Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. II ZR 299/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4901

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270916UIIZR299.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
299/15
Verkündet am:

27. September
2016

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
GmbHG § 21 Abs. 1 Satz 2
Die formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung mittels eingeschriebenen Briefs gemäß §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG werden durch ein
Einwurf-Einschreiben der [X.] gewahrt.

[X.], Urteil vom 27. September 2016 -
II ZR 299/15 -
KG

[X.]

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
September 2016
durch
den
Richter Prof.
Dr.
Strohn, die Richterin
Caliebe sowie [X.], Prof. Dr. Drescher und Born

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
September 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit Einwurf-Einschreiben der [X.] vom 23.
Juni 2011 wurde die Beklagte aufgefordert, einen angeblich noch offenen Betrag von 15.000

Juli 2011 für die Zahlung
gesetzt und angekündigt, dass für den Fall der [X.] gemäß §
21 Abs.
1 Satz
1 GmbHG der Ausschluss aus der Gesellschaft erfolgen werde. Eine Zahlung erfolgte nicht; der Geschäftsanteil der Beklagten an der Klägerin wurde kaduziert.
Das [X.] hat auf die Widerklage der Beklagten hin festgestellt, dass die von der Klägerin vorgenommene Kaduzierung des Geschäftsanteils 1
2
-
3
-
der Beklagten an der Klägerin unwirksam sei, weil das Stammkapital vollständig aufgebracht worden sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsge-richt das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert und die Widerklage abge-wiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der [X.].

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die formalen Voraussetzungen der Kaduzierung seien "unstrei-tig". Die Beklagte habe die mit Einschreiben vom 23.
Juni 2011 [X.] unter Nachfristsetzung von gut einem Monat verbun-den mit der Androhung des Ausschlusses aus der Gesellschaft bei fruchtlosem Fristablauf vorgelegt. Das Schreiben sei von der für das Verfahren zuständigen Geschäftsführerin unterzeichnet gewesen. Die materiell-rechtlichen Vorausset-zungen der Kaduzierung lägen ebenfalls vor.
II.
Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Die Parteien streiten nur noch über die Frage, ob die Kaduzierung nach §
21 Abs.
2, 3 GmbHG deshalb unwirksam ist, weil die erneute Aufforderung zur Zahlung mittels eines [X.] statt eines [X.] erklärt worden ist. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die sonstigen Voraussetzun-gen der
Kaduzierung vorliegen. Hiergegen erhebt die Revision keine Einwen-dungen.
3
4
5
6
-
4
-
Die Kaduzierung des Geschäftsanteils der Beklagten ist nicht deshalb unwirksam, weil die Zahlungsaufforderung nach §
21 Abs.
1 Satz
1 GmbHG als Einwurf-Einschreiben der [X.] versandt wurde. Die formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung mittels eingeschriebenen Briefs gemäß §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG werden durch ein Einwurf-Einschreiben der [X.] gewahrt.
1.
Die Beklagte ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus pro-zessualen Gründen daran gehindert, den Einwand zu erheben, ein Einwurf-Einschreiben sei kein eingeschriebener Brief im Sinne des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG. Die Frage, welche Art von Einschreiben als eingeschriebener Brief in diesem
Sinne anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage und keine Tatsachenfrage; sie kann daher nicht dadurch, dass das Berufungsgericht die formalen Voraus-setzungen der Kaduzierung als unstreitig angesehen hat, der revisionsrechtli-chen Prüfung entzogen werden.
a)
Die Beklagte hat sich weder vorprozessual noch im Prozess darauf berufen, dass die Zahlungsaufforderung als Einwurf-Einschreiben übermittelt wurde und deshalb die Kaduzierung unwirksam sei. Gestritten haben die [X.] nur darum, ob die Beklagte ihre Einlage erbracht hat. Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass die sonstigen Voraussetzungen der Kaduzierung vorlagen. Mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Be-rufungsgericht unter anderem darauf hingewiesen, dass: "der Senat davon
aus-geht, dass die formalen Voraussetzungen der Kaduzierung gemäß §
21 GmbHG unstreitig sind." Die Beklagte hat auf diesen Hinweis nicht reagiert.
b)
Dennoch durfte das Berufungsgericht die Frage, ob das Einwurf-Einschreiben den formalen Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG ge-nügt, nicht als unstreitig behandeln. [X.] im Sinne des §
138 Abs.
3 7
8
9
10
-
5
-
ZPO sind lediglich Tatsachen. Wenn die Parteien übereinstimmend einen Rechtsbegriff gebrauchen, aber zusätzlich Umstände vortragen, nach denen die rechtliche Würdigung unzutreffend ist, sind nur Letztere für das Gericht beacht-lich ([X.], Urteil vom 11.
Februar 2008

