Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2013, Az. 2 StR 365/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2708

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil
2 [X.]
vom
18. September
2013
in der Strafsache
gegen

wegen Inverkehrbringens von
Arzneimitteln zu [X.]zwecken im Sport
[X.]St: ja
[X.]R: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja

GG Art. 103 Abs.
2, [X.] § 95 Abs.
1 Nr.
2a, §
6a Abs.
1 und 2 Satz
1 a.F.

Regelt der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens durch eine Blankett-strafnorm, die auf eine außergesetzliche Bestimmung Bezug nimmt, so muss die vor-rangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben. Dies ist bei der Be-zugnahme von § 95 Abs.
1 Nr.
2a i.V.m. §
6a Abs.
1 und Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. auf den jährlich aktualisierten Anhang zu dem Übereinkommen des [X.] gegen [X.] vom 16.
November 1989 jedenfalls insoweit der Fall, als der Gesetzgeber bei Ak-tualisierungen der Verweisungsnorm des §
6a [X.] a.F. die dann aktuellen Verbotslis-ten in seinen Willen aufgenommen hat.

-
2
-
[X.], Urteil vom 18. September 2013 -
2 [X.] -
LG Bonn
-
3
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund
der Sitzung vom 28.
August
2013
in der Verhandlung am
18. September 2013, an denen
teilge-nommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Appl
als Vorsitzender,

die [X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],
[X.],
die [X.]in am [X.]
Dr. [X.],
der [X.] am Bundesgerichthof
Zeng,

[X.] beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

aus Bonn und
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung,
Justizangestellte

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
4
-
Die Revision des Angeklagten gegen
das Urteil des Landge-richts Bonn
vom 6. Februar 2012 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von [X.] zu [X.]zwecken im Sport zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das [X.] hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte im [X.]-raum vom 25.
Mai 2008 bis 3.
Dezember 2010 mit einem Wochenlohn von zu-letzt 2.500 Euro in leitender Position für das
Unternehmen

.

. Das im Ausland ansässige Unternehmen betrieb
einen Internethandel unter ande-rem mit
Arzneimitteln, die anabol androgene Steroide enthielten.
Besteller wa-ren
Bodybuilder und Kraftsportler
in den [X.], [X.], [X.] und ganz Eu-ropa. Zu den
Aufgaben des Angeklagten als rechte Hand des Firmenchefs ge-hörten die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Vertriebsstruktur des Un-ternehmens
sowie die Überwachung anderer Mitarbeiter. Im Tatzeitraum gingen Bestellungen von
107.070 Kunden ein. Der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug rund 43
Millionen
US-Dollar. Darin enthalten war ein Umsatzanteil
von 1
2
-
5
-
rund 8,7
Millionen
US-Dollar, der auf Warenlieferungen mit Arzneimitteln
entfiel, welche die
Wirkstoffe Testosteron, Clomifen, Methandienon, [X.], [X.], Tamoxifen, Nandrolon,
Decanoat, [X.],
[X.] und [X.] enthielten.
Das [X.] hat die hierauf bezogenen Handlungen des Angeklag-ten
als eine Tat des Inverkehrbringens
von Arzneimitteln zu [X.]zwecken im Sport bewertet. Die Tat
sei von dem Angeklagten als Mittäter in den Varianten des Feilbietens und der Abgabe der Arzneimittel an andere begangen worden. Bodybuilding
sei als Sport im Sinne von §
95 Abs.
1 Nr.
2a [X.] einzustufen, ohne dass es
darauf ankomme, ob die mit den Arzneimitteln erstrebte Leis-tungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, beim Training oder
in der Freizeit gerichtet sei.
II.
Die Revision gegen dieses Urteil ist unbegründet.
1. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die Anklageschrift vom 6.
Juni 2011 erfüllt ihre Umgrenzungsfunktion im Sinne von §
200 Abs.
1 StPO. Der Anklagesatz umschreibt die Tat im prozessualen Sinne in einer Weise, dass der Verfahrensgegenstand nicht verwechselt werden kann. Zur Erfüllung der
Um-grenzungsfunktion ist es bei einem [X.], bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens tätigen Beteiligten die [X.] der Mitarbeiter zugerechnet werden,
nicht erforderlich, sämtliche
107.070 Bestellvorgänge und entsprechende Warenlieferungen an die
Kunden im Einzelnen mitzuteilen
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 2012

