Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.06.2013, Az. V ZR 211/12

5. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5210

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Gegenstand

Wohnungseigentum: Anforderungen an den Inhalt des Gesamtwirtschaftsplans


Leitsatz

In dem Gesamtwirtschaftsplan müssen die (künftigen) Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 13. April 2012 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2010 stand als [X.] 5 Folgendes zur Abstimmung:

„Beschlussfassung über den [X.] 2011 mit einem Gesamtaufwand von 32.970,00 [X.] und den dazugehörigen Einzelwirtschaftsplänen. Die hier genannte Summe ist ein Vorschlag durch die Verwaltung.“

2

Das den Klägern übermittelte Exemplar des Wirtschaftsplans enthält eine Erläuterung der Verteilungsschlüssel. Es folgt eine Rubrik, in der die „umlagefähigen Nebenkosten“ im Einzelnen aufgeführt werden. Ausgewiesen sind jeweils die Gesamtbeträge und die auf die Kläger entfallenden Anteile. Ferner finden sich dort die gesamten und anteilig auf die Kläger entfallenden Zinserträge der [X.]. In einer weiteren Rubrik wird die Rücklagenzuführung behandelt, wobei ebenfalls der Gesamtbetrag wie auch der von den Klägern zu tragende Anteil aufgeführt sind. Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Als Summe wird ein Gesamtbetrag von 32.970 € und der auf die Kläger entfallende Anteil mit 1.583,48 € ausgewiesen. Im anschließenden Fließtext heißt es:

„Ihr Anteil an dem neuen Wirtschaftsplan beträgt: 1.583,48 €. Somit beträgt Ihr Hausgeld ab dem 01.01.2011 € 131,96 ...“

3

Die auf die anderen Wohnungseigentümer entfallenden Hausgeldvorschüsse sind nicht aufgeführt.

4

Der Wirtschaftsplan für das [X.] wurde gegen die Stimmen der Kläger mehrheitlich beschlossen.

5

Die Kläger haben u.a. den Beschluss zu [X.] 5 angefochten. Das Amtsgericht hat diesen Beschluss für ungültig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insoweit abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Gegenseite beantragt, möchten die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht meint, der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans für das [X.] entspreche in formeller und materieller Hinsicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Er verstoße insbesondere nicht gegen die in § 28 Abs. 1 [X.] enthaltenen Anforderungen an den Inhalt eines Wirtschaftsplans. In ihm seien die im [X.] geplanten Ausgaben ebenso wie die Zinserträge aufgeführt. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass zur Deckung des Differenzbetrages Einnahmen erforderlich seien, die im Wege der Erhebung von [X.] erwirtschaftet würden. Die Höhe der erforderlichen Einnahmen entspreche zwangsläufig den geplanten Ausgaben. Es sei nicht geboten, dass jedem Eigentümer alle [X.] vorlägen. Die auf die jeweiligen Einheiten entfallenden Hausgeldvorschüsse ließen sich unter Zuhilfenahme der geltenden [X.] berechnen.

II.

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans für das [X.] den inhaltlichen Anforderungen des § 28 Abs. 1 [X.] entspricht.

8

1. Der notwendige Inhalt eines Wirtschaftsplans wird in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] festgelegt. Der Plan hat zunächst die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu enthalten (Nr. 1). Sie müssen in übersichtlicher und nachprüfbarer Weise nach Grund und Höhe aufgeführt sein (vgl. [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 28 Rn. 19). Diese [X.] bildet den [X.], während die erforderliche Darstellung der anteilsmäßigen Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung (Nr. 2) die Pflicht zur Erstellung von [X.] betrifft. Die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 [X.] vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 3) sind sowohl im Gesamt- als auch in den [X.] gesondert aufzuführen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 28 Rn. 31 f.). Der Gesamt- und der [X.] können zusammengefasst werden (Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Rn. 1140; Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 38; [X.]/Then, [X.], 2. Aufl., § 28 Rn. 10).

