Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2008, Az. 5 StR 357/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4745

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5 [X.][X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 1. April 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 1. Ap-ril 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] Basdorf, [X.]in [X.], [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.] [X.] als beisitzende [X.], [X.]in als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. März 2007 wird mit der Maßgabe verworfen, dass zur Entschädigung für die überlange Dauer des Revisionsverfahrens zwei Monate der verhängten Ge-samtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e Das [X.] hat gegen den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten erkannt und ihn unter Einbeziehung ander-weit rechtskräftig verhängter [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; aller-dings ist die überlange Dauer des Revisionsverfahrens zu kompensieren. 1 Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen schloss der Angeklagte die Nebenklägerin in einem abgelegenen Raum der von ihm be-triebenen Discothek ein. Nachdem er sie gewaltsam zu Boden gebracht [X.], öffnete er gegen ihren Willen ihre Kleidung und führte einen Finger in ihre 2 - 4 - Scheide ein. Der vom Angeklagten angestrebte Geschlechtsverkehr konnte durch das Eintreffen der inzwischen alarmierten Polizei verhindert werden. 1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. 3 a) Die Annahme der Zuständigkeit des [X.]s war nicht willkür-lich (vgl. zum Maßstab [X.], [X.] Aufl. § 269 Rdn. 8), beruhte vielmehr auf sachgerechter Anwendung des § 24 Abs. 1 Nr. 3 [X.] (1. Vari-ante). 4 b) Die [X.] vom [X.] für durchgreifend erachtete [X.] Be-setzungsrüge nach § 338 Nr. 1 StPO dringt nicht durch. 5 6 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das erkennende Gericht mit dem ursprünglich vom Vorsitzenden der [X.] von der [X.] und später von der [X.] erneut herangezogenen Hauptschöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Die ursprüngliche Befrei-ung des [X.] von der Dienstleistung am [X.] sei nicht willkürlich gewesen und habe deshalb nicht mehr widerrufen werden können. Der Schöffe hatte vor Sitzungsbeginn mitgeteilt, dass er an der [X.] des Termins verhindert sei, weil er selbst Angeklagter in einem zwei Wochen vorher stattfindenden Strafverfahren wegen Verdachts der [X.] einer Scheinehe sei. Der Vorsitzende der [X.] hatte ihn dar-aufhin für die Sitzung gemäß §§ 77, 54 Abs. 1 [X.] von der Dienstleistung befreit und die Heranziehung einer [X.] angeordnet. Im Hauptver-handlungstermin rügte der Beschwerdeführer, dass das Gericht mit der he-rangezogenen [X.] nicht vorschriftsmäßig besetzt sei. Die [X.] des [X.] sei willkürlich erfolgt, weil das Strafverfahren gegen den [X.] vor Beginn der Hauptverhandlung rechtskräftig beendet worden sei und die Unfähigkeitsgründe des § 32 [X.] nicht vorgelegen hätten. [X.] stellte das [X.] [X.] ohne Mitwirkung des in [X.] befindlichen ge-7 - 5 - schäftsplanmäßigen Vorsitzenden [X.] gemäß § 222b Abs. 2 Satz 2 StPO fest, dass es nicht vorschriftsmäßig besetzt sei, zog wieder den Hauptschöffen hinzu und begann anschließend sofort unter dessen Mitwirkung erneut mit der Hauptverhandlung. [X.]) Der Senat lässt offen, ob die Zulässigkeit der Rüge [X.] was nicht fern liegt [X.] bereits an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO scheitert, weil der auf den [X.] ergangene Gerichtsbeschluss in der Revisionsbegrün-dung nicht ganz vollständig mitgeteilt worden ist (vgl. die [X.] der St[X.]tsanwaltschaft [X.] vom 5. Juli 2007 zu 2). 8 bb) [X.] ist jedenfalls als widersprüchliches Prozessverhalten nicht statthaft (vgl. hierzu [X.]R StPO § 218 Ladung 5, § 247 Ausschlie-ßungsgrund 1, § 344 Abs. 2 Satz 2 Missbrauch 1 und § 349 Abs. 1 Unzuläs-sigkeit 2; [X.], 451; [X.], Beschluss vom 29. August 2007 [X.] 1 [X.]). Zur Begründung der Besetzungsrüge beruft sich der [X.] im Revisionsverfahren auf die Willkürfreiheit der Entbindung des Hauptschöffen und die sich daraus ergebende Bindungswirkung jener Vorsitzendenentscheidung (§§ 77, 54 Abs. 1 und Abs. 3 [X.]), wohingegen er seinen [X.] in der Hauptverhandlung vor dem [X.] gerade auf die Willkür derselben Entscheidung gestützt hatte. Das [X.] ist dem [X.] gefolgt und hat dabei mit dem zulässigen sofortigen Neubeginn der Verhandlung (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.]