Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.03.2024, Az. Notz (Brfg) 3/23

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2024, 2061

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Tenor

Die Anträge des [X.] und des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des [X.] vom 24. Juli 2023 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Zulassungsverfahrens tragen der Kläger 4/5 und der Beklagte 1/5.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Parteien wenden sich mit ihren beidseitigen Zulassungsanträgen gegen ein Urteil des [X.], das aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach dem [X.] zum Gegenstand hat.

2

Der Kläger ist Notar in [X.]. Mit Verfügung vom 16. Februar 2021 kündigte der Präsident des [X.]s [X.] (seit 1. Januar 2024: Präsident des [X.]s [X.] II – [X.] für Zivilsachen, § 2 Abs. 2 [X.] [X.] i.V.m. § 1 Abs. 1 LGErrichtG [X.]; beide Behörden werden nachfolgend einheitlich als [X.]r bezeichnet) für den 16. und 17. März 2021 eine Prüfung der Amtsgeschäfte des [X.] nach dem [X.] an, die von einem [X.] (Rechtspfleger) in der Geschäftsstelle des [X.] vollzogen werden sollte. Der [X.] bat zu diesem Zweck um Bereitstellung der [X.]n, der [X.] mit Namensverzeichnis seit 2016 sowie der Urkundensammlung, des [X.] und des [X.] ([X.]) - letzteres mit Namensverzeichnis - jeweils für die [X.] seit Anfang 2019. Nebenakten und [X.] zu den Verwahrungsgeschäften sollten bereitgehalten werden.

3

[X.] stellten die Beschäftigten des [X.]n dem mit der Prüfung betrauten [X.] lediglich das [X.] und das [X.] - jeweils in Karteiform - sowie den Abschnitt "[X.]" aus den [X.]n nebst Listen von Amtsgeschäften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) bis e) [X.] aus den Jahren 2016 bis 2021 in der Notargeschäftsstelle zur Verfügung und boten an, ihm diese Amtsgeschäfte betreffende Urkunden und Nebenakten vorzulegen. Die erbetene Vorlage der vollständigen [X.] und der Urkundensammlung für die benannten [X.]räume verweigerten sie unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht des [X.] nach § 18 [X.] und auf datenschutzrechtliche Bedenken. Der mit der Prüfung betraute Beamte brach darauf die Prüfung ab.

4

Mit Verfügung vom 30. März 2021 gab der [X.] dem Kläger sodann auf, die in der Verfügung vom 16. Februar 2021 bezeichneten Unterlagen für die [X.] bis einschließlich 28. Februar 2021 binnen zwei Wochen zwecks Prüfung an seine Dienststelle zu übermitteln. Dem kam der Kläger nicht nach.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger den Bescheid des [X.]n vom 30. März 2021 angefochten, soweit ihm darin aufgegeben wurde, seine gesamte Urkundensammlung sowie sein [X.] und sein [X.] - jeweils für die [X.] seit 2019 bis zum 28. Februar 2021 - an die Dienststelle des [X.]n zu übersenden. Daneben hat er die Feststellung begehrt, dass die mit Verfügung vom 16. Februar 2021 ergangene Aufforderung, dem mit der Prüfung beauftragten [X.] seine gesamte Urkundensammlung sowie sein [X.] und sein [X.] - jeweils für die [X.] seit 2019 bis zum 28. Februar 2021 - in der Notargeschäftsstelle vorzulegen, rechtswidrig gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] hat der Kläger den Feststellungsantrag dahin "berichtigt", dass dieser sich nicht auf die Anordnung der Vorlage des [X.] und des [X.] seit 2019 beziehe.

6

Das [X.] hat den Bescheid des [X.]n vom 30. März 2021 aufgehoben, soweit dem Kläger hierdurch aufgegeben wurde, die Urkundensammlung, das [X.] sowie das [X.] ([X.]) mit Namensverzeichnis für die [X.] seit 2019 bis einschließlich 28. Februar 2021 zwecks Durchführung einer Prüfung gemäß § 51 Abs. 3 [X.] an die Dienststelle des [X.]n zu übersenden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung hat es nicht zugelassen.

