Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2012, Az. 2 StR 526/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4030

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 526/11
vom
8.
August 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Verabredung zum gewerbsmäßigen [X.]

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8.
August 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Becker,

[X.] am Bundesgerichtshof

Prof. Dr. Fischer,
[X.],
Prof. Dr. [X.]
und [X.]in am Bundesgerichtshof

Dr. [X.],

[X.] am [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger des Angeklagten,

der Angeklagte

M.

in Person,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s
Koblenz vom 15. Juli 2011 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels hat der Beschwerdeführer zu
tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] Koblenz hat den Angeklagten wegen "Verabredung zum Verbrechen des gewerbsmäßigen [X.]s"
in fünf Fällen unter Einbe-ziehung zweier Einzelstrafen von einem Jahr und vier Monaten und einem Jahr Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s kamen der Angeklagte, der der Volksgruppe [X.] angehört, und der gesondert Verurteilte

Mi.

spätestens im März 2008 überein, gemeinsam mit weiteren Perso-nen ihren Lebensunterhalt durch die Begehung von "Trufas"
zu verdienen. Hierunter werden Straftaten verstanden, bei denen Immobilien-
oder Waren-1
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händlern oder Kreditsuchenden ein betrügerisches Tauschgeschäft angeboten wird. Die Täter geben vor, Geldscheine mit hohem Nennwert gegen [X.] mit niedrigerem Nennwert -
teils
gegen Zahlung einer Provision
-
eintau-schen zu wollen. Tatsächlich ist es Ziel der Täter, sich ohne Erbringung einer Gegenleistung durch Täuschung in den Besitz des von den potentiellen Opfern mitgeführten Bargeldes zu bringen.

In Umsetzung dieses Vorhabens kam es in der [X.] von März 2008 bis Januar 2009 in fünf Fällen zu Kontaktaufnahmen mit Personen, die am [X.] verschiedener Geschäfte interessiert waren. In den Fällen II.
1-3 küm-merte sich der Angeklagte um die Auswahl der Opfer und die Anbahnung des Erstkontaktes. Hierzu band er den gesondert Verurteilten A.

ein und [X.] ihm für jede gelungene Aktion eine Provision. A.

suchte im [X.] vereinbarungsgemäß nach geeigneten Firmen und Projekten und kontaktierte die betreffenden Personen telefonisch, um ihr Interesse an einer Geschäftsbe-ziehung zu wecken. Sodann übermittelte er die Kontaktdaten der Betreffenden per [X.] an den Angeklagten, der diese an Mi.

weiterleitete. In den Fäl-len II.
4-5 stellte eine nicht identifizierte Person den Erstkontakt her, wobei [X.] im Fall II.
5 den Angeklagten hierüber informierte, der dies wiederum Mi.

mitteilte. Mi.

vereinbarte in allen Fällen jeweils ein Treffen mit den interessierten Geschäftspersonen in [X.].

. Hierbei gab er vor, Inte-resse an einem Geschäftsabschluss zu haben und unterbreitete in diesem Zu-sammenhang jeweils
den Vorschlag, ein Geldtauschgeschäft durchzuführen. In den Fällen II.
4-5 begleitete der Angeklagte den gesondert Verurteilten
Mi.

zu den Treffen in [X.].

, im Fall II.
5 jedoch, ohne offen in Er-scheinung zu treten. Zum Abschluss eines [X.] kam es in keinem der Fälle. Im Fall II.
1 scheiterte dies aufgrund der Verhaftung des [X.] in einem anderen Verfahren; in den Fällen II.
2-5 lehnten die ange-sprochenen Personen ein solches Geschäft ab.
3
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5
-
Das [X.] hat dieses Geschehen als "Verabredung zum [X.] des gewerbsmäßigen [X.]s"
in fünf tatmehrheitlichen Fällen be-wertet und dafür Einzelstrafen von acht Monaten Freiheitsstrafe in den Fällen II.
1-3 und zehn Monaten Freiheitsstrafe in den Fällen II.
4-5 verhängt.
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat es die Voraussetzungen für einen
Täter-Opfer-Ausgleich i.S.v. §
46a Nr. 1 StGB geprüft und verneint. Dem liegt folgendes Geschehen zugrunde:

