Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. IX ZR 232/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 845

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 232/03 Verkündet am: 15. November 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2007 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 2. Oktober 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Ehemann der Klägerin überließ ihr mit notariellem [X.] seinen Miteigentumsanteil von 1/2 an einem in [X.] gelegenen Grundstück. Nach diesem Vertrag übernahm die Klägerin als Ge-genleistung die Belastungen des Grundstücks zur dinglichen Haftung und zur persönlichen Mithaftung. Am 3. Juni 1993 wurde beim Grundbuchamt [X.], das Grundstück auf die Klägerin umzuschreiben. Die Eintragung erfolgte am 11. November 1995, worauf die Klägerin Alleineigentümerin des Grund-stücks wurde. Eine Gläubigerin ihres Ehemannes erhob gegen sie im Oktober 1996 Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung und machte geltend, sie habe 1 - 3 - den Miteigentumsanteil unentgeltlich im Sinne des § 3 Abs.1 Nr. 4 [X.] a.F. erworben. Die Klägerin beauftragte den beklagten Rechtsanwalt mit ihrer Pro-zessvertretung. Mit Urteil vom 15. Januar 1998 wurde die Klägerin zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt. Der Beklagte leitete das Urteil weder an die Klägerin noch an deren Verkehrsanwälte weiter. Das Urteil wurde rechtskräftig. Die Klägerin macht geltend, bei Durchführung der Berufung wäre die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung abgewiesen worden. Sie begehrt Ersatz der ihr entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten und die Feststellung, dass der Beklagte für sämtliche weitere Schäden aufzukommen habe. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war erfolglos. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren weiter. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin sei durch die Pflicht-verletzung des Beklagten kein Schaden entstanden. Der [X.] habe der Anfechtung unterlegen, und die Klägerin sei zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück verpflichtet gewesen. Es habe sich bei der Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Klägerin um ein 4 - 4 - entgeltliches Geschäft im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. gehandelt, weil die Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten bedeute, dass die Klägerin im Innenverhältnis zu ihrem Ehemann für sämtliche auf dem Grundstück lastende Verbindlichkeiten aufzukommen habe und ihn demnach von Inanspruchnahmen durch Gläubiger freistellen müsse. Die Anfechtungserklärung sei nicht erst mit Zustellung der Klage am 18. Oktober 1996 erfolgt, sondern bereits mit dem von der Gläubigerin an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 7. Juni 1996. Mit diesem Schreiben habe die Gläubigerin die Klägerin unter Beifügung eines Klageentwurfs aufgefordert, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden. Die nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. maßgebliche einjährige Anfechtungsfrist sei gewahrt, weil für die Vornahme der Rechtshandlung auf den 11. Oktober 1995 als den Tag der Eigentumsumschreibung im Grundbuch abzustellen sei. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand lässt sich nicht ausschließen, dass der [X.] keine anfechtbare Rechtshandlung aufgewie-sen hat und demnach die von dem Beklagten unterlassene Berufungseinlegung erfolgversprechend gewesen wäre. 6 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon [X.], dass die Frage, ob die Klägerin bei sachgemäßer anwaltlicher Vertre-tung im Vorprozess obsiegt hätte, aus der Sicht des mit dem Regressanspruch befassten Gerichts zu beurteilen ist ([X.], 110, 111; 145, 256, 261; 163, 7 - 5 - 223, 227). Der Regressrichter hat für seine eigene Beurteilung von dem Sach-verhalt auszugehen, der dem Gericht bei pflichtgemäßem Verhalten des [X.] unterbreitet worden wäre ([X.], Urt. v. 9. Dezember 1999 - [X.] ZR 129/99, [X.], 1263, 1266; Urt. v. 27. Januar 2000 - [X.] ZR 45/98, [X.], 1572, 1573). Hinsichtlich der Beweislast ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Regeln des Ausgangsrechtsstreits auch im [X.] anzuwen-den sind. Der Rechtsanwalt tritt insoweit gleichsam in die Rolle der Gegenpartei des Ausgangsrechtsstreits ein ([X.], in Zugehör/[X.]/Sieg/[X.] der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1078). 2. Als rechtsfehlerfrei erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, die Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Klägerin sei entgeltlich im [X.] von § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. erfolgt. Die vom Berufungsgericht getroffene Beurteilung der von den Vertragsparteien vereinbarten Regelungen zur Über-nahme der Verbindlichkeiten folgt den Grundsätzen einer interessengerechten Auslegung und erweist sich als tatrichterlich zulässig. Hiergegen wendet sich die Revision nicht. 8 3. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Annahme des [X.], die Gläubigerin habe den [X.] in-nerhalb der Jahresfrist des bis 1998 geltenden Anfechtungsrechts (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F.) angefochten, im Ergebnis zutreffend. 