Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2005, Az. VIII ZR 14/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4472

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. März 2005 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: nein

BGB §§ 242 [X.], 542

Zur Wirksamkeit der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses, die nach dem Aus-zug eines Mitmieters allein gegenüber dem die Wohnung weiter nutzenden Mieter aus-gesprochen worden ist (im Anschluß an [X.], Urteil vom 3. März 2004 - [X.], [X.], 1797).

[X.], Urteil vom 16. März 2005 - [X.] - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 25. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] vom 25. November 2003 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte mietete gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin vom Rechtsvorgänger der Klägerin ab dem 1. November 1990 eine Wohnung in [X.]. Die frühere Lebensgefährtin des Beklagten zog im September 1994 aus der Wohnung aus und teilte dies dem Rechtsvorgänger der Klägerin mit. Dieser sprach mit Schreiben vom 6. Mai 1997 die fristlose Kündigung des [X.] wegen bestehender Mietrückstände gegenüber dem Beklagten und dessen früherer Lebensgefährtin aus. Diese wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 11. Mai 1997 erneut an den Rechtsvorgänger der Klägerin und - 3 - bat ihn unter Hinweis darauf, daß sie sich bereits im September 1994 in seinem Büro gemeldet und den gemeinsamen Mietvertrag mit dem Beklagten gekündigt habe, um baldige Klärung der Angelegenheit. In der Folgezeit nahm der Rechtsvorgänger der Klägerin allein den Beklagten gerichtlich auf Zahlung von [X.] in Anspruch. Die Klägerin, die im Jahr 1999 in das Mietver-hältnis eintrat, kündigte dieses gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 26. Juni 2001 zum 31. Juni 2002 sowie nochmals fristlos mit der Klageschrift vom 22. Juni 2002 im vorliegenden Rechtsstreit. Sie begehrt vom Beklagten die Räumung der Wohnung. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung des Beklagten die Räumungsklage abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Kündigungen der Klägerin seien unwirksam, da sie nur an den [X.], nicht jedoch auch an die [X.] gerichtet gewesen seien. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung aus dem Jahre 1994 bzw. eine entspre-chende konkludente Vereinbarung aus dem [X.] zwischen dem Rechts-vorgänger der Klägerin und der [X.] reiche für ein Ausscheiden der letz-teren aus dem Mietverhältnis nicht aus. Die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, daß der Beklagte an der behaupteten Vereinbarung mitgewirkt oder ihr später zugestimmt habe. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, daß die - 4 - Berufung des Beklagten auf seine fehlende Zustimmung zu der Entlassung der [X.] aus dem Mietverhältnis treuwidrig sei. I[X.] Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung und [X.] an das Berufungsgericht. Zu Unrecht hat das [X.] angenommen, die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigun-gen vom 26. Juni 2001 und 22. Juli 2002 seien deshalb unwirksam, weil sie nur an den Beklagten und nicht auch an die frühere Lebensgefährtin des Beklagten gerichtet gewesen seien. 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß ein Mietverhältnis, an dem auf Vermieter- oder Mieterseite mehrere Personen be-teiligt sind, wirksam nur gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden kann ([X.] 26, 102). Danach bedurfte es einer Kündigung gegenüber der [X.] Lebensgefährtin des Beklagten dann nicht, wenn diese im Zeitpunkt der Kündigungen bereits aus dem Mietvertrag ausgeschieden war. Dies verneint das Berufungsgericht mit der Begründung, für eine Entlassung der [X.] aus dem Mietverhältnis sei die nach der Behauptung der Klägerin zwischen der [X.] und dem Rechtsvorgänger der Klägerin bereits in den Jahren 1994 bzw. 1997 getroffene Vereinbarung nicht ausreichend, weil der Beklagte ihr nicht zugestimmt habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich bereits der Rechtsvorgänger der Klägerin mit dem von der [X.] damals gewünschten Ausscheiden aus dem Mietverhältnis - ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten - einver-standen erklärt hatte. Jedenfalls hat die Klägerin, die im Jahr 1999 in den [X.] auf der Vermieterseite eintrat und auf deren Einverständnis es seitdem ankommt, im vorliegenden Rechtsstreit ihr Einverständnis damit zum Ausdruck - 5 - gebracht, daß die [X.] seit deren Auszug aus der Wohnung auch aus dem Mietvertrag ausgeschieden ist. Einer entsprechenden Erklärung gegen-über der [X.], deren Wunsch, aus dem Mietverhältnis entlassen worden zu sein, unstreitig fortbesteht, bedurfte es nicht (§ 151 BGB). Für die Wirksam-keit der von der Klägerin nur gegenüber dem Beklagten ausgesprochenen Kün-digungen ist danach im vorliegenden Zusammenhang allein fraglich, ob die von der [X.] begehrte und jedenfalls von der Klägerin akzeptierte Entlassung aus dem Mietverhältnis daran scheitert, daß der Beklagte seine Zustimmung dazu verweigert. