Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.11.2010, Az. IX R 24/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 1632

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Gegenstand

Steuerliche Konsequenzen einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung auf Anteilseignerebene -  Keine Entstehung von Bezugsrechten infolge einer verschmelzungsdurchführenden Kapitalerhöhung - Folgen einer Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung


Leitsatz

Eine nicht den realen Wertverhältnissen entsprechende Verschmelzung, zu deren Durchführung das Kapital der aufnehmenden Kapitalgesellschaft um den Nominalwert der Anteile der übertragenden Kapitalgesellschaft erhöht wird, kann --anteilig-- zu einer nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG steuerbaren verdeckten Einlage des Wirtschaftsguts "Geschäftsanteil" zugunsten neuer, im Zuge der Verschmelzung gewährter Geschäftsanteile führen, wenn die steuerpflichtige natürliche Person sowohl am Übernehmenden wie auch an der Anteilseignerin der übertragenden Kapitalgesellschaft maßgebend beteiligt ist .

Tatbestand

1

I. Die [X.]läger und Revisionskläger ([X.]läger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2000) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

2

Der [X.]läger war neben [X.] zu 50 % an der [X.] beteiligt, deren Stammkapital ursprünglich 100.000 [X.] betragen hatte. Die [X.] hatte im Jahr 1997 Anteile an der [X.] ([X.]; Stammkapital 200.000 [X.]) von 51 % (Geschäftsanteile von nominell 102.000 [X.]) und im [X.] weitere Anteile von 37,5 % (Geschäftsanteile von nominell 75.000 [X.]) erworben, so dass sie zum 31. Dezember 1998 mit Geschäftsanteilen von 177.000 [X.] zu 88,5 % an der [X.] beteiligt war. Mit notariellem Vertrag vom 24. Mai 2000 veräußerte die [X.] ihre Geschäftsanteile an der [X.] je zur Hälfte an ihre Gesellschafter. [X.] und der [X.]läger zahlten für die Geschäftsanteile in Höhe von nominell je 88.500 [X.] je 40.000 [X.]. Mit notariellem Vertrag vom 13. Juli 2000 verkaufte der [X.]läger seine gesamten Geschäftsanteile an der [X.] für 45.000 € an die in den [X.] ansässige [X.] BV ([X.]), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der [X.]läger ist. In der gleichen Weise veräußerte [X.] seine Anteile an der [X.] mit notariellen Verträgen vom 13. Juli 2000 an die [X.] Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH ([X.] GmbH).

3

  

Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich nach diesen Transaktionen wie folgt dar:
[X.]: [X.]: 50.000 [X.] = 50 %
[X.]läger: 50.000 [X.] = 50 %
[X.]: [X.] GmbH: 111.500 [X.] = 55,75 %
[X.]: 88.500 [X.] = 44,25 %.

4

Mit einem weiteren notariellen Vertrag vom 13. Juli 2000 wurde die [X.] auf die [X.] als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen. Gemäß § 2 des Verschmelzungsvertrags übernahm die [X.] das Gesellschaftsvermögen der [X.].

5

 Zur Durchführung der Verschmelzung enthält § 3 des Verschmelzungsvertrags in seinen Absätzen 4 bis 9 --sinngemäß-- folgende Regelung:
  - Zur Vorbereitung der Verschmelzung stellt die [X.] ihr Stammkapital von 200.000 [X.] auf 102.260 € um. Der zur Glättung erforderliche Betrag von 1.624 € ist dabei von den Gesellschaftern bar eingezahlt worden. Deren Geschäftsanteile werden nach der Umstellung wie folgt gehalten:
[X.] GmbH 57.010 €
[X.]        45.250 €
- Zur Durchführung der Verschmelzung
stellt die [X.] ihr Stammkapital von 100.000 [X.] auf 51.740 € um
und erhöht sodann das Stammkapital um 102.260 € auf 154.000 €.
Für Zwecke der Verschmelzung bildet sie aus dem erhöhten Stammkapital zwei weitere Geschäftsanteile in Höhe von 57.010 € und 45.250 €.
Die [X.] gewährt den Gesellschaftern der [X.] für deren untergegangene Geschäftsanteile solche der [X.] in Höhe von 57.010 € zugunsten der [X.] GmbH und in Höhe von 45.250 € zugunsten der [X.] (Umtauschverhältnis Geschäftsanteil [X.] zu Geschäftsanteil [X.] damit 1 : 1).
- Nach der [X.]apitalerhöhung und der Verschmelzung sind an der [X.] damit folgende Gesellschafter beteiligt:
[X.]: 25.870 € von 154.000 € (= 16,799 %),
[X.]läger: 25.870 € von 154.000 € (= 16,799 %),
[X.] GmbH: 57.010 € von 154.00 € (= 37,019 %),
[X.]: 45.250 € von 154.000 € (=29,383 %).
- Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit über das Umtauschverhältnis.

