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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]ZR 164/03 Verkündet am: 11. Juli 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 540 Abs. 2, 315 Abs. 1 Satz 1, 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Auch ein sogenanntes Protokollurteil ist von [X.]mitwirkenden Richtern zu un-terschreiben. Es genügt nicht, folgende Urkunden miteinander zu verbinden: a) ein Sitzungsprotokoll, das zwar neben den Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch die nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO erforderlichen Anga-ben enthält, aber allein vom Senatsvorsitzenden und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben ist, b) ein zuvor von [X.]mitwirkenden Richtern unterschriebenes Blatt, das ledig-lich die Bezeichnung des Gerichts, das Aktenzeichen und die [X.]enthält. (Festhaltung an [X.]158, 37, 41; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2006 - II ZR 101/05 - NJW-RR 2007, 141 ff.) BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - [X.]ZR 164/03 - [X.] - 2 - Der XII. Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die [X.]Sprick, Fuchs, Dr. [X.]und die Richterin Dr. [X.]für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.]- Zivilsenate in [X.]- vom 15. Mai 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - mit Ausnahme der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren, die nicht erhoben werden -, an das [X.]zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines nach Verlängerung bis zum 31. Dezember 2001 befristeten Pachtvertrages über Werbevitrinen, der sich um weitere fünf Jahre verlängern sollte, wenn er nicht ein Jahr vor Ablauf durch eingeschriebenen Brief gekündigt werde. 1 Im Laufe des Jahres 2000 hatten die Parteien Verhandlungen aufge-nommen, weil die [X.]den [X.]hinaus nur zu geänderten Konditionen fortzusetzen bereit war. Am 21. Dezember 2000 kündigte ein [X.]- 3 - arbeiter der Beklagten dem Geschäftsführer der Klägerin telefonisch die Über-sendung eines neuen [X.]nebst Kündigung des [X.]an. Das am 22. Dezember 2000 als Übergabeeinschreiben mit Rückschein zur Post gegebene Kündigungsschreiben konnte jedoch beim Zustellversuch am 28. Dezember 2000 nicht ausgehändigt werden, weil die Klägerin ihren Betrieb zwischen den Feiertagen geschlossen hatte. Mit dem vom Postzusteller hinter-lassenen [X.]ließ die Klägerin das Schreiben am 2. Janu-ar 2001 abholen. Nach dem 31. Dezember 2001 nahm die [X.]die [X.]wieder in Besitz. Die Klägerin machte demgegenüber geltend, der Vertrag habe sich um weitere fünf Jahre verlängert, weil ihr die Kündigung nicht rechtzeitig zugegangen sei. Das [X.]wies ihre Klage auf Wiedereinräumung des Besitzes sowie auf Ersatz des [X.]ab. Die dagegen ge-richtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. 3 Das Berufungsgericht hat sein Urteil am Schluss der Sitzung verkündet, in welcher die mündliche Verhandlung stattfand. Das Sitzungsprotokoll ist nach einer in der mündlichen Verhandlung angefertigten vorläufigen Aufzeichnung hergestellt worden. In dieser vorläufigen Aufzeichnung befindet sich hinsichtlich der Feststellungen zu der verkündeten Entscheidung der Verweis auf eine [X.]mit der von [X.]drei Richtern des [X.]unterschriebenen Ur-teilsformel. Bei der Niederschrift des endgültigen Protokolls ist die aus der [X.]ersichtliche Urteilsformel vollständig in das Protokoll übertragen worden. Das auf diese Weise hergestellte Sitzungsprotokoll ist in der Urschrift (nur) von dem Vorsitzenden des [X.]und der Protokollführerin unterschrie-ben worden. 4 - 4 - Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Kla-gebegehren weiter. 5 Entscheidungsgründe: 6 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. I. Das angefochtene Berufungsurteil ist als Protokollurteil verfahrensfehler-haft unter Verstoß gegen § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO erlassen worden. 