Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2004, Az. V ZR 205/03

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4873

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 205/03Verkündet am:23. Januar 2004K a n i k,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 23. Januar 2004 durch [X.], Prof. Dr. [X.], [X.],[X.] und die Richterin Dr. [X.]für Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] vom 5. Juni 2003aufgehoben.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. September 2001 wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.Von Rechts [X.]:Die Beklagte steht seit dem 12. Juli 1993 als Eigentümerin eines mit ei-nem Pfarrhaus bebauten Grundstücks in [X.]im Grundbuch. Die [X.] beansprucht dieses Grundstück für sich.1879 wurde für das Grundstück das Grundbuch neu angelegt und dieGemeinde [X.]als Eigentümerin eingetragen. Später wurde aufgrund einesGerichtsurteils in Abteilung II des Grundbuchs für das Diakonat [X.]einNutzungsrecht eingetragen. Genutzt wurde das Haus spätestens seit dem- 3 -19. Jahrhundert von einem Pfarrer der Kirchengemeinde zu Wohnzwecken. [X.] auch anderen kirchengemeindlichen Zwecken diente, ist zwischen [X.] streitig.Versuche der Klägerin in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts,gestützt auf die Verordnung der Provinzialverwaltung der [X.] das Kirchenpatronatsrecht vom 9. Februar 1946 im Wege der Grund-buchberichtigung als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen zu werden,scheiterten. Stattdessen wurde 1959 das zu ihren Gunsten eingetragene Nut-zungsrecht gelöscht und Volkseigentum eingetragen, ohne daß eine Enteig-nung vorgenommen worden wäre und ohne daß die Voraussetzungen einerEnteignung vorgelegen hätten. Rechtsträger war der [X.] Beklagte wurde 1990 gegründet. Das Stammkapital wird zu 100 %von der Stadt [X.]gehalten, die die Grundstücke, u.a. das hier [X.], mit notariellem Vertrag vom 2. September 1992 in die [X.] hat.Mit Bescheid vom 18. August 1993 stellte die zuständige [X.] fest, daß das Grundstück nach dem Einigungsvertrag in das [X.] [X.] übergegangen sei. Ein Restitutionsverfahren verlief für dieKlägerin erfolglos.Sie ist der Auffassung, daß ihr das Grundstück zustehe, und hat in er-ster Instanz die Übertragung des Eigentums, hilfsweise ihre Eintragung als Ei-gentümerin im Wege der Grundbuchberichtigung, verlangt. Das [X.] -hat unter Abweisung des [X.] dem Hilfsantrag stattgegeben. Auf dieBerufung der Beklagten hat das [X.] auch den Hilfsantrag ab-gewiesen. Mit der von ihm zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin [X.] des landgerichtlichen Urteils, hilfsweise, nach ihrem in er-ster Instanz gestellten Hauptantrag zu erkennen. Die Beklagte beantragt dieZurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat über den Hauptantrag nicht befunden, da [X.] mangels Anschlußberufung der Klägerin als nicht mehr verfolgt [X.]. Den Hilfsantrag hat es mit der Begründung abgewiesen, daß das Grund-buch nicht unrichtig sei. Zwar habe die Klägerin das Eigentum an dem [X.] mit Inkrafttreten des Art. IV der Verordnung über das Kirchenpatronats-recht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und [X.] vom 9. Februar 1946 ([X.]. 1946, [X.]) erlangt. Sie habe es jedoch andie Beklagte verloren, da die Stadt [X.]darüber im Rahmen der [X.] Beklagten zugunsten dieser verfügt habe. Diese Verfügung sei nachArt. 233 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1a [X.] wirksam.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.- 5 -Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ge-gen die Beklagte ein Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB zu, dasie Eigentümerin des [X.] ist und die Beklagte zu Unrecht [X.] eingetragen ist. Auf den in der Revisionsinstanz nur hilfsweiseverfolgten ursprünglichen Hauptantrag der Klägerin kommt es folglich nicht [X.] Die Revision greift die ihr günstige Annahme des Berufungsgerichtsnicht an, daß die Klägerin das Eigentum an dem Grundstück nach Art. IV [X.] über das Kirchenpatronatsrecht erworben hat. Diese [X.] auch keinen rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat [X.], daß der Verordnung eigentumszuweisende Wirkung zukam,soweit Gebäude und Grundstück kirchlichen Zwecken gewidmet waren. Es [X.] zu beanstanden, daß