Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2009, Az. VIII ZR 110/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4734

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL [X.]/08 Verkündet am: 4. März 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 554 Abs. 2, 3, § 242 Be a) Bauliche Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat, fallen nicht unter § 554 Abs. 2 [X.] und unterliegen deshalb auch nicht den in § 554 Abs. 3 dem Vermieter aufer-legten Mitteilungspflichten. Derartige Maßnahmen muss der Mieter vielmehr nach § 242 [X.] dulden. b) Auch derartige Maßnahmen sind, soweit es sich nicht um Notmaßnahmen [X.], vom Vermieter vorher anzukündigen, so dass sich der Mieter nach [X.] darauf einstellen kann. Der Mieter ist nach [X.] und Glauben verpflichtet, an einer baldigen Terminsabstimmung mitzuwirken. [X.], Versäumnisurteil vom 4. März 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des [X.] vom 13. Februar 2008 aufgehoben. Die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24. September 2007 wird zurückgewiesen. Die [X.] haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tra-gen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.] sind Mieter einer Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in [X.]

. Die Klägerin ist Vermieterin dieser und der [X.] Wohnungen des Hauses, das sie im Auftrag der Eigentümerin verwaltet. 1 Im April 2005 stellte der Bezirksschornsteinfeger fest, dass die [X.] in den Wohnungen unter und über der Wohnung der [X.] die [X.] nicht einhielten. Das [X.] forderte die Klägerin daraufhin auf, für Abhilfe zu sorgen und eine neue [X.] - 3 - zungsanlage einzubauen. Die Klägerin entschloss sich zum Einbau einer Zent-ralheizung und zum [X.] aller Wohnungen an die neue Heizungsanlage. 3 Im Auftrag der Klägerin informierte die Firma H.

