Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.06.2015, Az. VI ZR 387/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10354

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]

Verkündet am:

2. Juni 2015

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Hb
Zur Frage der [X.], die über dem Wiederbe-schaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs liegen.

[X.], Urteil vom 2. Juni 2015 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die
mündliche Verhandlung vom
2. Juni 2015
durch den
Vorsitzenden [X.] und die
Richter
Wellner und [X.] sowie die Richterinnen von Pentz
und Dr. Roloff
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Land-gerichts [X.]
vom 26. August 2014 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 2.
Oktober 2012 geltend, für den die Einstandspflicht der
Beklagten außer Streit steht. Der vorgerichtlich
mit der Schätzung des Sachschadens an dem Pkw der Klägerin, einem Mercedes Benz C
200
D,
beauftragte Sachverständige S. ermittelte die Reparaturkosten mit 2.973,49

f-fungswert mit 1.600

wert mit
470

der [X.] vom 4. bis 13.
Oktober 2012 reparieren. Die Reparatur, bei der auch Gebrauchtteile verwendet wurden, kostete 2.079,79

Die Beklagte zu
2 regulierte den Schaden als wirtschaftlichen Totalscha-den auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands und zahlte an die
Klägerin einen Betrag von 1.130

r-ständigenkosten und zahlte 229,55

Unkostenpauschale.
1
2
-

3

-

Die auf Zahlung der noch mit 949,79

805,92

und weiterer 129,25

nach dem höheren Gegenstandswert gerichtete Klage war beim Amtsgericht über-wiegend erfolgreich, wobei das Amtsgericht die geltend gemachten [X.] in vollem Umfang und restliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von

zuerkannt hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsge-richt die Klage hinsichtlich der Reparaturkosten
und darauf entfallende Rechts-anwaltskosten
abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, trotz der Feststellung des [X.] Sachverständigen [X.], wonach die Reparatur zu einem technisch und optisch einwandfreien Ergebnis geführt habe, habe die Beklagte mit Recht auf Totalschadensbasis abgerechnet. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs sei in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die voraussichtli-chen Reparaturkosten mehr als 30
% über dem Wiederbeschaffungswert lägen. So liege es im Streitfall. Ausweislich des
Schadensgutachtens
des Sachver-ständigen S. hätten die voraussichtlichen Reparaturkosten 2.973,49

und damit 186
% des angesetzten [X.] in Höhe von 1.600

gestellten Reparaturkosten die 130
%-Grenze knapp einhielten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Reparatur sei bereits nicht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt worden. Die Fahrertür und eine Zierleiste seien durch Gebrauchtteile ersetzt worden. Der vom Sachverständi-3
4
-

4

-

gen S. vorgesehene Austausch weiterer Zierleisten und des [X.] hinten links ließen sich der [X.] der Firma M. nicht entnehmen. Die Verwendung von Gebrauchtteilen sei im Übrigen ebenso schädlich wie die Beschreitung eines abweichenden, günstigeren [X.]. Der Einholung eines Schadensgutachtens komme zentrale Bedeutung bei
der Schadensregu-lierung zu. Diese Bedeutung würde untergraben, wenn man es gestatten wollte, es nachträglich durch eine ex
post-Betrachtung in Frage zu stellen,
und es nur noch darauf ankäme, ob sich die tatsächlich berechneten Kosten innerhalb der 130
%-Grenze hielten. Deshalb sei dem Geschädigten eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis zu versagen, wenn die prognostizierten Reparaturkosten 130
% des [X.]
überstiegen. Andernfalls ergebe sich auch eine nicht unerhebliche Manipulationsgefahr durch eine versteckte Ra-battgewährung, z.B. durch Herunterrechnen von Arbeitszeiten und nicht auf der Rechnung ausgewiesene Positionen. Die Verwendung von Gebrauchtteilen in größerem Umfang könne unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit prob-lematisch sein. Im Übrigen verhalte sich die Klägerin auch widersprüchlich, wenn sie das Gutachten des Sachverständigen S. als Ausgangsbasis für die 130
%-Grenze wähle, andererseits aber dessen Eignung in Frage stelle, indem sie sich darauf berufe, der Austausch diverser Zierleisten und des Griffs der Fahrertür sei nicht notwendig gewesen. Die Klägerin sei daher im Ergebnis trotz der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen [X.], die durchgeführte Re-paratur habe zu einem technisch und optisch einwandfreien
Ergebnis geführt, auf die von der Beklagten zu
2 bereits vorgenommene Regulierung auf [X.] zu verweisen.
-

