Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2018, Az. XII ZR 87/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13158

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280218BXIIZR87.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR
87/17

vom

28. Februar 2018

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 3
a)
Für die Prüfung, ob der zur Entscheidung anstehende [X.] eine [X.] Streitigkeit oder eine Familiensache im Sinne
des §
17
a Abs.
6 [X.] darstellt, kommt es nicht allein auf den Vor-trag der Klägerseite, sondern ebenfalls auf das Verteidigungsvorbringen der Gegenseite an (im [X.] an Senatsbeschluss vom 5.
Dezember 2012

XII
ZB
652/11
Z 2013, 281).
b)
Der [X.] vermag keine Erweiterung des [X.] zu rechtfertigen. Das der tatsächlichen (inkorrek-ten) Entscheidungsform entsprechende Rechtsmittel ist folglich nur dann statthaft, wenn gegen eine formell richtige Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben wäre (im [X.] an Senatsbeschluss vom 17.
Dezember 2008

XII
ZB
125/06

MDR 2009, 1000).
[X.], Beschluss vom 28. Februar 2018 -
XII ZR 87/17 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.]s hat am 28.
Februar 2018 durch
den
Vorsitzenden Richter Dose
und
die Richter Schilling, Dr.
Nedden-Boeger,
Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragsgegners
gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Beschluss des 3.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 5.
Juli 2017 wird auf seine Kosten [X.].
Wert: 100.000

Gründe:
I.
Die Antragstellerin
begehrt von dem Antragsgegner Zahlung von 52.000

,
Freigabe weiterer 48.000

m
Amtsgericht hinterlegt sind, und Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Die miteinander verheirateten Beteiligten
leben seit Januar 2016 ge-trennt. Die Antragstellerin
ist zu diesem Zeitpunkt aus der Ehewohnung [X.]. Zuvor hatte
die Antragstellerin im Dezember 2015 erfahren, dass sie Erbin nach einem entfernten Onkel geworden war. Der Nachlasspfleger über-wies einen Teilbetrag von 100.000

h-dem ihm dieses Konto

unter im Einzelnen streitigen Umständen

benannt worden war.

1
2
-
3
-
Der Antragsgegner
meint, die Antragstellerin
habe selbst die Auszahlung auf sein Konto veranlasst, weil sie kein Konto habe und mit dem Geld unter an-derem gemeinsame Schulden habe tilgen sowie den zukünftigen Unterhalt des gemeinsamen [X.] habe sicherstellen wollen. Zudem rechnet er mit ent-sprechenden Gegenforderungen auf.
Das [X.] hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Das Ober-landesgericht
hat die Berufung des Antragsgegners
durch Beschluss gemäß
§
522 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Der Antragsgegner
wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II.
Die Beschwerde ist nicht statthaft.
Die Vorinstanzen haben die Sache zu Unrecht als allgemeine [X.] und nicht als Familiensache behandelt. In Familiensachen ist
ein Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Entscheidung nur gegeben, wenn es in dieser Ent-scheidung zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). Eine Nichtzulassungsbe-schwerde sieht das Gesetz nicht vor. Auch der [X.] kann eine Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen.
1. Bei dem bisher als [X.] behandelten
Verfahren handelt es sich um eine sonstige Familiensache nach §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG.
a) Gemäß §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG sind sonstige Familiensachen Ver-fahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals [X.] verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Eltern-teil im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe be-3
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6
7
8
-
4
-
treffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in §
348 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 lit.
a bis k ZPO genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und so-fern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt
(Senatsbeschluss vom 12.
Juli 2017

XII
ZB
40/17

FamRZ 2017, 1599 Rn.
10).
Mit §
266 FamFG hat der Gesetzgeber den Zuständigkeitsbereich der [X.]e deutlich erweitert ("Großes [X.]"). Damit sollen [X.], die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem
Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Famili-ensachen werden. [X.] dabei ist nach der Gesetzesbegründung allein die Sachnähe des [X.]s zum Verfahrensgegenstand. Im [X.] aller Beteiligten soll es dem [X.] möglich sein, alle durch den [X.] Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkei-ten zu entscheiden. In den Fällen des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG muss ein Zu-sammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen. Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt vor, wenn das Verfahren vor allem die wirt-schaftliche Entflechtung der (vormaligen) Ehegatten betrifft (Senatsbeschluss vom 12.
Juli 2017

XII
ZB
40/17

FamRZ 2017, 1599
Rn.
11
mwN).
Bei dieser Prüfung sind nicht nur die tatsächlichen und rechtlichen Verbindungen, sondern ist auch der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen ([X.] Beschluss vom 29.
Juni 2017

IX
ZB
98/16

FamRZ 2017, 1602 Rn.
18 mwN).
Für die Prüfung, ob der zur Entscheidung anstehende [X.] eine [X.] Streitigkeit oder eine Familiensache im Sinne des §
17
a Abs.
6 [X.] darstellt, kommt es nicht allein auf den Vortrag der [X.], sondern ebenfalls auf das Verteidigungsvorbringen der Gegenseite an 9
10
-
5
-
(Senatsbeschluss vom 5.
Dezember 2012

