Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2003, Az. XII ZR 13/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1609

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:18. September 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB §§ 1833, 1908 i Abs. 1 Satz 1Zur Schadensersatzpflicht des Betreuers bei pflichtwidrigem Abschluß eines vomVormundschaftsgericht genehmigten Vertrags.[X.], Urteil vom 18. September 2003 - [X.]/01 -OLG[X.]LGRegensburg- 2 -Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 17. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] des[X.] [X.] vom 28. November 2000 aufgeho-ben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesge-richt zurückverwiesen.Wert: 38.346 DM)Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt als Erbin ihrer Mutter von dem [X.]n als derenfrüherem Betreuer Schadensersatz wegen Verletzung seiner Amtspflichten.Die Mutter der Klägerin, [X.] , war Inhaberin des [X.] "[X.] -/Tiefbau"; tatsächlich wurde das Baugeschäft von deren [X.]geführt. Am 22. September 1995 wurde der [X.], von Beruf Rechts-anwalt, zum Betreuer der [X.] mit dem Aufgabenkreis "Führung des [X.] ... sowie die Vertretung in allen- 3 -damit zusammenhängenden gerichtlichen und behördlichen Angelegenheiteneinschließlich Postvollmacht" bestellt.Auf eine vom [X.]n als Betreuer im November 1995 erhobene Klagewurde [X.]durch rechtskräftiges Versäumnisurteil verurteilt, eine [X.] aller Forderungen und Verbindlichkeiten des [X.] zu erstellenund herauszugeben. Am 29. November 1995 wurde eine [X.] Bau GmbH ge-gründet (Eintragung am 7. Mai 1996) und [X.]zu deren Geschäftsführerbestellt. Am 4. Dezember 1995 schloß der [X.] als Betreuer der A. [X.] mit [X.]als Geschäftsführer dieser GmbH einen Vertrag, den [X.] am 20. Dezember 1995 genehmigte. In diesem Vertragübertrug der [X.] das bewegliche Inventar der Firma [X.] -/Tiefbau aufdie GmbH; außerdem wurde bestimmt, daß die GmbH die laufenden [X.] Firma [X.] -/Tiefbau fortführe, in deren Verträge eintrete und derensämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten übernehme. Am 10. März 1996stellte der [X.] den Antrag, über das Vermögen der Firma [X.] [X.] -/Tiefbau den Konkurs zu eröffnen. Am 29. November 1996 wurde überdas Vermögen der [X.] Bau GmbH auf Antrag eines Drittgläubigers der Kon-kurs eröffnet; der (GmbH-) Konkursverwalter verwertete das der GmbH von [X.] [X.] -/Tiefbau übertragene Inventar (Maschinenpark sowie Arbeits-und Baumaterial), dessen Wert die Klägerin mit 850.000 DM beziffert.[X.] verstarb am 19. April 1997 und wurde von der Klägerin und[X.]beerbt, der seinen Erbteil im Juni 1997 auf die Klägerin übertrug. [X.] Klage macht die Klägerin einen Teilbetrag des behaupteten [X.] Schadensersatz geltend.Das [X.] hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. [X.] hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die [X.] 4 -on der Klägerin, mit der diese die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Ur-teils erstrebt.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und [X.] der Sache an das [X.].1. Nach Auffassung des [X.] hat der [X.] mit [X.] des [X.] seine Pflichten als Betreuer derFrau [X.] nicht verletzt.Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätten gegen die Firma [X.] -/Tiefbau erhebliche Verbindlichkeiten bestanden, die der [X.] am 1. De-zember 1995 gegenüber dem Vormundschaftsgericht mit 2.066.196,54 DM an-gegeben habe und deren genaue Höhe offenbleiben könne. Jedenfalls [X.] davon ausgegangen werden, daß der [X.] über das Bestehen etwai-ger Ansprüche der Baufirma gegen Dritte, wie sie von der Klägerin - wenn [X.] nähere Substantiierung - behauptet und mit 2.496.986,61 [X.], informiert gewesen sei. Der [X.] habe bei Abschluß des Überga-bevertrages damit rechnen müssen, daß den Verbindlichkeiten der Firma [X.] [X.] -/Tiefbau keine ausreichenden werthaltigen Forderungen [X.] hätten und das zu übertragende bewegliche Inventar den [X.] ausgemacht hätte. Deshalb sei der [X.] keinesfallsgehalten gewesen, einen Eigentumsvorbehalt oder Sicherungseigentum zuvereinbaren: Abgesehen davon, daß sich sein Vertragspartner hierauf wohlkaum eingelassen hätte, hätte der [X.] an diesen Ge-- 5 -genständen lediglich den Übergang der Verbindlichkeiten der Baufirma auf dieGmbH bedeutet. Der Vertragsschluß wäre dann aber wegen Gläubigerbenach-teiligung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig gewesen und hätte den Vorwurfder sittenwidrigen Schädigung von Gläubigern der GmbH gemäß § 826 [X.]. In diesem Fall hätte die GmbH nämlich - jedenfalls nach demKenntnisstand des [X.]n - über keine nennenswerten Vermögensgegen-stände verfügt, die dem Zugriff von Gläubigern zugänglich gewesen wären. [X.] jedoch, durch den der Schuldner (hier die GmbH) sein letztes zur Gläu-bigerbefriedigung taugliches Vermögen einem bestimmten Gläubiger (hier [X.]) übertrage, sei regelmäßig sittenwidrig, wenn dadurch gegenwärtigeoder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners getäuschtwürden und beide Vertragspartner bei dieser Täuschung zusammengewirkthätten.2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.[X.] ist bereits die Annahme, die GmbH als Schuldnerin habe durchden [X.] ihr "letztes zur Gläubigerbefriedigung [X.] Vermögen einem bestimmten Gläubiger (hier die Betreute) übertragen".Zum einen hat das [X.] zur Vermögenslage der GmbH im Zeit-punkt des Vertragsschlusses keine Feststellungen getroffen. Zum andern hatnicht die GmbH Vermögen auf die Betreute, sondern - gerade umgekehrt - [X.], gesetzlich vertreten durch den [X.]n, Vermögen auf die [X.].[X.] ist auch die Auffassung, ein [X.] amInventar der Firma [X.] -/Tiefbau hätte, wäre er im [X.] vereinbart worden, aus der [X.] des [X.]n "ledig-lich den Übergang der Verbindlichkeiten der Baufirma auf die [X.] 6 -und - mit den Rechtsfolgen der §§ 138, 826 - den Vorwurf der [X.] begründet. Dieser Auffassung liegt offenbar die Annahmezugrunde, daß bereits mit dem [X.] die [X.] der Firma [X.] -/Tiefbau auf die [X.] Bau GmbH übergegangen seienund - insoweit folgerichtig - ein Verbleib des [X.] bei der Betreutenderen Gläubiger um die Möglichkeit des Zugriffs auf dieses Vermögen gebrachthätte. Auch diese Annahme ist jedoch nicht richtig. Eine Übernahme der [X.] der Firma [X.] -/Tiefbau durch die [X.] Bau GmbH hätte,worauf das [X.] mit Recht hingewiesen hat, nach § 415 Abs. 1 Satz 1BGB einer Genehmigung der Gläubiger dieser Verbindlichkeiten bedurft. [X.] Genehmigung ist nicht festgestellt; sie hätte, wäre sie erteilt worden,wohl auch den späteren Antrag des [X.]n, über das Vermögen der Firma[X.] -/Tiefbau den Konkurs zu eröffnen, erübrigt.Die einen etwaigen Schadensersatzanspruch nach § 1908i i.V. mit§ 