Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2004, Az. IX ZR 30/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 5149

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:8. Januar 2004BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaBGB § 675Zur Beratungspflicht des Rechtsanwalts, der für seinen Mandanten einen Mahnbe-scheid beantragt, wenn gegen den Schuldner bereits ein Antrag auf Eröffnung [X.] gestellt ist.[X.], [X.]eil vom 8. Januar 2004 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Kreft und die Rich-ter Dr. [X.], [X.], [X.] und Villfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 21. Januar 2003 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.von Rechts [X.]:Die Kauffrau B. [X.] war persönlich haftende [X.] Kapitalanlagegesellschaften, deren Firmen sich nur durch einefortlaufende Numerierung unterschieden. Die Klägerin und ihr Ehemann hattensich in Höhe von 617.500,00 DM an der "S. [X.] -H. KG" beteiligt. Nachdem gegen die [X.] -Gesellschaften Konkursantrag ge-stellt und vom Konkursgericht die [X.] angeordnet worden war, bean-tragte der verklagte Rechtsanwalt im Auftrag der Klägerin und ihres Ehemannes(im folgenden: Mandanten) am 3. Februar 1998 den Erlaß eines Mahnbeschei-des gegen die "4./6./7. [X.]-H. KG". Für den Fall des Wider-spruchs beantragte er die Durchführung des streitigen Verfahrens. Der [X.] wurde am 27. Februar 1998 erlassen und am 4. März 1998 an [X.]- 3 - zugestellt. Am 6. März 1998 legte diese Widerspruch ein, wobei sie imAnschriftenfeld "4./6./7. [X.]" anführte und im Betreff den Antragsgegner als"[X.] -H [X.]" bezeichnete. Den Mandanten entstanden Gerichts- und [X.] von insgesamt [X.] DM. Am 17. März 1998 wurden die [X.] über die Vermögen der drei erwähnten [X.].Der Rechtsschutzversicherer der Mandanten erstattete diesen die Ko-sten des Mahnverfahrens und trat die auf ihn übergegangenen Ansprüche [X.] an die Klägerin ab.Diese hat den [X.]n aus dem abgetretenen Recht auf Schadenser-satz von - umgerechnet - 4.915,94 hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der [X.] zugelassenen Revision begehrt der [X.] die Wiederher-stellung des klageabweisenden [X.]eils erster Instanz.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den [X.] ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung in dergeltend gemachten Höhe zu. Der [X.] habe seine anwaltlichen Pflichten- 4 -verletzt, indem er einen Mahnbescheid gegen eine nicht existente Person [X.] habe. Welche Gesellschaft in Wirklichkeit gemeint gewesen sei, habenicht festgestellt werden können. Durch diese Pflichtverletzung sei den [X.] ein Schaden in Höhe der für eine nutzlose Leistung aufgewandten Ko-sten entstanden. Eine kostenneutrale Korrektur des anwaltlichen Fehlers seinicht möglich gewesen. Das Rubrum habe nicht berichtigt werden können.Vielmehr hätte eine Klageänderung vorgenommen werden müssen, die sich [X.] ausgewirkt hätte. Damit hätten die Mandanten in [X.] für die entstandenen Gerichtskosten entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO ein-stehen müssen. Auch die anwaltlichen Gebühren und Kosten seien als adäquatverursachter Schaden anzusehen. Ob die durch eine Klageänderung neu ent-stehenden Gebühren mit den im Mahnverfahren angefallenen hätten [X.] können, sei unerheblich.