GmbH die [X.] mit Schreiben vom 16. November 2005, dass auch ihre noch mit Gaseinzelöfen ausgestattete Wohnung an die bereits eingebaute Zentralhei-zung angeschlossen werden solle und dass für die Durchführung der dazu er-forderlichen Arbeiten der Zeitraum vom 5. bis 9. Dezember 2005 vorgesehen sei. Mit Schreiben vom 22. November 2005 teilten die [X.] der Klägerin über den örtlichen [X.] mit, dass sie in dem angegebenen Zeitraum [X.] Arbeiten dulden würden. Mit Schreiben vom 2. Juni 2006 wandte sich die Klägerin erneut an die [X.] und bat diese, der Heizungsfirma am 19. Juni 2006 Zutritt zu ihrer Wohnung zu gewähren, damit diese die Rohre für den [X.] der über der Wohnung der [X.] gelegenen Wohnung im zweiten Obergeschoss verlegen könne. Die Klägerin wies dabei darauf hin, dass der [X.] der Wohnung im zweiten Obergeschoss die vom Gesetzgeber vorgegebenen Grenzwerte nicht mehr einhalte und diese Wohnung deshalb an die Zentralheizung angeschlossen werden müsse. Hierzu sei es erforderlich, die Heizungsrohre von der Erdgeschosswohnung durch die Wohnung der [X.] zu der Wohnung im zweiten Obergeschoss zu führen. Nachdem die [X.] die Duldung der Arbeiten weiterhin ablehnten, übersandte die Klägerin schließlich mit Schreiben vom 21. August 2006 einen Grundrissplan, aus dem sich die Lage der vorgesehenen Rohrleitungen ergab, und bat die [X.] vergeblich, selbst einen ihnen genehmen Termin zur Durchführung der Arbeiten zu benennen. 4 Zwischenzeitlich hatte der Landkreis der Klägerin einen Bußgeldbe-scheid für den Fall angedroht, dass nicht unverzüglich der [X.] der Woh-5 - 4 - nungen im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss an die Zentralheizung und die Stilllegung der dort noch vorhandenen, die Abgaswerte nicht einhalten-den Gaseinzelöfen erfolge. 6 Das Amtsgericht hat der auf Duldung des Einbaus der Steigleitungen ge-richteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wieder-herstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die [X.] in der Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich ver-treten waren. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der [X.], sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.] 37, 79, 81 f.). 7 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 8 Die [X.] seien gegenwärtig nicht zur Duldung der von der Klägerin begehrten Baumaßnahmen in ihrer Wohnung verpflichtet, weil die Klägerin die Arbeiten nicht gemäß § 554 [X.] ordnungsgemäß angekündigt habe. § 554 [X.] sei auch auf Maßnahmen anzuwenden, die nur in anderen Wohnungen in demselben Gebäude zu einer Verbesserung führten. Auch die Durchlegung von 9 - 5 - Steigleitungen zur Modernisierung einer anderen Wohnung müsse wie eine Modernisierungsankündigung in der betroffenen Mietwohnung selbst angekün-digt werden. Eine Differenzierung der Anforderungen an die Ankündigungs-pflicht danach, ob die Arbeiten zu einer Verbesserung nur der [X.] oder auch der durch die Bauarbeiten beeinträchtigten Wohnung des [X.] führe, sei nicht sachgerecht. Der Mieter sei nicht deswegen weniger schutzbedürftig oder sein Informationsinteresse nicht deswegen geringer, weil die von ihm innegehaltene Wohnung nicht verbessert werde; dadurch werde lediglich die Mitteilung der zu erwartenden Mieterhöhung entbehrlich. Voraussetzung für die Duldungspflicht des Mieters gemäß § 554 Abs. 2 [X.] sei gemäß § 554 Abs. 3 [X.] eine formell ordnungsgemäße Ankündigung der Baumaßnahme, welche spätestens drei Monate vor deren Beginn zu erfol-gen habe und den Mieter über Art, Beginn, voraussichtlichen Umfang und Dau-er der Baumaßnahmen sowie gegebenenfalls über die voraussichtliche Höhe einer etwaigen Mieterhöhung informieren müsse. Eine ungefähre stichwortarti-ge Beschreibung der Arbeiten werde dem Informationsbedürfnis des Mieters regelmäßig nicht gerecht. Das Schreiben müsse detaillierte Angaben dazu ent-halten, in [X.] an welcher Stelle Wanddurchbrüche für die zu ver-legenden Rohre und Leitungen vorgenommen werden sollen. Die geplanten Maßnahmen, ihre Bedeutung und Auswirkungen müssten so konkret [X.] werden, dass der Mieter seine Duldungspflicht überprüfen und sich [X.] genaue Vorstellungen über seine neue Wohnsituation während der [X.] machen könne, um sein Verhalten darauf einzustellen. Er müsse ins-besondere in den Stand versetzt werden, seine Entscheidung über ein Festhal-ten am Vertrag zu treffen oder seine Zeiten der Abwesenheit an den Arbeiten orientieren zu können. 