Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2016, Az. 4 StR 7/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 14524

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Besonders schwere Brandstiftung zur Ermöglichung eines Versicherungsbetrugs in Mittäterschaft


Tenor

1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 3. September 2015 wird verworfen.

2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen versuchten Betruges verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b) das Urteil dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt ist.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

4. Der Angeklagte hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung und wegen versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision. Ferner beantragt der Verteidiger des Angeklagten Wiedereinsetzung in die [X.]. Die Revision führt zu einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 [X.]; im Übrigen hat sie – wie auch der Wiedereinsetzungsantrag – keinen Erfolg.

I.

2

Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt bei einer bereits form- und fristgerecht begründeten Revision eine Wiedereinsetzung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Beschwerdeführer unverschuldet durch äußere Umstände oder unvorhersehbare Zufälle daran gehindert war, eine Verfahrensrüge rechtzeitig formgerecht zu begründen (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 StR 196/14, [X.], 486, 487 mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zur Ergänzung der – rechtzeitig erhobenen – Sachrüge bedarf es der Wiedereinsetzung nicht.

II.

3

1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des [X.] gemäß § 154 Abs. 2 [X.] ein, soweit der Angeklagte wegen versuchten Betruges verurteilt wurde. Denn das Urteil befasst sich nicht mit der Frage, aus welchem Grund es nicht zur Vollendung dieser Tat gekommen ist (vgl. zu einem ähnlichen Fall [X.], Beschluss vom 30. Juni 2015 – 4 StR 173/15).

4

2. Im verbleibenden Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 [X.]). Ergänzend zu den Ausführungen des [X.] in der Antragsschrift vom 15. Januar 2016 bemerkt der Senat:

5

a) Grundlagen der revisionsgerichtlichen Überprüfung eines Urteils auf die Sachrüge hin sind ausschließlich die [X.] und die dort zulässig in Bezug genommenen Abbildungen ([X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 337 Rn. 22 mwN). Daher muss das urteilsfremde Vorbringen des Verteidigers im Schriftsatz vom 25. Januar 2016 außer Betracht bleiben.

6

b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung begegnet auf der Grundlage der Rechtsprechung zum Inbrandsetzen gemischt genutzter Gebäude keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 3 StR 442/09, [X.]R StGB § 306a Abs. 1 Nr. 1 Vollendung 1; vom 20. Oktober 2009 – 3 StR 392/09, [X.], 279 jeweils mwN). Der (versuchte) Betrug zum Nachteil der Versicherung, der durch die (besonders schwere) Brandstiftung ermöglicht werden sollte, stellt auch eine andere Straftat im Sinne des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB dar ([X.], Urteile vom 18. Juni 2008 – 2 StR 141/08, [X.], 571; vom 14. November 2013 – 3 StR 336/13, [X.], 404, 406). Dass § 306b StGB eine Strafrahmenverschiebung in minder schweren Fällen nicht vorsieht, beruht auf einer von der Rechtsprechung hinzunehmenden Entscheidung des Gesetzgebers, der sich damit innerhalb des verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bewegt (vgl. [X.], Urteil vom 14. November 2013 – 3 StR 336/13, [X.], 404, 406 mwN).

7

Auch die Annahme von Mittäterschaft des Angeklagten bei der besonders schweren Brandstiftung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Denn die tatgerichtliche Bewertung der Beteiligungsform ist nach der Rechtsprechung des [X.] nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (st. Rspr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 8. Februar 2012 – 1 StR 427/11, [X.], 241, 243; vom 27. September 2012– 4 StR 255/12, [X.], 40, 41; vom 10. Dezember 2013 – 5 [X.] mwN). Dabei erfordert Mittäterschaft nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt ([X.], Beschlüsse vom 2. Juli 2008 – 1 StR 174/08, [X.], 25, 26; vom 19. August 2014 – 3 StR 326/14 jeweils mwN). Mehrere können eine Tat sogar dann gemeinschaftlich begehen, wenn sie einander nicht kennen (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 – 4 StR 275/09, [X.], 342, 343, sowie [X.], Urteil vom 23. November 2011 – 2 StR 330/11). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die [X.] insbesondere aufgrund der gemeinsamen Tatplanung, des nach und aufgrund des Tatentschlusses erfolgten Abschlusses der Versicherung sowie des Interesses des Angeklagten an der Tat dessen Mittäterschaft bejaht hat (vgl. auch [X.], Urteile vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, [X.]R StGB § 26 Bestimmen 6; vom 23. November 2011 – 2 StR 330/11).

8

c) Auch die Beweiswürdigung hält der Überprüfung stand.

9

Zwar ist es überflüssig und regelmäßig verfehlt, dass die [X.] im [X.] an die Feststellungen mitteilt, dass sie acht Zeugen vernommen hat, von denen im Folgenden jedoch keine Aussagen dargestellt und erörtert werden (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15). Denn dies kann die Würdigung der Beweise nicht ersetzen und stellt lediglich eine vermeidbare Fehlerquelle dar, da sie Anlass zu – hier nicht erhobenen – [X.] nach § 261 [X.] geben kann. Insbesondere im Hinblick auf das umfassende Geständnis des Angeklagten schließt der Senat aber aus, dass das Urteil hierauf beruht. Dass der [X.] vom gesondert verfolgten [X.]    oder einem von diesem beauftragten unbekannten Täter geworfen wurde, hat die [X.] ersichtlich der vom Angeklagten und [X.]    bei der Tatplanung verabredeten und schließlich umgesetzten Vorgehensweise entnommen.

d) Hinsichtlich der am 24. Februar 2015 verhängten, an sich gesamtstrafenfähigen Geldstrafe hat das [X.] zwar den [X.] nicht mitgeteilt (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 4 [X.]). Da der Senat aufgrund der mitgeteilten [X.] ([X.]) ausschließen kann, dass der am 25. Februar 2015 festgenommene und sich bis zur Verkündung des hiesigen Urteils ununterbrochen in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte die Geldstrafe im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt hat, ist er durch die unterbliebene Gesamtstrafenbildung nicht beschwert (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2013 – 1 StR 387/13).

e) Die Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 [X.] hat die entsprechende Korrektur des Schuldspruchs zur Folge. Die wegen der besonders schweren Brandstiftung vom [X.] verhängte (Einzel-)Strafe von fünf Jahren kann bestehen bleiben. Sie ist rechtsfehlerfrei zugemessen und wird durch den Entfall der Verurteilung wegen versuchten Betrugs jedenfalls nicht zugunsten des Angeklagten berührt, zumal er als Beweggrund des Angeklagten strafschärfend hätte berücksichtigt werden dürfen.

[X.]                         Mutzbauer

                          Bender                       [X.]

Meta

4 StR 7/16

15.03.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Siegen, 3. September 2015, Az: 21 KLs 15/15

§ 25 Abs 2 StGB, § 306b Abs 2 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2016, Az. 4 StR 7/16 (REWIS RS 2016, 14524)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14524

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 7/16 (Bundesgerichtshof)


4 StR 652/19 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen besonders schwerer Brandstiftung sowie Betruges und Hehlerei: Verhaltenszurechnung bei Repräsentantenstellung; Feststellungen zur Vortat …


5 StR 685/18 (Bundesgerichtshof)

Mittäterschaft bei Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen


4 StR 63/16 (Bundesgerichtshof)


3 StR 13/21 (Bundesgerichtshof)

Versuchte Brandstiftung mit Todesfolge: Versuch der Inbrandsetzung eines von Menschen bewohnten Gebäudes zur Nachtzeit; Konkurrenzverhältnis …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.