Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2012, Az. V ZB 105/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 881

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 105/12

vom

29. November 2012

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
29. November 2012 durch die Vorsitzende
Richterin
Dr. [X.], den
[X.] [X.],
die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland
und
den [X.]
Kazele

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.], Zweigstelle [X.], vom 2.
April 2012 und der Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 2.
Mai 2012 sie in ihren Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen werden in allen Instanzen dem [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:

I.

Die
Betroffene, eine kenianische
Staatsangehörige, wurde mit bestands-kräftigem
Bescheid vom 18.
Mai 2011 aus der [X.] ausgewiesen. 1
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Durch Beschluss vom 2.
April 2012 hat das Amtsgericht auf Antrag der beteilig-ten Behörde [X.] bis einschließlich 1.
Juli
2012 angeordnet. Die
hiergegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit [X.] vom 19.
Juni 2012 hat der Senat die einstweilige Aussetzung der Voll-ziehung angeordnet. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Betroffene nunmehr die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung feststellen lassen.

II.

Das
Beschwerdegericht
meint, die
Voraussetzungen der Abschiebungs-haft lägen vor.
Aufgrund der sichergestellten Papiere, insbesondere des [X.], sei zu erwarten, dass ein Passersatzpapier rechtzeitig beschafft und die Abschiebung vor Ablauf der dreimonatigen Frist durchgeführt werden könne.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
Die Entscheidungen des Amtsgerichts und des [X.] haben die Betroffene bereits [X.] in ihren Rechten verletzt, weil es an einem zulässigen Haftantrag und [X.] an der nach § 417 Abs. 1 FamFG unverzichtbaren Grundlage für die Frei-heitsentziehung fehlte.

1. Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforde-rungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den [X.], zu der 2
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Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Fehlt es [X.], darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden (st. Rspr., [X.] nur Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012

[X.], [X.] 2012, 328
ff. Rn. 10; vom 27. Oktober 2011

[X.], [X.] 2012, 82 Rn. 12 f. mwN; vom 15. September 2011

[X.], [X.] 2012, 25 Rn. 8 mwN).

2. Die Begründung des [X.] muss auf den konkreten Fall zuge-schnitten sein; Leerformeln und Textbausteine genügen nicht. Danach bestim-men sich Inhalt und Umfang der notwendigen Darlegungen. Sie dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen. Die Durchführbarkeit der Abschiebung muss mit konkre-tem Bezug auf das Land, in das der Betroffene abgeschoben werden soll, [X.] werden. Anzugeben ist dazu, ob und innerhalb welchen Zeitraums Ab-schiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind, von welchen Voraussetzungen dies abhängt und ob diese im konkreten Fall vorliegen (st. Rspr., siehe nur Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012

[X.], [X.] 2012, 328 ff. Rn. 9
f.; vom 27. Oktober 2011

[X.], [X.] 2012, 82 Rn. 13
f. jeweils mwN).

3. Der Haftantrag der Beteiligten zu 2 genügte diesen Anforderungen nicht. Ausgeführt wird lediglich, dass ein Passersatzpapier erforderlich sei und hierfür nach Auskunft der zuständigen Regierung von [X.], [X.],
mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit seitens der [X.] Behörden
von bis zu drei Monaten zu rechnen sei. Das lässt nicht erkennen, welche Zeit die Abschiebung nach [X.] im [X.] an die Erteilung des [X.] üblicherweise erfordert, welche Formalitäten dabei zu beachten sind und welche Zeit diese üblicherweise bean-5
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spruchen. Damit fehlen in dem Haftantrag hinreichende Tatsachen, anhand de-rer der Haftrichter die Prognose nach § 62 Abs. 2 Satz 4 [X.] treffen konn-te.

4. [X.] ist auch nicht

was mit Wirkung für die Zukunft möglich wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 15.
September 2011

V
ZB
136/11, [X.]
2011, 318 Rn. 8)

geheilt worden. Die
konkreten Ausführungen der beteiligten Behörde
zum weiteren Ablauf des Abschiebungsverfahrens
in ihrer Stellungnahme zu
dem Aussetzungsantrag
sind
im Rechtsbeschwerdeverfah-ren als neuer Tatsachenvortrag nicht zu berücksichtigen
(vgl. §
74 Abs.
3 Satz
4 FamFG i.V.m. §
559 ZPO).
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81
Abs. 1 Satz 1 und 2,
§ 83 Abs.
2, §
430

FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog; die Festsetzung des [X.] folgt
aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.

[X.]

[X.]

[X.]

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.] Zweigstelle [X.], Entscheidung vom 02.04.2012 -
XIV 2/12 (B) -

LG Augsburg, Entscheidung vom 02.05.2012 -
52 T 1541/12 -

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Meta

V ZB 105/12

29.11.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2012, Az. V ZB 105/12 (REWIS RS 2012, 881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 881

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 246/11

V ZB 311/10

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