Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2000, Az. I ZB 4/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1943

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] ZB 4/98Verkündet am:15. Juni 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein der [X.] die Markenanmeldung [X.] 10 168.9/6Nachschlagewerk: ja[X.]Z : [X.]: [X.] "[X.]"[X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1Zur Frage der Unterscheidungskraft eines in üblicher Schreibweise als Wort-marke angemeldeten Einzelbuchstabens.[X.], [X.]. v. 15. Juni 2000 - [X.] - [X.]- 2 -[X.]er [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 15. Juni 2000 durch [X.] [X.]r. Erdmannund [X.], [X.], [X.] und Raebelbeschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der [X.]uß des28. Senats ([X.]) des [X.] 20. August 1997 aufgehoben.[X.]ie Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidungan das [X.] zurückverwiesen.[X.]er Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.].Gründe:[X.] Mit ihrer am 8. März 1995 eingereichten Anmeldung begehrt die [X.] die Eintragung des Buchstabens "[X.]" für eine Vielzahl von Waren der[X.]lassen 6, 17 und 19 (u.a. Türen und Fenster aus Metall; Schlosserwaren und[X.]leineisenwaren; Geldschränke; Fensterläden aus Metall; Fensterrollen; Me-tallgitter; Schlösser; Schlüssel; [X.]ichtungen; [X.]ichtungs-, Packungs- und Iso-- 3 -liermaterial; Fenster und Türen, nicht aus Metall; Briefkästen, nicht aus Metall)in das Markenregister.[X.]ie Markenstelle des [X.] hat der angemeldeten [X.] die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Bestehens eines[X.] versagt.[X.]ie hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos ge-blieben ([X.] 39, 29 = [X.], 710 = [X.]. 1998, 229).Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin [X.] weiter.I[X.] [X.]as [X.] hat das Schutzhindernis der fehlenden Un-terscheidungskraft für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:Zwar liege die Annahme eines [X.] an dem [X.] Buchstaben "[X.]" sehr nahe, weil Einzelbuchstaben häufig als Abkür-zung für Qualitätskennzeichen oder als [X.]ennzeichen für Preisgruppen (z.B. bei[X.]leineisenwaren oder Baumarktartikeln) dienten oder bestimmte Modellreiheneines Betriebes bezeichneten; ferner stünden Buchstaben in vielen techni-schen Gebieten als Statthalter für Werte, technische Begriffe oder Eigen-schaften von Waren oder als technische [X.]ennwerte. Jedoch setze die [X.] für eine lediglich aus einem Einzelbuchstabenbestehende Marke die Feststellung eines konkreten, auf die angemeldetenWaren bezogenen [X.] voraus, das im Streitfall im [X.] für die angemeldeten Waren nicht nachgewiesen werden [X.] -Sei der Buchstabe als Wortmarke angemeldet, werde das Schutzhinder-nis regelmäßig schon dann anzunehmen sein, wenn der betreffende Buchstabeals Abkürzung lexikalisch nachweisbar sei und die Sachangabe in der abge-kürzten Form als solche zur Beschreibung der Waren ernsthaft in [X.]. [X.]ies könne nicht ohne Einfluß auf die Beurteilung der Unterschei-dungskraft bleiben, denn diese hänge insbesondere auch davon ab, in [X.] Maße ein Interesse an einer Freihaltung des Zeichens bestehe, weshalbdie Anforderungen an die Unterscheidungskraft jedenfalls nicht zu gering an-zusetzen seien. [X.]iesen Anforderungen werde die angemeldete Marke [X.].[X.]ie Anmelderin habe die Marke als Wortzeichen angemeldet. Es [X.] nur an jeglicher graphischen Ausgestaltung des Zeichens, der [X.] auch weder im Hinblick auf die konkret beanspruchten Einzelwaren eigen-tümlich ausgewählt noch sei er auf irgendeine Weise in seiner [X.]arstellung ver-fremdet worden, etwa durch eine außergewöhnliche Stellung im Raum oderdurch Festlegung einer bestimmten Minimalgröße gegenüber anderen [X.]ruck-buchstaben hervorgehoben. Bei dieser [X.]arstellungsform bestehe für den [X.] kein konkreter Anlaß, gerade diesen Buchstaben als betrieblichen [X.] aufzufassen, wie dies etwa dann der Fall sein könne, wenn ersich als solcher für die Anmelderin durchgesetzt hätte. In der zum Markenge-setz ergangenen "Füllkörper"-Entscheidung des [X.] sei fürdie Annahme einer Unterscheidungskraft i.S. von Art. [X.]