Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2011, Az. XI ZR 152/09

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7150

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]/09

Verkündet am:

3.
Mai 2011

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 133 B, § 684 Satz 2
a)
Eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftabbuchung vom Konto eines Verbrau-chers, der wiederkehrende und im Wesentlichen gleichbleibende Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen zugrunde liegen, kommt nach den Umständen des Einzel-falls in Betracht.
b)
Anders als bei einem Unternehmer kann die kontoführende Bank bei einem Verbrau-cher nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Kontobewegungen zeitnah [X.] und überprüft werden. Bei einem Verbraucher muss vielmehr anhand kon-kreter Anhaltspunkte für die Bank erkennbar sein, dass der Kontoinhaber die [X.] vorgenommen hat. Erst dann und nach Ablauf einer angemessenen Überlegungs-frist kann sie davon ausgehen, dass er keine Einwendungen gegen die aus dem [X.] ersichtlichen Buchungen erhebt.
c)
In der Regel kann die Bank aber spätestens dann, wenn der Verbraucher bei monatli-chen und im wesentlichen gleich hohen [X.] bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden.
[X.], Urteil vom 3. Mai 2011 -
XI [X.]/09 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat
gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 14.
März 2011 eingereicht werden konnten,
durch [X.] Wiechers
und
die Richter Dr.
Ellenberger, [X.],
Dr.
Matthias
und
Pamp
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 22.
April 2009 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt als Treuhänderin über das Vermögen des Herrn R.

K.

(im
Folgenden: Schuldner) von der beklagten Bank die Rück-gängigmachung verschiedener im Zeitraum vom 3.
Juli 2007 bis 3.
September 2007 erfolgter Belastungsbuchungen aus Einzugsermächtigungslastschriften
und Auszahlung des sich danach ergebenden Guthabensaldos
sowie den [X.] vorgerichtlicher Anwaltskosten.
1
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3
-
Der Schuldner unterhielt bei der Beklagten ein
Girokonto, für das quar-talsmäßige
Rechnungsabschlüsse
vereinbart waren. Er nutzte das Konto im
Zeitraum vom 3.
Juli 2007 bis 28.
September 2007 aktiv zur Vornahme von Auszahlungen und Überweisungen. Ferner wurden in diesem Zeitraum neun Lastschrifteinzüge
dem Konto belastet. Jeweils drei Lastschrifteinzüge betreffen Stromrechnungen und Versicherungsbeiträge, zwei betreffen Telefongebühren und eine die Forderung einer Vertriebsgesellschaft. Die Beklagte übersandte dem Schuldner zwischen dem 3.
Juli 2007 und
dem 1.
Oktober 2007 Tageskon-toauszüge, die die Auszahlungen, Überweisungen und die Lastschriften [X.].
Mit Beschluss des Amtsgerichts K.

vom 1.
Oktober 2007 wurde die Klägerin zur Treuhänderin über das Vermögen des Schuldners bestellt. Unter dem 26.
Oktober 2007 widersprach die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Treu-händerin sämtlichen Lastschriften bis zur Insolvenzeröffnung
und forderte die Beklagte auf, die Lastschriftbeträge an sie auszuzahlen.
Dem kam die Beklagte unter anderem hinsichtlich
der streitgegenständlichen Lastschriften nicht nach.
Das Amtsgericht hat die Klage, mit der
die Klägerin ursprünglich 1.281,11

der mündlichen Verhand-lung in Höhe eines Teilbetrages von 410,97

nommen hat, insgesamt abgewiesen, da der Schuldner die streitgegenständlichen Lastschriften konklu-dent bereits vor dem Widerspruch durch die Klägerin genehmigt habe. Das Be-rufungsgericht hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung eines
Betrages von 870,14

und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 120,67

verurteilt
und die Klage wegen weitergehend geltend gemachter vorgerichtlicher Kosten abgewiesen.
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3
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4
-
Mit der -
vom Berufungsgericht zugelassenen
-
Revision verfolgt die [X.] ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt: Die Klägerin habe die streitgegenständlichen Lastschriften wirksam widerrufen. Der Schuldner habe die [X.] nicht konkludent genehmigt. Weder sein Schweigen auf die Zusendung der Kontoauszüge noch die fortgesetzte Kontonutzung könnten als konkludente Genehmigung interpretiert werden.

