Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2015, Az. B 3 KR 16/14 R

3. Senat | REWIS RS 2015, 12259

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - häusliche Krankenpflege - sonstiger geeigneter Ort - Einrichtungen der Eingliederungshilfe - Verbindlichkeit der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses - keine Erbringung aller im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege - Blutzuckermessungen - Erbringung durch Einrichtung als Hilfe zur Führung eines gesunden Lebens - medizinisch notwendige Insulininjektionen - Leistungen der häuslichen Krankenpflege


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. März 2014 - [X.] 119/12 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung häuslicher Krankenpflege zur Injektion von Insulin und zur Messung des Blutzuckergehaltes in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen.

2

Der 1942 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger steht unter gesetzlicher Betreuung und lebt in einer von der Beigeladenen zu 2. betriebenen vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen. Er ist dort, nachdem er bis zu seinem 67. Lebensjahr in einer Werkstatt gearbeitet und seit langem in einer Wohngruppe der Einrichtung gelebt hat, nunmehr in einer neu gegründeten [X.] in der gleichen Einrichtung untergebracht, um eine ganztägige Betreuung zu gewährleisten. Die Kosten hierfür trägt der zu 1. beigeladene Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Der Kläger ist pflegebedürftig und leidet ua unter insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II.

3

Für die [X.] vom [X.] bis 30.6.2011 verordnete ihm der behandelnde Arzt häusliche Krankenpflege zur Injektion von Insulin und für das Messen des Blutzuckerspiegels, zunächst wegen stark schwankender Werte, viermal täglich, später nur noch für zweimal tägliche Messungen und einmal tägliche Injektionen. Die [X.] werden ihm von einem Pflegedienst verabreicht, die [X.] werden teilweise auch von den Betreuern der Wohngruppe durchgeführt. Bei einem Messwert von über 300 sind diese angehalten, unverzüglich den Pflegedienst zu benachrichtigen. Seit Mai 2011 trägt der zu 1. beigeladene Sozialhilfeträger die Kosten des Pflegedienstes.

4

Die Beklagte lehnte die beantragte Erbringung häuslicher Krankenpflege regelmäßig ab (Bescheide vom 14.10.2010, 26.11.2010 und 2.5.2011 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom [X.], 6.2.2011 und [X.]), da die Kosten der medizinischen Behandlungspflege nach § 43a Satz 1 [X.]B XI durch die Pflegekasse abgegolten würden, die nach dieser Vorschrift 10 % des nach § 75 Abs 3 [X.] vereinbarten Heimentgeltes, maximal 256 Euro monatlich (§ 43a Satz 2 [X.]B XI) an den Heimträger zu entrichten habe. Diese Regelung sei abschließend und umfasse auch die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Soweit Einrichtungen externe Pflegedienste beauftragten, sei eine Kostenerstattung gegebenenfalls mit dem Sozialhilfeträger zu regeln.

5

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, er habe gegen den [X.] keinen Anspruch auf Behandlungspflege. Sollte gegen die Beklagte ein solcher Anspruch nicht bestehen, wäre jedenfalls der beigeladene Sozialhilfeträger zur Kostenübernahme verpflichtet.

6

Der beigeladene Sozialhilfeträger hat im Klageverfahren ausgeführt, der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung könne dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 6 [X.]B V iVm der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie ([X.]) nur entgegenstehen, wenn ein Anspruch auf Behandlungspflege gegen den Träger der Einrichtung bestehe. Das sei vorliegend nicht der Fall.

7

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die [X.] vom [X.] bis 30.6.2011 häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) in Form von Blutzuckertests und [X.] jeweils viermal täglich und siebenmal wöchentlich zu leisten (Gerichtsbescheid vom 15.3.2012). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Es hat ausgeführt, die von der Beigeladenen zu 2. betriebene Wohneinrichtung, in welcher der Kläger lebe, sei ein geeigneter Ort iS des § 37 Abs 2 [X.]B V, weil diese selbst dem Kläger keine Behandlungspflege schulde. Es könne offenbleiben, ob diese Wohneinrichtung eine besondere Ausprägung des betreuten [X.] iS von § 37 Abs 2 Satz 1 [X.]B V darstelle, da jedenfalls stationäre Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen, in denen die Versicherten keinen Anspruch auf Behandlungspflege haben, aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten mit den betreuten Wohnformen als geeignete Orte im Sinne dieser Vorschrift anzusehen seien. Der Begriff des "betreuten [X.]" sei gesetzlich nicht definiert und die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit Betreuungshilfe zu einer stationären Einrichtung seien in Abhängigkeit der Fähigkeiten der Bewohner fließend. Der Kläger habe nach dem [X.] keinen Anspruch auf Behandlungspflege gegen die Einrichtung. Nach diesem Vertrag sei die Einrichtung verpflichtet, im Rahmen der medizinischen Versorgung lediglich eine Begleitung zu Arztbesuchen und externen Therapien sicherzustellen sowie die Einnahme von Medikamenten entsprechend einer schriftlichen ärztlichen Verordnung zu gewährleisten und den Kläger bei Krankheit, soweit kein Klinikaufenthalt erforderlich sei, zu versorgen. Zur Injektion von Insulin oder zu [X.] sei die Einrichtung nicht verpflichtet.

8

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen die Regelungen des § 37 Abs 2 [X.]B V iVm der [X.] sowie des § 43a [X.]B XI iVm § 43 Abs 2 Satz 1 [X.]B XI. Eine stationäre Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen sei nicht mit einer Einrichtung des betreuten [X.] vergleichbar, in der Pflegebedürftige ambulante Leistungen der Pflegeversicherung erhielten und sich die Hilfe auch auf die Führung eines eigenen Haushaltes erstrecke. In stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen werde kein eigener Haushalt geführt; die Leistungen würden entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz der Eingliederungshilfe vollstationär vom [X.] erbracht. Durch den Verweis in § 43a [X.]B XI auf § 43 Abs 2 Satz 1 [X.]B XI entspreche der Leistungsumfang dem der stationären Pflegeeinrichtungen und umfasse daher auch [X.]. Der Sozialhilfeträger könne sich nicht durch den Abschluss von Verträgen mit den [X.] über die Bestimmungen des [X.]B XI hinwegsetzen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 12. März 2014 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 15. März 2012 zu ändern und die Klagen abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er nimmt auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des Bayerischen L[X.] Bezug.

