Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.09.2010, Az. 17 W (pat) 128/06

17. Senat | REWIS RS 2010, 3630

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "System und Verfahren zur Identifizierung und Authentifizierung von Zubehör, Hilfs- und/oder Betriebsstoffen für technische Geräte" - Rückzahlung der Beschwerdegebühr – Verletzung des rechtlichen Gehörs bei fehlender vorheriger Beanstandung der Mängel


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 198 22 751.5-53

hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung am 6. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dipl.-Phys. Dr. [X.], des [X.] [X.] und der Richterinnen [X.] und Dipl.-Ing. Wickborn

beschlossen:

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung 198 22 751.5-53 mit der Bezeichnung

2

„System und Verfahren zur Identifizierung und Authentifizierung von Zubehör, Hilfs- und/oder Betriebsstoffen für technische Geräte“

3

ist am 20. Mai 1998 beim [X.] eingereicht worden.

4

[X.] hat am 17. Februar 1999 einen [X.] erlassen. Darin wurden der Anmelderin 3 [X.] ((1) [X.] 4 844 509 A; (2) [X.] 4 949 381 A; (3) [X.] 12 406 [X.]) genannt mit dem Hinweis, dass die verwendete Nummerierung auch für das weitere Verfahren gelte.

5

Daraufhin hat die Anmelderin am 17. März 1999 einen neuen Patentanspruch 1 überreicht. Sie hat hilfsweise eine Anhörung beantragt.

6

In der daraufhin anberaumten Anhörung am 17. August 1999 hat die Prüfungsstelle auf die [X.] D 4 ([X.] 29 702 805 [X.]) und [X.] ([X.] et. al….) hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2006 hat die Anmelderin einen neuen Patentanspruch 1 eingereicht, dem sie im Vergleich zum vorher geltenden Anspruch 1 mehrere Merkmale hinzugefügt hat. Hilfsweise wurde eine (erneute) Anhörung beantragt.

7

[X.] hat am 2. August 2006 einen Zurückweisungsbeschluss erlassen. Es sei ein überarbeiteter einteiliger Patentanspruch 1 eingereicht worden; das System nach diesem Anspruch sei in den wesentlichen Aussagen jedoch unverändert zu dem System nach dem (davor eingereichten) Patentanspruch vom 17. März 1999. Im Prüfungsverfahren seien u. a. folgende [X.] genannt worden: 1) [X.] 4,844,509 A und 2) [X.] 29 702 805 [X.]. Der geltende Anspruch 1 ergebe sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Ihm komme der Gegenstand der Druckschrift (1) am nächsten. Auch die Druckschrift (2) betreffe ein vergleichbares System. Patentanspruch 1 sei somit nicht gewährbar. Patentanspruch 11 sei indirekt auf Anspruch 1 zurückbezogen und habe nach dessen Wegfall ebenfalls keinen Bestand mehr. Im Übrigen stünden auch diesem Druckschrift (1) und Druckschrift (2) entgegen. Die mit der Eingabe vom 6. Juli 2006 beantragte (erneute) Anhörung sei entbehrlich gewesen, da bereits am 17. August 1999 eine mündliche Anhörung zum [X.] durchgeführt worden sei.

8

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie (u. a.) die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Nach Erledigung des Beschwerdeverfahrens durch Rücknahme der Anmeldung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr hat die Anmelderin den Antrag auf Rückerstattung der Jahresgebühr aufrechterhalten.

9

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der angegriffene Beschluss sei nicht ausreichend begründet. Im [X.] sei ausdrücklich darauf verwiesen worden, dass die verwendete Nummerierung der [X.] für das weitere Verfahren diene. Die im Beschluss gemachte Aussage zur Druckschrift (2) (gemäß [X.]) sei aber unzutreffend und unverständlich. Zudem leide der Beschluss unter einem Begründungsmangel, denn die Prüfungsstelle habe sich nicht damit auseinandergesetzt, wieso der Fachmann aus der Kenntnis der beiden [X.] dazu angehalten worden sein sollte, die beiden [X.] zu kombinieren. Außerdem stütze sich der angegriffene Beschluss auf eine unrichtige Kategorisierung des Anspruchs 11 und leide damit unter einem Formmangel. Die hilfsweise beantragte (erneute) Anhörung sei nicht durchgeführt worden. Eine Begründung, warum eine solche nicht sachdienlich sei, habe die Prüfungsstelle nicht gegeben. Dies stelle zudem einen Verstoß gegen den verfassungsmäßigen Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs dar.