7

Hiergegen wenden sich der Kläger und der [X.] jeweils mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kläger verfolgt mit seinem Zulassungsantrag das Ziel, die Feststellung zu erwirken, dass die Anordnung des [X.]n vom 16. Februar 2021, dem mit der Prüfung nach dem [X.] betrauten [X.] seine gesamte Urkundensammlung seit 2019 bis zum 28. Februar 2021 sowie das [X.] und das [X.] für diesen [X.]raum zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, rechtswidrig war. Der [X.] erstrebt weiterhin die vollständige Klageabweisung.

B.

8

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

9

I. Zulassungsantrag des [X.]

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 111d Satz 2 [X.] i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 1 bis 5 VwGO zulässig, aber nicht begründet.

1. Soweit der Kläger mit seinem Zulassungsantrag das Ziel verfolgt, die Feststellung zu erwirken, dass die Verfügung des [X.]n vom 16. Februar 2021 hinsichtlich der Anordnung einer Vorlage des [X.] und des [X.] für die [X.] seit 2019 bis zum 28. Februar 2021 rechtswidrig war, bleibt dies bereits deshalb ohne Erfolg, weil dieser Antrag nur schriftsätzlich angekündigt, aber ausweislich des Sitzungsprotokolls und des Tatbestands des Urteils des [X.] vom 19. Juni 2023 in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt worden ist und er damit auch nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war. Eine Klageänderung (§ 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 91 VwGO) - hierum handelt es sich bei dem mit der Antragsbegründung erneut aufgegriffenen Begehren - ist im Berufungszulassungsverfahren nicht möglich (vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 17. August 2015 - [X.] ([X.]) 50/14, [X.] 2015, 1804 Rn. 29 mwN; [X.], Beschluss vom 22. April 2013 - 2 A 1891/12, [X.], 1668 = juris Rn. 10 mwN).

2. Im Übrigen ist ein [X.] im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] nicht den Anforderungen entsprechend dargetan. Den Ausführungen des [X.] in der Antragsbegründung ist weder zu entnehmen, dass und warum die Sache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen sollte (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) noch dass dieser grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] zukommen könnte.

a) Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) ist nicht veranlasst.

aa) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. Rspr. z.B. Senat, Beschluss vom 6. März 2023 - [X.] ([X.]) 6/22, juris Rn. 38 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 20. Juli 2020 - [X.] ([X.]) 2/19, [X.] 2020, 1435 Rn. 5 mwN). [X.] ist eine Rechtsfrage dabei nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen (z.B. Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2022 - [X.] ([X.]) 11/21, [X.], 1102 Rn. 20 mwN und vom 14. März 2016 - [X.] ([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 879 Rn. 15 mwN).

Um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das angefochtene Urteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre [X.]keit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen aufzuzeigen. Hierfür bedarf es insbesondere auch Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist. Weiterhin ist die Entscheidungserheblichkeit für den konkreten Rechtsstreit darzulegen (Senat, Beschlüsse vom 22. März 2021 - [X.] ([X.]) 9/20, [X.] 2021, 762 Rn. 23 mwN und vom 14. März 2016 aaO).

bb) Diesen Anforderungen entspricht die Antragsbegründung nicht.

(1) Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, dass die von ihm aufgeworfene Frage, ob im Rahmen einer Prüfung der Notaraufsicht nach dem [X.] auch solche Geschäftsvorgänge nebst personenbezogenen Daten der beteiligten Mandanten gegenüber nichtrichterlichem Personal offenzulegen sind, die keinerlei Bezug zu den [X.]n des § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) bis e) [X.] haben, oder ob insoweit Datenschutz- und Verschwiegenheitsrechte der Mandanten entgegenstehen, im vorgenannten Sinne klärungsbedürftig ist. Er führt lediglich aus, dass im Geschäftsbereich des [X.]n bei Prüfungen nach dem [X.] - anders als bei turnusmäßigen Geschäftsprüfungen nach der [X.] - nichtrichterliches Personal mit einer weitgehend selbständigen und unbeaufsichtigten Prüfung betraut werde und hierdurch die Rechtsuchenden, die Leistungen des Notars wegen anderer als der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 [X.] genannten [X.] in Anspruch nähmen, in ihrem Anspruch auf Verschwiegenheit des Notars beeinträchtigt seien. Die allgemeine Pflicht der Beamten zur Amtsverschwiegenheit und zur Wahrung des Datenschutzes könne in derartigen Fällen die Übermittlung personenbezogener Daten der Mandanten der Notare an die Notaraufsicht nicht rechtfertigen.

