Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2010, Az. 1 StR 157/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5368

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Gegenstand

Strafverfahren: Hinweis auf beabsichtigte Verwertung von ausgeschiedenem Verfahrensstoff und Protokollinhalt


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2009 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Der Angeklagte wurde wegen Diebstahls in 19 Fällen und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Seine auf die zu einer Tat näher ausgeführte Sachrüge und auf zwei den Strafausspruch betreffende Verfahrensrügen gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

In einem Fall haben der Angeklagte und ein Mittäter aus einem fremden Pkw arbeitsteilig mehrere Geräte ausgebaut und unter sich aufgeteilt. Der Angeklagte hat demgegenüber angegeben, er habe zwar in Kenntnis aller Umstände den Mittäter zum Tatort gefahren, dessen Tatbegehung abgesichert und einen Teil der Beute bekommen, aber nichts selbst ausgebaut. Es kann offen bleiben, ob diese im Urteil und von der Revision eingehend behandelte Differenz für den Strafausspruch oder sogar für den Schuldspruch bedeutsam sein könnte, da die Beweiswürdigung entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei ist. Die Feststellungen beruhen auf den Angaben des Mittäters, dessen Angaben sich auch in einem anderen vom Angeklagten nicht eingeräumten Fall im Blick auf die Aussagen eines weiteren Mittäters als zutreffend erwiesen haben. Soweit ergänzend ausgeführt ist, der Angeklagte sei nicht der "Typ", der abseits des [X.] wartet, ist mit dieser umgangssprachlich formulierten Erwägung offensichtlich auf die zu den übrigen Taten gewonnenen Erkenntnisse verwiesen. Auch sonst ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei.

3

Gleiches gilt für den Strafausspruch. Zum [X.] bemerkt der Senat:

4

Hinsichtlich der dem Angeklagten in mehreren Fällen tateinheitlich zum Diebstahl zur Last gelegten Sachbeschädigung wurde in der Hauptverhandlung gemäß § 154a StPO verfahren. Die vom Angeklagten verschuldeten Schäden sind trotzdem ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. In diesem Zusammenhang macht die Revision mehrere Mängel geltend:

5

a) Der Angeklagte sei nicht auf die mögliche strafschärfende Bewertung der Sachschäden hingewiesen worden.

6

b) In zwei Fällen seien die Schäden näher festgestellt und quantifiziert worden. Sachbeschädigung habe dem Angeklagten aber nicht nur in diesen, sondern auch in weiteren Fällen zur Last gelegen; da die Schäden strafschärfend berücksichtigt seien, sei zu besorgen, dass dies sämtliche gemäß § 154a StPO behandelten Schäden betreffe, auch soweit sie in den Urteilsgründen nicht überprüfbar dargelegt seien.

7

Dieses Vorbringen bleibt erfolglos.

8

a) Der Vortrag zu dem unterbliebenen Hinweis ist widersprüchlich (1); der Hinweis wurde erteilt (2).

9

(1) Bei den Ausführungen zur unzulänglichen Darlegung der Schäden in den Urteilsgründen heißt es, dieser Mangel sei "unabhängig davon, ob  b z w .  d a s s  (Hervorhebung hier vorgenommen) die Kammer hinsichtlich der ausgeschiedenen Tatteile einen solchen Hinweis gegeben hat".

Es ist als sowohl vorgetragen, dass der Hinweis nicht erteilt wurde, als auch, dass er doch erteilt wurde. In tatsächlicher Hinsicht widersprüchliches Vorbringen innerhalb der Revisionsbegründung - sei es auch in unterschiedlichen Zusammenhängen - kann aber schon im Ansatz nicht Grundlage einer erfolgreichen Verfahrensrüge sein ([X.], 353; [X.]/[X.] NStZ-RR 2008, 1). Die auf den angeblich unterbliebenen Hinweis gestützte Rüge geht daher fehl, ohne dass es auf weiteres noch ankäme.

(2) Die Rüge bliebe aber auch sonst erfolglos. Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich zu dem Hinweis nichts, im Urteil heißt es, der Vorsitzende habe den Hinweis erteilt. Die Revision ist im [X.] darauf gestützt, ein solcher Hinweis sei als wesentliche Verfahrensförmlichkeit gemäß § 274 StPO nur durch das [X.] beweisbar (so ohne nähere Begründung auch [X.] NJW 2010, 1826, 1827; [X.] NStZ-RR 2003, 368; [X.] in Löwe/[X.] StPO 26. Aufl. § 154 Rdn. 59), nicht aber durch die Urteilsgründe ([X.], 977, 978; [X.] StPO 53. Aufl. § 274 Rdn. 3 m.w.[X.]). Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Ein nach Maßgabe des Einzelfalls erforderlicher (vgl. [X.], 277, 278 m.w.[X.]) Hinweis auf die beabsichtigte Verwertung von gemäß §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenem [X.] bei der Beweiswürdigung oder Strafzumessung ist keine wesentliche Verfahrensförmlichkeit. Er betrifft die Tatsachengrundlage des Urteils. Bei einem anderweit erforderlichen Hinweis auf wesentliche Änderungen in tatsächlicher Hinsicht (§ 265 StPO) handelt es sich regelmäßig nicht um eine wesentliche Verfahrensförmlichkeit (vgl. zusammenfassend Stuckenberg in [X.] § 265 StPO Rdn. 57, 61 ff. m.w.[X.]). Für den hier in Rede stehenden, ebenfalls Tatsachen betreffenden Hinweis kann nichts anderes gelten (vgl. [X.] NStZ 1987, 134, 135 ; [X.] 1986, 283; im Ergebnis ebenso Pelchen [X.] 1986, 166, 167). Auch wenn die Aufnahme eines solchen Hinweises in das - zur Dokumentation von [X.] eher als das Urteil geeignete - [X.] dennoch zweckmäßig ist (vgl. [X.] aaO 284), ist dieses also nicht das einzig zulässige Beweismittel. Angesichts der Urteilsgründe ist auch unter Berücksichtigung des [X.]s nicht zweifelhaft, dass der Hinweis hier erteilt wurde.

b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Urteil weder dem Grunde noch der Höhe nach festgestellte Schäden strafschärfend berücksichtigt wurden. Allein daraus, dass dem Angeklagten nicht nur in den Fällen, in denen Schäden festgestellt sind, ebenfalls gemäß § 154a Abs. 2 StPO behandelte Schäden zur Last lagen, folgt dies nicht. [X.] wird dies dadurch, dass die ausdrücklich am jeweiligen [X.] orientierten Einzelstrafen trotz einer gegenüber sonstigen Taten nicht wertvolleren Beute in den Fällen etwas höher sind, in denen zusätzlich noch Schäden ausdrücklich festgestellt und strafschärfend bewertet sind.

[X.]                                Wahl                                   Graf

                    Jäger                                Sander

Meta

1 StR 157/10

29.06.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Würzburg, 29. Oktober 2009, Az: JK KLs 943 Js 9121/08, Urteil

§ 154 StPO, § 154a StPO, § 274 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2010, Az. 1 StR 157/10 (REWIS RS 2010, 5368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5368

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