Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.09.2014, Az. VII B 99/13

7. Senat | REWIS RS 2014, 3008

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Gegenstand

(Zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 71 AO bei Einbindung in einen Umsatzsteuerkarussellbetrug - Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit als Nichtigkeitsgrund)


Leitsatz

1. NV: Dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids steht nicht entgegen, dass weitere Haftungsschuldner nach § 25d UStG in Anspruch genommen werden könnten.

2. NV: In den Fällen, in denen nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen ist, weil aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, handelt es sich um einen von der Rechtsprechung entwickelten eigenständigen Versagungsgrund. Einer ausdrücklichen Normierung eines solchen im nationalen Umsatzsteuerrecht bedarf es nicht.

3. NV: In Fällen von Steuerhinterziehung wird der im Haftungsrecht zu beachtende Subsidiaritätsgrundsatz durch § 191 Abs. 5 Satz 2 AO und § 219 Satz 2 AO eingeschränkt.

4. NV: Beim Erlass eines Haftungsbescheids ist zu berücksichtigen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem Erlass der Steuern und damit mit einer Tilgung der Primärschuld zu rechnen ist.

5. NV: Im Fall einer Steuerhinterziehung steht eine mögliche Überkompensation des Vermögensschadens dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids nicht entgegen, da etwaige umsatzsteuerrechtliche Korrekturmöglichkeiten ihre Ursache nicht im Haftungsrecht haben.

6. NV: Bei einem Ermittlungsbericht der Steuerfahndung handelt es sich nicht um einen Prüfungsbericht i.S. des § 202 Abs. 1 AO.

7. NV: Beim Erlass eines Haftungsbescheids ist die Finanzbehörde nicht verpflichtet, den Ausgang eines gegen den Haftungsschuldner eingeleiteten Strafverfahrens abzuwarten.

8. NV: Dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids steht grundsätzlich nicht entgegen, dass nur ein vorläufiger Ermittlungsbericht der Steuerfahndung vorliegt.

9. NV: Die Rücknahme eines Einspruchs kann nur in besonders gravierenden Fällen unwirksam sein, wenn z.B. die Rücknahme von der Behörde durch eine bewusste Täuschung oder eine Drohung veranlasst worden ist. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, wenn einem Angeklagten für den Fall einer Rücknahme eines Einspruchs eine Berücksichtigung der damit verbundenen Schadensminderung ihm Rahmen der Strafzumessung in Aussicht gestellt wird.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurde vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) wegen Umsatzsteuerschulden einer GmbH, für die er als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer tätig war und die sich mit dem außerbörslichen Handel mit Emissionszertifikaten beschäftigte, nach § 71 der Abgabenordnung ([X.]) als [X.] in Anspruch genommen. Unter Hinweis auf die Verurteilung des Antragstellers wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall begründete das [X.] die Haftungsinanspruchnahme im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller wissentlich und zumindest mit bedingtem Vorsatz als Steuerhinterzieher in ein [X.] eingebunden gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Antragstellers liege darin, dass in der [X.] für November 2009 Vorsteuerbeträge aus Leistungen anderer Unternehmen geltend gemacht worden seien, obwohl dem Emissionszertifikatehandel eine wirtschaftliche Tätigkeit und somit umsatzsteuerbare Leistungen nicht zugrunde gelegen hätten. Aber selbst wenn von einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgegangen werden könne, sei ein Vorsteuerabzug deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsteller wusste bzw. hätte wissen müssen, dass die GmbH Umsätze getätigt habe, die in eine Steuerhinterziehung einbezogen gewesen seien. Gegen den Haftungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung (AdV), die vom [X.] jedoch abgelehnt wurde.

2

Mit der Begründung, am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 71 [X.] bestünden keine ernstlichen rechtlichen Zweifel, lehnte auch das Finanzgericht ([X.]) den Antrag auf AdV ab.