9

2. Zu den voraussichtlichen Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gehören zunächst alle Zuflüsse zu dem Vermögen der [X.], die die Vorschussverpflichtung der Wohnungseigentümer mindern ([X.]/Bub, [X.] [2005], § 28 [X.] Rn. 94; Bub, [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft, 1996, II 5 b Rn. 25; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1. Januar 2013, § 28 Rn. 11). Soweit daraus der Schluss gezogen wird, dass die Summe der im kommenden Wirtschaftsjahr zu leistenden Hausgeldvorschüsse nicht zu den Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gehört [X.], [X.] 1993, 11, 14), kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist allerdings, dass der Finanzierungsbedarf der [X.] nur durch Schätzung der voraussichtlichen Ausgaben und der voraussichtlichen Erträge, die nicht aus laufenden [X.] bestehen, ermittelt werden kann. Indessen kann aus der vorzunehmenden Berechnungsmethode noch nicht auf eine teleologische Einschränkung des weiten Begriffs der Einnahmen in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] geschlossen werden. Der Wirtschaftsplan zielt nicht allein auf den Ausweis der anteiligen [X.] des einzelnen Wohnungseigentümers. Vielmehr muss er auch erkennen lassen, ob die Liquidität der [X.] gewährleistet ist. Daher müssen auch die voraussichtlichen Hausgeldeinnahmen der [X.] aus dem Wirtschaftsplan hervorgehen. Sie sind das Gegenfinanzierungsmittel für die gemeinschaftlichen Lasten und Kosten ([X.], [X.], Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Teil 6 Rn. 39) und unter diesem Aspekt Einnahmen der [X.]. Damit ist jedoch noch keine Aussage über die Art der Ausweisung der Hausgeldvorschüsse im Wirtschaftsplan getroffen.

3. Hinsichtlich der Gestaltung des Wirtschaftsplans ist es nicht zu beanstanden, wenn die Hausgeldvorschüsse nicht ausdrücklich als erwartete Einnahmen bezeichnet werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, dass die durch die sonstigen Vermögenszuflüsse nicht gedeckten voraussichtlichen Ausgaben durch Hausgeldvorschüsse aufgebracht werden sollen ([X.]/Then, [X.], 2. Aufl., § 28 Rn. 12, 16; ähnlich [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 9. Aufl., § 28 Rn. 28; Bub, [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft, 1996, [X.] aa Rn. 65). Letzteres versteht sich in aller Regel von selbst, da der Wirtschaftsplan gerade das Ziel hat, die erforderlichen finanziellen Mittel durch die Belastung der Wohnungseigentümer entsprechend den geltenden Verteilungsschlüsseln aufzubringen.

a) Allerdings wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass im Wirtschaftsplan weitergehende Angaben erforderlich seien. So wird gefordert, dass alle [X.] an sämtliche Wohnungseigentümer zu versenden seien (Wanderer in [X.]/[X.], Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 1461) oder eine Vorschussliste zu erstellen sei, aus der sich ergeben müsse, welche Hausgeldvorschüsse jeder einzelne Wohnungseigentümer jährlich und monatlich zu zahlen habe ([X.], [X.] Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Teil 6 Rn. 38). Ohne Angabe zu den nach Maßgabe der [X.] zu leistenden Hausgeldvorauszahlungen lasse der [X.] aus sich heraus keine Überprüfung zu, ob er ordnungsgemäß nach dem [X.] aufgestellt worden sei. Erst aufgrund solcher aus dem Wirtschaftsplan herzuleitender Informationen könnten sich weitere Erkenntnisse darüber ergeben, ob andere Fehler vorhanden seien. Ein Wirtschaftsplan, der dies nicht beachte, sei für ungültig zu erklären (Wanderer in [X.]/[X.], Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 1500).

b) Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. § 28 Abs. 1 [X.] gibt keine konkrete Form der Gestaltung des Wirtschaftsplans vor. Die in den §§ 238 ff. HGB normierten Vorschriften über die Handelsbücher, insbesondere die über die Aufstellung einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung sind nicht anwendbar, da die [X.] [X.] im Sinne der §§ 1 ff. HGB ist ([X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 28 Rn. 18). Auch lassen sich § 28 Abs. 1 [X.] solche Vorgaben nicht entnehmen. Geboten ist lediglich eine für den Wohnungseigentümer nachvollziehbare Darstellung, die sich an der Funktion des Wirtschaftsplans ausrichtet.