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung jedenfalls [X.] stand.1. Vorab ist klarzustellen, daß die Klägerin aus zweifach übergegange-nem Recht vorgeht. Zunächst waren Schadensersatzforderungen der Klägerinund ihres Ehemannes aus dem Mandatsverhältnis mit dem [X.]n kraft Ge-setzes (§ 20 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 17 Abs. 8 [X.] 94 [X.]. § 67 Abs. 1 Satz 1VVG; vgl. [X.], Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 2 [X.] Rn. 27; § 20[X.] Rn. 13) auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen. Dieser gesetzli-che Forderungsübergang betrifft nicht nur berechtigte Rechtsverfolgungskostenwegen eines Schadens, sondern auch solche Kosten, die zur [X.] -nicht nützlich oder erforderlich waren, sich also im Verhältnis des [X.] zu dem von ihm eingeschalteten Rechtsanwalt selbst als Scha-den darstellen, vom Rechtsschutzversicherer aber ausgeglichen worden sind.Die auf den Rechtsschutzversicherer übergegangenen Ansprüche hat [X.] an die Klägerin (zurück-)übertragen.Die in den Vorinstanzen aufgestellte Behauptung des [X.]n, [X.] sei in Schädigungsabsicht erfolgt, hat die Revision nicht auf-gegriffen. Für sie ist auch kein Anhalt ersichtlich.2. Die Revision wendet sich nicht gegen die Ansicht des Berufungsge-richts, der [X.] habe durch die fehlerhafte Angabe des Schuldners in [X.] auf Erlaß des Mahnbescheides seine anwaltlichen Pflichten verletzt. Obihrer Auffassung, unter Zugrundelegung der Differenztheorie habe dieser [X.] keinen Schaden verursacht, weil die durch das Mahnbescheidsver-fahren verursachten Kosten in derselben Höhe auch bei ordnungsgemäßemAntrag entstanden wären und die Mandanten des [X.]n durch [X.] ordnungsgemäß eingeleiteten Mahnverfahrens - wegen der Eröffnung [X.] (§ 240 ZPO) - keinen Vollstreckungstitel mehr erlangt hätten,mag dahinstehen. Die Revision kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weilder [X.] - worauf die Revisionserwiderung mit Recht hinweist - zu [X.], in dem er den Mahnbescheid beantragte, einen solchen Antrag nichtmehr hätte stellen dürfen, also auch nicht gegen die richtige Antragsgegnerin.Unter diesem Gesichtspunkt kann das angefochtene [X.]eil gehalten werden,weil die Klägerin ihn schon in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hat.a) Am 3. Februar 1998 mußte der [X.] Mandanten, die einen [X.] gegen die Vierte, Sechste oder Siebte [X.] -H. KG be-- 6 -saßen, in jedem Falle abraten, einen Mahnbescheid gegen eine dieser Gesell-schaften zu beantragen. Es lag auf der Hand, daß durch eine solche Maßnah-me lediglich unnötige Kosten verursacht wurden.Nach dem eigenen Vortrag des [X.]n waren zu diesem Zeitpunktlängst Konkursanträge gegen die genannten Gesellschaften gestellt. Es warauch bereits die [X.] angeordnet worden. Ob die [X.] werden würden, hing - wie der [X.] in einem an alle "M. -Geschädigten" (auch an die Klägerin und ihren Ehemann) gerichteten [X.] vom 19. Dezember 1997 ausführte - davon ab, ob der [X.] genügendGeld vorfinden würde, damit die Kosten der Konkursverfahren gedeckt waren.Bereits dieser Umstand mußte einen verantwortungsbewußten Rechts-anwalt veranlassen, von einem gerichtlichen Vorgehen gegen eine der in [X.] kommenden [X.] abzuraten. Da die [X.] bereits etwa ein halbes Jahr zuvor beantragt worden waren, war mit alsbal-digen Entscheidungen des [X.] über die Eröffnung zu rechnen.Tatsächlich ergingen diese circa 6 Wochen später. Es war schon ganz unwahr-scheinlich, daß bis dahin ein Vollstreckungstitel erreichbar sein würde. [X.] war eine erfolgreiche Vollstreckung. Die Entscheidungenüber die gestellten Konkursanträge mußten