3

Der Antragsteller habe veranlasst, dass in der [X.] für November 2009 die Vorauszahlungen zu niedrig angegeben worden seien. Mit der Abgabe der unrichtigen Steuererklärung sei die Steuerhinterziehung vollendet gewesen. Zwar habe die GmbH durch den Handel mit Emissionszertifikaten trotz ihrer Einbindung in ein betrügerisches [X.] sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. § 3 Abs. 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht --weshalb § 14c UStG nicht entscheidungserheblich sei--, doch sei die Vorsteuer aus der Lieferung der Emissionszertifikate an die GmbH deshalb nicht abziehbar, weil der Antragsteller hätte wissen müssen, dass die GmbH in eine Mehrwertsteuerhinterziehung eingebunden gewesen sei. Deshalb sei er nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 6. Juli 2006 [X.]/04 ([X.]. 2006, [X.]) als ein an der Hinterziehung Beteiligter anzusehen. Hinsichtlich des Wissens bzw. des Wissenmüssens schließe sich das [X.] der Würdigung im Urteil des [X.] und den Ausführungen im Beschluss des [X.] an. Aufgrund der ihm bekannt gewordenen Umstände zur Gründung und Geschäftsgestaltung der GmbH sowie aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Antragsteller es als möglich und nicht ganz fernliegend angesehen habe, dass die GmbH in eine Umsatzsteuerhinterziehung eingebunden gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Antragstellers sei für den eingetretenen Schaden kausal, der sich im Streitfall nach den verkürzten und vorsätzlich nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen bemesse und durch die Entrichtung der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer durch die Lieferanten nicht kompensiert werde. Eine mögliche Überkompensation könne bei der [X.] im Rahmen des § 71 [X.] keine Berücksichtigung finden. Das [X.] im Fall von Steuerhinterziehung sei nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil in [X.]. 2006, [X.]) eine Ausnahme vom Neutralitätsprinzip. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe Abnehmer der Zertifikate Vorsteuerbeträge zurückgezahlt hätten oder ob der Steuerschaden durch die Besteuerung mehrerer sog. Buffer überkompensiert werde, komme es deshalb nicht an. Aufgrund der Einbindung in eine Steuerhinterziehung könnten im Streitfall die Grundsätze der anteiligen Tilgung, die nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) auch bei einer Haftung nach § 71 [X.] zu berücksichtigen seien, keine Anwendung finden, weil sich ansonsten der [X.] durch eine geringe Kapitalausstattung und entsprechende Steuerung des [X.] und [X.] der Haftung entziehen könne. Infolgedessen brauche auf die Mittel der GmbH im Haftungszeitraum und auf die Ermittlung der Tilgungsquote durch das [X.] nicht näher eingegangen zu werden. Fehler hinsichtlich der Ermessensausübung seien nicht erkennbar, obgleich sich die bedeutsame Frage stelle, ob infolge der Berichtigungsmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG bei [X.], die bei tatsächlichen Lieferungen nicht möglich sei, und der damit verbundenen Ungleichbehandlung vergleichbarer Hinterziehungstatbestände eine Berücksichtigung der Überkompensation des Steuerschadens im Rahmen der Ermessensausübung geboten sei.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Versagung der beantragten AdV, für die er die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt, rügt der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), weil das [X.] eine angekündigte schriftsätzliche Stellungnahme nicht abgewartet habe, und die fehlerhafte Rechtsanwendung des [X.]. Im Gegensatz zum [X.] habe das [X.] zwar zu Recht umsatzsteuerbare Leistungen und eine wirtschaftliche Tätigkeit der GmbH angenommen, jedoch den nunmehr eröffneten [X.] des § 25d UStG unberücksichtigt gelassen. Da im Streitfall eine Rechnungsberichtigung nach § 14c UStG nicht in Betracht komme, müsse eine Überkompensation durch Rückgriff auf § 25d UStG vermieden werden, der es ermögliche, sämtliche Unternehmer nachfolgender Handelsstufen als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen und damit die haftungsrechtliche Inanspruchnahme auf den tatsächlich eingetretenen Schaden zu begrenzen und zugleich eine Haftung nach § 71 [X.] auszuschließen.