es diese Widmung aufgrund einer für die [X.] Vermutung als gegeben angesehen hat. Der dagegen [X.] der Revisionserwiderung, die Vermutung stütze sich auf eine lediglichverwaltungsinterne Vorschrift, der keine rechtliche Außenwirkung zukomme,greift nicht durch. Richtig ist, daß die "Anweisung zur Ausführung der Verord-nung über das Kirchenpatronatsrecht ... vom 9. Februar 1946" unter IV be-stimmt, daß bei Nutznießungsrechten aus alter oder älterer Zeit eine Vermu-tung für eine kirchliche Widmung spreche. Diese Anweisung richtet sich [X.] nur an die mit der Ausführung der Verordnung über das Kirchenpatro-natsrecht befaßten Stellen. Sie kann daher für außenstehende Dritte keine [X.] Vermutung begründen. Darin besteht aber auch nicht ihr [X.]. Sie will, richtig verstanden, keinen Tatbestand schaffen, an den sichmateriellrechtliche Folgen knüpfen ließen. Sie gibt nur einen Erfahrungssatzwieder, der ohnehin besteht, und macht ihn zum Gegenstand einer [X.] 6 -tungsanweisung. Gäbe es die Anweisung nicht, gälte nichts anderes. Aus demUmstand, daß für das Diakonat [X.] - wie das Berufungsgericht [X.] hat - ein Nutzungsrecht im Grundbuch eingetragen war, das im Zeit-punkt der Geltung der Kirchenpatronatsverordnung noch fortbestand, kann [X.] gezogen werden, daß Grundstück und Gebäude öffentlich-rechtlich fürkirchliche Zwecke gewidmet waren. Wem ein Nutzungsrecht verliehen ist, dernutzt in aller Regel aufgrund dieses Rechts, nicht aufgrund privatrechtlicherVerträge, etwa aufgrund eines Mietvertrages. Daß diese auf der [X.] beruhende Vermutung durch besondere Umstände erschüttert wäre, hatdas Berufungsgericht zutreffend verneint.2. Nicht zu folgen ist ihm hingegen, soweit es davon ausgeht, daßArt. 233 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1a [X.] die [X.]dazu berechtigt habe, mit Wirkung gegen die Klägerin über das in ih-rem Eigentum stehende Grundstück zu verfügen. Aus den von dem Berufungs-gericht an sich nicht übersehenen Entscheidungen des Senats ergibt sich dasGegenteil.a) Der Senat hatte zu der früheren Fassung des § 8 [X.] (in der [X.]) entschieden, daß [X.] damit nicht die Rechtsmacht verliehen wurde, wirksamüber nicht entstandenes Volkseigentum zu verfügen. Nur wenn [X.], ermächtigte die Vorschrift zu Verfügungen; anderenfalls verlieh siedem Adressaten nur die Stellung eines Buchberechtigten, und Dritte konntennur unter den Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberech-tigten (§ 892 BGB) Eigentum erwerben (Urt. v. 19. Juni 1998, [X.]/96,WM 1998, 1832 = [X.] 1998, 519). Diese Auffassung hat der Senat mit Urteil- 7 -vom 27. November 1998 ([X.], [X.], 746, 748 f. = [X.] 1999, 161,162 f.) bestätigt und zugleich dargelegt, daß die durch das [X.] geschaffene neue Fassung des § 8 Abs. 1 [X.]abweichend vom bisherigen Recht - verfassungsrechtliche Bedenken hier au-ßer acht lassend - eine Verfügungsmacht auch für den Fall begründet, [X.] zwar im Grundbuch eingetragen, aber nicht zur Entstehung ge-langt war. Ferner hat er ausgeführt, daß eine unter der Geltung der alten Ge-setzesfassung, ebenso unter der noch älteren des § 6 [X.], [X.] nicht mit Inkrafttreten der Neufassung geheilt werden konnte.b) Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht kein Anlaß. [X.] hier vorliegenden Fall, der sich noch unter der Geltung des § 6 [X.] a.F.zugetragen hat, bedeutet dies, daß entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts § 8 Abs. 1 [X.] n.F. nicht anwendbar ist und folglich die Stadt [X.]nicht zur Verfügung berechtigt hat. Auf Art. 233 Abs. 2 Satz 1 EGBGB alleinkann dies ebensowenig gestützt werden, da dort gerade vorausgesetzt wird,daß Volkseigentum zur Entstehung gelangt war (Senat, Urt. v. 27. November1998 aaO).3. Daß die Beklagte das Eigentum nicht gutgläubig gem. § 892 BGB er-worben hat, hat schon das [X.] zutreffend dargelegt. Hierauf kann [X.] werden. Auch die Revisionserwiderung gründet ihren Rechtsstandpunktnicht auf einen solchen Erwerbstatbestand.- 8 -III.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 [X.] [X.] [X.]Gaier [X.]

Meta

V ZR 205/03

23.01.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2004, Az. V ZR 205/03 (REWIS RS 2004, 4873)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4873

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