Revision ist begründet.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Frage, ob und inwieweit die Klägerin vom Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten verlangen kann, nicht nach § 97a [X.] zu beurteilen. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Mai 2010 - [X.], [X.], 1120 Rn. 17 = [X.], 1495 - Vollmachtsnachweis; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, [X.], 617 Rn. 29 = [X.], 881 - [X.]). Zu diesem Zeitpunkt war § 97a [X.] noch nicht in [X.] getreten.
Der anwaltliche Vertreter der Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 1. November 2007 abgemahnt. Die Bestimmung des § 97a [X.] ist durch Art. 6 Nr. 10 des [X.] vom 7. Juli 2008 ([X.] S. 1191) in das Urheberrechtsgesetz eingefügt worden und nach Art. 10 des [X.] am 1. September 2008 in [X.] getreten.
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist.
1. Die Klägerin ist nach den getroffenen Feststellungen zwar grundsätzlich berechtigt, für die - vor dem Inkrafttreten des § 97a [X.] am 1. September 2008 ausgesprochene - Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag die Erstattung ihrer Aufwendungen zu verlangen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 996 Rn. 10 = [X.], 1449 - [X.], mwN). Ein solcher Anspruch ist dem Grunde nach gegeben, wenn dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand und die Abmahnung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entsprach ([X.], [X.], 996 Rn. 11 - [X.]).
Die Klägerin konnte vom Beklagten zum Zeitpunkt der Abmahnung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF, § 17 Abs. 1 [X.] verlangen, dass er es unterlässt, das ohne Zustimmung des Berechtigten mit der Vervielfältigung eines Werkes von H. versehene Kapuzenhemd bei [X.] zum Kauf anzubieten. Die Abmahnung entsprach auch dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Beklagten, weil sie es ihm ermöglichte, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (vgl. [X.], [X.], 996 Rn. 34 - [X.]).
2. Das Berufungsgericht hat jedoch - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag begründeter Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in der geltend gemachten Höhe gerechtfertigt ist und somit ein entsprechender Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Befreiung von der Honorarforderung ihrer mit der Abmahnung beauftragten anwaltlichen Vertreter besteht (§ 257 Satz 1 BGB).
Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht in der Höhe, in der der Abmahnende die entstandenen Kosten den Umständen nach für erforderlich halten durfte ([X.], [X.], 996 Rn. 11 - [X.]). Die anwaltlichen Vertreter haben der Klägerin für die Abmahnung am 4. August 2009 einen Betrag von 859,80 € einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Diese Honorarforderung errechnet sich auf der Grundlage einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV und eines [X.] von 20.000 € sowie einer Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikations-dienstleistungen gemäß Nr. 7002 RVG VV in Höhe von 20 €. Das Berufungsgericht hat noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Geschäftsgebühr und der Gegenstandswert angemessen sind.
[X.] [X.]
Koch [X.]
Meta
28.09.2011
Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend LG Stuttgart, 8. Juli 2010, Az: 17 S 2/10, Urteil
§ 17 Abs 1 UrhG, § 97 Abs 1 S 1 UrhG vom 23.06.1995
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.09.2011, Az. I ZR 145/10 (REWIS RS 2011, 2894)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 2894
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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