5

Unzutreffend sei die Rechtsansicht, das bloße Wissen um die Einbindung in ein [X.] müsse zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führen; vielmehr sei hierzu eine nationale Regelung erforderlich, wie das [X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.] belege, das sich auf eine [X.] Vorschrift zur Versagung des Vorsteuerabzugs im Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung beziehe. Im [X.] Steuerrecht fehle es an einer solchen Vorschrift, denn Bösgläubigkeit sei in § 15 Abs. 1 UStG nicht als negatives Tatbestandsmerkmal ausgewiesen. Da der Vorsteuerabzug nicht hätte versagt werden dürfen, sei der angefochtene Haftungsbescheid rechtswidrig. Im Streitfall dränge sich die Anwendung des § 163 [X.] auf. Denn es könne nicht sein, dass derjenige in einem größeren Umfang in Anspruch genommen werde, der lediglich um die Betrugsbehaftetheit eines tatsächlichen Umsatzes hätte wissen müssen, als derjenige, der einen Umsatzsteuerbetrug durch [X.] begehe. Die Zahlungspflicht im Fall der Versagung des Vorsteuerabzugs sei eine Sanktion, die dem Neutralitätsprinzip widerspreche und die Anwendung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ausschlösse, wobei die Aberkennung der Vorsteuer auf [X.] des [X.] und Distributors dazu führe, dass eine Steuerschuld festgesetzt werde, die mit einer zuvor eingetretenen Bereicherung in keinem Zusammenhang stehe. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 6a UStG und zur Versagung der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen könne auf den Streitfall übertragen werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Steuerhinterziehung vorliege, könne es nicht um die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen des vermeintlichen [X.], sondern nur um die Erklärungen des [X.] als dem eigentlichen Steuerhinterzieher gehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Beteiligte, die in keinem abgesprochenen Verhältnis zum Steuerhinterzieher stünden und keine Bandenmitglieder seien, die strafrechtlichen Folgen des vom [X.] begangenen Betrugs tragen sollten. Der versagte Vorsteuerabzug könne kein Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 370 [X.] sein, so dass auch der Tatbestand des § 71 [X.] nicht erfüllt sei. In mehreren Punkten seien die Tatsachenfeststellungen des [X.], u.a. hinsichtlich der Preise im [X.], bestimmter Vergütungen, der Verwendung des Begriffs Lieferanten, der Zusammensetzung der Erwerbe und hinsichtlich der Einspruchsrücknahme richtigzustellen. Zu Unrecht habe das [X.] ein Mitverschulden des [X.] durch das Beobachten der Tat und der Erteilung der Zustimmung nach § 168 [X.], deren rechtzeitige Versagung Schäden hätte abwenden können, unberücksichtigt gelassen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids müsse es auch darauf ankommen, dass die Steuerschuld unverändert nach § 14c UStG festgesetzt sei.

6

Die im gerichtlichen AdV-Verfahren vorgelegten Steuerakten enthielten keinen Schlussbericht der Steuerfahndung, sondern lediglich einen Zwischenbericht und einen vorläufigen Ermittlungsbericht, auf den das [X.] den angefochtenen Haftungsbescheid zu Unrecht gestützt habe. Die Bearbeitung der Einsprüche und der Anträge auf AdV der gegen die GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheide habe das [X.] bewusst verzögert, um den Weg zu den Finanzgerichten zu erschweren. Dabei seien die Ermittlungsbehörden --u.a. die von der [X.] bundesweit eingesetzte [X.] zu der unzutreffenden und daher zu korrigierenden Rechtsauffassung gelangt, die GmbH habe aufgrund ihrer Beteiligung an einem [X.]betrug keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbracht. Schließlich habe das [X.] ohne eigene Willensbildung und Auswertung des Zwischenberichts, der unter Verletzung des § 202 Abs. 2 [X.] nicht bekannt gegeben worden sei, dem Anliegen der Steuerfahndung entsprochen und gegen die [X.] erlassen, die zur Sicherung des Steueranspruchs überhaupt nicht erforderlich gewesen seien. Tatsächlich müsse der Erlass dieser Bescheide der Steuerfahndung zugerechnet werden, so dass sich aus deren Unzuständigkeit die Nichtigkeit der Bescheide nach § 125 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ergeben könnte.

7

Vor der strafrechtlichen Beurteilung sei es nicht zu einer abschließenden Überprüfung des Vorgangs durch die Finanzgerichte gekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft habe im Strafverfahren eine kürzere Haftstrafe von der Einstellung der steuerlichen Verteidigung und von der Rücknahme sämtlicher Einsprüche abhängig gemacht. Indes sei die Rücknahme der Einsprüche, mit der das [X.] seine unzutreffende Rechtsauffassung habe durchsetzen wollen, zur Schadensminderung nicht erforderlich gewesen, weil der einzige vermeintliche Distributor alle aus dem Emissionshandel geltend gemachten Vorsteuern, die die der Anklage zugrunde gelegte Schadenssumme ausmachten, zurückgezahlt habe. Der Gesamtverlauf des strafrechtlichen Verfahrens deute auf ein unzulässiges Zusammenwirken von [X.], Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft hin. Tatsächlich habe der Mitangeklagte, der ebenfalls einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, unter dem Eindruck des Angebots der Staatsanwaltschaft, das auch als Drohung verstanden werden könne, und zur Erreichung einer Haftverkürzung die Einsprüche noch in der Hauptverhandlung zurückgenommen. Infolge der unzulässigen Einflussnahme, die das [X.] nicht unterbunden habe, sei von einer Unwirksamkeit der Rücknahme auszugehen.