7 1. Wird das Urteil eines Berufungsgerichts in der mündlichen Verhand-lung verkündet, besteht für das Berufungsgericht zur [X.]die Mög-lichkeit der Absetzung eines Protokollurteils. Im Unterschied zum herkömmli-chen "Stuhlurteil", welches später vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übergeben ist (§ 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO), ist eine schriftliche Begründung des [X.]entbehrlich, wenn die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO an die Stel-le von Tatbestand und Entscheidungsgründen tretenden Darlegungen bereits in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sind (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dies ändert aber nichts daran, dass das Urteil selbst gemäß § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO von [X.]an der Entscheidung mitwirkenden Richtern zu unter-schreiben ist. 8 Ein Protokollurteil kann nach diesen Maßstäben prozessordnungsgemäß in der Weise ergehen, dass ein Urteil, welches alle nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 - 5 - 4 ZPO erforderlichen Bestandteile enthält, von den mitwirkenden Richtern un-terschrieben und mit dem Sitzungsprotokoll verbunden wird, um so den inhaltli-chen Bezug zu den in das Sitzungsprotokoll "ausgelagerten" Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO herzustellen ([X.]158, 37, 41; [X.]Urteil vom 28. September 2004 - [X.]362/03 - NJW 2005, 830, 831). Da die Frist zur Einlegung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde mit der Zustel-lung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beginnt (§§ 548, 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO), sind in diesem Fall sowohl das Urteil als auch das Protokoll zuzu-stellen (vgl. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher Ergänzungsband 2. Aufl. § 540 Rdn. 13). Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass das Sitzungsprotokoll - sofern es neben den erforderlichen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugleich sämtliche nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO erforderlichen An-gaben enthält - von [X.]mitwirkenden Richtern unterschrieben wird. Dann stellt diese Urkunde zugleich die Sitzungsniederschrift und das vollständige Urteil dar. 10 In jedem Falle muss das Urteil aber im Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die mitwirkenden [X.]bereits in vollständiger Form abgefasst sein (vgl. Zöller/[X.]ZPO 26. Aufl. § 315 Rdn. 1). Deshalb reicht es auch nicht aus, wenn die für die Verkündung des Urteils nach § 311 Abs. 2 ZPO re-gelmäßig erforderliche schriftlich abgefasste Urteilsformel bereits von den mit-wirkenden Richtern unterschrieben wurde und sodann mit dem [X.]verbunden wird. 11 2. Auf keinem dieser beiden möglichen Wege ist hier ein wirksames Pro-tokollurteil erstellt worden. Zwar trägt die als Anlage zur vorläufigen Protokoll-aufzeichnung genommene Urteilsformel die Unterschrift aller drei an der [X.]- 6 - scheidungsfindung beteiligten [X.]des Berufungssenats. Diese Anlage [X.]indessen selbst im Falle ihrer Verbindung mit dem endgültigen [X.]nicht zum Bestandteil eines ordnungsgemäßen [X.]werden können, weil ihr die erforderlichen Angaben nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO - mithin das vollständige Rubrum des Urteils - fehlen und die Unterschrif-ten der mitwirkenden [X.]daher nicht den ganzen notwendigen Inhalt des Urteils decken (vgl. Zöller/[X.]aaO § 313 Rdn. 25). Aus diesem Grunde ist das einzige Schriftstück, welches in Urschrift den Mindestinhalt eines Urteils nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 ZPO und zudem die an die Stelle von [X.]und Entscheidungsgründen tretenden Darlegungen nach § 540 Abs. 1 ZPO enthält, das Sitzungsprotokoll selbst, welches jedoch als einziger [X.]der Vorsitzende des [X.]unterschrieben hat. 3. Da das Berufungsurteil am Ende der Sitzung verkündet worden ist, hatte bereits diese förmliche öffentliche Bekanntgabe die Wirkung, dass das Urteil auch ohne die Unterschriften aller an der Entscheidungsfindung beteilig-ten [X.]nicht mehr als Entwurf, sondern als ein verbindlicher hoheitlicher Ausspruch anzusehen ist ([X.]137, 49, 52). Zwar können fehlende richterli-che Unterschriften mit Wirkung für die Zukunft nachgeholt werden ([X.]137 aaO S. 53), jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht mehr nach Ablauf der fünfmonatigen Frist gemäß §§ 517, 548 ZPO, deren Ende die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels in Lauf setzt (vgl. [X.]Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 243/04 - FamRZ 2006, 858; [X.]OLGR 1996, 34, 35; [X.]OLGR 1997, 93, 94; Zöller/[X.]aaO § 315 Rdn. 2; Mu-sielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 315 Rdn. 11). 