Mit diesen Ausführungen ist den an einen Zulassungsantrag zu stellenden Darlegungsanforderungen nicht Genüge getan, weil sich der Kläger nicht, wie erforderlich, mit den gesetzlichen Bestimmungen des [X.]es auseinandergesetzt und auch nicht ausgeführt hat, warum (im Gegensatz zur Rechtslage bei richterlichen Bediensteten) die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit der mit der Prüfung betrauten Beamten, deren Bindung an die Bestimmungen des Datenschutzes und die besondere Verschwiegenheitsverpflichtung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] dem Recht der Rechtsuchenden auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nicht ausreichend Rechnung tragen sollten. Der Kläger geht im Rahmen seiner Antragsbegründung bereits nicht auf die ausdrückliche Regelung im [X.] ein, wonach die Durchführung der Aufsicht vertraglich auf "sonstige Personen und Einrichtungen" übertragen werden kann (§ 51 Abs. 3 Satz 3 [X.]). Mit dem Verhältnis dieser Regelung zur [X.] setzt er sich nicht auseinander. Auch die Regelung in § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.], wonach mit der Aufsicht nach dem [X.] betraute Personen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterworfen sind, die selbst nach Beendigung ihres Dienstes oder ihrer Tätigkeit fortgilt, nimmt er nicht in den Blick. Dass hinsichtlich der Frage, ob auch nichtrichterliches Personal für die Prüfung der Notaraufsicht nach dem [X.] eingesetzt werden darf, unterschiedliche Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden und es daher einer Klärung durch den [X.] bedarf, wird mit der Antragsbegründung gleichfalls nicht aufgezeigt.

(2) Ebenso wenig hat der Kläger in der Antragsbegründung dargetan, dass und gegebenenfalls warum nach dem [X.] zweifelhaft sein könnte und in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob nur Urkunden und sonstige Unterlagen mit unmittelbarem Bezug zu einem Kataloggeschäft nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 [X.] im Rahmen der Prüfung nach dem [X.] vorzulegen sind und durch die Notaraufsicht eingesehen werden dürfen. Insbesondere ist er auf die Regelung in § 51 Abs. 2 [X.], wonach die Aufsichtsbehörden im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen treffen (Satz 1) und auch die ihnen für sonstige Aufsichtsaufgaben eingeräumten Befugnisse ausüben können (Satz 3), um die Einhaltung der im [X.] und der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen sicherzustellen, nicht eingegangen. Gleiches gilt für die Regelung in § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach ein [X.] auf Verlangen der Aufsichtsbehörde [X.] über alle Geschäftsangelegenheiten und Transaktionen zu erteilen und Unterlagen vorzulegen hat, die für die Einhaltung der im [X.] festgelegten Anforderungen von Bedeutung sind. Dass und gegebenenfalls warum Zweifel daran bestehen könnten, dass der [X.] als für die Notaraufsicht zuständige Behörde die Einsicht in die [X.] und alle notariellen Geschäftsvorgänge einschließlich der [X.], der Urkundensammlung sowie des Masse- und des Verwahrungsbuchs nebst Nebenakten und [X.] verlangen kann, um die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Bestimmungen durch den Notar effektiv überprüfen zu können, lässt sich der auch insoweit nur rudimentären Antragsbegründung nicht entnehmen.

b) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] zuzulassen, denn der Kläger hat nicht dargelegt, warum die Sache besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen sollte.

Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zugrundeliegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen Streitigkeiten deutlich abhebt (vgl. z.B. Senat, Beschlüsse vom 6. März 2023 - [X.] ([X.]) 6/22, juris Rn. 35 mwN und vom 11. Juli 2022 - [X.] ([X.]) 7/21, [X.] 2022, 1179 Rn. 18 mwN). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist mit der auch insoweit unzureichenden Antragsbegründung, die jeglicher Ausführung hierzu entbehrt, ebenfalls nicht dargetan.