   

6

Aufgrund des notariellen Vertrags vom 11. September 2000 übertrug die [X.] ihre Anteile an der [X.] auf die [X.] (alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer: der [X.]läger).

7

Der gemeine Wert der Geschäftsanteile vor der Verschmelzung an der [X.] betrug 200.000 [X.] (= Nominalwert) und an der [X.] 5,5 Mio. [X.]. Die [X.]onzernbetriebsprüfung vertrat im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung die Auffassung, dass bei der [X.] aus der [X.]apitalerhöhung in Vorbereitung der nicht verhältniswahrenden Verschmelzung Anwartschaften (Bezugsrechte) auf eine Beteiligung an der [X.] entstanden seien. Soweit die [X.] (und die [X.] GmbH) Anteile an der [X.] erhalten hatten, die wertmäßig den untergegangenen Anteilen an der [X.] entsprachen, habe sie die Anteile entgeltlich als Gegenleistung für die untergegangenen Anteile an der [X.] erhalten. Soweit sie Anteile über den Wert der untergegangenen Anteile an der [X.] hinaus empfangen habe, habe sie diese Anteile unentgeltlich durch Zuwendung des Bezugsrechts seitens des [X.]lägers im Rahmen einer verdeckten Einlage erhalten. Nur soweit der [X.] als entgeltliches Geschäft anzusehen sei, führe er nach § 13 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG 1995) nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven. Soweit die Anteile aufgrund des unentgeltlich zugewandten Bezugsrechts entstanden seien, erfülle der [X.]läger den Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] (EStG).

8

Im Rahmen einer weiteren Außenprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) wurde --die Ergebnisse der Prüfung durch die [X.]onzernbetriebsprüfung umsetzend-- der Veräußerungsgewinn des [X.]lägers ermittelt. Diesem hätten als Anteilseigner der [X.] Bezugsrechte an den durch [X.]apitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entstehenden neuen Anteilen zugestanden. Entsprechend den Wertverhältnissen der Anteile an der [X.] einerseits und an der [X.] andererseits hätte die Verschmelzung zu folgenden Beteiligungsverhältnissen führen müssen:       
[X.]läger: Beteiligung am Stammkapital: 144.737 [X.] = 48,2456 % des Stammkapitals der [X.] in Höhe von 5,7 Mio. [X.] (nämlich: 5,5 Mio. [X.] als Wert der [X.] plus 200.000 [X.] als Wert der [X.]), =  2,75 Mio. [X.], entspricht einem Wert vor Verschmelzung in Höhe von 50 % von 5,5 Mio. [X.],
[X.]: Beteiligung am Stammkapital: 4.658 [X.] = 1,5526 % des Stammkapitals der [X.] in Höhe von 5,7 Mio. [X.], = 88.500 [X.], entspricht einem Wert vor Verschmelzung in Höhe von 44,25 % von 200.000 [X.]. 
Tatsächlich sei mit der Verschmelzung und dem [X.] zum Nominalwert 1: 1 folgende Anteilsverschiebung eingetreten:
[X.]läger: Stammkapital: 50.000 [X.] = 16,799 % von 5, 7 Mio. [X.] = 957.543 [X.]. Wertmäßiger Verlust durch Verschmelzung: 1.792.457 [X.].
[X.]: Stammkapital: 88.500 [X.] = 29.383 % von 5,7 Mio. [X.] = 1.674.831 [X.]. Wertmäßiger Gewinn durch Verschmelzung: 1.586.331 [X.].