10 - 6 - Diesen Anforderungen genügten die von der Klägerin übersandten Schreiben nicht. Das Schreiben vom 16. November 2005 habe noch den [X.] der Wohnung des [X.] an die Heizungsanlage umfasst, aber [X.] Angaben zur Mieterhöhung für diese Modernisierung der Wohnung der [X.] enthalten. Bei dem Schreiben vom 2. Juni 2006 hätten die detaillierten Angaben der geplanten Wanddurchbrüche für die zu verlegenden Rohre und zu der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten gefehlt, außerdem sei die [X.] nicht eingehalten. Mit Schreiben vom 21. August 2006 habe die Klägerin zwar einen Grundriss übersandt, aus dem die Lage der [X.] ersichtlich gewesen sei, der vorgesehene Beginn der Arbeiten sei aber nicht mitgeteilt worden. Diese Mitteilung habe auch nicht durch die Aufforderung der Verwalterin ersetzt werden können, die [X.] möchten einen ihnen ge-nehmen Termin selbst bestimmen. Denn die Baumaßnahme betreffe noch zwei weitere Wohnungen, deren Mieter zu beteiligen seien. Eine [X.] seitens der [X.] sei sinnlos, solange keine ordnungsgemäße An-kündigung der Modernisierungsmaßnahmen gegenüber den anderen [X.] stattgefunden habe. 11 I[X.] Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die [X.] sind verpflichtet, den Einbau der Heizungsrohre (Steigleitungen) zwecks [X.] der Wohnungen im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss an die bereits vorhandene Zentralheizung zu dulden. Die Auffassung des [X.], dass es einer Ankündigung dieser Baumaßnahmen gemäß § 554 Abs. 3 [X.] bedürfe, und die den [X.] erteilten Informationen diese An-forderungen nicht erfüllten, ist von [X.] beeinflusst. 12 - 7 - 1. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt, verkannt, dass bauliche Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen An-ordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat, nicht unter § 554 Abs. 2 [X.] fallen und deshalb auch nicht den in § 554 Abs. 3 [X.] dem [X.] auferlegten Mitteilungspflichten unterliegen. Sie sind vielmehr - soweit es sich nicht schon um ohnehin gemäß § 554 Abs. 1 [X.] hinzunehmende Er-haltungsmaßnahmen handelt - vom Mieter gemäß § 242 [X.] zu dulden ([X.]/[X.], 5. Aufl., § 554 Rdnr. 6; [X.]/[X.], [X.] (2006), § 554 Rdnr. 2; [X.]/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 554 Rdnr. 1; [X.], [X.], 1058, 1060). 13 Bei der Einführung des § 554 [X.] im Rahmen des Mietrechtsreformge-setzes ist davon abgesehen worden, in Abs. 3 der Vorschrift entsprechend der Regelung in § 3 MHG (bzw. jetzt § 559 Abs. 1 [X.]) auch Maßnahmen "auf-grund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat", aufzunehmen; die mit einer derartigen Regelung verbundene Konsequenz, dass der Mieter bei Vorliegen von [X.] der Durchführung solcher Maßnahmen [X.] könnte, obwohl der Vermieter nach öffentlich-rechtlichen [X.] verpflichtet ist, erschien dem Gesetzgeber nicht sachgerecht (vgl. [X.]. 14/4553, [X.]). 14 2. Um derartige bauliche Maßnahmen, zu deren Durchführung die Kläge-rin öffentlich-rechtlich verpflichtet ist, geht es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auch die [X.] nicht in Zweifel ziehen, hat der [X.] als zuständige Umweltbehörde der Klägerin unter Androhung eines [X.] aufgegeben, die Wohnungen im Erdgeschoss und im zweiten [X.] an die vorhandene Zentralheizung anzuschließen. Dass zu diesem Zweck die Heizungsrohre durch die zwischen diesen beiden Wohnungen [X.] Wohnung der [X.] geführt werden müssen und deshalb in der 15 - 8 - Wohnung der [X.] entsprechende Bauarbeiten durchzuführen sind, liegt auf der Hand. Die Durchführung dieser Arbeiten müssen die [X.] daher jedenfalls gemäß § 242 [X.] grundsätzlich dulden. 16 3. Aus dieser grundsätzlichen Duldungspflicht der [X.] folgt [X.] noch nicht, dass die Bauarbeiten ohne jede Rücksichtnahme auf die Be-lange der [X.] durchgeführt werden könnten. Auch bei einer sich aus § 554 Abs. 1 [X.] oder § 242 [X.] ergebenden Duldungspflicht sind die [X.] Maßnahmen, soweit es sich nicht um Notmaßnahmen ([X.]) handelt, vom Vermieter vorher anzukündigen, so dass sich der [X.] nach Möglichkeit darauf einstellen kann. Die Anforderungen an die Ankündi-gung des Vermieters richten sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls, der Dringlichkeit und dem Umfang der Maßnahme; der Mieter seinerseits ist nach [X.] und Glauben verpflichtet, an einer baldigen Terminsabstimmung [X.], damit die erforderlichen baulichen Maßnahmen zeitnah durchgeführt werden können. Hier hat die Klägerin im August 2006 die Maßnahmen durch die Übersendung eines Grundrisses, aus dem sich die Position der einzubau-enden Steigleitungen ergibt, genau bezeichnet und den [X.] die [X.] eingeräumt, selbst einen Termin für die Durchführung der Bauarbeiten zu benennen. Bis zur Erhebung der [X.] hat sie fast ein [X.], ohne dass die [X.] einen Termin für die Durchführung der Arbeiten benannt oder auch nur ihre Bereitschaft bekundet hätten, an einer [X.] mit den weiteren betroffenen Wohnungsmietern mitzuwirken. Damit hat die Klägerin alles ihr Mögliche getan, um die Belange der [X.] zu wahren. II[X.] Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen 17 - 9 - bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts ist [X.]. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.] ([X.]), Entscheidung vom [X.] - 57 C 195/07 (07) - [X.], Entscheidung vom 13.02.2008 - 21 S 174/07 -

Meta

VIII ZR 110/08

04.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2009, Az. VIII ZR 110/08 (REWIS RS 2009, 4734)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4734

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