Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.01.2024, Az. IX E 1/24

9. Senat | REWIS RS 2024, 164

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Erinnerung gegen Kostenentscheidung wegen fehlender Prozessvollmacht im Beschwerdeverfahren


Leitsatz

NV: Über die Stellung als Kostenschuldner ist in der Kostengrundentscheidung zu entscheiden. In einem Erinnerungsverfahren kann dies nicht mehr angegriffen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30.09.2020 - VIII E 1/20, Rz 12).

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des [X.] [X.] vom 08.12.2023 - [X.] 1636/23 ([X.]/23) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger, Beschwerdeführer und [X.]rinnerungsführer (Kläger) war ausweislich des [X.] neben Frau … Kläger und damit Beteiligter des vor dem Finanzgericht ([X.]) Münster wegen [X.]inkommensteuer für 2016 geführten Verfahrens. Mit Urteil vom 24.05.2023 - 10 K 3420/19 [X.] wies das [X.] die Klage ab.

2

Mit Schriftsatz vom 05.07.2023 legte Rechtsanwalt … im Namen des [X.] und Frau … gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein. Am 07.07.2023 ging ein weiteres gleichlautendes, vom Kläger eigenhändig unterschriebenes Schreiben ein.

3

Mit Schriftsatz vom 08.09.2023 teilte der Rechtsanwalt mit, den Kläger und Frau … nicht mehr zu vertreten. Der Kläger erhielt jeweils einen Abdruck des Schriftsatzes vom 08.09.2023 und des gerichtlichen Hinweisschreibens vom 13.09.2023 zur Kenntnis. [X.]ine Reaktion hierauf erfolgte nicht. Nachdem eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht einging, verwarf der Senat die Beschwerde mit Beschluss vom 07.12.2023 - IX B 53/23 als unzulässig und legte dem Kläger und Frau … die Kosten des Verfahrens auf.

4

Mit Kostenrechnung vom 08.12.2023 - [X.] 1636/23 (IX B 53/23) setzte die Kostenstelle des [X.] ([X.]) Gerichtskosten in Höhe von … € an. Hiergegen wendet sich der Kläger mit Schriftsatz vom 18.12.2023 und macht die fehlende Prozessvollmacht des Rechtsanwalts … geltend.

5

Die [X.]rinnerungsgegnerin (Vertreterin der Staatskasse) trägt vor, dass die Kostenrechnung vom 08.12.2023 nicht zu beanstanden und eine unrichtige Sachbehandlung nicht erkennbar sei. Sie beantragt, die [X.]rinnerung zurückzuweisen.

Gründe

II.

6

Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.

7

1. Über die Erinnerung ist nach § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) durch den Einzelrichter zu entscheiden.

8

2. Die von dem Kläger persönlich eingelegte Erinnerung ist zulässig. Anträge und Erklärungen im Erinnerungsverfahren können nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht werden; demgemäß besteht insoweit auch vor dem [X.] kein Vertretungszwang (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 23.09.2015 - I E 8/15, Rz 5, m.w.N.).

9

3. In der Sache hat die Erinnerung jedoch keinen Erfolg.

a) Mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, das heißt, gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 30.09.2020 - VIII E 1/20, Rz 12; vom 23.09.2015 - I E 8/15, Rz 6). In dieser Hinsicht weist die angegriffene Kostenrechnung keinen den Kläger belastenden Rechtsfehler auf. Die Kostenstelle hat zu Recht für das Beschwerdeverfahren IX B 53/23 die Gebühr gemäß Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) angesetzt.

b) Der Kläger macht insoweit auch keinen Fehler geltend, sondern wendet sich mit seinem Vortrag der fehlenden Bevollmächtigung des Rechtsanwalts gegen seine Kostenschuldnerstellung. Über die Stellung als Kostenschuldner ist in der Kostengrundentscheidung des [X.] vom 07.12.2023 - IX B 53/23 entschieden worden. Dies kann in einem Erinnerungsverfahren nicht mehr angegriffen werden ([X.]-Beschlüsse vom 30.09.2020 - VIII E 1/20, Rz 12 und vom 23.09.2015 - I E 8/15, Rz 6).

4. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten nicht erhoben werden, liegen ebenfalls nicht vor.

a) Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] setzt die unrichtige Sachbehandlung ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße des Gerichts gegen eindeutige Vorschriften bei der Entscheidung voraus (s. z.B. [X.]-Beschluss vom 30.09.2020 - VIII E 1/20, Rz 16).

b) An einer solchen unrichtigen Sachbehandlung im Verfahren IX B 53/23 fehlt es hier. Zwar hat der Bevollmächtigte eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt (§ 62 Abs. 6 Satz 1 FGO). Gleichwohl ist dies vorliegend unschädlich.

Zum einen musste das Gericht die Bevollmächtigung im Verfahren IX B 53/23 nicht von Amts wegen prüfen, da ein Rechtsanwalt und damit eine in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichnete Person aufgetreten ist (§ 62 Abs. 6 Satz 4, dort am Ende). Konkrete Anhaltspunkte für begründete Zweifel an der Bevollmächtigung waren nicht erkennbar. Auch hat der Kläger einen Mangel der Vollmacht im Verfahren IX B 53/23 nicht geltend gemacht. Auf Unkenntnis kann sich der Kläger insoweit nicht berufen, da er spätestens aufgrund des an ihn gerichteten Schreibens der Geschäftsstelle des IX. Senats vom 13.09.2023 Kenntnis von der Prozessführung des Rechtsanwalts hatte.

Darüber hinaus hat der Kläger mit Schreiben vom 07.07.2023, das im Wortlaut der zuvor eingegangen Beschwerdeschrift des Prozessbevollmächtigten entspricht, zum Ausdruck gebracht, eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Letztlich ergibt sich aus seinem Vortrag im Schriftsatz vom 05.01.2024, dass sich der Kläger erst im Nachgang eines am 20.07.2023 --also nach Beschwerdeeinlegung erfolgten-- Beratungsgesprächs entschieden hat, die Nichtzulassungsbeschwerde nicht weiterzuverfolgen und das Mandat zu kündigen. Die Kündigung eines [X.] erlangt jedoch gemäß § 62 Abs. 4, § 155 FGO i.V.m. § 87 der Zivilprozessordnung erst Wirksamkeit durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 31.05.2005 - I R 103/04, [X.]E 209, 416, [X.] 2005, 623, m.w.N.).

5. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Meta

IX E 1/24

18.01.2024

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 7. Dezember 2023, Az: IX B 53/23, Beschluss

§ 21 Abs 1 S 1 GKG, § 66 GKG, § 62 Abs 6 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.01.2024, Az. IX E 1/24 (REWIS RS 2024, 164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 164

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI E 1/22 (Bundesfinanzhof)

Erinnerung gegen den Kostenansatz; Streitwert einer Nichtzulassungsbeschwerde, wenn die Wiederaufnahme eines Verfahrens erstrebt wird; Einwendungen …


VIII E 1/19 (Bundesfinanzhof)

Kein Ansatz von 10 % des Auffangstreitwerts als Streitwert in einem AdV-Verfahren wegen Aufhebung einer …


VIII E 1/20 (Bundesfinanzhof)

Keine Erinnerung gegen Kostenlastentscheidung


VIII E 3/23 (Bundesfinanzhof)

Einlegung der Erinnerung gegen eine Kostenrechnung für ein Revisionsverfahren durch eine Steuerberatungsgesellschaft nach dem 31.12.2022


IX E 2/19 (Bundesfinanzhof)

(Inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 28.05.2019 IX E 1/19 - Erinnerung gegen eine Kostenrechnung des BFH)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.