9

Nach Auffassung des [X.] liege, soweit das Stammkapital in Höhe von 4.658 [X.] betroffen sei, ein nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führender [X.] vor. Hinsichtlich der unentgeltlichen Zuwendung liege eine verdeckte Einlage vor, die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG zu versteuern sei. Durch den Verzicht auf die [X.] entsprechend den Unternehmenswerten führe der [X.]läger das Bezugsrecht unentgeltlich der [X.] zu. Der Gewinn ergebe sich aus dem Unterschied zwischen dem [X.] von 1.586.331 [X.] und Anschaffungskosten in Höhe von 28.842 [X.] (Gewinn also 1.557.489 [X.]).

Dementsprechend erließ das [X.] einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es den Veräußerungsgewinn von 459.200 [X.] um 1.557.489 [X.] auf 2.016.689 [X.] erhöhte und die Einkommensteuer auf 540.086,31 € festsetzte.

Der hiergegen gerichtete, mit einem Gutachten begründete Einspruch der [X.]läger blieb ohne Erfolg. Auch ihre [X.]lage wies das Finanzgericht ([X.]) als im Wesentlichen unbegründet ab. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1459 veröffentlichten Urteil folgte das [X.] dem [X.] im Hinblick auf die verdeckte Einlage der Bezugsrechte, die sich hier jedenfalls aus § 57j des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ergäben ([X.]apitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln). Es ermittelte aber die Anschaffungskosten nach § 3 des [X.]apitalerhöhungssteuergesetzes ([X.]apErhStG) abweichend vom [X.]:       ursprüngliche Anschaffungskosten des [X.]lägers (50.597 [X.]) ./.       [X.]apital des [X.]lägers mit Ausübung seines Bezugsrechts (134.423       [X.]) x Wert des Bezugsrechts, das der [X.]läger übertragen hat       (83.826 [X.]) = 31.552 [X.].

Ferner seien die Gutachterkosten (56.265 [X.] = 28.768 €) als Veräußerungskosten zu berücksichtigen, so dass sich der Veräußerungsgewinn des [X.]lägers als Differenz des gemeinen Werts der Geschäftsanteile von 1.586.331 [X.] sowie der Anschaffungskosten von 31.552 [X.] und der Veräußerungskosten von 56.265 [X.] in Höhe von 1.498.514 [X.] darstelle.

Hiergegen richtet sich die Revision der [X.]läger, die sie auf Verletzung von § 17 EStG stützen. Die verdeckte Einlage eines Bezugs- oder Anwartschaftsrechts komme nicht in Betracht, weil ein solches Recht in der Person des [X.]lägers nicht entstanden sei. Dem Gesellschafter einer GmbH stehe anders als dem Aktionär kein gesetzlich verbürgtes Bezugsrecht zu. Ein solches Recht sei auch der Satzung der [X.] nicht zu entnehmen. Auch aufgrund des Verschmelzungsvertrags habe der [X.]läger keine Bezugsberechtigung erlangt. Ebenso wenig ergebe sich eine Anwartschaft auf Teilnahme an der [X.]apitalerhöhung aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter schon deshalb nicht, weil es im Streitfall denklogisch nur eine einstimmige Entscheidung gegeben haben könne.

Die [X.]läger beantragen,

das angefochtene Urteil und den Einkommensteuerbescheid für das [X.] vom 27. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2007 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 1.498.514 [X.] geminderten Veräußerungsgewinns neu festzusetzen.