II. Zulassungsantrag des [X.]n

Der zulässige Antrag des [X.]n auf Zulassung der Berufung ist ebenfalls nicht begründet. Ein [X.] gemäß § 124 Abs. 2 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] liegt auch insoweit nicht vor. Die Zulassung der Berufung ist entgegen der Auffassung des [X.]n nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geboten.

1. Der [X.] der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) ist gegeben, wenn der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und sich dies auf die Richtigkeit des Ergebnisses auswirken kann (st. Rspr. z.B. Senat, Beschluss vom 11. Juli 2022 - [X.] ([X.]) 7/21, [X.] 2022, 1179 Rn. 8 mwN).

2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die angefochtene Entscheidung ist, soweit der [X.] diese mit seinem Zulassungsantrag zur Überprüfung durch den Senat stellen möchte, nicht zu beanstanden. Das [X.] hat mit tragfähiger Begründung angenommen, dass die mit Verfügung vom 30. März 2021 an den Kläger gerichtete Anordnung des [X.]n, die im einzelnen benannten Urkunden, Verzeichnisse und Akten in seiner Dienststelle zur Prüfung nach dem [X.] vorzulegen, zwar zur Erreichung des mit § 51 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und 3 [X.] verfolgten Zwecks, die Einhaltung der Vorgaben des [X.]es durch die Notare sicherzustellen und Geldwäschevorgänge zu unterbinden (vgl. zum Zweck des [X.]es in der Fassung vom 23. Juni 2017: [X.], BayVBl 2023, 752 Rn. 39; vgl. auch VG Gelsenkirchen, NJW 2021, 1028 Rn. 26), geeignet, aber nicht erforderlich war.

a) Zu Recht ist das [X.] zunächst davon ausgegangen, dass die dem [X.]n als mit der Notaraufsicht nach dem [X.] betrauter Stelle gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] eingeräumte Befugnis, die Prüfung außerhalb der Geschäftsstelle des Notars durchzuführen, wie jedes staatliche Handeln im Verhältnis zum Grundrechtsträger (vgl. hierzu z.B. [X.] 135, 90 Rn. 57; [X.], [X.], 1526 Rn. 41; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., 2. Materielle Anforderungen für die Rechtfertigung von Beeinträchtigungen der engeren Berufsfreiheit [Stufenlehre und Verhältnismäßigkeit Rn. 41 ff., 47 f.]) dem Gebot der Verhältnismäßigkeit unterliegt (vgl. z.B. auch Wende/[X.]/[X.], [X.] Kommentar zum [X.]; Stand August 2022 § 51 Rn. 12).

b) Ebenfalls zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die an den Kläger gerichtete Anordnung des [X.]n, die angeforderten Unterlagen in seiner Dienststelle vorzulegen, nicht auf einer fehlerfreien Ausübung des dem [X.]n durch § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] eingeräumten Ermessens beruht, weil sie dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend Rechnung trägt.

Danach dürfen Aufsichtsbehörden nur geeignete und erforderliche Maßnahmen ergreifen, die die Unabhängigkeit des Notars respektieren und nicht außer Verhältnis zum Zweck der Aufsichtsmaßnahme stehen. Dies gilt auch, wenn der Notaraufsicht ein Ermessen bei der Auswahl der Mittel der Dienstaufsicht eingeräumt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Januar 1995 - [X.] 24/94, D[X.] 1997, 233, 236 mwN; vgl. zum [X.] auch Wende/[X.]/[X.], [X.] Kommentar zum [X.], Stand August 2022 § 52 Rn. 12 f.).

(1) Diesen Anforderungen wird die Anordnung des [X.]n vom 30. März 2021 nicht gerecht, weil die Vorlage der im Einzelnen angeforderten Unterlagen in der Dienststelle des [X.]n nicht erforderlich zur Erreichung des damit verfolgten Zwecks - der Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des [X.]es - ist.

Erforderlich in diesem Sinne ist grundsätzlich nur diejenige Maßnahme, die das mildeste zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignete Mittel darstellt (vgl. hierzu z.B. [X.], Beschluss vom 5. Dezember 2023 - 2 BvR 1749/20, juris Rn. 26 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. März 2004 - [X.] 26/03, [X.]Z 158, 310, 320 mwN). Dies ist bei der Anordnung, die angeforderten Unterlagen in der Dienststelle des [X.]n vorzulegen, nicht der Fall.