9 a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der das [X.] gefolgt ist, beginnt die Anfechtungsfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. erst mit der Eintragung des [X.] im Grundbuch (hier: 11. Oktober 1995) zu laufen ([X.]Z 121, 179, 188; 128, 184, 189, 192 f; [X.], Urt. v. 10. Dezember 1998 - [X.] ZR 302/97, [X.], 146). Der Umstand, dass 10 - 6 - zwischen dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages und dem Eigentums-übergang ein längerer Zeitraum gelegen hat, rechtfertigt keine andere Beurtei-lung ([X.], Urt. v. 10. Dezember 1998 aaO). b) Auf das vom Berufungsgericht herangezogene Schreiben vom 7. Juni 1996, das mangels der danach erforderlichen Voraussetzungen - fehlender Titel und fehlende Fälligkeit der Forderung - unzutreffend als Ankündigungsschrei-ben im Sinne des § 4 [X.] a.F. beurteilt wurde, kommt es nicht an. Die mit Ein-tragung des [X.] am 11. Oktober 1995 in Gang gesetzte Jah-resfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. war zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift im [X.] am 4. Oktober 1996 noch nicht abgelaufen. Die Anfechtungsfrist wird im Falle der Klageerhebung bereits durch das Einrei-chen der Klageschrift bei Gericht gewahrt, wenn die Zustellung gemäß § 270 Abs. 3 ZPO "demnächst" erfolgt ([X.]Z 122, 23, 30; [X.], Urt. v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 152/03, [X.], 1243, 1245). Davon ist hier auszugehen, weil die Klage der jetzigen Klägerin am 18. Oktober 1996 zugestellt wurde. 11 4. Die nicht weiter begründete Annahme des Berufungsgerichts, der Gläubiger sei durch die angefochtene Grundstücksübertragung benachteiligt worden, ist nach gegenwärtigem Verfahrensstand nicht gerechtfertigt. 12 a) Die Übertragung eines belasteten Grundstücks kann nur dann eine Benachteiligung des Gläubigers zur Folge haben, wenn der in der [X.] erzielbare Wert des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des [X.] übersteigt ([X.], Urt. v. 20. Oktober 2005 - [X.] ZR 276/02, [X.], 387, 388; v. 23. November 2006 - [X.] ZR 126/03, [X.], 588, 590; v. 3. Mai 2007 - [X.] ZR 16/06, [X.], 1326, 1327). Eine Gläubigerbenachteiligung kommt also nicht in Betracht, wenn 13 - 7 - das Grundstück wertausschöpfend belastet ist und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers geführt hätte. Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstü-ckes sowie der tatsächlichen Höhe derjenigen Forderung ab, die durch die ein-getragenen Grundbuchrechte gesichert werden ([X.], Urt. v. 20. Oktober 2005 aaO; v. 23. November 2006 aaO und v. 3. Mai 2007 aaO). b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der objektiven Benachteilung ist bei § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. der Zeitpunkt der Vornahme des [X.], bei mehraktigen Rechtsgeschäften, wie vorliegend gegeben, ist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem die Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts ausgelöst wird. Bei [X.] ist dies der Zeitpunkt der Ein-tragung im Grundbuch ([X.]Z 99, 274, 286; 121, 179, 188; 128, 184, 192 f; [X.], Urt. v. 10. Dezember 1998 aaO), mithin hier der 11. Oktober 1995. 14 c) Zwar bezieht sich der von der Klägerin gehaltene, unter Beweisantritt gestellte und vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Prozessvortrag, der Wert der [X.] habe aufgrund des schlechten Zustandes des Ge-bäudes dem Wert der Belastungen entsprochen, auf den Zeitpunkt des [X.], mithin den 28. September 1992. Gleichwohl ist dieses [X.] entscheidungserheblich. Die Klägerin hat nämlich - unter weiterem Be-weisantritt - ferner vorgebracht, erst nach Vertragsabschluss habe sie unter Aufnahme von Fremdgeldern erhebliche Umbaumaßnahmen durchgeführt, [X.] das Grundstück einen erheblichen Wertzuwachs erfahren habe. [X.], die auf Maßnahmen des [X.] beruhen, können aber bei der Ermittlung des tatsächlichen Werts keine Berücksichtigung finden (vgl. [X.], Urt. v. 24. September 1996 - [X.] ZR 190/95, [X.], 1907, 1908; [X.], Anfechtungsgesetz, 10. Aufl. § 1 Rn. 41). 15 - 8 - II[X.] Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Es ist [X.]. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), muss sie an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Das Berufungsge-richt wird unter Beachtung von § 531 ZPO auch die übrigen im [X.] erhobenen [X.] und [X.] zu prüfen haben. Die Parteien haben die Gelegenheit, ihren Vortrag zur Frage der wertausschöpfenden Belastung gegebenenfalls zu ergänzen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Frage der Benachteiligung nicht danach beantwortet werden kann, welchen Verkehrswert das Grundstück hatte. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob bei einer Zwangsversteigerung des Grundstückes ein an den Gläubiger auszu-kehrender Erlös hätte erzielt werden können ([X.], Urt. v. 20. Oktober 2005 aaO). 16 Dr. [X.] [X.] D. Kayser
Prof. Dr. Gehrlein Dr. [X.]

Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 29.08.2002 - 7 O 258/01 - [X.], Entscheidung vom 02.10.2003 - 7 U 165/02 -

Meta

IX ZR 232/03

15.11.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. IX ZR 232/03 (REWIS RS 2007, 845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 845

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