Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2020, Az. 4 StR 592/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11893

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:290120B4STR592.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 592/19

vom
29. Januar
2020
in der Strafsache
gegen

alias:

wegen besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 29.
Januar 2020
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1
analog [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4.
Juni 2019 wird
a)
der Schuldspruch geändert und insgesamt dahin neu ge-fasst, dass
der Angeklagte des besonders schweren Raubes, der gefährlichen Körperverletzung und des un-erlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln schuldig ist;
b)
das vorbezeichnete Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über
die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben
ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung (Ziff.
1 Buchst.
b) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kos-ten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit Beleidigung unter Einbeziehung einer anderweit verhäng-ten Strafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ver-urteilt sowie
angeordnet, dass hiervon zwei Wochen als vollstreckt gelten. Des Weiteren hat es den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in [X.] mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu der [X.] von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Außerdem
hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision
des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1. Im Fall der unter [X.] der Urteilsgründe festgestellten Tat
1 kann die tat-einheitliche Verurteilung wegen Beleidigung nicht bestehen bleiben. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 23.
Dezember 2019 das Folgende ausgeführt:

1 wegen (tateinheitlich begangener) Beleidigung gegenüber dem Geschädigten

A.

verurteilt worden ist, wurde ein erforderlicher Strafantrag (§
194 S.
1 StGB) nicht innerhalb der in §
77b Abs.
1 StGB bestimmten Antragsfrist ge-stellt.

A.

, der den Angeklagten zuvor schon länger kannte, [X.] folglich am Tattag, dem 19.
Juli 2017, Kenntnis im Sinne von §
77b Abs.
2 StGB. Erst im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 20.
November 2017 stellte er einen Strafantrag in Bezug auf die Beleidigung (SA Bd.
IV, Bl.
25, 27), mithin verspätet (vgl. [X.], [X.] vom 4.
Februar 2016

2
StR 448/15, juris). Der [X.] kann den Schuldspruch entsprechend §
354 Abs.
1 [X.] selbst ändern. [X.] teilweise Einstellung des Verfahrens kommt bei tateinheitlich zu-1
2
-
4
-
sammentreffenden Delikten nicht in Betracht (Meyer-Großner/[X.], [X.], 62.
Aufl., [X.]. Rn.
154 und §
260 Rn.
43). Die Schuldspruchbe-richtigung lässt den Strafausspruch unberührt. Es kann angesichts der Nichterwähnung der zur Verurteilung nach §
185 StGB führenden Um-stände in den Strafzumessungserwägungen ausgeschlossen werden, dass der
Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Beleidigung

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der [X.] bei; er ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
2. Die Rechtsfolgenentscheidung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unterblieben ist.
a) Nach den Feststellungen zur Person konsumiert der Angeklagte seit nunmehr ca. zehn Jahren Marihuana, wobei das [X.] die genauen Mengen nicht feststellen konnte. Bei zwei Durchsuchungen wurden geringere Mengen Haschisch gefunden, in einem Fall auch [X.] und eine Fein-waage. Die Frage, ob eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt anzuordnen ist, hat das [X.] nicht geprüft.
b) Eine
Erörterung
der Voraussetzungen des §
64 StGB drängte sich hier auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten auf. Der [X.] kann nicht prüfen, ob beim [X.] eine einen Hang begründende Betäubungsmittelabhängigkeit be-steht. Die Ausführungen des angefochtenen Urteils hierzu sind widersprüchlich:

schen Cannabionid-

4).
In den abschließenden Feststellun-gen zur Sache heißt es hingegen

3
4
5
6
-
5
-
(UA
11).
Insoweit hat der Sachverständige auch unter Bezugnahme auf eine dem Angeklagten nach der dritten Tat entnommene Blutprobe ausgeführt, die festgestellten Werte ließen
auf einen chronischen Missbrauch von Cannabioni-den schließen, werden können
(UA
24
f.).
Im
Zusammenhang mit der Ablehnung eines [X.] von Strafe gemäß §
29 Abs.
5 BtMG hebt das [X.] wiederum her-vor,
dass

, wie er selber einräumt und wie der [X.] Dr.
L.

29).
Weiter führt das [X.] im Rahmen der konkreten Strafzumessung zur zweiten Tat seine Drogenabhängigkeit zu seinen Gunsten an (UA
30).
Damit sind die Feststellungen
und Wertungen des Tatgerichts zu einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten derart widersprüchlich, dass sich das angefochtene Urteil
einer Überprüfung des Vorliegens der tatsächli-chen Voraussetzungen eines Hanges
durch den [X.] entzieht.
Die weiteren Ausführungen des [X.]
ergeben auch nicht, dass die übrigen
Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zweifelsfrei nicht vorliegen.
c) Die Frage der Unterbringung nach §
64 StGB bedarf daher unter [X.] eines Sachverständigen (§
246a [X.]) der Prüfung und Entschei-dung durch ein neues Tatgericht. Der Umstand, dass nur der Angeklagte [X.] eingelegt hat, steht dem nicht entgegen (§
358 Abs.
2 Satz
3 [X.]). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des §
64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
7
8
9
-
6
-
Der [X.] schließt hingegen aus, dass der aufgezeigte Widerspruch Auswirkungen auf die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten
durch das [X.]
hat. Mit Blick auf die Feststellungen und Wertungen der Straf-kammer
zu den Taten und

gestützt auf die weiteren, von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Ausführungen des Sachverständigen

zur inneren Tatseite, insbesondere zur Begründung uneingeschränkter Schuldfähigkeit,
liegt die An-nahme, dass der Angeklagte bei den einzelnen Tatbegehungen auch nur ver-mindert schuldfähig im Sinne des §
21 StGB gewesen sein könnte, fern.
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Quentin
Feilcke

Vorinstanz:
[X.], [X.], [X.]

111 Js 23440/18 3 KLs
10
11

Meta

4 StR 592/19

29.01.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2020, Az. 4 StR 592/19 (REWIS RS 2020, 11893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11893

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