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu verneinen. Ob ein zwischen dem Vermieter und einem Mitmieter geschlossener Aufhebungsvertrag zu seiner Wirksamkeit auch der Zustimmung des in der Wohnung verbleibenden Mieters bedarf, ist umstritten ([X.], Urteil vom 3. März 2004 - [X.], [X.], 1797 unter II 2 a m.Nachw.), kann aber im vorliegenden Fall ebenso wie in dem genannten Senatsurteil offen bleiben. Denn dem Beklagten ist jedenfalls nach [X.] (§ 242 BGB) die Be-rufung darauf verwehrt, daß er der Entlassung seiner früheren Lebensgefährtin aus dem Mietverhältnis nicht zugestimmt habe und weiterhin nicht zustimme (ebenso [X.], aaO unter [X.] zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt). Der Beklagte muß sich deshalb gegenüber der Klägerin so behandeln lassen, als habe er die Zustimmung zu einer Entlassung seiner früheren Lebensgefährtin aus dem Mietverhältnis, soweit eine solche Zustimmung erforderlich ist, erteilt. 2. Haben mehrere Mieter als Partner einer Lebens- oder Wohngemein-schaft gemeinsam eine Wohnung gemietet und zieht einer der Mieter aus, so wird diesem in der obergerichtlichen Rechtsprechung mit Recht ein Anspruch gegen den anderen Mieter eingeräumt, an der - für eine Beendigung des [X.] grundsätzlich erforderlichen - gemeinsamen Kündigung mitzuwir-- 6 - [X.], sofern nicht berechtigte Interessen des anderen Mieters dem entgegen-stehen ([X.], [X.], 521; KG, [X.], 323; [X.]/ Sonnenschein/[X.], Miete, 8. Aufl., § 542 BGB Rdnr. 4 m.w.Nachw.); dem Mie-ter, der die Wohnung nicht kündigen, sondern allein weiter nutzen will, bleibt es aber unbenommen, dieses mit dem Vermieter zu vereinbaren ([X.], aaO). Daraus folgt, daß der Mieter, der die Wohnung mit Einverständnis des [X.] allein weiter nutzt und deshalb an einer Kündigung nicht mitwirkt, gegen-über seinen beiden Vertragspartnern - dem ausziehenden Mieter und dem Vermieter - nach [X.] verpflichtet ist, an einer der tatsächlichen Nutzung entsprechenden Vertragsänderung - der Fortsetzung des Mietverhält-nisses mit ihm allein - mitzuwir[X.] und dadurch der Entlassung des [X.] aus dem Mietverhältnis zuzustimmen. Gegen [X.] (venire contra factum proprium) verstößt der Mieter, der einerseits das Mietver-hältnis nicht gemeinsam mit dem ausziehenden Mieter kündigt, sondern die Wohnung weiter nutzt, und der andererseits seine Zustimmung zur Entlassung des Mitmieters verweigert, ohne daß dies durch schutzwürdige Interessen ge-rechtfertigt wäre. Der in dieser Weise widersprüchlich handelnde Mieter muß sich gegenüber seinen Vertragspartnern so behandeln lassen, als habe er sei-ne Zustimmung zur Entlassung des Mitmieters und zur Fortsetzung des [X.] mit ihm allein erteilt. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Beklagte hat von der Mög-lichkeit, das Mietverhältnis gemeinsam mit seiner früheren Lebensgefährtin zu kündigen, keinen Gebrauch gemacht, sondern nutzt die Wohnung seit nunmehr zehn Jahren allein weiter. Er war und ist deshalb aufgrund des [X.] geschlossenen Mietvertrages seiner [X.] gegenüber und ebenso gegen-über dem Vermieter - dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dieser selbst - verpflichtet, einer der tatsächlichen Nutzung der Wohnung durch ihn allein ent-sprechenden Vertragsänderung zuzustimmen und damit seine frühere Lebens-- 7 - gefährtin aus dem ursprünglich gemeinsamen Mietverhältnis zu entlassen. Da der Beklagte diese Zustimmung verweigert, ohne daß dafür ein berechtigtes Interesse dargetan oder ersichtlich wäre, muß er sich nach [X.] so behandeln lassen, als sei seine frühere Lebensgefährtin mit seiner Zustim-mung aus dem Mietverhältnis entlassen worden und er damit [X.] ge-worden. Die Kündigungen der Klägerin konnten deshalb wirksam dem [X.] allein gegenüber ausgesprochen werden. II[X.] Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - [X.] Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Kündigungen der Klägerin durch einen Kündigungsgrund gerechtfertigt waren, ist die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
[X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 14/04

16.03.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2005, Az. VIII ZR 14/04 (REWIS RS 2005, 4472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4472

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