Der Beigeladene zu 1. schließt sich ebenfalls den Ausführungen des Bayerischen L[X.] an und betont die fließenden Übergänge im Bereich verschiedener Formen des betreuten [X.]. In [X.] unterlägen sowohl ambulant als auch stationär betreute Wohnformen dem Gesetz zur Regelung der Pflege, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung und stellten damit Varianten ein und derselben Wohnform dar. Das [X.] ([X.]) habe eine Regelung der [X.] (Punkt [X.], Abs 1 [X.] der [X.]) beanstandet, nach der in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden konnte, worauf diese Regelung gestrichen worden sei. Zudem verstoße es gegen die [X.] und missachte das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen aus § 9 Abs 2 [X.]B IX, wenn Menschen mit Behinderungen wegen ihres Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege die Einrichtung nach § 55 Satz 2 [X.] wechseln müssten, wenn diese die Behandlungspflege nicht sicherstellen könne.

Auch der Beigeladene zu 2. schließt sich den Ausführungen des Bayerischen L[X.] an und betont, dass die Einrichtung nach den [X.] mit dem Beigeladenen zu 1. keine medizinische Behandlungspflege schulde. Diese sei nach den aktuellen Vereinbarungen sogar ausdrücklich vom Inhalt ausgenommen. Die Einrichtung erbringe Leistungen der Eingliederungshilfe, die auf eine Förderung der Bewohner und die Verwirklichung ihres Teilhabeanspruchs gerichtet seien. Dem Kläger schulde sie "Hilfe bei Krankheit" nur in folgender Form:
- "Arzt- und Therapeutenbesuche: die Mitarbeiter begleiten die Bewohner
- Einnehmen der Medizin nach ärztlicher Verordnung
- Unterstützung des gesunden Lebens".
Zum Personal der Einrichtung gehörten daher auch keine ausgebildeten Krankenpflegekräfte.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Der [X.]läger hatte zwar grundsätzlich auch während er in der Einrichtung der Eingliederungshilfe lebte Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege durch die Beklagte (hierzu 1.). Der Anspruch reicht aber nur soweit, wie die Einrichtung nicht selbst zur Erbringung der erforderlichen Maßnahmen der Behandlungspflege verpflichtet ist (hierzu 2.) und umfasst daher hier zwar die Injektion von Insulin, nicht aber das Messen der Blutzuckerwerte (hierzu 3.). Die Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, in welchen Zeiträumen wie häufig täglich Insulin injiziert werden musste, in welchem Umfang die Leistung tatsächlich erbracht wurde und ob und ggf in welcher Höhe dem [X.]läger hierfür [X.]osten entstanden sind. Da der Leistungszeitraum in der Vergangenheit liegt, kann der [X.]läger nur noch [X.]ostenerstattung geltend machen (hierzu 4.).

1. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] (idF des [X.] des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom [X.], [X.]) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und [X.]indergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche [X.]rankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Nach § 37 Abs 6 [X.] legt der Gemeinsame Bundesausschuss ([X.]) in Richtlinien nach § 92 [X.] fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Abs 1 und 2 des § 37 [X.] auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

a) Bis zum [X.] erhielten Versicherte häusliche [X.]rankenpflege (nur) "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" (vgl § 37 Abs 1 und 2 [X.] idF des [X.] der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom 14.11.2003, [X.] 2190). Schon nach § 185 RVO aus dem [X.] konnten solche Pflegeleistungen gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorlag, "den [X.]ranken in seinem Haushalt oder in seiner Familie zu belassen", und nicht im [X.]rankenhaus zu behandeln. Seitdem war dieses Tatbestandsmerkmal bis zum [X.] nicht erweitert worden. Zu dieser Gesetzeslage hatte das [X.] entschieden, dass es zwar - sofern nicht [X.]rankenhausbehandlung oder vollstationäre Pflege vorliege - nicht auf den Aufenthaltsort des Versicherten ankomme und daher häusliche [X.]rankenpflege auch während des [X.]indergarten- oder Schulbesuchs zu leisten sei ([X.], 143 = [X.]-2500 § 37 [X.] 5 = [X.]-1500 § 96 [X.] 11); aufgrund des engen Wortlauts der Vorschrift sah sich die Rechtsprechung aber bis zur Änderung durch das [X.] vom [X.] ([X.]) daran gehindert, den Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege darüber hinaus auch auf Zeiten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung auszudehnen ([X.]-2500 § 37 [X.] 5). Bei der Umschreibung des Aufenthaltsortes der Versicherten "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" ging es dem Gesetzgeber vor allem um die Abgrenzung zur Leistungserbringung im stationären Bereich. Schon in der Ursprungsfassung des § 185 RVO aus dem [X.] wurde der Begriff als Unterscheidung von der [X.]rankenhausversorgung (vgl [X.], Hauspflege, 1990, [X.] ff, 112 ff) verwendet: "Die [X.]asse kann mit Zustimmung des Versicherten Hilfe und Wartung durch [X.]rankenpfleger, [X.]rankenschwestern oder andere Pfleger namentlich auch dann gewähren, wenn die Aufnahme des [X.]ranken in ein [X.]rankenhaus geboten, aber nicht ausführbar ist, oder ein wichtiger Grund vorliegt, den [X.]ranken in seinem Haushalt oder seiner Familie zu belassen." Diese Formulierung wurde als Voraussetzung für den Anspruch auf [X.] übernommen, die zunächst als Satzungsleistung eingeführt (§ 185 Abs 1 Satz 2 RVO idF des [X.] und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom [X.], [X.] 1069; vgl zum Gesetzgebungsverfahren Zipperer, [X.] 1978, 11, 20) und später in § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] (durch das Gesetz über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem [X.] sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften vom 26.6.1990, [X.] 1211) zum gesetzlichen Anspruch bestimmt wurde. Schon damals wurde die Notwendigkeit einer Abgrenzung zum stationären Bereich der Heimpflege diskutiert, und bei einem Daueraufenthalt in Einrichtungen der [X.] sahen zahlreiche Autoren den Anspruch auf Fälle beschränkt, in denen die Einrichtung dem Versicherten (vertraglich) keine umfassende Versorgung schulde (vgl [X.]/[X.], [X.] 1993, 237, 252; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand August 1999, [X.] § 37 Rd[X.] 15; [X.] in [X.]asseler [X.]omm, [X.], Stand Einzelkommentierung Dezember 2004, § 37 [X.] Rd[X.] 14). Nach der bis zum [X.] geltenden Gesetzesfassung war aber die vom Gesetzgeber beabsichtigte Abgrenzung zur stationären [X.]rankenhausbehandlung in gleicher Weise geeignet, sonstige stationäre Einrichtungen von den Leistungen der häuslichen [X.]rankenpflege auszunehmen (vgl [X.]-2500 § 37 [X.] 5). Der Gesetzgeber hatte noch bei der Änderung des § 37 Abs 2 Satz 2 [X.] durch das [X.] vom 14.11.2003 ([X.] 2190) keinen Handlungsbedarf dafür gesehen, Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe ohne eigenen Haushalt Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege einzuräumen. Nach dieser Regelung, die unverändert bis heute fortgilt (§ 37 Abs 2 Satz 7 [X.]), erhalten Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs 2 und 4 [X.] aufgenommen sind, Leistungen der häuslichen [X.]rankenpflege auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Bei dieser Regelung ging es insbesondere um die Sicherstellung medizinischer Behandlungspflege für alleinstehende Wohnungslose, um kostentreibende [X.]rankenhauseinweisungen zu verhindern (vgl BT-Drucks 15/1525 [X.]). Nach der Gesetzesbegründung wurde damit aber zugleich "klargestellt, dass bei Daueraufenthalt ohne eigenen Haushalt, zB in Heimen, weiterhin kein Anspruch auf Leistungen der Behandlungspflege besteht" (BT-Drucks 15/1525 [X.] zu Buchst a).