-
1
StR 412/11, [X.]St 57, 88, 94). Der
als eine Handlung im Rechtssinne be-wertete Tatbeitrag des Angeklagten bestand in der übergreifenden Mitwirkung im Organisationsgefüge des Unternehmens, die
im Anklagesatz in [X.] Weise umschrieben ist.
3
4
5
-
6
-
2. Die [X.]. Sie ist schon unzulässig im Sinne des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO. Der [X.] hat nicht nachvollziehbar mitgeteilt, wann ihm die verspätete Akteneinsicht gewährt worden ist und wieviel [X.] die Sichtung der nachgereichten Unterlagen in Anspruch genommen hat. So kann der [X.] nicht überprüfen, ob die [X.] die Hauptverhandlung hätte aussetzen müssen, weil die Verteidigung diese
Unterlagen nicht bereits innerhalb der Unterbrechungen der [X.] in ausreichendem Maße habe sichten können.
3. Die Sachrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen [X.] von Arzneimitteln zu [X.]zwecken im Sport gemäß §
95 Abs.
1 Nr.
2a i.V.m. §
6a Abs. 1 und 2 [X.] und in Verbindung mit dem Anhang
zu dem Übereinkommen gegen [X.] (vgl. Gesetz vom 2.
März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen [X.], [X.]. 1994 II S. 334).
a) Bei den an Kunden des Unternehmens G.

versandten Waren
handelte
es sich um Arzneimittel im Sinne von §
2 Abs.
1 [X.], die durch [X.] bzw. Abgabe an andere in Verkehr gebracht
wurden. Dem Angeklagten sind
die entsprechenden Handlungen
durch Mitarbeiter des Unternehmens "G.

"
gemäß
§
25 Abs.
2 StGB zuzurechnen. Insoweit liegt bei ihm eine einheitliche Handlung vor (vgl. zu
einem [X.]

[X.], Beschluss vom 23. Mai 2013 -
2 [X.], [X.], 389).
b) Das Inverkehrbringen der Arzneimittel erfolgte zu [X.]zwecken im Sport. Der
Tatbestand in §
95 Abs. 1 Nr.
2a i.V.m. §
6a Abs.
1 [X.] erfasst ne-ben dem Leistungssport auch den Breitensport. Die Stärkung des Muskel-o-lika ist als [X.] im Sport anzusehen (vgl. BT-Drucks. 13/9996 S.
13; [X.], 6
7
8
9
10
-
7
-
Beschluss vom 14.
Dezember 2011 -
5 [X.], [X.]R [X.] §
95 Abs.
1 Nr.
2a [X.]mittel 2).
c) Die Regelung des §
6a Abs.
1 [X.] findet allerdings nur Anwendung auf solche Arzneimittel, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen [X.] vom
16.
November 1989 aufgeführten Gruppen von verbotenen Wirk-stoffen enthalten (§
6a Abs.
2 Satz
1
[X.] in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des [X.]s im Sport vom 24.
Oktober 2007, [X.]. 2007
I, S.
2510).
Dabei wird der Anhang zu dem Übereinkommen gegen [X.] im Sport von der [X.] Begleitgruppe des [X.]
(Art.
10 des Übereinkommens gegen [X.]) durch jährlich aktualisierte Verbotslisten, die sich inzwischen an den von der World-Anti-[X.]-Agency
([X.]) aufge-stellten Verbotslisten orientieren, neu gefasst und jeweils im [X.] ([X.]) veröffentlicht.
Es kann dahinstehen, ob .