II
ZR
187/06, ZIP
2008, 757 Rn.
15 mwN). Das Berufungsgericht hätte daher die Frage entscheiden müssen, ob ein Einwurf-Einschreiben formal den Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG entspricht.
2.
Die Übermittlung der erneuten Aufforderung zur Zahlung der Einlage im Sinne des §
21 Abs.
1 Satz
1 GmbHG mittels eines [X.] der [X.] entspricht den formalen
Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG.
a)
Im Fall verzögerter Einzahlung der Einlage kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu [X.] Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsan-teil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden (§
21 Abs.
1 Satz
1 GmbHG). Diese Zahlungsaufforderung erfolgt nach §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG mittels eingeschriebenen Briefes. Nach einer Auffassung im Schrifttum muss ein eingeschriebener Brief im Sinne des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG ein [X.] sein, wobei ein [X.] mit Rückschein nicht gefordert wird. Das 1997 eingeführte Einwurf-Einschreiben reicht danach nicht aus (vgl. Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
19; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3.
Aufl., §
21 Rn.
7; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 19.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
37). Nach anderer Auffassung genügt die Zahlungsaufforderung durch Einwurf-Einschreiben den Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG (vgl.
[X.], GmbHG, 3.
Aufl., §
21 Rn.
4 mit §
51 Rn.
2; 11
12
-
6
-
[X.] in [X.]/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5.
Aufl., §
21 Rn.
18). Die letzt-genannte Auffassung ist richtig.
b)
Nach dem Wortlaut des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG erfolgt die Zah-lungsaufforderung mittels "eingeschriebenen Briefes", also per Einschreiben. Das Einwurf-Einschreiben der [X.] fällt ebenso wie das Über-gabe-Einschreiben unter den Oberbegriff des Einschreibens und damit unter den Wortlaut des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG. In den derzeit geltenden "[X.] NATIONAL"
der [X.] (Stand 1.
Januar 2016) findet sich unter Nr.
1 (1) 3. folgende Unterscheidung der in Betracht kommenden Leistun-gen: "Einschreiben, Einschreiben Einwurf, Eigenhändig, Rückschein
...". Dabei wird unter "Einschreiben"
das einfache [X.] verstanden, welches noch zusätzlich mit der Option "Rückschein"
und/oder "Eigenhändig"
kombiniert werden kann. Bei der Übermittlungsart "Einschreiben Einwurf"
wird der Begriff des "Einschreibens"
als Oberbegriff verwendet und der Zusatz "Ein-wurf"
lediglich als [X.] angefügt (vgl. Köper, [X.] 2008, 96, 97).
c)
Aus dem Willen des Gesetzgebers lässt sich kein Ausschluss des [X.] als zulässige Form der Übermittlung im Sinne des §
21 Abs.
1 Satz 2 GmbHG herleiten.
Im Zeitpunkt der Einführung des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG im Jahr 1892 gab es nur das [X.]. Der historische Gesetzgeber hat sich folglich nicht mit der Frage befasst, ob auch andere Formen des Einschrei-bens von der auszulegenden Norm erfasst werden sollen.
Der Hinweis der Revision, der Gesetzgeber habe in anderem Zusam-menhang zu erkennen gegeben, dass das Einwurf-Einschreiben den [X.] eines herkömmlichen eingeschriebenen Briefes nicht genüge, weil er in 13
14
15
16
-
7
-
§
4 Abs.
1 [X.] die Formulierung "mittels eingeschriebenen Briefes"
inzwi-schen durch "mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein"
ersetzt habe (so auch Verse in Henssler/Strohn, Gesellschafts-recht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
19), ist für die vorliegend zu beurteilende Frage nicht erheblich. Das [X.] hatte bereits vor der Gesetzes-änderung entschieden, dass
das Einwurf-Einschreiben der [X.] die Anforderungen an eine förmliche Zustellung nach dem [X.] nicht erfülle und damit die Zustellfiktion des §
4 Abs.
1 [X.] nicht auslösen könne. Dies lag unter anderem daran, dass §
2
Abs.
1 [X.] aF für die Zustellung die Übergabe voraussetzte (vgl.
BVerwG, Urteil vom 19.
September 2000