b) Erst mit dem [X.] vom [X.] ([X.]) hat der Gesetzgeber den Anspruch auf sonstige geeignete Orte, insbesondere betreute Wohnformen, Schulen, [X.]indergärten und bei besonders hohem Pflegebedarf auch auf Werkstätten für behinderte Menschen erweitert und dem [X.] aufgegeben festzulegen, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen der häuslichen [X.]rankenpflege auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt, die Beschränkung der Leistungen zur häuslichen [X.]rankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten habe sich im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung bewirke durch eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs, dass neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher [X.]rankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt würden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollten verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch den erweiterten Haushaltsbegriff eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtungen verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung häuslicher [X.]rankenpflege durch die gesetzliche [X.]rankenversicherung (G[X.]V) sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe. Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Erbringungsorte zu wahren, werde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die nähere Ausgestaltung dem [X.] übertragen. Dieser Lösungsweg vermeide Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung (BT-Drucks 16/3100 S 104).

c) Der [X.] ist seinem Regelungsauftrag durch die zum 11.6.2008 in [X.] getretene Änderung der H[X.]P-Richtlinie (H[X.]P-Richtlinie idF vom 16.2.2000, zuletzt geändert am 17.1.2008/10.4.2008, veröffentlicht im BAnz 2008, [X.] 84, [X.], 2029 und 2030) nachgekommen. Unter I.2 ist bestimmt:

        

"Häusliche [X.]rankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen

        

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die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und

        

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für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z. B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),

        

wenn die Leistung aus [X.] Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Schulen, [X.]indergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein."

Unter [X.] ist bestimmt:

        

"Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen [X.] Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. [X.]rankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche [X.]rankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die [X.]rankenkassen zu prüfen.

                 
        

Abweichend davon kann häusliche [X.]rankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft [X.]rankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen.

                 
        

Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs. 2 Satz [X.]). Dies ist der Fall, wenn (…)."

Der [X.] hatte in seinem Beschlusstext ursprünglich folgende Regelung vorgesehen: "Für die [X.] in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z.B. [X.]rankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen), kann häusliche [X.]rankenpflege nicht verordnet werden" (vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/; dort finden sich die "Tragenden Gründe zum Beschluss vom 17.1.2008" als [X.], Beschlusstext, [X.]). Die ausdrückliche Aufführung der Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ist trotz zahlreicher kritischer Stellungnahmen (aaO, [X.] ff) erst aufgrund einer Prüfung durch das [X.] gemäß § 94 [X.] gestrichen worden (vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/; dort findet sich die "Prüfung gem. § 94 [X.] durch das [X.]" als [X.], Schreiben vom [X.]). Zudem wurde der Satz: "Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die [X.]rankenkasse zu prüfen" aufgrund der Prüfung aufgenommen. Das [X.] hat von einer Beanstandung der vorgesehenen Regelung nur unter der Auflage abgesehen, die Regelung bei nächster Gelegenheit so zu überarbeiten, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen nicht grundsätzlich von der Verordnung häuslicher [X.]rankenpflege ausgeschlossen werden und dass vom [X.] sichergestellt wird, dass die Regelung bis zu ihrer Überarbeitung ohne den grundsätzlichen Ausschluss von Behinderteneinrichtungen angewandt wird. Das [X.] hat hierzu ausgeführt, eine rechtliche Begründung dafür, dass grundsätzlich in [X.] (dh in der Regel oder in der großen Mehrheit der nicht näher definierten) ambulanten und stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ein Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe, sei nicht ersichtlich. Die vom [X.] beschlossene Formulierung könne dazu führen, dass häusliche [X.]rankenpflege für Versicherte in diesen Einrichtungen regelmäßig abgelehnt werde, ohne dass tatsächlich im Einzelfall geprüft werde, ob anderweitige Ansprüche auf die Erbringung von Behandlungspflege bestehen. Deshalb sei klarzustellen, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob nach gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe.

d) Nach dem Regelungsgefüge, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften iVm den Normen der H[X.]P-Richtlinie ergibt, besteht der Anspruch zunächst an [X.] geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich - abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse - erst aus den Regelungen unter [X.], dh für die [X.] in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (wie zB in [X.]rankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen). Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die [X.]rankenkasse zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den H[X.]P-Richtlinien den [X.]rankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt. In dieser Fassung ist die H[X.]P-Richtlinie gesetzeskonform.