13 Im vorliegenden Fall können die Unterschriften nicht mehr nachgeholt werden, weil seit der Verkündung des Urteils mehr als fünf Monate verstrichen sind. Das Fehlen der Unterschriften unter der Entscheidung stellt einen absolu-14 - 7 - ten Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO dar, weil eine nach Ablauf von fünf Monaten nicht mit den Unterschriften aller mitwirkenden [X.]voll-ständig zur Geschäftsstelle gelangte Entscheidung als "nicht mit Gründen ver-sehen" gilt (vgl. [X.]Urteil vom 27. Januar 1977 - [X.]- NJW 1977, 765 zu § 551 Nr. 7 ZPO a.F.; [X.]Urteile vom 27. Januar 2006 - V ZR 243/04 - FamRZ 2006, 858 und vom 16. Oktober 2006 - II ZR 101/05 - NJW-RR 2007, 141 ff.). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung vermag daran auch nichts zu ändern, dass das [X.]mit Beschluss vom 7. August 2003, mithin noch in der fünfmonatigen Frist gemäß §§ 517, 548 ZPO, einen offensichtlichen Schreibfehler berichtigt und einen weitergehenden Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestandes abgelehnt hat. Selbst wenn darin eine Bestätigung der an der ursprünglichen Entscheidung mitwirkenden [X.]zu sehen wäre, dass diese Entscheidung in vollem Umfang von ihrem Willen gedeckt ist und war, vermag sie die nach § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderli-chen Unterschriften nicht zu ersetzen. 15 Der aufgezeigte Verfahrensfehler führt daher - ohne dass es auf die wei-teren, von der Klägerin erhobenen Revisionsrügen ankäme - gemäß §§ 547 Nr. 6, 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung an das Oberlandesgericht. 16 II. Hinsichtlich der von der Revision aufgeworfenen materiellen Rechtsfra-gen weist der Senat für das weitere Verfahren auf das Folgende hin: 17 - 8 - Nach der im Sitzungsprotokoll wiedergegebenen Begründung wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil diese sich auf den verspäteten Zu-gang der Kündigung nicht berufen könne. Sie habe es nämlich versäumt, den Empfang des ihr angekündigten Schreibens sicherzustellen. 18 19 Diese Beurteilung ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstan-den: 1. Zwar vermag der (rechtzeitige) Zugang des [X.]den Zugang des Einschreibebriefes nicht zu ersetzen ([X.]67, 271, 275; [X.]137, 205, 208). Wer aufgrund vertraglicher Beziehungen mit der Zusendung rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, muss jedoch geeig-nete Vorkehrungen dafür treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen ([X.]Urteil vom 18. Dezember 1970 - [X.]- VersR 1971, 262, 263; [X.]67 aaO S. 278; [X.]Urteil vom 27. Oktober 1982 - [X.]- NJW 1983, 929, 930; [X.]137, 205, 208 f.; [X.]103, 277, 288; [X.]Urteil vom 22. September 2005 - 2 [X.]- NZA 2006, 204, 205). Das hat die Kläge-rin hier versäumt. Denn sie musste mit der Zusendung der Kündigung ernsthaft rechnen, weil die [X.]bei den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen deutlich gemacht hatte, über 2001 hinaus an dem Pachtvertrag nicht mehr zu gleichen Konditionen festgehalten werden zu wollen, und der Klägerin zudem am 21. Dezember 2000 telefonisch eine fristgerechte (d.h. spätestens am 31. Dezember 2000 eingehende) Kündigung angekündigt hatte. 20 2. Die somit gegebene Obliegenheitsverletzung der Klägerin wiegt [X.]nur dann so schwer, dass diese nach [X.]und Glauben so zu behandeln ist, als sei ihr die Erklärung rechtzeitig zugegangen, wenn auch die [X.]das ihr Zumutbare getan hat, damit ihre Erklärung den Adressaten rechtzeitig 21 - 9 - erreicht ([X.]137, 205, 209; [X.]NZA 2006, 204, 205). Das ist jedoch der Fall. 22 a) Grundsätzlich muss der Erklärende nach Kenntnis des gescheiterten Zugangs unverzüglich einen neuen Versuch unternehmen, die Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers zu bringen, dass diesem ohne Weiteres eine Kenntnisnahme des Inhalts möglich ist ([X.]137, 205, 209 m.w.N.). Denn zu Lasten des Empfängers ist der Zugang als solcher nur bei [X.]wie grundloser Annahmeverweigerung oder arglistiger Zugangsvereitelung zu fingieren. Schlichte Obliegenheitsverletzungen des [X.]werden hingegen nur mit einer Rechtzeitigkeitsfiktion sanktioniert, und auch dies grundsätzlich nur dann, wenn der Erklärende sei-nerseits den nachträglichen Zugang seiner Erklärung unverzüglich bewirkt. Hier bedurfte es eines erneuten Zustellversuches aber nicht, weil die Klägerin das Einschreiben noch innerhalb der Abholfrist von der Post abgeholt hatte und die [X.]deshalb keine weiteren Maßnahmen mehr ergreifen musste, um ihr Kenntnis vom Inhalt des Einschreibens zu verschaffen (vgl. [X.]WuM 2004, 270, 271). b) Die [X.]hat auch im Hinblick auf den rechtzeitigen Zugang des Kündigungsschreibens keine eigene Sorgfaltspflicht verletzt. Entgegen der [X.]der Revision ist ihr insbesondere nicht vorzuwerfen, die Kündigung am 22. Dezember 2000 (nur) als Übergabeeinschreiben mit Rückschein versandt zu haben, obwohl ihr mit Einwurfeinschreiben, normaler Geschäftspost oder Telefax auch andere Übermittlungswege zur Verfügung standen, um einen fristgerechten Zugang zu bewirken. 