Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.09.2012, Az. 4 C 4/12

4. Senat | REWIS RS 2012, 3208

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Gegenstand

Unbebaute Flächen als Bestandteile einer aufgelockerten Bebauung


Tenor

Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 19. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, der [X.] habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Sie hat daher keinen Anspruch nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Fortführung des Revisionsverfahrens.

2

1. Die Klägerin hatte dem Oberverwaltungsgericht vorgehalten, widersprüchliche Feststellungen zur Außenbereichslage des Vorhabens getroffen und daher gegen Denkgesetze verstoßen zu haben. Das Oberverwaltungsgericht habe einerseits festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB - von der [X.] aus gesehen - vor/mit der Freifläche ende, die zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der [X.] (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und dem Baugrundstück mit der aufstehenden Werfthalle liege. Damit habe es zum Ausdruck gebracht, dass der übrige Hafenbereich bis zu dieser Freifläche noch dem Innenbereich zuzurechnen sei. Hierzu stehe im Widerspruch, dass das Oberverwaltungsgericht andererseits offen gelassen habe, ob das Hafengelände im Übrigen als Ortsteil angesehen werden könne. Die Widersprüchlichkeit der Feststellungen nehme ihnen ihre Bindungswirkung.

3

Der [X.] ist auf den Vorwurf der Widersprüchlichkeit eingegangen ([X.] Rn. 14). Dass er aus ihm nicht die Schlussfolgerungen gezogen hat, die die Klägerin für richtig hält, begründet keinen Gehörsverstoß. Die Garantie des rechtlichen Gehörs verlangt nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des Sachverhalts und der Beurteilung der Rechtslage den Vorstellungen der Beteiligten folgt. Gleichwohl nimmt der [X.] die Rüge zum Anlass, auf das Vorbringen der Klägerin im Revisionsverfahren nochmals einzugehen.

4

Es trifft nicht zu, dass das Oberverwaltungsgericht - wie von der Klägerin behauptet - widersprüchliche Feststellungen getroffen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht entschieden, dass das Hafengelände mit Ausnahme des Bereichs östlich der östlichen Wasserfläche Innenbereich sei. Den [X.] hatte es nämlich bereits aus der Betrachtung ausgeschieden, weil er durch die [X.] vom [X.] getrennt sei. Näher geprüft hat es, ob zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der [X.] (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der als Splitterbebauung eingestuften Bebauung östlich der Wasserfläche des [X.]s, zu dem das Baugrundstück der Klägerin gehört, ein [X.] besteht. Es hat dies verneint, weil die [X.] durch die Wasserfläche des [X.]s und die Entfernung von ca. 200 m deutlich räumlich voneinander abgesetzt seien. Die befestigten Stell- und Lagerplätze unmittelbar westlich im [X.] an die Werfthalle seien nicht geeignet, einen [X.] zu vermitteln. Mit der Aussage im Urteil, der räumliche Anwendungsbereich des § 34 BauGB ende schon vor/mit der Freifläche, bringt das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck, dass der [X.], der unmittelbar an der Ostseite der [X.] festzustellen ist, nicht über die Freifläche "hinwegspringt" und auf die Splitterbebauung mit dem Baugrundstück der Klägerin übergreift. Ob das [X.] hat, durfte das Oberverwaltungsgericht "angesichts dieses Befundes" offen lassen und hat auch der [X.] offen gelassen, indem er als nicht entscheidungserheblich gekennzeichnet hat, ob und wie weit der Hafenbereich aus Richtung Westen durch eine "Innenbereichslage" gekennzeichnet ist; denn die Frage der Ortsteileigenschaft eines [X.]s stellt sich nur, wenn das Baugrundstück - wie hier nicht - Bestandteil des [X.]s ist. Der [X.] sieht sich veranlasst, die Klägerin erneut darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB aus den kumulativen und nicht ineinander aufgehenden Elementen [X.] und Ortsteil zusammensetzt.