Zu Recht hat das [X.] insbesondere darauf hingewiesen, dass die Anordnung der Vorlage der Unterlagen in der Dienststelle des [X.]n - dies stellt auch dieser letztlich nicht in Frage - mit einem erheblich höheren Organisationsaufwand für den Kläger sowie einer erschwerten Zugriffsmöglichkeit zum Zwecke seiner Amtsausübung während der Aufsichtsmaßnahme verbunden ist, als dies bei einer Vorlage in dessen Geschäftsstelle der Fall wäre. Dies gilt in verstärktem Maß für die von der Verfügung auch erfassten noch laufenden Vorgänge, bei denen sich jederzeit der Bedarf für die sofortige Einsichtnahme in die Urkunden ergeben kann. Die besondere Bedeutung, die das Gesetz der Verantwortung des Notars und seiner Zugriffsmöglichkeit auf seine Akten und Verzeichnisse zuweist, ergibt sich insbesondere aus § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.], wonach der Notar Akten und Verzeichnisse in Papierform außerhalb seiner Geschäftsstelle nur bei der Notarkammer oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde führen darf und seine Verfügungsgewalt auch dann gewahrt bleiben muss.

Ebenso zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die Anordnung der Vorlage in der Dienststelle des [X.]n auch nicht besser als die Anordnung einer Vorlage der Unterlagen in der Geschäftsstelle des [X.] geeignet sei, die damit bezweckte Überprüfung der Einhaltung der durch das [X.] geregelten Vorkehrungen gegen Geldwäsche durch den Kläger zu erreichen. Insbesondere war mit der Anordnung einer Vorlage der Unterlagen im [X.] nicht stärker als bei einer Prüfung in den Amtsräumen des [X.] gewährleistet, dass er seiner Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 [X.] in dem vom [X.]n geforderten Umfang freiwillig, das heißt ohne hoheitlichen Zwang oder disziplinarische Maßnahmen, entsprechen würde. Schon in Anbetracht des damit für den Kläger verbundenen zusätzlichen Aufwands war sogar mit seinem größeren Unwillen zu rechnen als bei einer Prüfung in seiner Geschäftsstelle.

Entgegen der Auffassung des [X.]n liegt in der Weigerung des [X.], der Vorlageanordnung des [X.]n umfassend nachzukommen, auch keine Sonderkonstellation, aufgrund deren eine mit weitergehenden Eingriffen verbundene Anordnung, die Unterlagen in der Dienststelle des [X.]n vorzulegen, hätte gerechtfertigt sein können. Denn es ist gerade nicht ersichtlich, dass nur auf diesem eingriffsintensiveren Wege, nicht aber durch eine Prüfung in der Geschäftsstelle, die Aufsichtsmaßnahme effektiv hätte vollzogen werden können.

(2) Entgegen der Ansicht des [X.]n bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils auch nicht deshalb, weil das [X.] zu Unrecht die Geeignetheit der Anordnung vom 30. März 2021 bezweifelt hätte. Dies ist, wie die Formulierung und der Gesamtkontext der Entscheidung zeigen, nicht der Fall. Die insoweit in dem erstinstanzlichen Urteil angestellten Erwägungen sind im Übrigen nicht tragend. Dies betrifft auch die in diesem Zusammenhang vom [X.] aufgeworfenen und vom [X.]n in der Antragsbegründung als klärungsbedürftig aufgegriffenen Fragen, ob zur Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Anordnungen nach dem [X.] Zwangsmittel nach § 9 VwVG gegen einen Notar anwendbar wären oder ein Vorgehen nach § 51 Abs. 5 Satz 1 [X.] (vorübergehende Untersagung der Tätigkeit oder Widerruf der "Zulassung") als Reaktion auf das Verhalten des [X.] in Betracht käme.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dr. Herrmann     

      

Dr. Klein     

      

Dr. Pernice

      

Dr. Hahn     

      

Dr. Bord     

      

Meta

Notz (Brfg) 3/23

04.03.2024

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend KG Berlin, 24. Juli 2023, Az: AR 7/21 Not

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.03.2024, Az. Notz (Brfg) 3/23 (REWIS RS 2024, 2061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2061

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2 BvR 1749/20

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