e) Der Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 [X.] und der Bezeichnung der dort nach der Verwendung des Begriffs "insbesondere" beispielhaft aufgeführten "geeigneten Orte" lässt sich nicht die Beschränkung entnehmen, häusliche [X.]rankenpflege könne weiterhin nur beansprucht werden, wenn noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts (oder ein Leben in der Familie) geführt wird, und weitere Leistungen ggf ambulant in Anspruch genommen werden. Gegen die Auffassung der Beklagten, eine stationäre Einrichtung, in der sich ein Versicherter dauerhaft aufhält, ohne an einem anderen Ort noch einen Haushalt zu führen oder in einem solchen zu leben, könne nie ein sonstiger geeigneter Ort iS des § 37 Abs 2 [X.] sein, sprechen die Gesetzesbegründung und der vom Gesetzgeber mit der Erweiterung des Anspruchs verfolgte Zweck. Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen.

Dem Gesetzgeber war es nach der Gesetzesbegründung zur Ausweitung des Anspruchs auf häusliche [X.]rankenpflege auf sonstige geeignete Orte durch das [X.] vom [X.] ([X.]) ein besonderes Anliegen, Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung zu vermeiden. Bei ambulanten Einrichtungen, insbesondere auch bei ambulant betreuten Wohnformen, wird aber regelmäßig (allein oder gemeinsam mit anderen) ein eigener Haushalt geführt, sodass bereits vor der Gesetzesänderung auch für dort lebende Versicherte ein Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege bestehen konnte. Zudem war nach der Rechtsprechung des [X.] der Anspruch auch schon vor der Neuregelung zum [X.] nicht auf die Erbringung der Leistung in der Wohnung des Versicherten beschränkt; vielmehr konnte häusliche [X.]rankenpflege auch in der Schule oder im [X.]indergarten erbracht werden (so ausdrücklich [X.], 143 = [X.]-2500 § 37 [X.] 5 = [X.]-1500 § 96 [X.] 11). Wenn die vom Gesetzgeber beabsichtigte vorsichtige Erweiterung des Anspruchs auch auf sonstige geeignete Orte nicht weitgehend leerlaufen soll, müssen grundsätzlich auch die stationären Einrichtungen einbezogen werden, in denen sich ein Versicherter auf unabsehbare Zeit aufhält und betreut wird, ohne noch anderswo zu leben und zu wohnen. Die Beklagte hat Recht mit ihrer Auffassung, dass es in den bisher vom [X.] entschiedenen Fällen darum ging, Versicherte auch in Einrichtungen wie Schulen und [X.]indergärten mit [X.]rankenpflege zu versorgen, in denen sich diese lange, aber eben nicht ausschließlich im Sinne eines Lebensmittelpunktes aufhalten. Genau diese Situation sollte indessen durch die Neuregelung des § 37 Abs 2 [X.] erfasst werden, und zwar für die [X.]onstellation, dass in der vollstationären Einrichtung keine umfassende pflegerische Versorgung stattfindet und gesetzlich auch nicht geschuldet wird. Denn nur dadurch kann dem Sinn und Zweck der Vorschrift, durch (ambulante) häusliche [X.]rankenpflege vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, entsprochen werden. Bei den zu vermeidenden stationären Einweisungen kann es sich nur um Einweisungen in Einrichtungen handeln, in denen die Versicherten medizinische Behandlungspflege erhalten, wie [X.]rankenhäuser, medizinische Rehabilitationseinrichtungen oder Pflegeheime. Die Aufnahme in andere Einrichtungen, die regelmäßig schon nicht auf ärztliche Veranlassung erfolgt, kann (und soll) nicht durch die Erbringung ambulanter Leistungen der häuslichen [X.]rankenpflege vermieden werden. Vielmehr soll die nach der Gesamtsituation des Versicherten sinnvolle Aufnahme zB in eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe nicht daran scheitern, dass zusätzlich zum [X.] auch ein Bedarf an [X.]rankenpflegeleistungen besteht, der von der Eingliederungseinrichtung nicht gedeckt werden kann. Es kann (auch) für die [X.]rankenkasse wirtschaftlich sinnvoll sein, Versicherte in solchen Einrichtungen, in denen sie keinen Anspruch auf medizinische Behandlungspflege gegen die Einrichtung haben, mit häuslicher [X.]rankenpflege zu versorgen, um eine vorschnelle Einweisung in ein [X.]rankenhaus zu vermeiden.

Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich seit der Ausweitung des Anspruchs auf sonstige geeignete Orte nicht entnehmen, dass stationäre Einrichtungen etwa der Eingliederungshilfe dafür grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Die beispielhafte Aufzählung enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Der im Gesetz verwandte Begriff der "betreuten Wohnformen" ist gesetzlich nicht definiert. Die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit ambulanten Betreuungshilfen zu einer stationären Einrichtung sind inzwischen fließend. Daher werden in den [X.] neben stationären Einrichtungen regelmäßig auch andere Formen des betreuten Wohnens erfasst (vgl [X.] [X.] 2011, 650, 651 mwN), und längst nicht alle Formen des betreuten Wohnens weisen eine größere Nähe zur eigenständigen Haushaltsführung auf, als herkömmliche stationäre Einrichtungen. Eine eindeutige Zuordnung jeder Einrichtung entweder als stationäres Heim oder als ambulantes Angebot mit Betreuungshilfen, wird durch die andauernde Entwicklung neuer Wohnformen zunehmend schwierig. Auch in betreuten Wohnformen haben Versicherte keinen Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege, wenn sie bereits Anspruch auf die Maßnahme durch die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst haben, weil häusliche [X.]rankenpflege dann nicht erforderlich ist. Gerade im Grenzbereich verschiedener Wohnformen ist es aber sachgerecht, nach dem Anspruch gegen die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst zu differenzieren und nicht dem Begriff "betreute Wohnformen" eine Festlegung dahin zu entnehmen, dass in vollstationären Betreuungseinrichtungen keine häusliche [X.]rankenpflege erbracht werden kann.