5

2. Der Vorwurf der Klägerin, der [X.] sei nicht auf ihren Einwand eingegangen, dass das Oberverwaltungsgericht die Grenze des [X.]s nicht markiert habe, ist unbegründet. Der [X.] hat die tatrichterliche Würdigung nachgezeichnet, dass das Bauvorhaben weder Bestandteil der südlich des [X.] gelegenen Wohnbebauung noch Bestandteil der Bebauung im [X.] noch Bestandteil der Bebauung im westlichen Teil des [X.]s ist ([X.] Rn. 12). Grenzen bestehender Bebauungszusammenhänge sind danach der [X.] zwischen Hafen und der Wohnbebauung, die [X.] zwischen West- und [X.] sowie die Freifläche zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der [X.] und dem [X.] östlich der Freifläche.

6

Der [X.] hatte keinen Anlass, die tatrichterliche Würdigung in Frage zu stellen, dass der [X.] und die [X.] Bebauungszusammenhänge unterbrechen. Einer eingehenden Kontrolle hat er dagegen die von der Klägerin angegriffene Würdigung unterzogen, dass auch die Freifläche zwischen der Bebauung unmittelbar an der Ostseite der [X.] (Kfz-Werkstatt, Polizei, Bauhof) und der Splittersiedlung im Ostteil des [X.]s unterbrechende Wirkung hat. Dabei hat er in Rechnung gestellt, dass unbebaute Flächen den [X.] nicht unterbrechen, wenn sie als Bestandteile einer aufgelockerten Bebauung in Erscheinung treten. Er hat sich daher der Frage gewidmet, ob die Bebauung am Eingang zur und unmittelbar an der [X.] durch eine aufgelockerte Struktur mit großen Freiflächen gekennzeichnet und deshalb die Freifläche zu der 200 m entfernten Bebauung im östlichen Teil des [X.]s für die maßstabbildende Bebauung charakteristisch sei, und sie verneint, weil das Oberverwaltungsgericht einen solchen Sachverhalt nicht festgestellt habe, er von der Klägerin nicht substantiiert dargelegt und auch nicht ersichtlich sei. Die Rüge der Klägerin, der [X.] habe ihr zu Unrecht eine mangelnde Substantiierung ihres Vortrags vorgehalten, ist unberechtigt. In ihrer Revisionsbegründung hat sie behauptet (Schriftsatz vom 6. Oktober 2011, [X.], die vorherrschende Bebauung des [X.] sei durch größere gewerbliche Gebäude gekennzeichnet, die jeweils von ebenfalls größeren Freiflächen umgeben seien. Der [X.] bleibt bei seiner damaligen Einschätzung, dass dieser Vortrag unsubstantiiert ist und - so ist zu ergänzen - keinen Anlass bot, eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht zur weiteren Klärung des Sachverhalts in Erwägung zu ziehen. Mit ihrem Hinweis, die konkrete Bebauung könne den Verwaltungs- und Gerichtsakten und den darin befindlichen zahlreichen Fotodokumentationen, Luftbildaufnahmen und Karten sowie dem Protokoll des [X.] von der durchgeführten Ortsbesichtigung entnommen werden, verkennt die Klägerin, dass es nicht Sache des [X.] ist, Tatsachen zu ermitteln und zu würdigen.

7

3. Den Vortrag der Klägerin zur angeblich mangelnden Betroffenheit des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 VwGO bezeichneten [X.] hat der [X.] zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Er ist aus Anlass des Revisionsvorbringens darauf eingegangen und hat in seinem Urteil begründet, warum es für die Einstufung des [X.]s (im östlichen Teil des [X.]s) nicht darauf ankommt, ob die dem Komplex angehörenden Gebäude privilegiert zulässig sind ([X.] Rn. 20), warum die monateweise Nutzung der [X.] zu anderen als dem genehmigten Zweck zur unerwünschten Verfestigung einer Splittersiedlung beiträgt ([X.] Rn. 22, 23) und weshalb es rechtlich ohne Belang ist, dass die [X.] noch periodisch für privilegierte Zwecke weitergenutzt werden soll ([X.] Rn. 24). Dass dabei nicht alle Argumente der Klägerin behandelt worden sind, führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, auf jedes Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich einzugehen.

8

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] im Hinblick auf § 152a Abs. 4 Satz 4 VwGO ab.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer [X.] bedarf es nicht; die Gerichtsgebühr ergibt sich aus Nr. 5400 [X.].

Meta

4 C 4/12

13.09.2012

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: C

§ 34 Abs 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.09.2012, Az. 4 C 4/12 (REWIS RS 2012, 3208)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3208

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