Der Wirtschaftsplan dient der Ermittlung und Festsetzung der Beitragsverpflichtung der Wohnungseigentümer und damit der Aufbringung der für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnungseigentümer erforderlichen finanziellen Mittel (Bub, [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft, 1996, [X.] Rn. 1). Seine eigentliche Bedeutung liegt darin, dass er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 [X.] verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen lässt (Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - [X.], [X.], 154, 179 f.; Beschluss vom 20. April 1990 - [X.], [X.], 148, 153).

Daher kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen [X.] der [X.], die entweder ausdrücklich als Summe genannt wird oder sich durch Addition der einzelnen Posten ermitteln lässt, durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit [X.] ausgeglichen werden soll. Für den einzelnen Wohnungseigentümer können - auch wenn dieser nur die Höhe des auf ihn entfallenden [X.] erfährt - keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass nicht nur er, sondern auch die anderen Wohnungseigentümer nach den im Wirtschaftsplan erläuterten Verteilungsschlüsseln belastet werden und das [X.] (vgl. dazu [X.], [X.] 1991, 131; [X.]/Bub, [X.] [2005], § 28 Rn. 93; [X.]/Pick/[X.], [X.], 19. Aufl., § 28 Rn. 5; Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 42; [X.] in Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.], Rn. 43) gewahrt ist.

Die Mitteilung der auf die anderen Wohnungseigentümer konkret entfallenden Hausgeldvorschüsse ist auch nicht deshalb erforderlich, weil [X.] bei einzelnen Wohnungseigentümern auf Dauer uneinbringlich oder im betreffenden Wirtschaftsjahr mutmaßlich nicht einbringbar sein können. Die Einnahmenseite darf in diesem Fall nicht gekürzt werden, da dies nicht zu einer ausgeglichenen Liquiditätsplanung führen würde. Vielmehr muss auch ein insolventer Wohnungseigentümer in den Wirtschaftsplan einbezogen werden, da er andernfalls nicht zur Zahlung des [X.] verpflichtet würde (Senat, Beschluss vom 15. Juni 1989 - [X.], [X.], 44, 47 f.; [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 28 Rn. 24; Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 39; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 11; [X.]/Bub, [X.], [2005], § 28 [X.] Rn. 106; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 28 Rn. 1; [X.] in Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.], Rn. 324). Die Uneinbringlichkeit von [X.] ist vor diesem Hintergrund ausgabenerhöhend zu berücksichtigen und muss sich aus dem [X.] ergeben (Bub, [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft, 1996, [X.] Rn. 38).

4. Der hier zu beurteilende Wirtschaftsplan genügt den genannten Maßstäben.

Die [X.] sind zwar nicht ausdrücklich als erwartete Einnahmen ausgewiesen. Vielmehr sind den Ausgaben nur die sonstigen Einnahmen in Gestalt der Zinserträge gegenüber gestellt. Bei der vorzunehmenden Gesamtschau ergeben sich aber keine vernünftigen Zweifel, dass der ausgewiesene Differenzbetrag insgesamt von allen Eigentümern über [X.] zu finanzieren ist. Zur Beschlussfassung standen ausdrücklich neben den [X.] auch die [X.]. In dem den Klägern vorliegenden [X.] wird ihr Anteil an den Gesamtausgaben in nachvollziehbarer Weise ermittelt. Unter Berücksichtigung der angegeben Verteilungsschlüssel - Umlage der Verwaltungskosten nach der Zahl der Einheiten, ansonsten nach den Miteigentumsanteilen - lassen sich bei dem vorliegenden Wirtschaftsplan anhand der Miteigentumsanteile der anderen Wohnungseigentümer unschwer deren Vorschüsse errechnen. Dafür, dass die anderen [X.] dem im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erstellten Muster nicht folgen, besteht kein Anhaltspunkt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                              Czub                              Brückner

                       Weinland                           Kazele

Meta

V ZR 211/12

07.06.2013

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 13. April 2012, Az: 85 S 183/11 WEG

§ 28 Abs 1 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.06.2013, Az. V ZR 211/12 (REWIS RS 2013, 5210)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5210

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Referenzen
Wird zitiert von

V ZR 290/13

V ZR 290/13

V ZR 271/12

V ZR 271/12

V ZR 211/12

215 C 6/21

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