XII
ZB
652/11

FamRZ 2013, 281
Rn.
19
ff. mwN).
b) Jedenfalls das Verteidigungsvorbringen des Antragsgegners stellt ei-nen inhaltlichen Zusammenhang zur Trennung der Beteiligten und zur wirt-schaftlichen Entflechtung der Ehegatten dar. Denn der Antragsgegner hat ge-gen den Anspruch eingewandt, die Antragstellerin habe ihm das Geld angewie-sen, um damit die gemeinsamen Schulden auszugleichen bzw. den Unterhalt des gemeinsamen [X.] sicherzustellen.
Auch in zeitlicher Hinsicht steht der vorliegende Rechtsstreit

betreffend die Rückforderung einer Ende Januar 2016 erfolgten Auszahlung

in unmittel-barem Zusammenhang mit der Trennung der Eheleute im Januar 2016.
2. Allerdings dürfen die Verfahrensbeteiligten dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlassen hat, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb grundsätzlich sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zu-lässig wäre. Der Grundsatz der Meistbegünstigung findet in gleicher Weise An-wendung, wenn

wie hier

das Gericht nach dem von ihm angewandten [X.] die Entscheidungsform zwar zutreffend gewählt hat, der Fehler jedoch auf der Anwendung eines falschen Verfahrensrechts beruht (Senatsbe-schluss vom 2.
September 2015

XII
ZB
75/13

FamRZ 2015, 2043 Rn.
21 mwN).
Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung gebietet es indessen nicht, dass das Rechtsmittel auf dem vom vorinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste; vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so weiter zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Ent-11
12
13
14
-
6
-
scheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel [X.] wäre. Daher kann die Meistbegünstigung auch nicht zu einer dem kor-rekten Verfahren widersprechenden Erweiterung des [X.] führen. Aus dem [X.] lässt sich insoweit nicht
herleiten, dass gegen eine inkorrekte Entscheidung auch noch dann ein ihrer äußeren Form entsprechendes Rechtsmittel

hier die Nichtzulassungsbeschwerde nach §
522 Abs.
3 iVm §
544 ZPO

zum [X.] statthaft ist, wenn gegen eine korrekte Entscheidung die Anrufung des [X.]s aus besonde-ren Gründen des jeweiligen Verfahrens

hier wegen des Fehlens einer positi-ven Zulassungsentscheidung nach §
70 Abs.
1 FamFG

nicht statthaft wäre (Senatsbeschluss vom 2.
September 2015

XII
ZB
75/13

FamRZ 2015, 2043 Rn.
22 mwN).
Im familiengerichtlichen Verfahren verbleibt es bei der Bindung des [X.] an die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbst dann, wenn das Beschwerdegericht von einer Entscheidung über die Zulassung
deshalb abgesehen hat, weil es aufgrund eines Rechtsirrtums da-
von ausgegangen ist, dass ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung schon kraft Gesetzes statthaft ist (vgl. Senatsbeschluss vom 2.
September 2015

XII
ZB
75/13

FamRZ 2015, 2043 Rn.
23 mwN).
Gemessen hieran ist ein Rechtsmittel zum [X.] nicht statt-haft.
Formell richtig wäre es gewesen, wenn erstinstanzlich das Amtsgericht

[X.]

durch Beschluss entschieden hätte und in zweiter Instanz ein Familiensenat des Oberlandesgerichts
als Beschwerdegericht. Im Be-schwerdebeschluss hätte das Oberlandesgericht
gemäß §
70 FamFG
zwar
auch darüber entscheiden müssen, ob es die Rechtsbeschwerde zulässt. Ohne eine solche Zulassung wäre aber kein weiteres Rechtsmittel, insbesondere [X.] Nichtzulassungsbeschwerde, gegeben. Würde man also im vorliegenden Fall, in dem der Rechtsstreit fälschlich als [X.] behandelt und entschieden wurde, eine Nichtzulassungsbeschwerde für zulässig erachten, so würde man 15
-
7
-
dem Beschwerdeführer ein Rechtsmittel eröffnen, das ihm bei richtiger Sachbe-handlung nicht zustünde.
Ohne dass es darauf ankommen würde, hat eine mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde vergleichbare Entscheidung des zweitinstanzlichen Gerichts vorliegend auch bei der erfolgten Behandlung als [X.] stattgefunden. Zwar hat hier das Oberlandesgericht
als Berufungsgericht nicht durch Urteil,
sondern durch Beschluss nach §
522 Abs.
2 ZPO entschieden und dabei auch nicht gemäß
§
543 Abs.
1 Nr.
1 ZPO eine Entscheidung über die Zulassung
der Revision getroffen. Das Oberlandesgericht
hat sich jedoch im Rahmen des Zu-rückweisungsbeschlusses mit dem Vorliegen von [X.] nach

16
-
8
-
§
543 Abs.
2 ZPO und damit mit denselben Fragen
beschäftigen müssen, wie sie für die Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde (§
70 Abs.
2 FamFG) von Bedeutung sind. Die Zulassung eines weiteren Rechtsmittels wäre dann in Betracht gekommen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des übergeordneten Gerichts erforderte. All dies hat das Oberlandesgericht
geprüft
und verneint.

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.01.2017 -
2 [X.]/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.07.2017 -
3 U 218/17 -

Meta

XII ZR 87/17

28.02.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2018, Az. XII ZR 87/17 (REWIS RS 2018, 13158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13158

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XII ZR 87/17

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