Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2014, Az. V ZB 27/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7344

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

V [X.]
vom

6. März 2014

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 19; BGB § 1193 Abs. 2 Satz 2
a)
Ist der Sicherungscharakter einer Grundschuld aus der Bestellungsurkunde er-sichtlich oder soll
eine Bank als [X.] eingetragen werden, darf das Grundbuchamt davon ausgehen, dass die Grundschuld eine Geldfor-derung sichert.
b)
Soll eine vor dem 20. August 2008 bestellte sofort fällige Grundschuld auf ein Grundstück erstreckt werden und ergibt sich aus den Umständen, dass die Grundschuld eine Geldforderung sichert, so ist die Eintragungsbewilligung re-gelmäßig dahingehend auszulegen, dass für das neu belastete Grundstück die gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollen; dies hat das Grund-buchamt von Amts wegen durch einen Klarstellungsvermerk zu kennzeichnen.

[X.], Beschluss vom 6. März 2014 -
V [X.] -
OLG [X.]

AG [X.]

-
2 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 6. März 2014
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Czub, die Richterinnen Dr.
Brückner und
Weinland und [X.]
Kazele

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten
wird
der Beschluss des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts
-
Grundbuchamt -
[X.] vom 20. Dezember 2012 zurückge-wiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Beschwerde der Beteilig-ten
die Zwischenverfügung des Amtsgerichts -
Grundbuchamt -
[X.] vom 20. Dezember 2012 aufgehoben. Das Amtsgericht -
Grundbuchamt -
[X.] wird angewiesen, den Vollzug des [X.] von [X.] [X.]att 9064 nicht aus den in der [X.] vom 20. Dezember 2012 angeführten Gründen zu verweigern.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

-
3 -

Gründe:
I.
Die Beteiligte ist Inhaberin der beiden im Eingang des Beschlusses ge-nannten Erbbaurechte, die
jeweils mit einer 1985 zugunsten einer Bank bestell-ten und sofort fälligen Grundschuld belastet
sind.
Mit notarieller Erklärung vom 15. November 2012 erstreckte die Beteiligte die Grundschulden unter [X.] auf die jeweiligen [X.] wechselseitig jeweils auf das andere Erbbaurecht. Das Amtsgericht -
Grundbuchamt -
hat der Beteiligten durch Zwischenverfügung vom 20. Dezember 2012 aufgegeben, die Nachver-pfändungserklärungen
insoweit zu ergänzen, als jeweils (nur) hinsichtlich der Nachverpfändung die Fälligkeitsregelung des §
1193 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB nF Anwendung finde. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat nur im Hinblick auf die Erstreckung einer der Grundschulden auf das andere Erbbaurecht
Erfolg gehabt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Beteiligte erreichen, dass die unterbliebene Eintragung erfolgt, mit der
die auf [X.]. 9074 des Erbbaugrundbuchs von N.

eingetragene Grundschuld auf das auf [X.]. 9064 eingetragene Erbbaurecht erstreckt werden soll.

II.
Das Beschwerdegericht meint,
insoweit könne
die Nachverpfändung
nicht eingetragen werden, weil die nach Inkrafttreten von § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB abgegebene Bewilligungserklärung nicht eindeutig sei. Es fehle an einer
ausdrücklichen
Erklärung zu der Fälligkeit der Grundschuld, soweit diese sich auf das neu belastete Erbbaurecht beziehe. Eine solche Erklärung
sei nur dann entbehrlich, wenn sich aus den Umständen eindeutig ergebe, dass es sich bei 1
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dem zu erstreckenden Recht um eine Sicherungsgrundschuld handele. In [X.] könne von Amts wegen ein Klarstellungsvermerk eingetragen werden, der kenntlich mache, dass (nur) für das neu belastete Recht die gesetzliche Kündigungsfrist gelte. In diesem Sinne eindeutig sei lediglich
eine der beiden Nachverpfändungserklärungen, weil der dort in Bezug genommenen Bestel-lungsurkunde zufolge
Zahlungen auf die gesicherten Ansprüche zu verrechnen seien. An einem derartigen Hinweis auf einen Sicherungscharakter fehle es da-gegen
bei der zweiten Grundschuld; insoweit bedürfe es einer Ergänzung der Eintragungsbewilligung.