1833 BGB begründende Pflichtverletzung des [X.]n liegt - was das[X.] verkennt - gerade darin, daß der [X.] mit dem Vertragvom 4. Dezember 1995 das Aktivvermögen des [X.] der von ihm be-treuten [X.] auf die GmbH übertragen hat, ohne sicherzustellen, daß [X.] geeignete rechtliche Verknüpfung mit der Übertragung von Inventarder Firma [X.] -/Tiefbau auf die [X.] Bau GmbH eine wirksame - d.h.:von der Genehmigung des jeweiligen Gläubigers gedeckte - Übernahme [X.] der Firma [X.] -/Tiefbau durch die [X.] Bau [X.]. Da der [X.] mit der [X.] Bau GmbH eine solche Vereinbarungnicht getroffen hat, beschränkte sich deren Gegenleistung für die Übertragungdes Inventars durch die Firma [X.] -/Tiefbau auf die bloße - ungesicherte - Verpflichtung, ihrerseits die Firma [X.] -/Tiefbau von deren [X.] gegenüber deren Gläubigern freizustellen. Die mit dem Konkursder [X.] Bau GmbH eingetretene mangelnde Realisierbarkeit dieser [X.] 7 -tung begründet einen - vorhersehbaren - Schaden, für den der [X.] nach§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 1833 BGB einzustehen hat.Eine etwaige Schadensersatzverpflichtung des [X.]n wird nicht da-durch ausgeschlossen, daß das Vormundschaftsgericht den [X.] genehmigt hat (vgl. [X.] Urteile vom 15. Januar 1964 - [X.] - FamRZ 1964,199 und vom 5. Mai 1983 - [X.]/82 - FamRZ 1983,1220); denn Vormundschaftsgericht und Betreuer haben, wie auch § 1829Abs. 1 Satz 2 BGB verdeutlicht, jeweils eine selbständige Prüfungspflicht. [X.] der Vormund durch eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts aus-nahmsweise vom Vorwurf pflichtwidrig schuldhaften Verhaltens entlastet wer-den - so etwa dann, wenn es bei der Genehmigung im wesentlichen [X.] geht, dem Vormundschaftsgericht alle für deren Beantwortungmaßgebenden Tatsachen bekannt sind und der Betreuer, zumal wenn er juri-stisch nicht vorgebildet ist, deshalb davon ausgehen darf, beim Abschluß desgenehmigten Rechtsgeschäfts pflichtgemäß zu handeln ([X.]/[X.]. § 1833 Rdn. 6; [X.]/[X.] BGB 4. Aufl. § 1833Rdn. 10).So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Der Maßstab der von einem Be-treuer zu verlangenden Sorgfalt bestimmt sich nach dem Lebenskreis sowienach der Rechts- und Geschäftserfahrung des Betreuers (für den Vormund:[X.] Urteil vom 15. Januar 1964 aaO; [X.]/[X.] aaO Rdn. 8;[X.]/[X.] aaO Rdn. 4). Der [X.] war gerade im Hinblick aufseine Fachkunde als Anwalt zum Betreuer bestellt worden. Von einem Anwaltals Betreuer kann erwartet werden, daß er sich - erforderlichenfalls unter Zuhil-fenahme von Fachliteratur - über die rechtlichen Risiken eines von ihm abzu-schließenden Geschäfts vergewissert und im Interesse des Betreuten Vorkeh-rungen trifft, um erkennbare Risiken auszuschließen oder zu vermindern. Das- 8 -gilt namentlich dann, wenn diese Risiken - wie hier - auf der Hand liegen. DieFrage, ob im vorliegenden Fall auch das Vormundschaftsgericht nach dem ihmmitgeteilten Sachverhalt diese Risiken und Abhilfemöglichkeiten erkennenmußte, kann offenbleiben; auch wenn diese Frage zu bejahen wäre, würde diesden [X.]n nicht der Verpflichtung entheben, die von ihm als anwaltlichemBetreuer geschuldete Sorgfalt zu beobachten.Einem Schadensersatzanspruch steht auch eine etwaige, bereits [X.] bestehende Überschuldung der Firma [X.] -/Tiefbau [X.]