9
C
7/00, BVerwGE
112, 78 juris Rn.
8). §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG sieht demgegenüber gerade nicht vor, dass die Zahlungsauffor-derung dem Gesellschafter übergeben werden muss.
Die Aktivitäten des Gesetzgebers an anderer Stelle im GmbHG und die Untätigkeit bei §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG seit der Einführung des [X.] 1997 trotz kontroverser Diskussion lässt eher darauf schließen, dass der
Gesetzgeber insoweit keinen Handlungsbedarf sieht.
d)
Die teleologische Auslegung führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Einwurf-Einschreiben der [X.] den formalen Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG entspricht. Bei einer Gesamtbetrachtung der Vor-
und Nachteile der beiden Versendungsarten in Bezug auf Sinn und Zweck der Norm, nämlich der Zugangssicherung und der Sicherung der Beweisfüh-rung, ist das Einwurf-Einschreiben dem [X.] zumindest gleichwertig.
aa)
Hierbei kann offen bleiben, ob die Zahlungsaufforderung eine einsei-tige empfangsbedürftige Willenserklärung ist, die dem Gesellschafter gemäß 17
18
19
-
8
-
§
130 Abs.
1 [X.] zugehen muss, um wirksam zu werden ([X.] in [X.][X.], GmbHG, 8.
Aufl., §
21 Rn.
14; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
78; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 19.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.] in [X.], GmbHG, 11.
Aufl., §
21 Rn.
19; [X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
66; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
37), oder ob die Zahlungsaufforderung eine geschäftsähnliche Handlung darstellt. Denn auch die Vertreter der letztgenannten Auffassung halten §
130 [X.] für anwendbar (Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
7, 21; [X.] in [X.]/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5.
Aufl., §
21 Rn.
17 und 19). Für den Zugang gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze ([X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.] in [X.]/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5.
Aufl., §
21 Rn.
19; MünchKomm
GmbHG/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
66; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
39). Die Zahlungsaufforderung muss danach so in den Machtbereich des säumigen Gesellschafters
gelangt sein, dass dieser un-ter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen konnte (MünchKomm
GmbHG/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
66; vgl. [X.], Urteil vom 26.
November 1997

VIII
ZR
22/97, [X.]Z
137, 205, 208).
bb)
Die von §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG bezweckte Sicherung des [X.] wird bei Verwendung eines [X.] der [X.] jedenfalls ebenso gut gewährleistet wie bei der Übermittlung der Zahlungs-aufforderung mit einem [X.].
(1)
Das Erfordernis der Versendung einer Erklärung als Einschreibebrief soll vorrangig deren Zugang sichern ([X.], Urteil vom 21.
Januar 2004