. [X.] eine augenfällige, von den üblichen Verkehrsgepflogenheiten abweichen-de Gestaltung einer Zahl für notwendig, aber auch ausreichend erachtet [X.], um Unterscheidungskraft anzunehmen. Es bestehe keine Veranlassung,die Unterscheidungskraft von Buchstaben nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], dermit Art. [X.]. [X.] [X.] inhaltlich übereinstimme, anders zu beur-- 5 -teilen. [X.]as stehe auch - wenngleich das ohne Bindungswirkung für die natio-nale Eintragungspraxis sei - im Einklang mit den Prüfungsrichtlinien des Har-monisierungsamtes für den Binnenmarkt, nach denen eine Gemeinschaftsmar-ke, die aus einem oder zwei Buchstaben oder Ziffern bestehe, als nicht unter-scheidungskräftig zu erachten sei, sofern die Buchstaben oder Ziffern nicht inungewöhnlicher Form wiedergegeben seien oder sonst besondere Umständevorlägen.II[X.] [X.]ie zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. [X.]ie Beur-teilung des [X.]s, der angemeldeten Wortmarke fehle jedeUnterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), hält der rechtlichen Nach-prüfung nicht stand.1. Zutreffend hat das [X.] die abstrakte Unterschei-dungseignung der angemeldeten Marke nicht in Zweifel gezogen. [X.] nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 Abs. 1 [X.] als Markeschutzfähig.2. [X.]as [X.] hat angenommen, daß bei der gewähltenMarkenform - die Marke "[X.]" ist als Wortzeichen angemeldet - für den Verkehrkein konkreter Anlaß bestehe, gerade diesen Buchstaben als [X.] aufzufassen. [X.]iese Auffassung ist nicht frei von [X.].Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einerMarke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-mittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmensgegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist- 6 -grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auchnoch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zuüberwinden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-[X.]rucks. 12/6581, [X.] =[X.] 1994, Sonderheft, [X.] Unrecht ist das [X.] davon ausgegangen, daß [X.] wegen eines allgemeinen - wenn auch nicht auf die konkret [X.] Waren bezogenen - [X.] an dem angemeldetenBuchstaben "[X.]" die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht zu geringanzusetzen seien. [X.]ie [X.] sind in der Vorschrift des § 8Abs. 2 [X.] abschließend festgelegt und beruhen auf den entsprechendenBestimmungen der Markenrechtsrichtlinie (Art. 3), die sich ihrerseits [X.] der Regelung in Art. [X.]. [X.] [X.] orientiert (vgl. [X.] 12). Schon diese Vorschriften, des weiteren aber auch der in§ 33 Abs. 2 [X.] eigens festgelegte Eintragungsanspruch steht im Einzel-fall der Aufstellung strengerer Anforderungen an die Unterscheidungskraft oderder Einführung weiterer, über die Regelung in § 8 Abs. 2 [X.] hinausge-hender [X.] entgegen ([X.], [X.]. v. 22.9.1999- [X.], [X.], 231, 232 = [X.], 95 - [X.]; [X.]. v.24.2.2000 - [X.], [X.], 741, 742 - LOGO).[X.]as [X.] hat die Unterscheidungskraft verneint, weil fürden Verkehr kein konkreter Anlaß bestehe, gerade den Buchstaben "[X.]" als einbetriebliches Unterscheidungsmittel aufzufassen. Eine konkrete, auf die [X.] bezogene Begründung für diese Annahme hat das [X.] nicht [X.] 7 -Es kann sich insoweit nicht auf einen allgemeinen Erfahrungssatz beru-fen. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus früheren Entscheidungendes [X.] zu Art. [X.]. [X.] [X.], an dem die mit§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] umgesetzte Bestimmung des Art. 3 [X.] sichorientiert. In der Entscheidung "[X.] [X.]" ([X.]Z 111, 134, 137 f.) ging [X.] um die Frage der Unterscheidungskraft der Buchstabenfolge "[X.]" als sol-cher, sondern um die konkrete besondere graphische Gestaltung dieser Buch-staben; in der "Füllkörper"-Entscheidung ([X.], [X.]