Der Verteidiger des Angeklagten verschickte in dessen Auftrag am 29.
Juni 2011 Schriftsätze an alle Personen, an die die Tauschgeschäfte her-angetragen worden waren. Sie lauteten nach einer kurzen Darstellung des [X.] in ihren Kernsätzen übereinstimmend wie folgt:
"Herr M.

bereut seine Handlungsweise und möchte sich auf [X.]m Weg bei Ihnen entschuldigen. Er erkennt seine gesamtschuldneri-sche Haftung für die Ihnen in dieser Sache entstandenen Auslagen an und verzichtet auf die Einrede der Verjährung. Soweit möglich, bitte ich um Bezifferung Ihrer Auslagen.
Mein Mandant wird sich dann ggfs. im Wege der Aufnahme eines Privatdarlehens bei Angehörigen um einen baldigen Ausgleich bemühen."
Zudem legte der Verteidiger in der Hauptverhandlung ein Schreiben mit folgendem Inhalt vor:

"Erklärung: Hiermit weise ich
Herrn RA

E.

,

,

-
zur anteiligen Ausgleichung der den Herrn Mo.

, [X.]

, T.

(Vertreter der Fa. "D.

T.

"), B.

und Z.

entstandenen Auslagen zu ver-wenden."

Die in dem Schreiben in Bezug genommene Quittung hatte folgenden In-halt:

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8
-
6
-
"Hiermit bestätige ich, RA

E.

,

,

-
(i.[X.] eintausendfünfhundert) von Herrn

M.

zum Zwecke anteiliger Verauslagung (Ausglei-chung) der den Zeugen Mo.

, [X.]

, T.

(als Vertreter der Fa. "D.

T.

"), B.

und Z.

entstandenen Kosten anlässlich der in der Anklage vom [X.] gegen

M.

erhobenen Vorwürfe."

Lediglich einer der Angeschriebenen reagierte auf dieses Schreiben und fragte bei der [X.] an, wie er zu verfahren habe.

Das [X.] hat Zweifel daran geäußert, ob für Betrugsdelikte der
vorliegenden Art ein Täter-Opfer-Ausgleich überhaupt in Betracht komme, da der Angeklagte den potentiellen Opfern als Person unbekannt geblieben sei. Zudem hat es das Vorliegen eines kommunikativen Prozesses zwischen dem Angeklagten und den potentiellen Opfern verneint, da diese gegenüber dem Angeklagten keine Reaktion gezeigt hätten. Das Vorgehen des Angeklagten sei kein Versuch der Konfliktbewältigung, sondern sei von prozesstaktischen Erwä-gungen bestimmt.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des §
46a
Nr. 2 StGB hat die [X.] verneint, da es zu einer tatsächlichen Entschädigung durch Ersatz ent-standener Auslagen nicht gekommen sei.

II.
Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte [X.] des Angeklagten ist aus den Gründen
der Antragsschrift des [X.] unbegründet i.S.d. §
349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erläuterung bedarf nur Folgendes:

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7
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1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung des banden-
und gewerbsmäßigen Betrugs in fünf Fällen hält im Ergebnis sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Zwar hat das [X.] unzutreffend die im Vorfeld der einzelnen Taten getroffene [X.], mit der der grundsätzli-che Zusammenschluss zum Zwecke der Begehung von [X.] wurde, als [X.] i.S.v. §
30 Abs.
2 StGB gewertet und ist zur Annahme von fünf Fällen der [X.] gelangt, in-dem es auf das Konkurrenzverhältnis der vereinbarten Betrugstaten abgestellt hat. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Die im Vorfeld getroffene Verabre-dung genügt nicht den an eine [X.] i.S.v. §
30 Abs.
2 StGB zu stellenden Anforderungen, da die geplanten Straftaten mangels [X.] von Ort, [X.] und Auswahl der potentiellen Opfer nicht hinreichend konkretisiert waren. Zudem richtet sich entgegen der Auffassung des Landge-richts die Beurteilung des [X.] zwischen verschiedenen Straftaten -
auch bei der Mitwirkung mehrerer Tatbeteiligter
-
für jeden Beteilig-ten allein danach, welche Tathandlungen er im Hinblick auf die jeweilige Tat vorgenommen
hat, unabhängig davon, ob die einzelne Tat nur verabredet, ver-sucht oder vollendet worden ist (BGHSt 56, 170, 172; wistra 2011, 299, 300). Soweit sich aus [X.], 623, 624 [X.] ergibt, hält
der Senat hieran nicht fest (vgl. schon Senat NStZ-RR 2011, 367, 368). Jedoch hat der Angeklagte mit A.

bzw. Mi.

und den weiteren Personen in allen fünf Fällen jeweils eine gesonderte Vereinbarung der einzelnen Betrugstat ge-troffen. Dies erfolgte konkludent, indem in den Fällen II.
1-3 der mit der [X.] und Geschäftsanbahnung beauftragte A.