Das [X.] beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.] Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2, Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

1. Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.498.514 DM der Besteuerung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG unterworfen.

a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb unter weiteren, hier nicht problematischen Voraussetzungen, auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wobei nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft der Veräußerung von Anteilen gleich steht. Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gehören gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG neben Anteilen an einer GmbH auch Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Anwartschaften in diesem Sinne sind --im hier gegebenen Kontext-- Bezugsrechte, die aufgrund einer Kapitalerhöhung entstehen können (vgl. dazu eingehend Urteil des [X.] --[X.]-- vom 21. September 2004 [X.], [X.], 543, [X.], 12, m.w.N.). Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Sinne dieser Vorschrift sind auch abspaltbare Teile des Wirtschaftsguts "Geschäftsanteil" (s. dazu eingehend [X.]-Urteil vom 21. Januar 1999 [X.], [X.], 27, [X.] 1999, 638, unter [X.] 2.).

Entgegen der Auffassung von [X.] und [X.] sind in der Person des [X.] zwar keine Bezugsrechte entstanden, die er als Anwartschaften auf eine GmbH-Beteiligung in die [X.] verdeckt hätte einlegen können (s. unter b). Verdeckt eingelegt hat er aber [X.] seiner Geschäftsanteile an der [X.] in die von ihm beherrschte [X.] (s. unter b).

b) Wird das Kapital der aufnehmenden Kapitalgesellschaft --wie hier nach § 3 des [X.] zur Durchführung der Verschmelzung gemäß § 55 Abs. 1 des [X.]es ([X.]) erhöht, so entstehen keine Bezugsrechte. Denn eine Kapitalerhöhung nach § 55 [X.] zur Durchführung der Verschmelzung ist nur zulässig, soweit neue Anteile benötigt werden, um sie den Anteilsinhabern   des übertragenden Rechtsträgers   zu gewähren. Der verschmelzungsdurchführenden Kapitalerhöhung ist mithin ein Bezugsrechtsausschluss immanent (vgl. § 69 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 186 des Aktiengesetzes --AktG--; einhellige Auffassung, vgl. Winter in [X.], [X.], 4. Aufl. 2009, § 55 Rz 25; [X.] in Semler/[X.], [X.], 2. Aufl., § 55 Rz 20; [X.] in Widmann/[X.], Umwandlungsrecht, § 55 [X.] Rz 51).

aa) Der Verweis des [X.] auf § 57j GmbHG führt zu keinem gegenteiligen Ergebnis. Danach stehen die neuen Geschäftsanteile den Gesellschaftern --ipso iure-- im Verhältnis ihrer bisherigen Geschäftsanteile zu (vgl. dazu [X.] in [X.]/ [X.], GmbHG, 17. Aufl., § 57j Rz 1). Zwar schließt § 55 Abs. 1 [X.] die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht ausdrücklich aus. Sie gilt nach § 57c Abs. 4 GmbHG aber nur bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Wenn dort im Rahmen eines Umbuchungsvorgangs offene Rücklagen in gezeichnetes Kapital umgewandelt werden, sich also nicht die Höhe, sondern nur die Zusammensetzung des Eigenkapitals ändert (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 25. Februar 2009 [X.], [X.], 504, [X.] 2009, 658, m.w.N.), so ist die Situation bei der Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung eine völlig andere: Das Kapital des übernehmenden Rechtsträgers wird durch Einlage (§ 56 Abs. 1 GmbHG) des gesamten Vermögens des übertragenden Rechtsträgers tatsächlich erhöht (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 55 [X.] Rz 3; Winter in [X.], a.a.[X.], § 55 Rz 2).

bb) Eine Anwartschaft auf die durch Kapitalerhöhung entstehenden Geschäftsanteile (§ 57h Abs. 1 GmbHG) ergibt sich auch nicht aus einer Art "wirtschaftlichem" Bezugsrecht. Wenn der [X.] eine derartige Anwartschaft in seinem Urteil vom 8. April 1992 [X.] ([X.]E 167, 424, [X.] 1992, 761) erwogen hat, so in einem Fall, in dem der Berechtigte über sein Bezugsrecht jedenfalls wirtschaftlich (durch Teilnahme am [X.], durch Verzicht oder durch Übertragung) zugunsten eines anderen verfügt hat. So verhält es sich aber bei einer Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung gerade nicht. Hier ist ein Bezugsrecht der Gesellschafter der aufnehmenden [X.] ausgeschlossen (§ 69 Abs. 1 [X.], § 186 AktG), so dass Überlegungen, der Gesellschafter des aufnehmenden Rechtsträgers könne z.B. durch seine Teilnahme am [X.] über eine Anwartschaft verfügt haben, nicht weiter führen.

