Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2003, Az. 2 StR 254/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 1626

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[X.]/03vom17. September 2003in der [X.] u. [X.] 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 17. September 2003 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das [X.]eil des [X.] vom 3. März 2003a) im Schuldspruch im Fall 1 der [X.]eilsgründe,b) im Strafausspruch im Fall 2 der [X.]) im Gesamtstrafenausspruchmit den Feststellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige[X.] des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit schwerem Raub in zwei Fällen (Einzelstrafen: elf Jahre und siebenJahre Freiheitsstrafe) sowie wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Raub(Einzelstrafe: fünf Jahre Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe vondreizehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der [X.] -geklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellenRechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem ausdem [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es [X.] Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.1. Nach den Feststellungen verfolgte der Angeklagte im Fall 1 der Ur-teilsgründe die 15jährige Geschädigte nachts auf der Straße, umfaßte sie vonhinten, hielt ihr den Mund zu und drückte sie zu Boden. Er stopfte ihr ein kom-plettes Päckchen [X.] in den Mund und drückte ihr einen spit-zen Gegenstand, einen Kugelschreiber, gegen die rechte Halsseite unterhalbdes Kinns. Gegenüber der Geschädigten äußerte er, bei dem [X.] es sich um eine Spritze mit Gift und die Geschädigte würde [X.] dreißig Sekunden sterben, falls sie schreien sollte. Anschließend führte erdie Geschädigte in eine Umkleidekabine auf einem Sommerbadgelände, wobeier ihr nach wie vor den spitzen Gegenstand an den Hals hielt. In der [X.] er sich von der Geschädigten einen Schnürsenkel aus den Schuhen gebenund band ihn ihr über den Mund. Als sie sich wehren wollte, hielt er ihr wiederden spitzen Gegenstand an den Hals. Sodann legte er den Gegenstand weg,schob das Top der Geschädigten hoch und küßte sie auf die unbedeckte Brust.Die durch das brutale Vorgehen des Angeklagten überaus verängstigte undeingeschüchterte Geschädigte mußte den Angeklagten danach manuell biszum Samenerguß befriedigen. Anschließend zog der Angeklagte der Geschä-digten ihren Slip aus und sie mußte sich hinlegen. Der Angeklagte leckte sieam Geschlechtsteil und führte seinen Finger in ihre Scheide ein. Im weiterenVerlauf legte er der Geschädigten deren Jacke über das Gesicht und führtekurzzeitig den Geschlechtsverkehr von vorn mit ihr durch. Danach drehte [X.] die Geschädigte um und veranlaßte sie, sich [X.], worauf erden Geschlechtsverkehr von hinten ungeschützt bis zum [X.] 4 -führte. Sodann nahm der Angeklagte die Jacke der Geschädigten an sich, inder sich ein Handy im Wert von 349 DM befand, und ließ sich ihr Portemonnaiemit ca. 15 DM Bargeld aushändigen. Anschließend entfernte sich der Ange-klagte, wobei er die Geschädigte mit dem Päckchen Taschentüchern im Mundgefesselt und geknebelt nackt zurückließ. Bis auf das Bargeld warf er die [X.] später weg.Das [X.] hat in diesem Fall die Qualifikationstatbestände des§ 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB und des § 250 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wegen der Ver-wendung des Kugelschreibers als "anderes gefährliches Werkzeug" bejaht.Zwar liege es auf der Hand, daß ein Kugelschreiber seiner Art nach kein all-gemein gefährlicher Gegenstand sei, jedoch hätten objektiv bei der konkretenVerwendung, etwa durch Eindrücken des Kehlkopfs oder Druck auf die Luftröh-re schwerwiegende Verletzungen zugefügt werden können.2. Der Schuldspruch im Fall 1 der [X.]eilsgründe begegnet durchgreifen-den rechtlichen Bedenken. Die rechtliche Würdigung des [X.]s ist [X.] in sich widersprüchlich, weil es bei