Es ist daher konsequent, den Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege in Einrichtungen nur dann und insoweit zu beschränken, als nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Der Gesetzgeber hat auf eine gesetzliche Festlegung der geeigneten Leistungsorte bewusst verzichtet. Er wollte damit im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen jeglichen Eingriff in die bestehenden Strukturen der Einrichtungen und insbesondere in ihre Leistungspflichten im Hinblick auf die medizinische Behandlungspflege vermeiden und die Präzisierung der Einrichtungen, in denen die Versicherten Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege nach dem [X.] haben, dem [X.] überlassen.

f) Die Richtlinien des [X.] haben normativen Charakter und sind für die Beteiligten verbindlich ([X.] [X.]-2500 § 135 [X.] 21; [X.] [X.]-2500 § 92 [X.] 12; [X.], 261 = [X.]-2500 § 92 [X.] 5; [X.]-2500 § 132a [X.] 3; [X.]-2500 § 37 [X.] 7; [X.]-2500 § 27 [X.] 8; vgl auch amtl Begründung zu den Ergänzungen von § 92 Abs 1 [X.] durch das [X.] - BT-Drucks 15/1525 oder die Ergänzungen des [X.] in der Arzneimittelversorgung des [X.]). Der [X.] hat keine Zweifel an der verfassungsrechtlichen Legitimation des [X.] als untergesetzlichem Normgeber in der Form, wie sie inzwischen gesetzlich festgelegt ist (so auch [X.], 257 = [X.]-2500 § 137 [X.] 2, Rd[X.] 22; [X.], 251 = [X.]-2500 § 106 [X.] 38, Rd[X.] 14; [X.], 155 = [X.]-2500 § 31 [X.] 21, Rd[X.] 26; vgl auch [X.] in jurisP[X.]-[X.], Online-Ausgabe, § 92 [X.] Rd[X.] 31.1, Stand Juni 2013).

2. Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind nach den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich nur soweit zur Erbringung von medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann.

a) Erbringt der Träger der Sozialhilfe die Leistungen der Eingliederungshilfe in einer vollstationären Einrichtung (§ 13 [X.]I, zum Einrichtungsbegriff iS des [X.]I vgl [X.], 264 = [X.]-3500 § 19 [X.] 2, Rd[X.] 13) der Hilfe für behinderte Menschen, wird grundsätzlich der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs 1 [X.]I in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt. Die Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen von dessen Aufnahme bis zur Entlassung die Gesamtverantwortung für seine tägliche Lebensführung (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]I, Stand November 2014, [X.] § 13 Rd[X.] 58, 59 mwN). Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs 1 Satz 1 [X.]I, § 26 [X.] auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zu denen nach § 26 Abs 2 [X.] ua auch die Behandlung durch Angehörige von Heilberufen gehört, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, wie es bei der häuslichen [X.]rankenpflege der Fall ist. Nach § 55 Satz 1 [X.]I umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iS des § 43a [X.] auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch allerdings so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem [X.], dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird, wobei den angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen ist (§ 55 Satz 2 [X.]I).

b) Danach hat der Träger der Sozialhilfe zwar letztlich alle Teilhabebedarfe der Eingliederungshilfe zu decken und kann dies durch Leistungen für Einrichtungen (§ 13 Abs 1 [X.]I) gewährleisten, zu beachten ist aber der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 [X.]I). Leistungen anderer Sozialleistungsträger gehen grundsätzlich den Leistungen der Sozialhilfe vor (§ 2 Abs 1 [X.]I), und auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 2 Abs 2 Satz 2 [X.]I). Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der G[X.]V, die daher diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Deshalb hat der Sozialhilfeträger im Verhältnis zur G[X.]V nicht die Aufgabe, durch entsprechende Verträge mit den Einrichtungen der Eingliederungshilfe dafür zu sorgen, dass diese regelmäßig auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen. Die Verpflichtung der Einrichtung zur Übernahme der Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung sowie zur Deckung der Bedarfe in einrichtungsspezifischer Weise weist den Einrichtungen daher keine weitergehenden Pflichten zu, als sie aufgrund ihrer Ausrichtung, des Eingliederungszwecks, dem sie dienen, und nach den Vereinbarungen nach §§ 75 ff [X.]I schulden. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden danach regelmäßig selbst keine medizinischen Behandlungsmaßnahmen, sondern haben lediglich organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass die Bewohner der Einrichtung neben den von der Einrichtung selbst geschuldeten Leistungen auch solche anderer Träger in Anspruch nehmen können. So schulden solche Einrichtungen keine ärztliche Behandlung, sie haben aber ggf Arztbesuche zu organisieren bzw zu ermöglichen und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die medizinische Behandlungspflege, es sei denn, aus den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff [X.]I ergeben sich weitergehende Leistungsverpflichtungen.

c) Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind auch nicht allein aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige nach § 43a Satz 1 [X.] zu gewährenden pauschalen Abgeltung verpflichtet, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Nach § 43a Satz 1 [X.] übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs 2 [X.] genannten Aufwendungen [X.] des nach § 75 Abs 3 [X.]I vereinbarten Heimentgeltes für Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der [X.], die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs 4 [X.]). Dabei dürfen aber die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall je [X.]alendermonat 256 Euro (ab 1.1.2015 266 Euro) nicht übersteigen (§ 43a Satz 2 [X.]). Zu den in § 43 Abs 2 [X.] genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der [X.] Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.