sich, wie sie auch immer lauteten,für die Antragsteller der Mahnverfahren negativ auswirken. [X.] die [X.] eröffnet, führte dies zur Unterbrechung noch laufender [X.] (§ 240 ZPO); aus etwa bereits titulierten Forderungen konnte bis [X.] der Konkursverfahren nicht vollstreckt werden, und danach war [X.] unsicher, ob den Forderungen noch ein wirtschaftlicher Wert beizumes-sen war. Gegebenenfalls war ein Auszug aus der [X.] ein geeigneter- und wesentlich billiger zu erlangender - Vollstreckungstitel. [X.] die Kon-- 7 -kursverfahren mangels Masse nicht eröffnet, fehlte es an liquidem Vermögen.In einem solchen Fall auf angebliche Forderungen der Gesellschaften gegenausländische Schuldner "in Millionenhöhe" zugreifen zu können, war eine durchnichts belegte vage Hoffnung.Selbst wenn es der Klägerin und ihrem Ehemann gelungen wäre, bis zurEröffnung der Konkursverfahren einen Vollstreckungstitel zu erwirken und er-folgreich daraus zu vollstrecken, mußte der [X.] damit rechnen, daß nacheiner Verfahrenseröffnung der Konkursverwalter diesen Erwerb wirksam [X.] würde. Die Voraussetzungen der Konkursanfechtung nach § 30 Nr. 2KO hätten offensichtlich vorgelegen (vgl. [X.]Z 136, 309, 311).Da der Erwerb, so er denn überhaupt erreichbar erschien, mit größterWahrscheinlichkeit nicht von Bestand sein würde, hätte der [X.] davon [X.] müssen, jetzt noch Kosten aus einem Streitwert von 617.500,00 DM in eingerichtliches Verfahren zu investieren.b) Den allein sinnvollen Rat, bis zur Entscheidung über die Anträge [X.] der Konkursverfahren kein Geld mehr für gerichtliche Verfahren - undseien es auch nur Mahnverfahren - auszugeben, hat der [X.] den [X.] nicht erteilt. Das Schreiben vom 19. Dezember 1997, in dem der [X.] den Mitgliedern der Interessengemeinschaft der "[X.] -Geschädigten" nahelegte, mit Mahnbescheidsanträgen vorzugehen, und sichfür die Ausführung empfahl, stellte die Vorteile und Risiken dieses Vorgehensschon damals nicht zutreffend dar. Erst recht gilt dies für den späteren Zeit-punkt, als der [X.] den Auftrag der Klägerin und ihres Ehemannes erhielt,nunmehr für sie einen Mahnbescheid zu [X.] 8 -c) Dieses Verhalten stellt, falls bereits ein Mandatsverhältnis bestandenhaben sollte, eine - schuldhafte - positive Vertragsverletzung dar, andernfallsein Verschulden bei der [X.]) Das Verhalten des [X.]n war für den Schaden kausal. Die Kläge-rin hat behauptet, wären sie und ihr Ehemann ordnungsgemäß aufgeklärt [X.], hätten sie von einer Beauftragung des [X.]n abgesehen. Dieser Vor-trag ist dahin zu verstehen, daß sie auch einen bereits erteilten Auftrag zurück-genommen hätten, wenn der [X.] sie über dessen Zweckmäßigkeit zutref-fend beraten hätte. Dem Vortrag der Klägerin ist der [X.] - soweit ersicht-lich - nicht entgegengetreten. Davon abgesehen wird er nach den Regeln [X.] erhärtet. Für ihn spricht die Vermutung [X.] ([X.]Z 123, 311, 315 ff; [X.], [X.]. v. 22. Februar 2001 - [X.], [X.], 741, 744).- 9 -e) Gegen die Höhe des Schadens sind keine Bedenken vorgebrachtworden. [X.] hätte es sich auswirken können, falls dem Beklag-ten eine Gebühr für die Beratung der Klägerin und ihres Ehemannes zugestan-den hätte. Dazu fehlt es an hinreichendem Vortrag.Kreft[X.]Ganter[X.]Vill

Meta

IX ZR 30/03

08.01.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2004, Az. IX ZR 30/03 (REWIS RS 2004, 5149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 5149

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