c) Der Kläger hat jedoch Anteile i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG in die [X.] (anteilig) verdeckt eingelegt, indem er entscheidend bei einer Kapitalerhöhung zur Durchführung einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung mitwirkte und damit erreicht hat, dass von seinen Geschäftsanteilen an der aufnehmenden [X.] Substanz auf die neuen Anteile der [X.] an der [X.] übergegangen ist.

aa) Bei einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung kommt es zunächst zu einem   Wertetransfer.   Werden die Beteiligten des Verschmelzungsvertrags zwar regelmäßig ein angemessenes Umtauschverhältnis (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) entsprechend der Relation der Unternehmenswerte zueinander (einschließlich der stillen Reserven) zugrunde legen (vgl. eingehend dazu [X.]/[X.] in [X.], a.a.[X.], § 5 Rz 20 ff., m.w.N.) und auf diese Weise die notwendige Kapitalerhöhung nach § 55 [X.] berechnen (s. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 55 [X.] Rz 14 ff.), so ist zivilrechtlich auch eine nicht verhältniswahrende Verschmelzung ebenso wie eine nicht verhältniswahrende Spaltung (§ 128 [X.]) zulässig, wenn --wie im [X.]alle   Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger zustimmen   ([X.] in [X.]/[X.]/ [X.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rz 8; [X.]/[X.] in [X.], a.a.[X.], § 5 Rz 20).

Folge einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung ist eine Wertverschiebung (vgl. zur Problematik eingehend Füger/[X.], Verdeckte Einlage und verdeckte Gewinnausschüttung bei Umwandlungen - ein Problemabriss anhand typischer Fälle, in Festschrift für Widmann, S. 287 ff.). Im Streitfall ist der gemeine Wert des Geschäftsanteils der [X.] an der [X.], den sie im Zuge der Verschmelzung erhielt, höher als der Wert ihres im Rahmen der Verschmelzung untergehenden ursprünglichen Anteils an der [X.], der übertragenden Körperschaft. Entsprechend verminderte sich der gemeine Wert des Geschäftsanteils des [X.] an der [X.] als Anteilseigner der übernehmenden Körperschaft. Da der Kläger gleichzeitig sämtliche Anteile an der [X.] hielt, erhöhte sich zugleich die wertmäßige Substanz seiner Anteile an der [X.]. Grund für diesen Wertetransfer von den ursprünglichen Geschäftsanteilen an der übernehmenden Körperschaft hin zu den durch Kapitalerhöhung entstehenden, den Gesellschaftern der übertragenden Körperschaft gewährten neuen Anteilen ist die Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung auf Grundlage der   [X.].

bb) Die hierin liegende Wertverschiebung führt zu einer anteiligen verdeckten Einlage des Wirtschaftsguts "Geschäftsanteil" und damit zu einem nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG steuerbaren Vorgang.

Eine verdeckte Einlage ist --im Gegensatz zur offenen Einlage gegen Gewährung von [X.] die Zuwendung eines einlagefähigen Vermögensvorteils seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahe stehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat ([X.]-Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 6/09, [X.]/NV 2010, 397; vgl. auch [X.]-Beschlüsse vom 26. Oktober 1987 [X.], [X.]E 151, 523, [X.] 1988, 348, und vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, [X.]E 183, 187, [X.] 1998, 307).