, im Fall II.
5 ein unbekannt gebliebener Mittäter dem Angeklagten in Umsetzung der [X.] die Kontaktdaten der Betreffenden übersandte, die dieser jeweils an Mi.

weiterleitete, der daraufhin Kontakt mit den Interessenten aufnahm. Im Fall II.
4 geschah dies dadurch, dass der Angeklagte den Mi.

zu dem 13
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Treffen mit den Geschäftspersonen begleitete, nachdem ein nicht identifizierter Mittäter zuvor den Erstkontakt hergestellt hatte.

2. Auch die Verneinung der Voraussetzungen des §
46a StGB durch das [X.] unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
Zutreffend hat das [X.] die Voraussetzungen von §
46a Nr.
2 StGB verneint, da der Angeklagte tatsächlich keine Entschädigungsleistungen erbracht hat. Auch die Ablehnung eines
Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß §
46a Nr. 1 StGB ist frei von [X.].
Die Vorschrift des §
46a Nr. 1 StGB verlangt, dass der Täter in dem Be-mühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil"
wieder gutgemacht hat, wobei es aber auch ausreichend sein kann, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Hierbei setzt §
46a Nr.
1 StGB grundsätzlich ein Bemühen des [X.] um einen kommunikativen Prozess mit dem Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt und "Ausdruck der Übernahme von Verantwortung"
sein muss (BGHSt 48,
134, 139, 141; [X.], 205 f.; wistra 2009, 309, 310).

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] bezieht sich die Vorschrift des §
46a Nr.
1 StGB vor allem auf den Ausgleich immaterieller Fol-gen einer Straftat. Sie dient -
anders als die in erster Linie für materiellen [X.] vorgesehene Vorschrift des §
46a Nr.
2 StGB
-
über den Ausgleich immaterieller Folgen zwischen Täter und Opfer der Lösung von Konflikten, die zu der Straftat geführt haben oder durch sie [X.] worden sind ([X.], 492; [X.], 205; [X.], 656; [X.], 72, 73; zweifelnd Senat NJW 2001, 2557). Solche immateriellen Folgen sind grundsätzlich auch bei [X.] denkbar ([X.], 492; 14
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wistra 2002, 21), so dass
insoweit auch der Anwendungsbereich des §
46a Nr.
1 StGB eröffnet sein kann. Vorliegend hat das [X.] jedoch zutreffend angenommen, dass es sich bei den Auslagen der potentiellen Opfer, um deren Ausgleich sich der Angeklagte bemüht hat, um materielle Schäden handelt, die unter §
46a Nr. 2 StGB fallen. Dem Angeklagten ging es hier nur um die Erstat-tung dieser Auslagen und damit um den Ausgleich von im Vermögen der Opfer eingetretenen Werteinbußen, nicht aber etwa um eine darüber hinausgehende Lösung eines durch die Straftat entstandenen Konflikts mit dem Tatopfer, der eines besonderen kommunikativen Prozesses bedurft hätte. Aus diesem Grund kommt hier ein Täter-Opfer-Ausgleich nach §
46a Nr.
1 StGB nicht in Betracht.

b) [X.] kann daher, ob das [X.] zutreffend einen kom-munikativen Prozess
zwischen dem Angeklagten und den Opfern verneint hat, da diese auf das Wiedergutmachungsangebot des Angeklagten in vier Fällen überhaupt nicht reagierten und sich in einem weiteren Fall lediglich hilfesu-chend an das Gericht wandten. Dies könnte immerhin zweifelhaft sein, weil im
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Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46a Nr. 1 StGB das ernsthafte Streben nach Wiedergutmachung genügt (vgl. [X.], 2557).

Becker

Fischer

Berger

[X.]

[X.]

Meta

2 StR 526/11

08.08.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2012, Az. 2 StR 526/11 (REWIS RS 2012, 4030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4030

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