III.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht
das Beschwerdegericht davon aus, dass die vor dem 20. August 2008 bestellte Grundschuld sofort fällig ist, soweit sie das bereits belastete Erbbaurecht betrifft. Dagegen setzt die Fälligkeit der Grundschuld hinsichtlich des
nachbelasteten
Erbbaurechts
zwingend
eine
Kün-digung unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist
voraus, sofern die
[X.] eine Geldforderung sichert; dies ergibt sich aus §
1193 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BGB. Diese Norm findet bezogen auf das zusätzlich verpfändete Erbbaurecht Anwendung, weil es sich bei der
Pfan[X.]treckung um die Neube-stellung einer Grundschuld handelt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010
-
V [X.], [X.]Z 186, 28 Rn. 20
f.). Solche abweichenden Fälligkeitsbedin-gungen sind nach der
Rechtsprechung des Senats bei einer Gesamtgrund-schuld zulässig
(Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 -
V [X.], aaO Rn.
22
ff.).

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5 -

2. Nach Auffassung der Rechtsliteratur soll die Eintragung einer solchen Nachverpfändung voraussetzen, dass die Eintragungsbewilligung -
woran es hier fehlt -
eine ausdrückliche Erklärung zu der Geltung der gesetzlichen Fällig-keitsbedingungen
enthält; es könne nicht einfach auf den bisherigen Inhalt der Grundschuld im Grundbuch verwiesen werden
([X.], Rpfleger 2009, 124, 131; [X.]., Rpfleger 2010, 406, 411; [X.], NJW 2010, 1647, 1649; [X.], [X.] 2010, 686, 690). Teils wird dies allerdings nur dann angenommen, wenn sich der Sicherungscharakter der Grundschuld nicht aus den Umständen ergibt ([X.], Rpfleger 2009, 377, 378). [X.] wird auch, dass die Eintra-gung vorgenommen werden könne, wenn die Unwirksamkeit der Fälligkeitsbe-stimmung offenkundig sei; dann sei
ein Klarstellungsvermerk hinsichtlich der abweichenden Fälligkeit erforderlich
([X.], [X.] 2009, 61, 63 f.).
Der Senat hat diese Frage noch nicht entschieden. Allerdings
hat er bereits darauf hingewiesen, dass das Grundbuchamt erwägen müsse, die Geltung der gesetz-lichen Fälligkeitsvoraussetzungen
für den nachbelasteten Teil durch einen Klar-stellungsvermerk zu kennzeichnen, wenn die abweichende Fälligkeit aus der Eintragungsbewilligung nicht ersichtlich sei (Senat, Beschluss vom 10.
Juni
2010 -
V [X.], NJW 2010, 3300 Rn.
29, insoweit in [X.]Z 186, 28
ff. nicht abgedruckt).
3. Für die Zulässigkeit der von der Beteiligten beantragten Eintragung ist zunächst maßgeblich, wie die in § 1193 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB vorge-schriebene zwingende Fälligkeitsregelung allgemein bei der Neubestellung ei-ner Grundschuld
zu handhaben ist.
a) Enthält die Eintragungsbewilligung keine Fälligkeitsbestimmung, so gelten
die gesetzlichen
Fälligkeitsbedingungen. Dagegen bedarf eine hiervon abweichende Fälligkeit der Verlautbarung im Grundbuch durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (§
1193 Abs. 2 Satz 1 BGB; [X.]/[X.], 5
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BGB, 73. Aufl., §
1193 Rn. 2; [X.], [X.] 2009, 1, 3). Sieht diese
die sofortige
Fälligkeit vor, muss
das Grundbuchamt sicherstellen, dass das Grundbuch
nicht
inhaltlich
unrichtig wird ([X.], Rpfleger 2009, 124, 131). Von dem
Sicherungscharakter -
und damit insoweit von der Unzulässigkeit der Eintragung
-
muss
es ausgehen,
wenn die eingereichte Bestellungsurkunde zugleich die Sicherungsabrede enthält oder aus ihr die Einschränkung des [X.] zu entnehmen ist ([X.], NJW 2010, 1647, 1649; [X.], Rpfleger 2009, 377, 378; [X.], [X.] 2009, 61, 62). Das gleiche gilt, wenn
eine Bank als Grundschuldgläu-biger eingetragen werden
soll. Denn nach der
Lebenserfahrung erhalten
Ban-ken Grundschulden nicht isoliert, sondern nur zur Absicherung ihrer Forderun-gen.
Diese Lebenserfahrung ist Beweismittel im Sinne von § 29 [X.].
Abwei-chungen hiervon müssen plausibel dargelegt werden (so zutreffend [X.], Rpfleger 2010, 406, 411).
b) Ist die Eintragung daran gemessen unzulässig, muss
das Grundbuch-amt in der Regel zunächst mit einer Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Alt.
2 [X.]) auf das
Eintragungshindernis hinweisen. Denn das Hindernis kann jedenfalls dadurch behoben werden, dass
in der Form des § 29 [X.] entweder von der Fälligkeitsbestimmung abgesehen oder dargelegt wird, dass die [X.] keine Geldforderung sichert.