. v. 6.7.1995- I ZB 27/93, [X.], 732, 733) stand - soweit im vorliegenden Zusam-menhang von Interesse - allein die besondere graphische Gestaltung der Ziffer"8" in Rede. Auch die die Unterscheidungskraft des Buchstabens "L" betreffen-de Entscheidung des 33. Senats des [X.]s ([X.] 38, 116,119 f.; vgl. auch [X.] 39, 140, 144, den Buchstaben "M" betreffend) enthältzur Frage eines Erfahrungssatzes nichts [X.], wenn es dort heißt,daß einzelne Buchstaben, die in einer der üblichen einfachen Schriftarten wie-dergegeben sind, vom Verkehr selbst bei markenmäßiger Alleinstellung in [X.] - vorbehaltlich besonderer Umstände - nicht als betrieblicher [X.] aufgefaßt würden; der Verkehr begegne Einzelbuchstaben im [X.] zwar häufig als Firmenabkürzungen, diese wiesen jedoch prak-tisch ausnahmslos eine gewisse graphische und/oder farbliche Ausgestaltungauf, die geeignet sei, sich dem Verkehr als individuelles Betriebskennzeicheneinzuprägen. Ein Einzelbuchstabe, der nur in Form einer einfachen Schrifttypein Verbindung mit einer Ware oder [X.]ienstleistung verwendet werde, erweckedagegen häufig nur die Vorstellung einer Typen-, Sorten- oder abgekürztenSachbezeichnung.In den Prüfungsrichtlinien des Harmonisierungsamtes für den Binnen-markt Nr. 8.3 ([X.]. [[X.]] 1996, 1307) ist zwar ausgeführt, daß [X.] 8 -schaftsmarken, die aus einem oder zwei Buchstaben oder aus Ziffern beste-hen, regelmäßig als nicht unterscheidungskräftig zu erachten seien. Ein tat-sächlicher Hintergrund etwa im Sinne eines dahingehenden Erfahrungssatzesfür diese Auffassung ist jedoch nicht ersichtlich.[X.]ie Auffassung des [X.]s führt in dieser Allgemeinheitauch zu einem unauflösbaren Widerspruch mit der Vorschrift des § 3 Abs. 1[X.]. Ist nämlich von der gesetzlich vorgesehenen [X.] auszugehen, kann deren (konkrete) Unterscheidungskraft für diein Rede stehenden Waren nicht unter Verlassen des gesetzlichen [X.] mit der allgemeinen Erwägung, der Verkehr werde den Buchstabennicht betriebskennzeichnend verstehen, in Frage gestellt werden. Eine Vernei-nung der (konkreten) Unterscheidungskraft setzt vielmehr auch bei [X.] in der Form von Einzelbuchstaben tatsächliche Feststellungen voraus, ausdenen entnommen werden kann, daß der Verkehr den Buchstaben für be-stimmte Waren nicht als Herkunftskennzeichnung versteht. [X.]as kann daranliegen, daß der Buchstabe eine beschreibende Bedeutung für die in Frage ste-henden Waren hat, z.B. der Buchstabe "[X.]" auf dem Warengebiet der [X.]raftfahr-zeuge für [X.]iesel (vgl. weitere Beispiele bei [X.], [X.], 461), unddeshalb vom Verkehr in diesem und nicht in einem die Herkunft der Warenkennzeichnenden Sinn verstanden wird.Fehlt es an einem beschreibenden Inhalt des Buchstabens für die [X.] Waren, so kommt - wie im Streitfall, in dem das Bundespatentge-richt eine entsprechende Feststellung für den angemeldeten Buchstaben "[X.]"bislang nicht getroffen hat - eine Verneinung jeglicher Unterscheidungskraftnicht in Betracht (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-[X.]rucks. 12/6581, [X.]= [X.] 1994, Sonderheft, [X.]). [X.]as [X.] wird deshalb im- 9 -einzelnen zu prüfen haben, ob nicht der angemeldete Buchstabe "[X.]" im [X.] auf die Ausführungen im angefochtenen [X.]uß (S. 6) zur Verwendungvon Buchstaben als Typen-, Serien- oder Modellbezeichnungen oder als An-gabe von Eigenschaften der Waren des [X.] jeder Unter-scheidungskraft entbehrt.[X.]as [X.] wird die Frage der Eintragungsfähigkeit desangemeldeten Buchstabens gegebenenfalls auch unter dem Gesichtspunkteines [X.] i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], den es [X.] nicht abschließend geprüft hat, zu beurteilen [X.]. [X.]anach war der angefochtene [X.]uß aufzuheben und die Sachezur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 [X.]).Erdmann[X.] [X.]Büscher Raebel

Meta

I ZB 4/98

15.06.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2000, Az. I ZB 4/98 (REWIS RS 2000, 1943)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1943

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.