Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2011, Az. 5 StR 39/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8061

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Gegenstand

Bewertungseinheit bei Betäubungsmitteldelikten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 3. September 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO – gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Nichtrevidenten B.         – dahingehend abgeändert, dass deren Verurteilungen im Fall II.2 der Urteilsgründe entfallen.

Die gegen den Angeklagten [X.]verhängte Gesamtfreiheitsstrafe und die den Nichtrevidenten B.       betreffende Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von fünf Jahren und acht Monaten werden aufgehoben; letztere entfällt.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.] und die des Angeklagten [X.]       werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Angeklagte [X.]        hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

3. Die Sache wird hinsichtlich des Angeklagten [X.]zur Bestimmung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe und zur Entscheidung über die Kosten seines Rechtsmittels an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen dreier und den Angeklagten [X.]wegen zweier Verbrechen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren und acht Monaten bzw. drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und hinsichtlich des Angeklagten [X.]den Verfall von 44.850 € angeordnet. Es hat ferner den ehemaligen Angeklagten [X.]wegen eines Verbrechens des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung zweier Freiheitsstrafen aus dem Urteil des [X.]s [X.] vom 1. September 2009 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten und wegen weiterer zwei Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten [X.]erzielt – gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des ehemaligen Mitangeklagten [X.]   – den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel – wie auch das des Angeklagten [X.]insgesamt – unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Gegenstand der Verurteilungen sind zwei Haschischlieferungen über je 45 kg aus den [X.] nach [X.], hinsichtlich derer [X.]  als Zwischengroßhändler und [X.] als Weiterverkäufer in Größenordnungen zwischen fünf und zehn Kilogramm tätig wurden (Fälle II.1 und 3 der Urteilsgründe). Das [X.] hat im Fall II.2 der Urteilsgründe ferner je einen Fall des besitzlosen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen und hierzu Folgendes festgestellt:

3

S.     orderte bei [X.]  zur Lieferung am 28. August 2009 weitere 45 kg Haschisch und übergab ihm das dafür erforderliche Bargeld. [X.]       bestellte am 24. August 2009 bei seinen in [X.] ansässigen [X.] Lieferanten „nochmals das, was wir vorher hatten“ ([X.]).  Nachdem [X.]    seine Observation durch Polizeikräfte bemerkt hatte, brach er am 26. August 2009 die weitere Durchführung des Geschäfts ab. Er gab das Bargeld an [X.]zurück und vereinbarte mit diesem und dem [X.] „erstmal keine weiteren Aktivitäten zu machen“ ([X.]). Unter Einsatz des an [X.]zurückgegebenen Bargeldes wurde am 24. September 2009 eine zweite Lieferung über 45 kg ausgeführt (Fall [X.]), bei der es sich nach der vom [X.] insoweit nicht in Zweifel gezogenen geständigen Einlassung des [X.]   um diejenige handelte, „die eigentlich am 28.08.09 geliefert … werden sollte“ ([X.] 25).

4

 2. Diese Umstände gebieten es, hinsichtlich der Bestellung vom 24. August und der Lieferung vom 24. September 2009 von einer einheitlichen Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auszugehen. Die festgestellten Tätigkeiten werden, da sie sich auf dasselbe Drogengeschäft beziehen, zu einer Bewertungseinheit verbunden (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 1994 – 1 [X.] und [X.], Beschluss vom 2. Dezember 1999 – 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 und 19).

5

Soweit das [X.] eine Bedarfsabfrage des [X.]bei seinen Abnehmern vor Mitte September 2009 angenommen und hieraus in der Sache einen neuen [X.] abgeleitet hat ([X.] 16, 59), entbehrt solches einer tatsächlichen Grundlage. Es erscheint ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung der Annahme einer einheitlichen Tat entgegenstehende Feststellungen getroffen werden könnten. Vielmehr müsste auch bei verbleibenden Zweifeln nach dem Grundsatz in dubio pro reo eine einheitliche Handlung angenommen werden, weil es sich insoweit um tatsächliche Fragen handelt und die Annahme einer Handlung für den Angeklagten günstiger wäre ([X.] aaO Bewertungseinheit 1). Der Senat ändert insoweit die Schuldsprüche. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die [X.] im Wesentlichen von den Einlassungen der Angeklagten ausgehen und sie im Übrigen ausschließlich besserstellen.

6

3. Dies hat zur Folge, dass bei dem Angeklagten [X.]die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben ist. Das neu berufene Tatgericht wird aus den für die Fälle II.1 und 3 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen von vier Jahren und drei Monaten sowie vier Jahren Freiheitsstrafe, bei Wegfall einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten, eine neue Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Annahme von nur zwei Verbrechen die Gesamtfreiheitsstrafe milder ausfallen würde. Einer Aufhebung von Feststellungen bedurfte es bei dem hier vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Die neue Gesamtfreiheitsstrafe wird auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zuzumessen sein, wobei freilich ergänzende neue Feststellungen getroffen werden können, die den bisherigen nicht entgegenstehen.

7

4. Hinsichtlich des Angeklagten [X.]    entzieht der Wegfall der Verurteilung die Grundlage für die gebildete (erste) Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten. Diese hat zu entfallen. Danach ist die im Urteil des [X.]s [X.] vom 1. September 2009 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten wiederhergestellt und zu vollstrecken; in dieser Sache verbleibt es bei der (zweiten) Gesamtfreiheitsstrafe gegen [X.]    in Höhe von vier Jahren und vier Monaten. Da die Anwendung des § 357 StPO somit keine Fortsetzung des Verfahrens gegen den [X.] nach sich zieht, sondern ihm einen unmittelbaren Rechtsvorteil verschafft, bedurfte es vor der Entscheidung nach § 357 StPO  

8

keiner Nachfrage nach einem etwaigen Widerspruch des [X.] gegen die Anwendung dieser Vorschrift (vgl. dazu [X.], Urteil vom 28. Oktober 2004 – 5 [X.], [X.]R StPO § 357 Entscheidung 2 mwN).

Basdorf                                 Brause                             Schaal

                       Schneider                             [X.]

Meta

5 StR 39/11

30.03.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dresden, 3. September 2010, Az: 421 Js 10847/09 - 4 KLs, Urteil

§ 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 52 StGB, § 53 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2011, Az. 5 StR 39/11 (REWIS RS 2011, 8061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8061

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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