., § 222b Rdn. 34; [X.] [X.]O § 222b Rdn. 12) im [X.] einer sofort möglichen Heilung des geltend gemachten Besetzungsfehlers dem erklärten Wunsch des Beschwerdeführers entsprochen. Damit ist dieser insoweit in der Besetzungsfrage, zu welcher er einen etwaigen revisions-rechtlichen Einwand nach dem Normengefüge aus §§ 222a, 222b, 338 Nr. 1 StPO bereits zu Beginn der Hauptverhandlung zu erheben gehalten war, klaglos gestellt worden. Danach kann er im Revisionsverfahren mit einer sei-nem [X.] direkt entgegenstehenden Besetzungsrüge kein Gehör mehr finden. 9 - 6 - Widersprüchliches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz (vgl. [X.]R StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Missbrauch 1). Eine Statthaftigkeit derart spezifisch widersprüchlichen Prozessverhaltens lässt sich auch nicht etwa aus § 222b Abs. 2 Satz 3 StPO ableiten. Soweit aus dieser Vorschrift tat-sächlich ein genereller Ausschluss der Präklusion nach [X.] (h. M., vgl. nur [X.] [X.]O Rdn. 35) herzuleiten sein sollte, kann dieses in dem vorliegenden Sonderfall einer sofortigen Weiterverhandlung in einer dem [X.] entsprechenden Besetzung nur für den Bereich der geänderten Besetzung und, soweit einem [X.] [X.] wie hier [X.] entsprochen wurde, nur für andere Prozessbeteiligte gelten, die den Einwand ihrerseits nicht erhoben haben. 10 11 Die Unstatthaftigkeit solch widersprüchlichen Revisionsvorbringens drängt sich namentlich bei einer Besetzungsrüge aus einem Erst-Recht-Schluss auf: Wenn ein Revisionsführer allein aufgrund der passiven Hinnah-me einer Gerichtsbesetzung vor dem Tatgericht mangels Erhebung eines [X.]s nach §§ 222a, 222b, 338 Nr. 1 StPO mit einer [X.] ausgeschlossen sein kann, so muss solches erst recht gelten, wenn er [X.] wie hier [X.] mit einer Besetzungsrüge bei unveränderter Kenntnis der die Rüge begründenden Tatsachen just die Gerichtsbesetzung [X.] will, die er im Rahmen des Verfahrens nach §§ 222a, 222b StPO ausdrücklich gewünscht hat. cc) Ob die Rüge auch daran scheitern müsste, dass die Annahme ei-ner unvertretbaren und daher als willkürlich zu wertenden Entbindungsent-scheidung des Vorsitzenden in dem Beschluss des [X.]s nach § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO ihrerseits vertretbar und daher mit der [X.] nicht angreifbar ist (vgl. [X.] in [X.]. § 338 Rdn. 46), bedarf danach keiner Entscheidung. Allein der Umstand, dass in jenem Be-schluss der Willkürmaßstab nicht ausdrücklich benannt worden ist, stünde dem nicht entgegen. 12 - 7 - c) Die Aufklärungsrüge zu Beweiserhebungen über das Alter von [X.] der Nebenklägerin ist unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Frage nicht durch die als sachverständige Zeugin vernommene unter-suchende Ärztin zuverlässig aufgeklärt worden wäre (s. [X.]). [X.] diese Beweiserhebung hatte der Verteidiger in seinem Beweisantrag hilfs-weise beantragt; der gerichtlichen Feststellung der Erledigung dieses [X.] hatte er nicht widersprochen (Revisionsgegenerklärung zu 3 a. E.). 13 2. Die Sachrüge bleibt ebenfalls erfolglos. Die Feststellungen der [X.] zum Tatablauf und zu weitergehenden Absichten des Ange-klagten beruhen auf einer fehlerfreien Beweiswürdigung. Die Beurteilung der alkoholbedingten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Angeklagten, dem die Voraussetzungen des § 21 StGB zugebilligt worden sind, lässt kei-nen Rechtsfehler erkennen. Auch die Strafzumessung aus dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB ist nicht zu beanstanden. Die rechtsfehlerfrei festgestellten physischen und [X.] Beeinträchtigungen der Nebenklägerin durch die Tat durften dem Angeklagten angelastet werden. 14 3. Das Revisionsverfahren hat nach Eingang des Beschlussaufhe-bungsantrags des [X.]s bis zum Urteil des Senats rund siebeneinhalb Monate gedauert. Angesichts des begrenzten Umfangs der Sache liegt hierin, auch wenn der Angeklagte nicht inhaftiert war, eine unver-tretbare Verfahrensverzögerung jedenfalls um vier Monate, welcher der [X.] nach dem Maßstab des Beschlusses des [X.] - vom 17. Januar 2008 (NJW 2008, 860, zur [X.] in [X.]St be-stimmt) durch Anrechnung von zwei Monaten Freiheitsstrafe Rechnung trägt. [X.]Raum Brause [X.]

Meta

5 StR 357/07

01.04.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2008, Az. 5 StR 357/07 (REWIS RS 2008, 4745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4745

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