XII
ZR
214/00, NJW
2004, 1320). Dementsprechend dient das Formerforder-nis des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG dazu, den Zugang der Zahlungsaufforde-20
21
-
9
-
rung sicherzustellen. Es soll außerdem erreicht werden, dass der Fristlauf zwei-felsfrei kontrolliert werden kann ([X.], GmbHG, 3.
Aufl., §
21 Rn.
4; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
19). Die [X.] dient aber auch dem Schutz des Gesellschafters als Erklärungsempfän-ger ([X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.] in [X.], GmbHG, 11.
Aufl., §
21 Rn.
19b). Dem Gesellschafter soll der "[X.] der Lage"
vor Augen geführt werden ([X.], [X.], 2.
Aufl., §
2
Rn.
65; [X.], GmbHG, 3.
Aufl., §
21 Rn.
4; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschafts-recht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
19). Damit soll die Effektivität und Praktikabili-tät der Kapitalaufbringung gestärkt werden ([X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
21 Rn.
8).
(2)
Bei Verwendung eines [X.] besteht ein höheres Risiko als bei einem Einwurf-Einschreiben, dass die Zahlungsaufforderung dem Gesellschafter nicht im Rechtssinne zugeht. Allein der Umstand, dass bei tat-sächlicher Übergabe
eines Schriftstücks dieses aus dem alltäglichen Postein-gang herausgehoben wird und dem Empfänger damit seine besondere Wichtig-keit vor Augen geführt wird (vgl. [X.], NJW 1997, 2503), wiegt dieses höhe-re Risiko nicht gänzlich auf.
Bei einem [X.] erhält der Empfänger oder ein sonsti-ger [X.] die Sendung nur gegen Unterschrift ausgehändigt. Wird der Empfänger und auch ein sonstiger [X.] nicht ange-troffen, hält die [X.] nach ihren [X.] die Sendung innerhalb einer Frist von sieben Werktagen (einschl. [X.]), beginnend mit dem Tag, der auf die versuchte [X.] folgt, zur Abholung bereit. Um die Abholung sicherzustellen, wird ein [X.] in den
Briefkasten des Empfängers eingelegt. Dieser Schein unterrichtet den Empfänger, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abho-22
23
-
10
-
lung bereitliegt. Holt der Empfänger das Einschreiben nicht innerhalb der Frist ab, ist es nicht im Sinne des §
130 [X.] zugegangen. Der Zugang des [X.] ersetzt den Zugang des [X.] nicht (st. Rspr. [X.], Urteil vom 11.
Juli 2007

XII
ZR
164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn.
20; Urteil vom 26.
November 1997

VIII
ZR
22/97, [X.]Z
137, 205, 208; Urteil vom 17.
April 1996

IV
ZR
202/95, ZIP
1996, 878, 879; Beschluss vom 20.
Oktober 1983

III
ZR
42/83, VersR
1984, 45; Urteil vom 18.
Dezember 1970

IV
ZR
52/69, VersR
1971, 262). Den Empfänger kann lediglich im Einzelfall eine Obliegenheit treffen, dafür zu sorgen, dass ihn derartige Postsendungen erreichen. Tut er das nicht, kann er sich möglicherweise nach [X.] und Glau-ben (§
242 [X.]) nicht darauf berufen, dass ihm die Sendung nicht zugegangen ist ([X.], Urteil vom 11.
Juli 2007

XII
ZR
164/03, NJW-RR
2007, 1567 Rn.
20
f.; Urteil vom 26.
November 1997

VIII
ZR
22/97, [X.]Z
137, 205, 208
f.; Urteil vom 17.
April 1996

IV
ZR
202/95, ZIP
1996, 878, 879).
Bei einem [X.] besteht damit das Risiko, dass der Zugang nicht bewirkt werden kann, weil der Empfänger die Sendung trotz Be-nachrichtigung nicht abholt. Der Empfänger muss sich auch nicht stets gemäß §
242 [X.] so behandeln lassen, als ob ihm die Erklärung zugegangen wäre.
Zu diesen Zugangsschwierigkeiten kann es beim Einwurf-Einschreiben nicht kommen. Diese Form des Einschreibens wird im Unterschied zum Über-gabe-Einschreiben nicht persönlich gegen Unterschrift an den [X.]. Die Ablieferung erfolgt in diesem Fall vielmehr durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Für den Zugang gemäß §
130 Abs.
1 Satz
1 [X.] genügt es, wenn das Schreiben so in den Bereich des [X.] gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies ist beim Einlegen in den 24
25
-
11
-
Briefkasten des Empfängers der Fall (vgl.
[X.], Urteil vom 8.
Januar 2014