Trotz der ausdrücklichen Erwähnung auch der medizinischen Behandlungspflege zeigt die Verortung der Vorschrift im [X.], dass es dabei lediglich um die von der Pflegeversicherung abzudeckenden Bedarfe geht. Die Pauschale wird auch nur für Pflegebedürftige geleistet. Stationäre Pflegeeinrichtungen iS des § 71 Abs 2 und 4 [X.] haben grundsätzlich auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen; erst bei einem dauerhaften, voraussichtlich mindestens sechs Monate währenden besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben Versicherte in Pflegeheimen Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege. Hier kommt es nicht zu einer Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a [X.] zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iS des § 37 Abs 2 [X.] kann aber durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift grundsätzlich nicht vom Zuständigkeitsbereich der G[X.]V auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die [X.] dann nur gegenüber pflegebedürftigen Bewohnern zur Erbringung von Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 [X.] verpflichtet wären und auch nur für diese Personen das pauschalierte Entgelt erhalten (so im Ergebnis bereits [X.]-2500 § 37 [X.] 5 Rd[X.] 9). Ansprüche auf medizinische Behandlungspflege können auch Versicherten zustehen, die nicht pflegebedürftig sind.

d) Das ergibt sich auch aus den Regelungen des § 55 [X.]I. Danach haben Einrichtungen der Eingliederungshilfe auch die (notwendigen) Pflegeleistungen zu erbringen. Wird der behinderte Mensch aber so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem [X.], dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird (§ 55 Satz 2 [X.]I). Auch diese Vorschrift knüpft zunächst nur an die Pflegebedürftigkeit und Pflege iS des [X.] an, nicht an Behandlungspflege. Insbesondere aus § 55 Satz 2 [X.]I ist aber abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. [X.] betrachtet, wäre das unwirtschaftlich. Hilfen zur Grundpflege und zur hauswirtschaftlichen Versorgung können innerhalb bestimmter Grenzen regelmäßig von Personen erbracht werden, die diesbezüglich keine besondere Ausbildung haben. Hierzu gehören insbesondere die Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens. Erst wenn es darum geht, aktivierende Pflege zu leisten, weitere Pflegebedürftigkeit zu verhüten oder akute Beschwerden zu lindern oder medizinische Behandlungspflege zu leisten, die nicht ohne Weiteres vom Personal einer Eingliederungseinrichtung erbracht werden kann, und die Pflege daher in der Einrichtung nicht mehr sichergestellt werden kann, ist der Hilfebedürftige in einer anderen Einrichtung unterzubringen.

e) Die Leistungspflichten der [X.] ergeben sich für deren Nutzer aus zivilrechtlichen Verträgen mit der Einrichtung und gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ausschließlich aus dem [X.]I iVm den auf diesen gesetzlichen Grundlagen basierenden Verträgen (zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis [X.], 1 = [X.]-1500 § 75 [X.] 9, Rd[X.] 15 ff). Entscheidend für die Leistungspflichten der Einrichtungen zur Hilfe behinderter Menschen ist danach das in den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff [X.]I festgelegte Ziel und der Zweck der Einrichtung, ihr Aufgabenprofil, die vorgesehene sächliche und personelle Ausstattung sowie der zu betreuende Personenkreis. Handelt es sich danach zB um eine Einrichtung, deren vorrangige Aufgabe darin besteht, Hilfen zum Erwerb praktischer [X.]enntnisse und Fähigkeiten zu leisten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der [X.] zu ermöglichen (vgl § 55 Abs 2 [X.] 3 [X.]), gehören einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde erfordern, wie die Einnahme von Medikamenten, regelmäßig der Natur der Sache nach zum Aufgabenkreis der Einrichtung. Sie sind mit der Gewährung von Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger in einer stationären Einrichtung untrennbar verbunden und daher objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe. Dies gilt auch für betreute Wohnformen, wenn dort nach Inhalt und Umfang vergleichbare Eingliederungsleistungen erbracht werden. Zum Erwerb lebenspraktischer [X.]enntnisse und Fähigkeiten gehört auch die Hilfe bei der Führung eines gesunden Lebens einschließlich der Vermittlung von Einsicht für gesundheitsförderliches Verhalten allgemein und speziell für die Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen. Bei den einfachsten Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege handelt es sich häufig, wie etwa beim An- und Ausziehen von [X.], um verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, die ohnehin sowohl dem Aufgabenbereich der [X.]ranken- als auch dem der Pflegeversicherung gleichermaßen zugeordnet und daher - soweit kein Fachpersonal erforderlich ist - auch bereits von der Pauschale nach § 43a [X.] mitumfasst sind. Danach verläuft die Grenze der von einer Einrichtung geschuldeten Leistungen genau dort, wo diese vom Personal der Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht werden können und müssen. Muss die Einrichtung kein medizinisch ausgebildetes Personal vorhalten, sind regelmäßig nur einfachste Maßnahmen der [X.]rankenpflege von der Einrichtung selbst zu erfüllen. Leistungspflichten, die nur von medizinisch ausgebildetem Fachpersonal erfüllt werden könnten, scheiden dann aus. Ist die Einrichtung hingegen nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, und ist die Einrichtung deshalb entsprechend sächlich und personell auszustatten, hat sie diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die [X.] im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann. Es ist daher - so wie es die H[X.]P-Richtlinie vorgibt - im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme nach ihrem Aufgabenprofil, der Ausrichtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und insbesondere aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung selbst zu erbringen hat. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe wird dadurch nicht betroffen, weil die sächliche und personelle Ausstattung dieser Einrichtungen für die Eingliederungsleistungen ohnehin vorzuhalten ist, die Gewährung von Eingliederungshilfe deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen der Behandlungspflege dann untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe sind.

f) Dieses Ergebnis führt zu einer Parallele zu den Pflegehilfsmitteln, die nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl hierzu [X.]E 85, 287 = [X.]-2500 § 33 [X.] 37) von Einrichtungen vorzuhalten sind. Danach hat der Träger eines Pflegeheimes alle Hilfsmittel bereitzustellen, die zur sachgerechten Durchführung der in zugelassenen Pflegeheimen gewöhnlich anf[X.]den Pflegeleistungen erforderlich sind. Obwohl die Pflegeheime nach § 43 [X.] nicht nur zur Pflege und [X.] Betreuung, sondern auch zur medizinischen Behandlungspflege verpflichtet sind, gehören Hilfsmittel, die der Durchführung von Behandlungspflege dienen, nur dann zu dem vom Heimträger vorzuhaltenden Inventar, wenn sich dies im Einzelfall aus dem Versorgungsvertrag bzw der Leistungs- oder Qualitätsvereinbarung ergibt. Die Vorhaltepflicht eines Pflegeheims, in dem überwiegend Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I leben, sieht danach zB anders aus, als bei Pflegeheimen mit beatmungsbedürftigen Schwerstpflegebedürftigen oder [X.] ([X.]E 89, 271 = [X.]-2500 § 33 [X.] 43).