4. Davon ausgehend ist bei einer Nachverpfändung folgendermaßen zu verfahren:
a)
Maßgeblich ist zunächst die Eintragungsbewilligung. Nimmt diese

-
wie es regelmäßig der Fall sein wird -
auf die
ursprüngliche Bestellungsurkun-de Bezug, in der die sofortige Fälligkeit vorgesehen ist, hat das Grundbuchamt zu prüfen, ob auch für die neue Eintragung die sofortige Fälligkeit gewollt ist. Insoweit
ist die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Erklärung aus-8
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legungsfähig; das Grundbuchamt ist zu der Auslegung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ([X.], [X.], 29. Aufl., § 19 Rn. 28 mwN).
Muss es anhand der Umstände davon ausgehen, dass die Grundschuld eine Geldfor-derung sichert, ist
in der Regel anzunehmen, dass die Geltung der gesetzlichen
Regelung beabsichtigt ist. Denn weil die Eintragungsbewilligung im Zweifel ei-nen zulässigen Inhalt haben soll, ist regelmäßig nicht gewollt, dass die [X.] auf die ursprüngliche Bestellungsurkunde auch die (inzwischen gesetz-lich nicht mehr zulässige) Fälligkeitsregelung umfasst. Einer ausdrücklichen Ergänzung der Eintragungsbewilligung
in der Form des §
29 [X.]
bedarf es dann nicht.
b) Solche Umstände, die auf den Sicherungscharakter der Grundschuld schließen lassen,
liegen -
wie allgemein bei der Neubestellung einer [X.] -
dann vor, wenn sich der Sicherungscharakter aus der Bestellungsur-kunde ergibt oder eine Bank als [X.] eingetragen werden soll. Fehlt es hieran, kann das Grundbuchamt allerdings nicht ohne weiteres annehmen, dass die Grundschuld
(ausnahmsweise)
isoliert bestellt werden soll. Dann bedarf es vielmehr einer ergänzenden Erklärung über die Fälligkeit; sollen
die gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen tatsächlich
abbedungen werden, ist eine Erklärung
über den fehlenden Sicherungscharakter der Grundschuld

-
jeweils
in der Form des §
29 [X.]
-
erforderlich.
c)
Infolge der Eintragung darf allerdings
nicht der unzutreffende Eindruck entstehen, die Gesamtgrundschuld sei insgesamt sofort fällig. Diese Gefahr bestünde, wenn
aus dem Grundbuch zwar die sofortige Fälligkeit des zuvor be-reits belasteten Rechts, nicht aber die aus der Eintragungsbewilligung nicht er-sichtliche abweichende Fälligkeit des zusätzlich verpfändeten Rechts [X.]. Vermieden wird dies
-
wie es der Senat bereits angedeutet hat -
durch die Eintragung eines Klarstellungsvermerks (Senat, Beschluss vom 11
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-
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10.
Juni
2010 -
V [X.], NJW 2010, 3300 Rn.
29, insoweit in [X.]Z 186, 28
ff. nicht abgedruckt; vgl. auch [X.]/Stöber,
Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 294 [X.]). Ein solcher Vermerk kann bei unklaren Eintragungen von Amts wegen einzutragen sein ([X.]/Stöber, aaO, Rn. 295).
5. Von diesen Maßstäben geht das Beschwerdegericht im Grundsatz
rechtsfehlerfrei
aus. Zu Unrecht sieht es jedoch die Nachverpfändungserklärung als ergänzungsbedürftig an.
Zutreffend
verweist die Beteiligte
nämlich
darauf, dass ausweislich
der in Bezug genommenen Grundschuldbestellungsurkunde vom 9. September 1985 eine
Bank [X.] ist. Zudem wird im [X.], der zugleich gegenüber der Bank die persönliche Haftung übernimmt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Danach
unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, dass auch diese Grundschuld eine Geldforderung sichern soll. Folglich ist die Eintragungsbewilligung dahingehend auszulegen, dass sich die dort enthaltene Bezugnahme auf die Grundschuldbestellungsurkunde vom 9. September 1985 nicht auf die (für die Nachverpfändung
unzulässige) Fällig-keitsregelung erstrecken soll.
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-
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IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gebüh-ren-
und auslagenfrei ist (§
136 Abs.
1 Nr.
2 GNotKG, § 131 Abs. 3, 7 [X.]). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 1 [X.].
Stresemann
Czub
Brückner

Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 20.12.2012 -
[X.]-9064-29 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.02.2013 -
2 W 10/13 -

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Meta

V ZB 27/13

06.03.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2014, Az. V ZB 27/13 (REWIS RS 2014, 7344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7344

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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