IV
ZR
206/13, NJW 2014, 1010 Rn.
8).
(3)
Die Möglichkeit der Zugangskontrolle für den Absender, die Gesell-schaft, ist bei beiden Einschreibeformen gleich. Dem [X.] können die Sendungsnummer und der [X.] entnommen werden. Mit diesen Daten kann die Sendungsverfolgung für Einschreiben genutzt werden. Bei der [X.] kann sich der Absender den [X.] zugestellter Sendungen der Produktvariante [X.] anzeigen lassen. Auch beim Einwurf-Einschreiben erhält der Absender auf Wunsch

neben einer telefoni-schen Auskunft

eine Reproduktion des elektronisch archivierten Ausliefe-rungsbelegs.
(4)
Hinsichtlich der Zuverlässigkeit des [X.] selbst, also des [X.] der Sendung, ergeben sich keine Qualitätsunterschiede zwischen einem Einwurf-Einschreiben und einem [X.]. So ist die Aufgabe (Absendung) beider Arten von Einschreiben gleich und die Sendungen werden durch die gleichen Postangestellten ausgetragen. Nur am Empfangsort sind unterschiedliche Formalien zu beachten; auf die Sicherheit des [X.] selbst haben diese Formalien jedoch keinen Einfluss (so zu Recht Köper, [X.] 2008, 96, 98
f.).
(5)
Das [X.] bietet keine höhere Gewähr dafür, dass die erneute Aufforderung den Gesellschafter tatsächlich erreicht.
Das [X.] soll zwar dem Empfänger selbst übergeben werden. Dies geschieht aber nur dann, wenn der Empfänger vom [X.] angetroffen wird und empfangsbereit ist. Andernfalls wird lediglich eine Benachrichtigungskarte hinterlassen und das Schriftstück zur Abholung auf der 26
27
28
29
-
12
-
nächstgelegenen Poststelle hinterlegt, wo es -
wie ausgeführt
-
nicht abgeholt werden muss.
Ein bloßes [X.] ohne den Zusatz "Eigenhändig"

e-
Die entsprechende Person kann dann die Empfangsbestätigung gegenzeich-nen. Diese Form des einfachen [X.] würde nach der oben dargestellten überwiegenden Auffassung im Schrifttum den Anforderungen des §
21 Abs.
1 Satz
2 GmbHG genügen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei der [X.] durch einen Ersatzempfänger gegenüber dem Einwurf des Schreibens in den Briefkasten ein Vorteil im Hinblick darauf besteht, dass den Gesellschafter die erneute Aufforderung tatsächlich erreicht. Es ist ebenso möglich, dass der Ersatzempfänger vergisst, den Brief an den Empfänger zu übergeben, wie es möglich ist, dass der Empfänger den Briefkasten nicht leert oder das Schreiben zwischen Werbesendungen oder Ähnlichem abhanden kommt (vgl. Köper, [X.] 2008, 96, 98).
[X.])
Neben der Sicherung des Zugangs dient das Erfordernis der Über-mittlung der Zahlungsaufforderung mittels Einschreibens Beweiszwecken ([X.] in [X.]/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5.
Aufl., §
21 Rn.
18; Münch
KommGmbHG/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
63). Dieser [X.] ist bei Ver-wendung des [X.] der [X.] ebenfalls gewähr-leistet, mag die Beweiskraft auch nicht so ausgeprägt sein wie bei einem Über-gabe-Einschreiben. Bei Vorlage
des [X.]s zusammen mit der Reproduktion des [X.]s streitet ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Zahlungsaufforderung in den Briefkasten eingelegt ist.
30
31
-
13
-
(1)
Nicht zu folgen ist allerdings einer verbreiteten Ansicht, nach der die [X.] bereits durch den Nachweis der Absendung durch Vorlage des [X.] führen kann (so [X.]/[X.], GmbHR
2011, 505, 513; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 8.
Aufl., §
21 Rn.
14;
[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
21 Rn.
8; [X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
79; MünchKomm
GmbHG/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
68; [X.] in Henssler/Strohn, Gesell-schaftsrecht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
21; [X.] in [X.], GmbHG, 11.
Aufl., §
21 Rn.
19; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
21 Rn.
39). Diese Auffassung widerspricht den allgemeinen Grundsätzen. Danach kann der Beweis des Zugangs eines Schriftstücks selbst nach den Grundsätzen des Beweises des ersten
Anscheins nicht durch den Nachweis der Absendung als erbracht angesehen werden ([X.], Urteil vom 24.
April 1996