der Vergewaltigung aufgrund [X.] des Kugelschreibers die Verwendung eines anderen gefährlichenWerkzeugs bejaht hat, beim Raub hingegen nicht. Zum anderen ist die Erfül-lung des [X.] des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB nicht ausrei-chend mit Tatsachen belegt. Zwar ist es im Rahmen des § 177 Abs. 4 Nr. 1StGB ohne Belang, ob der Gegenstand nach seiner Beschaffenheit generellbestimmt und geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen; es genügt,daß er die Gefährlichkeit durch die konkrete Art des Einsatzes gewinnt ([X.], 225, 228; [X.], 108). Die Beurteilung, ob die konkrete Artdes Einsatzes des Gegenstandes gefährlich war, setzt aber die Feststellungseiner Beschaffenheit voraus ([X.], [X.]. vom 10. April 2003 - 3 [X.]/02).- 5 -Wie die konkrete Beschaffenheit des vom Angeklagten verwendeten [X.] im vorliegenden Fall war, ob es sich um ein stabiles Schreibgerät odereinen leicht zerbrechlichen Plastikkugelschreiber handelte, ist den ersichtlichallein auf der Einlassung des Angeklagten beruhenden Feststellungen nicht zuentnehmen. Unter diesen Umständen erscheint zweifelhaft, ob der verwendeteKugelschreiber tatsächlich geeignet war, erhebliche Verletzungen am [X.] zu verursachen, zumal das [X.] dieselbe Art und Weise [X.] desselben Gegenstands für den [X.] verwirklichten [X.] des § 250 StGB lediglich als Beisichführen eines Werk-zeugs oder Mittels im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gewertet hat. [X.] könnte im vorliegenden Fall sprechen, daß der Angeklagte sich [X.] sah, der Geschädigten vorzutäuschen, ihr eine Spritze mit Gift an den [X.] halten. Hinzu kommt, daß das [X.] selbst in dem vergleichbaren [X.] der [X.]eilsgründe wegen der fehlenden Möglichkeit, konkrete Feststellungenzur Beschaffenheit des dort verwendeten Schlüssels zu treffen, zugunsten [X.] lediglich § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB angewendet hat. Die Sache [X.] danach weiterer Aufklärung.3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 1 der [X.]eilsgründe führtzur Aufhebung der hierfür festgesetzten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe,aber auch zur Aufhebung des Strafausspruchs im Fall 2 der [X.]eilsgründe. [X.] 2 der [X.]eilsgründe ist der Angeklagte ebenfalls wegen Vergewaltigung [X.] mit schwerem Raub verurteilt worden. Der Angeklagte hatte der [X.] in diesem Fall seinen Autoschlüssel mit der Spitze an die rechteHalsseite gehalten, so daß sie annahm, es handele sich um ein Messer. Dazusagte der Angeklagte sinngemäß, er würde zustechen, falls die Zeugin [X.] sollte. Die [X.] hat hier die Qualifikation nach § 177 Abs. 4 Nr. 1StGB verneint, weil keine konkreten Feststellungen über die Größe des- 6 -Schlüssels, die Beschaffenheit und die mögliche Verletzungsgefahr getroffenwerden konnten. Es liegt nahe, daß die Annahme des Qualifikationstatbestan-des des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB im Fall 1 der [X.]eilsgründe zu einer höherenStrafe geführt hat. Der [X.] kann letztlich nicht ausschließen, daß sich diesauch auf die Zumessung der an sich nicht unangemessenen Strafe im Fall 2der [X.]eilsgründe ausgewirkt hat. Sollte beiden [X.]eilsfällen derselbe Strafrah-men zugrunde zu legen sein, muß der neue Tatrichter jedenfalls in der [X.], in beiden Fällen eine neue abgewogene Strafzumessung aufgrund derUmstände der Tatausführung vorzunehmen.4. Hingegen schließt der [X.] aus, daß sich der Rechtsfehler im Fall 1der [X.]eilsgründe auch auf die Strafzumessung im Fall 3 der [X.]eilsgründe, derlediglich der Strafrahmen des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen [X.] Tateinheit mit Raub nach § 249 Abs. 1 StGB zugrunde liegt, ausgewirkt hat.[X.]Rothfuß [X.]

Meta

2 StR 254/03

17.09.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2003, Az. 2 StR 254/03 (REWIS RS 2003, 1626)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1626

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