. Das [X.] meint zwar, daß eine solche Überschuldung"offensichtlich" auch tatsächlich vorhanden gewesen sei. Festgestellt hat [X.] Überschuldung der Firma [X.] -/Tiefbau zu diesem Zeitpunkt [X.] noch nicht, weil es - wie aus den vorausgehenden Erörterungen in [X.] folgt - zum einen das Vorhandensein von realisierbaren "etwai-gen Ansprüchen" der Baufirma gegen Dritte nicht ausgeschlossen hat, zum an-deren auch die Höhe der Verbindlichkeiten der Baufirma hat dahinstehen [X.]. Das Berufungsurteil beschränkt sich insoweit vielmehr auf die Feststellung,daß der [X.] nach seinem damaligen Kenntnisstand mit einer solchenÜberschuldung rechnen mußte. Im übrigen würde auch eine bereits bestehendeÜberschuldung den Eintritt eines Schadens, der durch die Weggabe von Aktivaohne entsprechenden Gegenwert bewirkt wird und im Anstieg des [X.] begründet läge, nicht hindern ([X.] ZIP 2002, 130, 131;vgl. auch [X.]Z 59, 148, 150 und 100, 190, 199).3. Nach allem kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. [X.] vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, weil das Ober-landesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungenzu dem Schaden getroffen hat, welcher der [X.] aus der [X.] [X.]n entstanden ist. Die Zurückverweisung gibt dem Oberlandesge-richt Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der [X.] hat geltend gemacht, daß ihm die Vereinbarung eines Eigentumsvorbe-halts im [X.] nicht möglich gewesen sei, weil einsolcher Eigentumsvorbehalt auf die einzelnen beweglichen [X.] bezogen werden müssen, er - der [X.] - jedoch keine Kenntnis davonerlangt habe, welche Gegenstände im einzelnen der Firma [X.] -/Tiefbaugehörten. Auch dieser Vortrag könnte, würde er hinsichtlich der vom [X.]nbehaupteten Unkenntnis unstreitig gestellt oder bewiesen, eine Schadenser-satzpflicht des [X.]n aus zwei Gründen nicht hindern: Zum einen nicht, weilder [X.] den [X.] mit [X.]als [X.] der neu gegründeten [X.] Bau GmbH geschlossen hat, G. [X.] - nach dem eigenen Vortrag des [X.]n - aber das Baugeschäft seinerMutter [X.] tatsächlich allein geleitet hat und, wie zu folgern ist, deshalbauch in der Lage gewesen wäre, die der Firma [X.] -/Tiefbau gehörendenVermögensgegenstände, die nach dem beiderseitigen Vertragswillen auf dievon ihm vertretene [X.] Bau GmbH übereignet werden sollten, im [X.] mit der vom [X.]n für notwendig erachteten Bestimmtheit zubezeichnen; zum andern nicht, weil etwaige Zweifel an der Bestimmtheit derdinglichen Erklärungen im [X.] geeignet wären,nicht nur die Wirksamkeit eines auf das Inventar bezogenen Eigentumsvorbe-halts, sondern auch die erfolgte Übertragung des Eigentums an dem Inventarvon der Firma [X.] -/Tiefbau auf die [X.] Bau GmbH in Frage zu stellen.Wäre aber schon die Übertragung des Inventars der Firma [X.] -/Tiefbauauf die [X.] Bau GmbH unwirksam, hätte der [X.] nicht deren [X.] durch die GmbH, erst recht nicht deren Inanspruchnahme durch denspäter über das Vermögen der [X.] Bau GmbH eingesetzten [X.] -widerspruchslos hinnehmen können, ohne - mit der Rechtsfolge des § 1908iAbs. 1 Satz 1 i.V. mit § 1833 BGB - seine Pflichten als Betreuer zu verletzen.HahneSprick[X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZR 13/01

18.09.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2003, Az. XII ZR 13/01 (REWIS RS 2003, 1609)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1609

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