Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 1 B 16/16

1. Senat | REWIS RS 2016, 15136

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Gegenstand

Beschwerde beim BVerwG ist nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Erklärung


Gründe

1

Die [X.]eschwerden sind schon deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin nicht prozessfähig ist.

2

1. Der Mangel der Prozessfähigkeit folgt jedenfalls aus § 62 Abs. 2 VwGO. Danach ist ein geschäftsfähiger [X.]etreuter bei [X.]estehen eines [X.] nach § 1903 [X.]G[X.], der den Gegenstand des Verfahrens betrifft, nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des [X.]etreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist. Im Fall der Antragstellerin besteht ein den Gegenstand des Verfahrens betreffender Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 [X.]G[X.]. Das [X.] ([X.]) hat mit rechtskräftigem [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014 ([X.] 1057) nach § 1896 Abs. 1 [X.]G[X.] für die Antragstellerin einen [X.]etreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" gestellt und gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] angeordnet, dass sie zu Willenserklärungen auch in solchen Angelegenheiten (grundsätzlich) der Einwilligung des [X.]etreuers bedarf. Die Voraussetzungen, unter denen die Antragstellerin nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die [X.]eschwerde ohne Einwilligung des [X.]etreuers einlegen könnte, sind nicht erfüllt. Zwar bedarf der [X.]etreute nach § 1903 Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] trotz eines angeordneten [X.] nicht der Einwilligung des [X.]etreuers, wenn die Willenserklärung dem [X.]etreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Die [X.]eschwerde gehört nicht zu solchen Willenserklärungen, weil deren Einlegung mit einem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 2 VwGO verbunden ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 2015 - 5 [X.] 49.15 - m.w.N.). Vorschriften des öffentlichen Rechts, die die Antragstellerin hinsichtlich der hier in Rede stehenden [X.]eschwerde als handlungsfähig anerkennen, sind nicht ersichtlich.

3

Mithin hätte die Antragstellerin zur wirksamen Einlegung der [X.]eschwerden der Einwilligung ihres [X.]etreuers bedurft (§ 1903 Abs. 1 [X.] und 2 [X.]G[X.]). Dieser hat eine entsprechende Einwilligung nicht erteilt. Er hat die [X.]eschwerdeeinlegung auch nicht nachträglich genehmigt. Obwohl die Antragstellerin hinsichtlich der [X.]eschwerde nicht prozessfähig ist, begründet deren Einlegung ein begrenztes Prozessrechtsverhältnis, in dem der Senat eine Entscheidung über die Zulässigkeit mit der sich aus § 154 VwGO ergebenden Kostenfolge zu treffen hat (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2. April 1998 - 3 [X.] 70.97 - [X.] 310 § 62 VwGO Nr. 27 m.w.N.).

4

2. Darüber hinaus sind die [X.]eschwerden auch deswegen unzulässig, weil Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte bzw. [X.] durch [X.]eschwerde an das [X.] nur in den Fällen angefochten werden können, die § 152 Abs. 1 VwGO anführt. Gemäß § 152 Abs. 1 VwGO können Entscheidungen des [X.] nur in den Fällen des § 99 Abs. 2 VwGO, des § 133 Abs. 1 VwGO und des § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] mit der [X.]eschwerde an das [X.] angefochten werden. Keiner dieser Fälle liegt hier vor, insbesondere auch nicht der Fall des § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.]. Nach dieser Vorschrift ist die (weitere) [X.]eschwerde gegen einen [X.]eschluss des oberen [X.] zur Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges an den obersten Gerichtshof des [X.]undes nur zulässig, wenn sie in dem [X.]eschluss des oberen [X.] zugelassen worden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die (weitere) [X.]eschwerde im vorliegenden Fall jedoch nicht zugelassen. Damit ist der Zwischenstreit um die [X.] beendet. Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz bewusst nicht vor. Verfassungsrechtliche [X.]edenken hiergegen bestehen nicht ([X.], [X.]eschluss vom 16. März 1994 - 4 [X.] 223.93 - [X.] 300 § 17a [X.] Nr. 9). Ein Anlass, außerordentliche [X.]eschwerden wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit zuzulassen, besteht nicht. Es mag dahinstehen, ob eine solche [X.]eschwerde mit der Rüge, wegen unterlassener Zulassung der (weiteren) [X.]eschwerde sei der verfassungsrechtliche Anspruch auf [X.] verletzt worden (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), in [X.]etracht kommen könnte. Voraussetzung hierfür wäre jedenfalls eine willkürliche, objektiv unter keinem Gesichtspunkt vertretbare Verletzung der Zulassungspflicht (vgl. [X.], Senatsbeschluss vom 29. Juni 1976 - 2 [X.]vR 948/75 - [X.]E 42, 237 <241> m.w.N.). Dafür fehlt hier jeder Anhaltspunkt. Hierfür ist von [X.]edeutung, dass die in Rede stehende Vorabentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen ist. Es ist schon fraglich, ob es mit dem Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens überhaupt vereinbar ist, ein Zwischenverfahren nach § 17a Abs. 3 [X.] und ein auf die [X.] beschränktes [X.]eschwerdeverfahren nach § 17a Abs. 4 [X.] durchzuführen. Darüber hinaus besteht keine Einigkeit, ob im gerichtlichen Eilverfahren eine weitere [X.]eschwerde nach § 17a Abs. 4 [X.] statthaft ist (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 6. Juli 2005 - 3 [X.] - [X.] 300 § 17a [X.] Nr. 24 und vom 8. August 2006 - 6 [X.] 65.06 - [X.] 300 § 17a [X.] Nr. 26 m.w.N.).

5

3. Schließlich steht der Zulässigkeit der erhobenen Streitwertbeschwerde bereits entgegen, dass der angefochtene [X.]eschluss eine Streitwertsetzung nicht enthält, so dass die diesbezüglich erhobene [X.]eschwerde gegenstandslos ist.

6

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abgesehen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 2015 - 5 [X.] 49.15 - m.w.N.).

Meta

1 B 16/16

03.03.2016

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 30. Dezember 2015, Az: 7 OB 100/15, Beschluss

§ 1903 BGB, § 17a Abs 4 S 4 GVG, § 62 Abs 2 VwGO, § 152 Abs 1 VwGO, § 154 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 1 B 16/16 (REWIS RS 2016, 15136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15136

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