ilfe des Angeklag-ten vertriebenen
[X.]mittel schon in dem ursprünglichen Anhang zu dem Übereinkommen gegen [X.] (Gesetz vom 2.
März 1994 zu dem Überein-kommen gegen [X.] vom 16.
November 1989, [X.]. 1994 II S.
334), auf den §
6a Abs.
2 [X.] Bezug nimmt, enthalten waren. Der [X.] braucht auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei der Verweisung des §
6a Abs.
2 Satz
1 [X.] in der bis zum 25.
Oktober 2012 geltenden Fassung um eine dynamische Verweisung auf die jeweils durch Beschluss der [X.] Begleitgruppe des [X.] jährlich angepasste Fassung des Anhangs handelt (so ohne nähere Begründung [X.], Beschluss vom 5.
August 2009 -
5
StR 248/09,
NStZ 2010, 170, 171
und jetzt auch die Neufassung des §
6a Abs.
2 Satz
1 [X.] durch das [X.] und anderer [X.] vom 19.
Oktober 2012, [X.]. [X.], S.

11
12
-
8
-

Der Gesetzgeber hat nämlich §
6a Abs.
2 [X.] unter anderem durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des [X.]s im Sport im Jahre 2007 ([X.]. [X.], S.
2510) und
durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtli-cher und anderer Vorschriften vom 17.
Juli 2009 ([X.]. [X.], S.
1990) geän-dert (weitere Änderungen erfolgten in den Jahren 2010, 2012 und 2013). Ihm war dabei bewusst, dass die Verbotslisten im Anhang zu dem Übereinkommen gegen [X.] jährlich aktualisiert werden. Der Gesetzgeber
hat damit die zur Tatzeit
gültigen
Listen
([X.]. [X.]I, S. 812
ff.
und [X.]. [X.]I, S.
368 ff.) in seinen Willen aufgenommen. Die jeweils
bestehenden
Verbotslisten
stellen
den
gemäß §
6a Abs.
2 Satz
1 [X.] maßgeblichen

zu dem Übereinkom-men gegen [X.]

dar. Sie
enthalten .

o-pingmittel vertriebenen Stoffe, deren Inverkehrbringen dem Angeklagten [X.] wird. Diese Stoffe sind auch in weiteren
Aktualisierungen der Verbots-listen aufgeführt (vgl. [X.]. [X.], S.
206;
2011 II, S.
78;
[X.]I, S.
118;
2013 II, S.
177). Es besteht kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber zurzeit der Än-derungen des §
6a [X.] jeweils den Umgang mit diesen Stoffen unter das strafrechtliche Verbot des § 95 Abs.
1 Nr.
2a i.V.m. §
6a Abs.
1 und 2 [X.] stel-len und daran festhalten wollte.
Damit ist auch Art.
103 Abs.
2 GG Genüge getan,
ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die
der Gesetzgeber
mit dem [X.] zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer [X.]
vom 19.
Oktober 2012

konkretisiert

hat (BT-Drucks. 17/9341 S.
48),
dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. dazu Parzeller/[X.] 2009, 101, 106 ff. und 119 ff. m.w.[X.]). Erfolgt die Ergänzung eines Blan-kettstrafgesetzes durch eine außergesetzliche Regelung, so ist dies unschäd-lich, wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe bereits im Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. [X.], Beschluss 13
14
-
9
-
vom 15. März 1996 -
3 [X.], [X.]St 42, 79, 84). Bei der ergänzenden Einbeziehung eines konkretisierenden Rechtsakts außerhalb des Gesetzes muss zwar auch die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers
erhalten bleiben
(vgl. [X.], Beschluss vom 29. April 2010 -
2 BvR 871/04, 2 [X.], Rn. 57, [X.], 396, 403). Dies ist hier
aber, soweit der [X.] mit den
Änderungen
des §
6a Abs.
2 [X.] -
wie dargelegt
-
die Strafbarkeit des Umgangs mit den in den Anhängen zu dieser [X.] enthaltenen Stoffen unter ein strafrechtliches
Verbot stellen wollte, ohne Weiteres anzunehmen.
Appl [X.] Eschelbach

[X.]

Zeng

Meta

2 StR 365/12

18.09.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2013, Az. 2 StR 365/12 (REWIS RS 2013, 2708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2708

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2 StR 365/12

2 StR 555/12

5 StR 425/11

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