Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2011, Az. VIII ZB 30/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1235

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 30/11
vom

22. November
2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 22. November

2011
durch den Vorsitzenden [X.],
[X.] Frellesen, die Richterin Dr.
Milger sowie [X.] [X.] und Dr. Schneider
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n
wird der Beschluss des [X.], Zivilkammer 16, vom 7.
Februar 2011 auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
[X.]: 3.500

Gründe:
I.
Die
Kläger begehren
Zahlung rückständiger Miete in Höhe von
7.587

nebst Zinsen. Im erstinstanzlichen Verfahren hat der
[X.]
eingewendet, dass die Miete wegen Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzbefall in mehre-ren Zimmern um 25 % gemindert sei und ihm im Übrigen wegen des
Anspruchs auf Beseitigung dieser Mängel ein Zurückbehaltungsrecht zustehe; hilfsweise hat er die Aufrechnung mit Gegenansprüchen
in Höhe von 7.841,97

der Begutachtung und Beseitigung von Mängeln
erklärt.

Das Amtsgericht hat
der Klage in Höhe von 4.793,49

stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat seiner Entscheidung ei-1
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-
3
-
nen Mietrückstand in Höhe von 7.398,50

gelegt, weil es eine Min-derung der Miete nur für einen Teil des streitigen Zeitraums und nur in geringe-rer Höhe
angenommen hat
als vom [X.]n geltend gemacht. Die vom [X.] hilfsweise erklärte Aufrechnung hat das Amtsgericht nur in Höhe eines Betrages von 2.605,01

. Die weiteren vom [X.]n zur Aufrechnung gestellten Forderungen
hat es
als
unbegründet erachtet, weil
sich die Kläger insoweit mit der Beseitigung von Mängeln nicht in Verzug befunden hätten
und deshalb ein Anspruch des [X.]n aus § 536a BGB ausscheide. Auch ein Zurückbehaltungsrecht stehe dem [X.]n nicht mehr zu, weil die Mängel inzwischen beseitigt seien.

Mit der Berufung hat der [X.] das Urteil des Amtsgerichts
(nur)
in-soweit angefochten, als
er zur Zahlung eines Betrages von 3.500

worden ist. Die
Berufungsbegründung führt im Einzelnen aus, weshalb
die
Mie-te
entgegen der angefochtenen Entscheidung
im
gesamten streitigen Zeitraum gemindert und die Minderungsquote
zu niedrig bemessen sei. Ferner bean-standet sie,
dass das Amtsgericht einen Anspruch auf Erstattung von [X.] in Höhe von 3.524,48

verneint habe; denn
die
Kläger hätten sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts
im Zeitpunkt der Begutachtung der Mängel durch die
von ihm beauftragten Firmen in Verzug
befunden.
Das [X.] hat die Berufung des [X.]n als unzulässig verwor-fen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der [X.] in seiner Berufungs-begründung hinsichtlich der Minderung nicht angegeben habe, ob die Höhe der zuerkannten Minderung gerügt werde und welcher
Betrag gegebenenfalls nach seiner Auffassung angemessen sei. Nur so lasse sich feststellen, inwieweit die amtsgerichtliche Entscheidung, zu der die Festlegung der [X.], zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werde. Dies gelte insbesondere, wenn die Berufung -
wie hier
-
ausdrücklich beschränkt und mit 3
4
-
4
-
einer umfassenden Rüge der Feststellungen zu der Minderung verbunden [X.].
Außerdem habe der [X.] in der Berufungsbegründung nochmals Sach-verständigenrechnungen in Höhe von insgesamt

hilfsweise zur [X.] gestellt. Wenn in der Berufungsinstanz allein diese vier Rechnungen zuerkannt werden sollten, wäre bereits die "Berufungssumme"
von 3.500

überschritten; zusammen mit den zusätzlich geltend gemachten Minderungsbe-trägen könnte die Summe der erstinstanzlichen Verurteilung erreicht werden. rechtlichen Aspekte sich die Beschränkung erstrecke, erschließe sich nicht.