g) In Einrichtungen, die aufgrund entsprechender Verträge auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen haben, besteht für Versicherte ein Anspruch hierauf gegen die Einrichtung "nach den gesetzlichen Bestimmungen" iS von [X.] Satz 1 H[X.]P-Richtlinie. Denn wirksame und rechtmäßige vertragliche Regelungen können Ansprüche "nach gesetzlichen Bestimmungen" begründen, soweit diese eine Regelung durch entsprechende Verträge ausdrücklich vorsehen. Daher wird in der Literatur und der Rechtsprechung nicht zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen auf Behandlungspflege gegen den [X.] unterschieden (vgl zB [X.]-2500 § 37 [X.] 2 sowie [X.], [X.] 2011, 650, 653; ausdrücklich auch [X.] Urteil vom 24.10.2012 - L 4 [X.]R 30/10 - Juris; [X.] Beschluss vom 22.11.2011 - L 10 [X.]R 32/11 B ER - Juris).

h) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen grundsätzlich geeignete Orte für die Erbringung von häuslicher [X.]rankenpflege nach § 37 [X.] durch die G[X.]V sein können, wenn der Versicherte im Einzelfall keinen Anspruch auf die Erbringung der Maßnahme durch die Einrichtung hat. Im Rahmen der von der Einrichtung geschuldeten Pflege hat diese grundsätzlich nur einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen, für die es keiner besonderen medizinischen Sachkunde oder medizinischer Fertigkeiten bedarf und die daher regelmäßig von dem in der Einrichtung beschäftigten Personal, wie von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen, ohne Weiteres ausgeführt werden können. Insoweit ist zur Abgrenzung auch § 37 Abs 3 [X.] heranzuziehen. Danach ist der Anspruch auf häusliche [X.]rankenpflege ausgeschlossen, soweit eine im Haushalt lebende Person den [X.]ranken in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann. Das bedeutet nicht, dass die Betreuer in den [X.] damit in jeder Hinsicht pflegebereiten Haushaltsangehörigen iS des § 37 Abs 3 [X.] gleichgestellt werden. Der [X.] entnimmt § 37 Abs 2 [X.] im hier maßgeblichen Zusammenhang nur, dass es nach den gesetzlichen Regelungen Maßnahmen der häuslichen [X.]rankenpflege gibt, die ohne medizinische Vorkenntnisse von Laien erbracht werden können. Das gilt auch für Mitarbeiter in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Dazu gehört zB regelmäßig die Gabe von Tabletten nach ärztlicher Anweisung, das Messen des Blutdrucks oder des [X.], das Anziehen von [X.], das An- und Ablegen einfach zu [X.], das Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um schwierige Wundversorgung handelt), die Verabreichung von Bädern uÄ.

Weitergehende medizinische Behandlungspflege schuldet die Einrichtung nur, wenn sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergibt.

3. Nach diesen Grundsätzen hat die Einrichtung vorliegend zwar mit ihrem Personal beim [X.]läger die erforderlichen [X.] selbst vorzunehmen, sie ist aber nicht verpflichtet, dem [X.]läger auch [X.] zu verabreichen.

Nach dem [X.] gemäß § 79 Abs 1 [X.]I vom 15.6.2004, an dessen Abschluss der Beigeladene zu 1. als überörtlicher Sozialhilfeträger und der [X.] zu 2. beteiligt waren, leisten die Einrichtungen Hilfe nach dem individuellen Bedarf des Hilfeempfängers in einem den §§ 1 und 9 [X.]I entsprechenden Umfang (§ 7). Nach der auf dieser Grundlage zwischen den beiden Beigeladenen geschlossenen Leistungsvereinbarung nach §§ 75 ff [X.]I betreut die Einrichtung, in welcher der [X.]läger lebt, nach § 43a [X.] auch Menschen mit Pflegestufe und ist auf Personen mit mittlerer bis schwerer Behinderung ausgerichtet, die (auch altersbedingt) nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen oder einer Förderstätte aufgenommen werden. Die Einrichtung nimmt keine Personen mit einem vorrangigen Pflegebedarf nach dem [X.] oder mit einem dauerhaften medizinischen Versorgungs- und Überwachungsbedarf auf. Die Aufgabe der Einrichtung besteht im Wesentlichen darin, den Hilfebedürftigen Assistenz und Begleitung im Alltag zu leisten unter Berücksichtigung ihrer Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und der Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit. Zur Personalausstattung der Einrichtung ist neben der Leitung durch eine/einen Dipl Sozialpädagogin/en (FH), der Verwaltung, der Hauswirtschaft und dem technischen Dienst ein Fachdienst aus Dipl Sozialpädagogen mit einem nach [X.] gestaffelten Personalschlüssel vorgesehen. Die [X.] liegt bei 62,5 %. Fachkräfte sind Heilerziehungspfleger, Heilpädagogen, Erzieher, Gesundheits- und [X.]rankenpfleger, Altenpfleger und Personal mit vergleichbarer Qualifikation.

Danach ist die Einrichtung nicht verpflichtet, medizinisch ausgebildetes Personal vorzuhalten; sie kann ihren Verpflichtungen auch mit lediglich pädagogisch ausgebildetem Personal nachkommen. Medizinische Versorgung schuldet die Einrichtung grundsätzlich nicht. Allerdings sollte sie mit ihrem Personal jedenfalls zu den einfachsten Maßnahmen der Behandlungspflege, die in einem Haushalt grundsätzlich von jedem Erwachsenen erbracht werden können, in der Lage sein. Sie betreut auch pflegebedürftige Menschen und solche mit schweren Behinderungen. Bei diesem Personenkreis gehören zur Assistenz und Begleitung im Alltag immer auch Handgriffe und Maßnahmen einfachster Art, die aus medizinischen Gründen erforderlich sind. Deshalb kann die Einrichtung als Fachkräfte auch Personal mit [X.] [X.]enntnissen einsetzen.