VIII
ZR
150/95, ZIP
1996, 1170, 1172; Urteil vom 7.
Dezember 1994

VIII
ZR
153/93, NJW
1995, 665, 666; Urteil vom 12.
Oktober 1978

IX
ZR
34/74, BeckRS
1978, 3120707; Urteil vom 27.
Mai 1957

II
ZR
132/56, [X.]Z
24, 308, 312
f.). Warum bei der Übersendung der Zahlungsaufforderung etwas anderes gelten soll, wird nicht begründet und ist auch nicht ersichtlich.
(2)
Beim Einwurf-Einschreiben erfolgt die Ablieferung durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten oder das
Postfach des Empfängers. Unmittelbar vor dem Einwurf zieht der Postangestellte das sogenannte "[X.]" (Ab-ziehetikett), das zur Identifizierung der Sendung dient, von dieser ab und klebt es auf den so vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung bezogenen [X.]. Auf diesem Beleg bestätigt der Postangestellte nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe die Zustellung. Auch beim [X.] erhält der Absender auf Wunsch

neben der telefonischen Auskunft

eine Reproduktion des elektronisch archivierten [X.]s (vgl. [X.], MDR
2007, 1338, 1339; [X.], NJW 2001, 2523, 2524;
32
33
-
14
-
Hosenfeld, NZM
2002, 93, 94). Bei Einhaltung dieses Verfahrens ist der Schluss gerechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den [X.] gelangt ist. Für den Absender streitet daher beim [X.] nach Vorlage des [X.]s zusammen mit der Reproduktion des [X.]s der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten bzw. das [X.] ist, wenn das vorbeschriebene Verfahren eingehalten wurde (vgl. [X.], [X.], 869, 870; [X.], NJOZ
2008, 840, 848
f.; [X.] BeckRS 2010, 66142; [X.], Urteil vom 8.
Juni 2010

11
Sa
496/09, juris Rn.
118; [X.] NJW
2001, 2523, 2524; [X.]/
[X.], JuS
2001, 899, 903
f.; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschafts-recht, 3.
Aufl., §
21 GmbHG Rn.
21; [X.]/[X.], [X.], 75.
Aufl., §
130 Rn.
21; MünchKomm[X.]/Einsele, 7.
Aufl., §
130 Rn.
46; ohne die Einhaltung des Verfahrens ausdrücklich zu erwähnen [X.] NJW
2000, 3722, 3723; AG
Hannover, NJOZ
2004, 67; AG
Erfurt, MDR
2007, 1338, 1339
f.; [X.], VersR
1999, 535; [X.],
NJW
2009, 2187, 2188; Oberverwaltungsge-richt für das [X.], Urteil vom 26.
Februar 2015

3
LB
11/14, juris Rn.
26; [X.]/Singer, [X.], (2012), §
130 Rn.
108; [X.]/[X.] [X.] §
130 Rn.
129; zu dem Verfahren vgl. [X.], 3722; [X.] Kempen, NJW
2007, 1215; [X.], VersR
2001,

-
15
-
1090; [X.]/[X.], NJW
1998, 2795, 2796; offen gelassen von [X.], Urteil vom 11.
Juli 2007

XII
ZR
164/03, NJW-RR
2007, 1567 Rn.
26).

Strohn

Caliebe

[X.]

Drescher

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.01.2014 -
28 O 394/11 -

KG, Entscheidung vom 07.09.2015 -
2 U 13/14 -

Meta

II ZR 299/15

27.09.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. II ZR 299/15 (REWIS RS 2016, 4901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4901

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II ZR 299/15

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