23 Die [X.]durfte nämlich davon ausgehen, dass die Klägerin sich auch auf den Empfang von [X.]einrichten werde, weil diese 24 - 10 - Form für die Kündigung ausdrücklich vereinbart war. Auch wenn darin nicht oh-ne weiteres die Vereinbarung eines zur Schriftform hinzutretenden, zusätzlichen Formerfordernisses zu sehen ist, musste die Klägerin sich jedenfalls darauf ein-stellen, dass die [X.]den für die Kündigung vertraglich vereinbarten Über-mittlungsweg wählen würde, um die damit regelmäßig bezweckte [X.](vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2004 - [X.]ZR 214/00 - NJW 2004, 1320). Deshalb kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden, seit dem 1. September 1997 könne eine eingeschriebene Sendung auch als Einwurfein-schreiben versandt werden, dessen Zustellung nicht von der Anwesenheit des Adressaten oder einer für ihn empfangsbereiten Person abhänge. Denn für die Wahl eines Übergabeeinschreibens (hier: mit Rückschein) sprechen sachliche Gründe. Beim Übergabeeinschreiben erfolgt die Zustellung gegen Unterschrift des Empfängers oder einer empfangsbevollmächtigten Person auf einem Aus-lieferungsbeleg, der bei der Post elektronisch archiviert wird. Beim [X.]mit Rückschein bestätigt der Empfänger den Erhalt der Postsen-dung mit Unterschrift und Datum auf dem Rückschein, der dem Absender zu-rückgesandt wird. Dieser erlangt damit ohne weiteres Zutun eine den Zugang belegende, vom Empfänger ausgestellte Privaturkunde (§ 416 ZPO). 25 Demgegenüber dokumentiert der Postzusteller beim Einwurfeinschreiben lediglich den Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers, und zwar auf einem [X.]mit Datum und Unterschrift, der dem [X.]aber nur auf Anforderung als schriftlicher [X.]zur Verfügung gestellt wird. Unabhängig davon, ob dieser im Prozess als Privaturkunde (Jä-nisch VersR 1999, 535, 536 f.) oder als Augenscheinsobjekt ([X.]NJW 2001, 2523, 2524) dienen kann, kommt ihm aber keine Beweiskraft zu, die den bei einem Übergabeeinschreiben erstellten Belegen gleichkommt. Denn er [X.]- 11 - legt gerade nicht die persönliche Übergabe an den Empfänger, und hinsichtlich der Möglichkeit der Kenntnisnahme infolge des [X.]in seinen Briefkasten ist der Beweiswert schon wegen möglicher Fehler des [X.]geringer (für den Beweis des ersten Anscheins bei ordnungsgemäß ausgefülltem Auslie-ferungsbeleg: [X.]OLGR 2005, 869, 870; Palandt/[X.]aaO Rdn. 21; [X.]aaO; [X.]aaO S. 537 f.; a.A. Bauer/Diller NJW 1998, 2795, 2796; [X.]VersR 2001, 1090, 1093). Für die Tatsache und den Zeit-punkt des Zugangs bietet ein Übergabeeinschreiben, insbesondere ein solches mit Rückschein, somit Nachweismöglichkeiten, die über jene eines Einwurfein-schreibens hinausgehen (vgl. Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 130 Rdn. 8; [X.]aaO; [X.]VersR 1998, 1198, 1204). Erst recht kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, das Kündi-gungsschreiben nicht zusätzlich mit einem weiteren Original auf einem anderen Übermittlungsweg versandt zu haben. Dazu hätte aus ihrer Sicht nur Anlass bestanden, wenn sie ernsthaft damit hätte rechnen müssen, die Klägerin werde das Übergabeeinschreiben nicht entgegennehmen. Hier durfte die [X.]27 - 12 - aber darauf vertrauen, dass die Klägerin ihrer Obliegenheit entsprechend auf den Empfang eingeschriebener Postsendungen eingerichtet war. Hahne [X.] [X.] [X.] Vézina
Vorinstanzen: LG Augsburg, Entscheidung vom 06.08.2002 - [X.]in Augsburg, Entscheidung vom 15.05.2003 - 14 U 820/02 -
Meta
11.07.2007
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2007, Az. XII ZR 164/03 (REWIS RS 2007, 2961)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 2961
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