Zum Messen des Blutzuckers wird ein Tropfen Blut - meist aus einer Fingerkuppe - gewonnen und mit einem Blutzuckermessgerät aufgefangen, das daraufhin den Blutzuckerspiegel anzeigt. Dieses Verfahren kann grundsätzlich von jedem Erwachsenen ohne medizinische [X.]enntnisse oder Fertigkeiten durchgeführt werden. Es birgt keine nennenswerten Infektions- oder Verletzungsgefahren. Das Personal der vom Beigeladenen zu 2. betriebenen Einrichtung hat die [X.] offenbar über lange Zeiträume beim [X.]läger durchgeführt. Das Messen des Blutzuckergehaltes gehört für Bewohner, die an insulinpflichtigem Diabetes mellitus leiden, zu der von der Einrichtung geschuldeten Unterstützung eines gesunden Lebens und ist daher untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe. Denn es geht insoweit insbesondere auch um die Vermittlung von Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme sowie die Förderung von Eigenständigkeit und Mithilfe bei der Durchführung oder zumindest das Vermeiden von Abwehrreaktionen. Insoweit betrifft die Maßnahme auch die Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Weiterentwicklung der Persönlichkeit des [X.]lägers als [X.]ernaufgabe der Einrichtung, der sie sich nicht deshalb entziehen kann, weil es sich um eine Maßnahme handelt, die aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Soweit die Maßnahme keine medizinischen Fachkenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzt, ist sie daher von dem Personal der Eingliederungseinrichtung zu erbringen. Die Mitarbeiter der Einrichtung haben lediglich die vom Blutzuckermessgerät angezeigten Messergebnisse festzuhalten und dem behandelnden Arzt bzw medizinischen Pflegedienst zur Verfügung zu stellen, die ihre Maßnahmen darauf ausrichten können. Bei kritischen Messwerten kann - wie in der Vergangenheit auch praktiziert wurde - der Pflegedienst, ggf auch der Notarzt benachrichtigt werden. Nicht entscheidend ist, wie häufig [X.] erforderlich sind. Weitere medizinische Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang vom Personal der Einrichtung nicht erwartet. Der in der Leistungsvereinbarung enthaltene ausdrückliche Ausschluss von Leistungen der medizinischen Behandlungspflege steht dem nicht entgegen, da das Messen des Blutzuckergehaltes für insulinpflichtige Diabetiker als Bestandteil der Eingliederungshilfe zu erbringen ist.

Die Injektion von Insulin ist hingegen eine behandlungspflegerische Maßnahme, die zwar von erwachsenen Patienten regelmäßig selbst durchgeführt werden kann; hierfür sind aber erhebliche medizinische [X.]enntnisse erforderlich, die den Patienten, die die Injektionen selbst durchführen, zuvor vermittelt werden. Insulin wird ins Unterhautfettgewebe gespritzt. Das Einführen der Injektionsnadel in das Unterhautfettgewebe stellt schon als solches einen Eingriff in den [X.]örper dar. Es sind [X.]enntnisse über günstige Injektionsregionen sowie das Wechseln der [X.] erforderlich. Wird ohne ausreichende Regenerationszeit allzu häufig dieselbe Einstichstelle genutzt, kann es zu ungewollten Haut- und [X.] kommen. Dosis und Art des verordneten Insulins (zu unterscheiden sind insbesondere schnell wirkende Insuline und solche mit einer längerfristigen Wirkung) sollten regelmäßig in Absprache zwischen Arzt und Patient entsprechend der [X.] sowie des Ess- und Bewegungsverhaltens angepasst werden, wobei dem Patienten ein bedarfsabhängiger Beurteilungsspielraum eingeräumt werden kann. Denn den Bedarf kann ein entsprechend interessierter, geschulter und im Umgang mit seiner Erkrankung erfahrener erwachsener Patient am besten selbst einschätzen. Von [X.] erfordert der sachgerechte Umgang mit solchen medizinischen Beurteilungsspielräumen beachtliche medizinische [X.]enntnisse, über die regelmäßig nur medizinisches Fachpersonal verfügt. Da die Einrichtung des Beigeladenen zu 2. kein medizinisches Fachpersonal vorhalten muss, schuldet sie dem [X.]läger nicht die Verabreichung von [X.].

4. Die Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, in welchen Zeiträumen wie häufig täglich Insulin injiziert werden musste, in welchem Umfang die Leistung tatsächlich erbracht wurde und ob und ggf in welcher Höhe dem [X.]läger hierfür [X.]osten entstanden sind. Diese Feststellungen wird das [X.] nachzuholen haben. Da der Leistungszeitraum in der Vergangenheit liegt, kann der [X.]läger nur noch [X.]ostenerstattung oder Freistellung von den [X.]osten geltend machen. Das Anliegen des [X.]lägers kann anders nicht verstanden werden. Auf die Erstattung tatsächlich aufgewandter [X.]osten bzw auf eine Freistellung von gestundeten Verpflichtungen hat der [X.]läger nach § 13 Abs 3 [X.] Anspruch, soweit der Pflegedienst häusliche [X.]rankenpflege zur Injektion von Insulin erbracht hat und soweit und so häufig dies medizinisch erforderlich war, weil die Beklagte diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Das [X.] wird deshalb festzustellen haben, in welcher Höhe der [X.]läger für häusliche [X.]rankenpflege zur Injektion von Insulin [X.]osten selbst getragen hat, oder er für den streitigen Leistungszeitraum noch berechtigten [X.]ostenforderungen ausgesetzt ist und ggf den Tenor auf [X.]ostenerstattung oder Freistellung von [X.]osten in entsprechender Höhe zu korrigieren haben.

5. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 3 KR 16/14 R

22.04.2015

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG München, 15. März 2012, Az: S 29 KR 222/11, Gerichtsbescheid

§ 37 Abs 1 SGB 5, § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 37 Abs 6 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 26 Abs 2 SGB 9, § 43 Abs 2 SGB 11, § 43a S 1 SGB 11, § 71 Abs 2 SGB 11, § 71 Abs 4 SGB 11, § 2 Abs 1 SGB 12, § 2 Abs 2 S 2 SGB 12, § 13 Abs 1 SGB 12, § 54 Abs 1 S 1 SGB 12, § 55 S 1 SGB 12, § 55 S 2 SGB 12, § 75 SGB 12, § 79 Abs 1 SGB 12, Abschn 1 Nr 2 HKPRL, Abschn 1 Nr 6 HKPRL, Art 20 Abs 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2015, Az. B 3 KR 16/14 R (REWIS RS 2015, 12259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12259

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