II.
Diese
Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mangels ausreichender Feststellungen zum Fehlen einer konkludenten Genehmigung der [X.] durch den Schuldner
bzw. zu deren Befriedigung aus dem Schonvermögen des Schuldners kann ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte derzeit nicht bejaht werden.
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5
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1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass auf der Grundlage der für die streitigen
Lastschriften
geltenden Genehmigungs-theorie die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten
[X.]
vor der Genehmigung durch den Schuldner nicht [X.] waren. [X.] ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt [X.] nicht aus eigenem Recht genehmigen kann, so ist er doch in der Lage, die Genehmigung des Schuldners und den Eintritt der [X.] zu verhindern, indem er solchen Belastungsbuchungen wider-spricht, die noch nicht genehmigt sind
(vgl. Senatsurteile
vom 20.
Juli 2010 -
XI
ZR 236/07, [X.]Z 186, 269 Rn.
11;
vom 26.
Oktober 2010 -
XI
ZR 562/07, [X.], 2307 Rn.
11; vom 23.
November 2010 -
XI
ZR 370/08, [X.], 63 Rn.
13;
vom 25.
Januar 2011 -
XI
ZR 171/09, [X.], 454 Rn.
11;
vom 22.
Februar 2011 -
XI
ZR 261/09, [X.], 688 Rn.
11
und vom 1.
März 2011 -
XI
ZR 320/09, [X.], 743 Rn.
11).
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber eine konkludente Genehmigung durch den Schuldner nicht verneinen.
a) Eine konkludente Genehmigung kommt nach der neueren, nach [X.] des Berufungsurteils ergangenen Rechtsprechung des [X.] insbesondere dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, lau-fenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuer-vorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt, die der Kontoin-haber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten [X.], der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungs-frist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Er-wartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben. Eine 10
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solche Annahme ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil die Zahlstelle beim Einzugsermächtigungsverfahren in der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung zwar einerseits -
für den Kontoinhaber erkennbar
-
auf seine [X.] angewiesen ist, um die Buchung wirksam werden zu lassen, das Verfahren aber andererseits darauf ausgelegt ist, dass der Kon-toinhaber keine ausdrückliche Erklärung abgibt. In einer solchen Situation sind an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforde-rungen zu stellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto im unternehmeri-schen Geschäftsverkehr geführt wird. In diesem Fall kann die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft wer-den (vgl. Senatsurteile vom 20.
Juli 2010 -
XI
ZR 236/07, [X.]Z 186, 269
Rn.
48;
vom 26.
Oktober 2010 -
XI
ZR 562/07, [X.], 2307 Rn.
21;
vom 23.
November 2010 -
XI
ZR
370/08, [X.], 63 Rn.
16; vom 25.
Januar 2011 -
XI
ZR 171/09, [X.], 454 Rn.
20
und vom 1.
März 2011 -
XI
ZR 320/09, [X.], 743 Rn.
13; auch [X.], Urteil vom 30.
September 2010 -
IX
ZR 178/09, [X.], 2023 Rn.
13
f.).
Gleiches gilt im Grundsatz auch bei [X.] vom Konto eines Verbrauchers, denen wiederkehrende und im Wesentlichen gleichblei-bende Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen zugrunde liegen. Wie bei einem Unternehmer ist bei einem Verbraucher
für eine konkludente
Genehmi-gung
zunächst erforderlich, dass der Kontoinhaber den die Belastungsbuchung ausweisenden Kontoauszug bzw. eine entsprechende elektronische Kontomit-teilung erhalten hat. Wie bei einem Unternehmer kommt es auch bei einem Verbraucher auf die Umstände
des Einzelfalls
an, um
die Frage
beantworten zu können, ab welchem Zeitraum nach Erhalt des [X.] bzw. der Konto-mitteilung
die kontoführende Bank von einer konkludenten Genehmigung der daraus ersichtlichen [X.] ausgehen kann.
Anders als bei einem Unternehmer kann die kontoführende Bank aber bei einem Verbraucher 12
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nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden. Bei einem Verbraucher muss vielmehr anhand konkreter Anhaltspunkte für die Bank erkennbar sein, dass der [X.] die Überprüfung vorgenommen hat. Erst dann und nach Ablauf einer
angemessenen Überlegungsfrist kann sie davon ausgehen, dass er keine Ein-wendungen gegen die aus dem Kontoauszug ersichtlichen Buchungen erhebt. In der Regel kann die Bank aber spätestens
dann, wenn
der Verbraucher bei monatlichen
und im wesentlichen gleich hohen
[X.]
bereits
Kontoauszüge über bzw. die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die
mindestens zwei Monate zurück-liegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden.
b) Nach diesen Grundsätzen kommt vorliegend eine konkludente [X.] der streitgegenständlichen [X.]
durch den Schuld-ner in Betracht, weil
es sich bei den
streitgegenständlichen Forderungen
zu-mindest überwiegend ersichtlich um solche aus Dauerschuldverhältnissen han-delt. Dem hat das Berufungsgericht zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen. Bei Vorliegen der oben (unter 2. a) genannten -
vom Berufungsgericht nach Zurückverweisung noch festzustellenden
-
Umstände liegt
eine konkludente Genehmigung des Kontoinhabers nach dem durch normative Auslegung zu er-mittelnden
objektiven
Erklärungswert seines
Verhaltens vor (Senatsurteil vom 1.
März 2011 -
XI
ZR 320/09, [X.], 743 Rn.
14
mwN).

III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 13
14
-
8
-
ZPO). Das Berufungsgericht wird nach gegebenenfalls ergänzendem Vortrag der Parteien die fehlenden Feststellungen zu einer konkludenten Genehmigung zu treffen haben.
Dabei weist der Senat darauf hin, dass auch bei einem [X.] eine konkludente Genehmigung nach den Umständen des Einzelfalls gegeben sein kann, wenn
in Kenntnis erfolgter Abbuchungen zeitnah durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen eine Kontodeckung für weitere Dispositionen sichergestellt wird (vgl. Senatsurteile vom 26.
Oktober 2010 -
XI
ZR 562/07, [X.], 2307 Rn.
23;
vom 23.
November 2010 -
XI
ZR 370/08, [X.], 63 Rn.
20; vom 25.
Januar 2011 -
XI
ZR 171/09, [X.], 454 Rn.
21 und vom 22.
Februar 2011 -
XI
ZR 261/09, [X.], 688 Rn.
24
f.).
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, dass alle oder einzelne [X.] nicht vom Schuldner
15
-
9
-
genehmigt worden sind, wird es zu klären haben, ob dem [X.] entgegensteht, dass die betroffenen Abbuchungen aus dem Schonver-mögen des Schuldners befriedigt worden sind (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Juli 2010 -
IX
ZR 37/09, [X.]Z 186, 242 Rn.
13
ff.).

Wiechers
Ellenberger
[X.]

Matthias
Pamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.10.2008 -
9 [X.]/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 22.04.2009 -
5 S 292/08 -

Meta

XI ZR 152/09

03.05.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2011, Az. XI ZR 152/09 (REWIS RS 2011, 7150)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7150

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 152/09

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