Im Schrifttum wird in Fallkonstellationen wie im Streitfall eine steuerbare verdeckte Einlage eines "vermögenswerten Vorteils" bejaht (Füger/[X.], a.a.[X.], S. 312; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], Umwandlungssteuergesetz, § 12 Rz 47, [X.]). Dem pflichtet der Senat aus folgenden Erwägungen bei:

(1) Zwar können auch Werte Vermögensgegenstände sein (§ 266 Abs. 2 A.I.1. des Handelsgesetzbuches --HGB--). Ob damit "Werte" in jedem Fall auch Wirtschaftsgüter bilden können, kann dahinstehen. Denn das Wirtschaftsgut, um das es hier geht, ist allein der Geschäftsanteil.  Dessen Wert ist grundsätzlich kein selbständiges, von ihm abzusonderndes Wirtschaftsgut, sondern lediglich seine   Eigenschaft.

(2) Indes geht es bei einer Kapitalerhöhung zur Durchführung einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung nicht allein um einen Wertetransfer. Vielmehr führt die Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung (§ 55 [X.]) wie jede Kapitalerhöhung zu einer Abspaltung der durch den alten Geschäftsanteil verkörperten Substanz und damit zur Abspaltung eines   Teils des "Geschäftsanteils"   i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG  (vgl. zur [X.] [X.]-Urteile in [X.], 27, [X.] 1999, 638; vom 22. Mai 2003 [X.], [X.]E 202, 309, [X.] 2003, 712 --zur Kapitalerhöhung gegen [X.], und [X.]-Urteil in [X.], 504, [X.] 2009, 658 - zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln). Dieser Anteil an einem selbständigen Geschäftsanteil ist   steuerrechtlich   [X.] als Geschäftsanteil-- ein Wirtschaftsgut, und zwar unabhängig davon, ob er zivilrechtlich wirksam von dem jeweiligen Geschäftsanteil abgetrennt wurde ([X.]-Urteil vom 6. Oktober 2009 [X.], [X.]E 228, 10, [X.] 2010, 460). Mit der Substanz werden im Zuge der Kapitalerhöhung mithin nicht nur Werte verschoben, sondern darüber hinaus die am Vermögen, am Gewinn und an den stillen Reserven beteiligten Anteilsrechte vermehrt. Auch die Mitgliedschaftsrechte gehen anteilsgemäß über (s. das [X.]-Urteil in [X.], 27, [X.] 1999, 638).

Die solcherart vom (alten) Geschäftsanteil an der übernehmenden Kapitalgesellschaft abgespaltene Substanz geht nun nicht über ein Bezugsrecht auf den neuen Geschäftsanteil des bislang an der übertragenden Kapitalgesellschaft und infolge der Verschmelzung an der übernehmenden Kapitalgesellschaft beteiligten Anteilseigners über. Vielmehr verschiebt sich die Substanz   direkt vom alten Geschäftsanteil hin zum durch die Verschmelzung geschaffenen neuen Geschäftsanteil. Damit legt der Anteilseigner (hier der Kläger) durch Mitwirken an der nicht verhältniswahrenden Verschmelzung (vgl. zur Einlagehandlung bereits oben unter c) Einleitungssatz) einen Teil seines Geschäftsanteils an der übernehmenden Kapitalgesellschaft in die bisher an der übertragenden Kapitalgesellschaft beteiligte und mittels Verschmelzung nun an der übernehmenden Kapitalgesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft ein.