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-

II.
Das Berufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Der Klägerin stehen weder die geltend gemachten Reparaturkosten noch Ersatz weiterer Nebenkosten zu.
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann
in Abwei-chung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot
des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB
Ersatz des [X.] (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädi-gung für den merkantilen Minderwert) bis zu 30
% über dem [X.] nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15.
Februar 2005 -
VI
ZR 70/04, [X.]Z 162, 161, 167
ff.; vom 9. Juni 2009 -
VI
ZR 110/08, [X.]Z 181,
242 Rn. 15; vom 10.
Juli 2007 -
VI
ZR 258/06, [X.], 1244 Rn.
7; vom 8.
Dezember 2009 -
VI
ZR 119/09, [X.], 363
Rn.
6; vom 14.
Dezember 2010 -
VI
ZR 231/09, [X.], 282
Rn. 8; vom 8.
Februar 2011 -
VI
ZR 79/10, [X.], 547
Rn. 7
und vom 15.
November 2011 -
VI
ZR 30/11, [X.], 75
Rn. 5).
2. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist -
wovon das Be-rufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht
-
in aller Regel
wirtschaftlich un-vernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur -
wie hier
-
mehr als 30
% über dem Wiederbeschaffungswert liegen (vgl. Senatsurteil vom 8.
Februar 2011 -
VI
ZR 79/10, aaO). In einem solchen Fall, in dem das Kraft-fahrzeug nicht mehr [X.] ist, kann der Geschädigte
vom Schädiger grundsätzlich nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen [X.] erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des [X.], verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparie-5
6
7
-

6

-

ren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden [X.] (bis zu 130
% des [X.]) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufge-spalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15.
Oktober 1991 -
VI
ZR 67/91, [X.]Z 115, 375, 378
ff.; vom 10.
Juli 2007 -
VI
ZR 258/06, [X.], 1244 Rn.
6 und vom 8.
Februar 2011 -
VI
ZR
79/10, aaO
Rn. 6).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grundsätzlich
an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat,
jedoch keine
absolute Bedeutung
für die Frage, welche Repara-turkosten tatsächlich im Sinne des §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB ersatzfähig
sind.
Dementsprechend hat der erkennende Senat
entschieden, dass jedenfalls in Fällen, in denen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130
%-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber -
auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen
-
gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten
unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts
den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurteil vom 14.
Dezember 2010 -
VI
ZR 231/09, [X.], 282
Rn. 13).
4. Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130
%-Grenze fachgerecht in einem Umfang durchzu-führen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden
Repara-8
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7

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turkosten verlangen kann, konnte der Senat bisher offen lassen (vgl. Senatsur-teile vom 10.
Juli 2007 -
VI
ZR 258/06, aaO Rn.
7; vom 8.
Februar 2011 -
VI
ZR 79/10, [X.], 547
Rn. 7 ff.
und vom 15.
November 2011 -
VI
ZR 30/11, [X.], 75
Rn. 6 ff.).
Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Reparatur
im Streitfall bereits nicht vollständig
nach den Vorgaben des
Sachverständigen S. erfolgt. Zwar stünde die
Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile [X.] vollständigen und fachgerechten Reparatur nach der vorgenannten Senats-rechtsprechung nicht grundsätzlich entgegen. Nach den getroffenen Feststel-lungen ist
jedoch
der vom Sachverständigen S. vorgesehene Austausch weite-rer Zierleisten und des [X.] hinten links nicht erfolgt. Insoweit hilft es der Klägerin auch nicht, dass nach dem Gutachten des
Gerichtssachverständigen
[X.] "keine optischen Mängel"
vorhanden waren. Denn es
kommt nicht darauf an, ob die verbliebenen Defizite optisch nicht stören. Vielmehr kommt es
im Rah-men der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d.h. nach objekti-ven Kriterien zu beurteilenden und deshalb auch unschwer nachzuprüfenden

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Reparaturaufwand an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 -
VI
ZR 258/06, [X.], 1244 Rn. 10
mwN).

Galke
Wellner
[X.]

von Pentz
Roloff

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.01.2014 -
2 C 270/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.08.2014 -
1 S 31/14 -

Meta

VI ZR 387/14

02.06.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.06.2015, Az. VI ZR 387/14 (REWIS RS 2015, 10354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10354

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VI ZR 387/14

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