[X.] habe sich nicht mit den Unterschieden zwischen dem geltenden Anspruch 1 vom Juli 2006 und dem Anspruch 1, der der Anhörung vom August 1999 zugrunde lag, auseinandergesetzt. Deshalb sei der Beschluss nicht nachvollziehbar, vielmehr habe die Prüfungsstelle durch die fehlende Auseinandersetzung mit dem Inhalt des neuen Patentanspruchs 1 und durch die Ablehnung der von der Anmelderin erneut beantragten Anhörung das rechtliche Gehör versagt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig. Auch nach Rücknahme der Anmeldung kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden (§ 80 Abs. 4 [X.]). Dabei gilt die Nichtzahlung der Jahresgebühr gemäß § 58 Abs. 3 [X.] als Rücknahme der Anmeldung ([X.], [X.], 8. Aufl., § 80 [X.]. 113 a. E.).

Der Antrag hat Erfolg. Wegen der Formulierung „kann“ in § 80 Abs. 3 [X.] wird die Beschwerdegebühr zurückgezahlt, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind alle Umstände des Falles, insbesondere das Verhalten der Beteiligten und die Sachbehandlung durch das Patentamt unter dem Gesichtspunkt der Ordnungsmäßigkeit und der Angemessenheit seiner Maßnahmen zu würdigen ([X.], Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 [X.]. 21). Die Billigkeit der Rückzahlung kann sich danach aus der Sachbehandlung durch das [X.] ergeben (vgl. [X.], a. a. [X.], § 80 [X.]. 110 ff.), wenn diese für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war. Ursächlich in diesem Sinne ist ein Verstoß, wenn aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre und er deshalb die Beschwerde für notwendig halten durfte. Dies ist hier der Fall.

Allerdings kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die im Vergleich zum [X.] veränderte Zählweise der entgegengehaltenen Druckschriften im Beschluss oder eine - wie von der Anmelderin vorgetragen - unrichtige Kategorisierung der Patentansprüche eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigt; jedenfalls hat die Prüfungsstelle den Anspruch der Anmelderin auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt dann vor, wenn eine Anmeldung ohne vorherige Beanstandung der Mängel, auf die die Entscheidung gestützt ist, zurückgewiesen wird (§ 48 Satz 2 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 [X.]; [X.], a. a. [X.], Einl. [X.]. 257 Punkt 7). Dabei ist es im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, ob das rechtliche Gehör der Anmelderin mittels einer (erneuten) Anhörung oder mittels eines weiteren [X.]s hätte gewahrt werden müssen. [X.] hätte nämlich mindestens durch den Erlass eines weiteren [X.]s auf die veränderte Sachlage reagieren müssen, die sich durch die Einreichung des geltenden Anspruchs 1 vom Juli 2006 gegenüber dem Anspruch 1, der der Anhörung vom August 1999 zugrunde lag, ergeben hat.

[X.] hat sich mit den Unterschieden zwischen dem geltenden Patentanspruch 1 vom 6. Juli 2006 und dem Anspruch 1 vom 17. März 1999 erstmals im Beschluss auseinandergesetzt. Mit dem geltenden Anspruch 1 wurden einige Merkmale des vorher geltenden allgemeiner formulierten Anspruchs präziser gefasst, um sich vom Stand der Technik abzugrenzen. Es sind dadurch mehrere Merkmale zum vorher geltenden Anspruch 1 hinzugekommen. Mit dem geltenden Anspruch 1 wurde insbesondere erstmalig beansprucht, dass der Datenträgerabschnitt [X.] aufweist und in zwei Bereiche untergliedert ist, von denen der erste Bereich maschinenlesbare Information und der zweite Bereich für das menschliche Auge erkennbare und für den Betrachter unterscheidungskräftige Information enthält, wobei für eine Freigabe des Geräts nur der zweite Bereich herangezogen wird. Weder im [X.] noch im Anhörungsprotokoll finden sich Hinweise auf eine Stellungnahme zu diesen neu hinzugekommenen Merkmalen. Zudem ist die Prüfungsstelle im Beschluss nicht auf die Konkretisierung, dass der Datenträgerabschnitt einen [X.] aufweise, eingegangen; eine diesbezügliche Argumentation im Beschluss fehlt gänzlich. [X.] ist im Beschluss auch in keiner Weise inhaltlich auf das Vorbringen der Anmelderin eingegangen.

Nach alledem entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Meta

17 W (pat) 128/06

06.09.2010

Bundespatentgericht 17. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.09.2010, Az. 17 W (pat) 128/06 (REWIS RS 2010, 3630)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3630

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