(3) Das im [X.] liegende Übertragen des Geschäftsanteils hat seine Ursache (anteilig) ersichtlich im Gesellschaftsverhältnis, denn der Kläger ist allein an der [X.] beteiligt. Auch wenn die Wirtschaftsgüter der übertragenden Körperschaft --wie hier-- mit dem Buchwert angesetzt werden (§§ 12, 11 UmwStG 1995, vgl. auch § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 UmwStG 2006), hätten einander Fremde auf einer wertadäquaten Kapitalerhöhung bestanden und den Verlust von [X.] ihrer (alten) Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft nicht gebilligt. In einem solchen Fall hätte die dadurch entstehende Differenz zwischen dem Nominalbetrag der Kapitalerhöhung (die im Streitfall niedriger ausfällt als die übernommenen Aktiven und Passiven) und dem Nettovermögen des übertragenden Rechtsträgers nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage eingestellt werden müssen (vgl. [X.] in Widmann/[X.], a.a.[X.], § 55 Rz 36; Winter in [X.], a.a.[X.], § 55 Rz 7). Wenn stattdessen eine [X.] gewählt wird, geschieht dies, um die wertmäßige Substanz des neuen Anteils --sozusagen als Reflex der Verschmelzung-- causa societatis ohne wertentsprechende Gegenleistung zu erhöhen und der [X.] auf diese Weise einen Anteil an einem Vermögensgegenstand zuzuwenden. Diese verdeckte Einlage ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG steuerbar. Im Übrigen --also soweit die Übertragung der Wertrelation entspricht-- liegt demgegenüber keine verdeckte Einlage vor. Es gilt insofern § 13 Abs. 1 UmwStG 1995.

Wenn der [X.] in der disquotalen Einlage keine Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes sieht ([X.]-Urteil vom 9. Dezember 2009 [X.], [X.]E 228, 169, [X.] 2010, 566), so hat dies für die ertragsteuerrechtliche Beurteilung keine Bedeutung.

2. Nach diesen Maßstäben hatte der Kläger zwar kein Bezugsrecht, wohl aber den "Geschäftsanteil an der [X.]" anteilig verdeckt in die [X.] eingelegt. Deshalb stellt sich die Vorentscheidung im Ergebnis als richtig dar (§ 126 Abs. 4 [X.]O).

a) Auch für diesen direkten Übergang des Geschäftsanteils gilt, dass der Kläger [X.] im gemeinen Wert von 1.586.331 DM abgespalten und verdeckt eingelegt hat, indem er zusammen mit den anderen Beteiligten die Kapitalerhöhung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft [X.] zur Durchführung der Verschmelzung nach der [X.] beschloss. In dieser Höhe hat er damit Vermögenssubstanz auf die [X.] ohne Gegenleistung in Gestalt von [X.] übertragen.

b) Das [X.] hat den Gewinn ermittelt, indem es dem gemeinen Wert der abgespaltenen [X.] (§ 17 Abs. 2 Satz 2 EStG) den Anschaffungs- und Veräußerungskosten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) gegenübergestellt hat. Hierbei hat es die Anschaffungskosten nach § 3 [X.] zwar nach seiner Auffassung folgerichtig (vgl. oben 1. b aa), indes unrichtig ermittelt. Denn das Kapitalerhöhungssteuergesetz gilt, wie sich aus § 1 [X.] erschließt, nur bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (vgl. [X.]/[X.], [X.] Vorb. Rz 7). Bei Kapitalerhöhungen gegen Einlage gilt die Gesamtwertmethode (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteil in [X.], 27, [X.] 1999, 638), denn im Streitfall ist § 20 Abs. 4 a Satz 4 EStG (noch) nicht anwendbar (vgl. dazu [X.], Der Betrieb 2009, 476 ff.). [X.] folgt für die Kläger aus diesem Rechtsfehler kein Nachteil, so dass er sie nicht in ihren Rechten verletzt. Denn die vom [X.] in Bezug genommene Berechnung der Anschaffungskosten durch die Außenprüfung nach Maßgabe der Gesamtwertmethode --so versteht der Senat dieses [X.] führte zu geringeren Anschaffungskosten und damit zu einem höheren Gewinn.

Meta

IX R 24/09

09.11.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 26. Mai 2009, Az: 8 K 335/07, Urteil

§ 17 Abs 1 EStG 1997, § 17 Abs 2 EStG 1997, §§ 55ff GmbHG, § 55 GmbHG, §§ 57cff GmbHG, § 57c GmbHG, § 5 UmwG, § 55 UmwG, § 11 UmwStG 1995, § 12 UmwStG 1995, § 13 UmwStG 1995, § 1 KapErhStG, § 3 KapErhStG, § 266 HGB, § 272 Abs 2 Nr 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.11.2010, Az. IX R 24/09 (REWIS RS 2010, 1632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1632

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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