II.
1. Die nach Maßgabe des §
575
ZPO form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist gemäß §
522 Abs.
1 Satz
4, §
574 Abs.
1 Nr.
1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach §
574 Abs.
2 Nr.
2 Alt.
2 ZPO zu-lässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß den [X.] Ausführungen eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt die Berufungsbegründung des [X.]n den gemäß § 520 Abs. 3 ZPO zu stellenden Anforderungen.
Die Berufungsbegründung muss nach §
520 Abs.
3 Nr.
1 ZPO die Erklä-rung enthalten, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und [X.] Abänderungen beantragt werden. Außerdem muss die Berufungsbegrün-dung nach §
520 Abs.
3 Nr.
2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblich-5
6
7
-
5
-
keit für die angefochtene Entscheidung ergibt.
Den in Nr.
1 dieser Bestimmung bezeichneten Anforderungen ist genügt, wenn die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll ([X.], Beschluss vom 15.
Dezember 2009 -
XI ZB 36/09, [X.], 434 Rn.
9 mwN). Die in Nr.
2 die-ser Bestimmung bezeichneten Anforderungen sind gewahrt, wenn die [X.] erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält,
und zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit die Umstände mitteilt, die
das Urteil aus Sicht des Rechtsmittelführers in Frage stellen
(Senatsbeschluss vom 31. August 2010
-
VIII
ZB 13/10, [X.], 48 Rn.
7,
sowie vom 21.
Mai 2003 -
VIII [X.], NJW-RR 2003, 1580 unter [X.] [X.] mwN).
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des
[X.]n
in jeder Hinsicht gerecht. Sie greift die Verurteilung zur Zahlung von Miete in Höhe an
und wendet sich gegen die zu niedrige Bemes-sung der Minderung sowie gegen die (teilweise) Aberkennung der zur Aufrech-nung gestellten Gegenforderungen im angefochtenen Urteil. Dabei wird in [X.] mit dem angefochtenen Urteil im Einzelnen
dargelegt, aus welchen Gründen
die Berufung das erstinstanzliche Urteil für unrichtig hält.
Das Berufungsgericht verkennt, dass in der Berufungsbegründung die vom Amtsgericht angesetzte Minderung (ausdrücklich) als zu niedrig bean-standet wird. Auch ohne ausdrückliche Wiederholung der vom [X.]n in der ersten Instanz genannten angemessenen Minderungsquote von 25 % lässt sich dem
-
eingehenden -
Vorbringen des [X.]n zu den Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit infolge der gerügten Mängel entnehmen, dass er sich mit der Berufung gegen die dahinter zurückbleibende Minderungsquote im [X.] Urteil wendet und begehrt, dass das Berufungsgericht die
von ihm 8
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-
6
-
angesetzte
Minderungsquote
von 25 %
-
für sämtliche streitigen Monate
-
be-rücksichtigt. Einer
zusätzlichen
betragsmäßigen
Bezifferung
der Differenzbeträ-ge
und Aufschlüsselung auf die einzelnen Monate bedurfte es insoweit nicht.
Anders als das Berufungsgericht meint, steht es der Zulässigkeit der Be-rufung auch
nicht entgegen, dass der
[X.] das erstinstanzliche Urteil
-
trotz der Beschränkung der Berufung auf einen Betrag in Höhe von 3.500

-
in der Berufungsbegründung
insgesamt angreift, soweit es zu seinem
Nachteil [X.] ist, nämlich sowohl wegen einer
zu
niedrig bemessenen Minderung als auch
wegen der (teilweisen) Verneinung der zur Aufrechnung gestellten Gegen-forderungen.
Dem Rechtsmittelführer steht es frei
-
etwa mit Rücksicht auf das Pro-zessrisiko
-
sein Rechtsmittel auf einen quantitativ abgegrenzten
Anspruchsteil
zu beschränken
([X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl.,
§
520 Rn.
29; Musielak/Ball, ZPO, 8.
Aufl., §
520 Rn.
22). Dies hat der [X.] hier getan, indem er die Verurteilung zur Zahlung von Miete
in Höhe von 4.793,49

nur in Höhe eines frei, mit der Rechtsmittelbegründung umfassende Einwendungen vorzubringen, die, sofern sie sich als begründet erweisen,
eine weitergehende Abänderung des angefochtenen Urteils rechtfertigen würden
als vom Rechtsmittelführer be-gehrt. Dies ändert nichts daran, dass der Umfang der Anfechtung durch den
Berufungsantrag eindeutig festgelegt ist.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
wird die Zulässigkeit der Berufung auch nicht dadurch in Frage gestellt,
dass die
Gegenforderungen, auf die sich der [X.] zur Begründung seines Rechtsmittels
bezieht, die "[X.]" -
gemeint ist ersichtlich der Betrag, auf den der Kläger die
Be-rufung beschränkt hat
-
übersteigen.
Die Angabe einer
Tilgungsreihenfolge, die 10
11
12
-
7
-
das Berufungsgericht möglicherweise
unter dem Gesichtspunkt der Bestimmt-heit der Prozessaufrechnung für erforderlich gehalten hat, betrifft nicht die Zu-lässigkeit der Berufung; im Übrigen kann
die Reihenfolge der Tilgung
nach
§
396
Abs.
1 ZPO bestimmt werden, so dass der [X.] auch nicht gehalten war, eine Tilgungsreihenfolge zu bestimmen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2004
-
VIII
ZR 44/03, NJW 2004, 2230 unter II 2
a; [X.], Urteil vom 19. No-vember 2008 -
XII
ZR 123/07, [X.]Z 179, 1 Rn. 15).

3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand ha-ben. Er ist daher aufzuheben,
und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ball
[X.]
Dr. Milger

[X.]
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.06.2010 -
40B [X.]/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.02.2011 -
316 [X.]/10 -

13

Meta

VIII ZB 30/11

22.11.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2011, Az. VIII ZB 30/11 (REWIS RS 2011, 1235)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1235

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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