8

Nicht hinreichend habe das [X.] die Indizien --insbesondere die vermeintlichen Mehrfachdurchläufe, die Preise der Zertifikate und die vermeintlich unzureichenden [X.] gewürdigt, die es zur Begründung des Kennenmüssens des Antragstellers herangezogen habe. Der Vortrag zu den Mechanismen des dynamischen Marktes und der Nichtanwendbarkeit der Erkenntnisse aus einem Warenhandel sei unzulänglich gewürdigt worden.

9

Inzwischen hat das [X.] dem [X.] mit Schreiben vom 12. Februar 2014 den steuerlichen Bericht der Steuerfahndung vom 2. Dezember 2013 übersandt. In diesem Bericht wird festgestellt, dass die GmbH als Buffer wissentlich in planmäßig hintereinander geschaltete Leistungsketten mit dem Handel so genannter Emissionsberechtigungen mit dem Ziel des [X.] eingebunden gewesen sei und dass sämtliche von der GmbH gehandelten Zertifikate zuvor über verschiedene [X.] gehandelt worden seien. Da der Bericht erst nach Abschluss des Strafverfahrens vorgelegt worden ist, hält der Antragsteller ihn für unwirksam. Das Versäumnis der rechtzeitigen Vorlage des [X.] könne nicht mehr behoben werden.

Der Antragsteller beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 13. Januar 2012 und der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit den Nummern 21026/12, 21027/12, 21028/12, 21029/12, 21030/12, 21031/12, 21033/12, 21034/12 jeweils vom 24. Januar 2012 und Nr. 21036/12 vom 6. Februar 2012 auszusetzen.

Das [X.] beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Es schließt sich nunmehr in Bezug auf die von der GmbH getätigten Umsätze der Rechtsauffassung des [X.] an. Bei der Übertragung von Emissionszertifikaten handele es sich um sonstige Leistungen. Ein Vorsteuerabzug sei indes zu versagen, weil bei dem Antragsteller aufgrund einer Vielzahl an Indizien feststehe, dass er als Geschäftsführer der GmbH wusste bzw. hätte wissen müssen, dass sich die GmbH an Umsätzen beteiligt habe, die in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen gewesen seien, weshalb für eine Korrektur nach § 14c Abs. 2 UStG kein Raum sei. Eine mögliche Überkompensation könne bei einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 [X.] keine Berücksichtigung finden. Auf die Vorsteuerbeträge habe der Distributor ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verzichtet und gegen die geänderten Steueranmeldungen Rechtsmittel eingelegt. Die Versagung des Vorsteuerabzugs auf jeder Handelsstufe diene der Betrugsprävention. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehe nur dem redlichen Unternehmer der Vorsteuerabzug zu, so dass eine Durchbrechung des [X.] gerechtfertigt sei. Bei einer Rückgängigmachung des [X.] bestehe nach § 17 Abs. 1 UStG die Möglichkeit zur Korrektur der geschuldeten Umsatzsteuer. Die Vorsteuerversagung sei von der Haftung einer anderen Person nach § 25d UStG scharf zu trennen, zumal bei einer Haftung nach § 71 [X.] das Ermessen regelmäßig vorgeprägt sei. Da die Einsprüche wirksam zurückgenommen worden seien, sei der Antragsteller mit Einwendungen gegen die Primärschuld ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 22. Juli 2014 VII S 18/13 (PKH) hat der [X.] den Antrag auf Gewährung von PKH unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers abgelehnt.

Entscheidungsgründe

II. Die nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangt der beschließende Senat zu der Auffassung, dass an der Rechtmäßigkeit des [X.] keine ernstlichen Zweifel bestehen, so dass das [X.] den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt hat.

1. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [X.]O). Nach der Rechtsprechung des [X.] bestehen solche Zweifel, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheids neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung einer Rechtsfrage bewirken ([X.]-Entscheidungen vom 15. Juli 1998 I B 134/97, [X.]/NV 1999, 372, und vom 10. November 1994 IV R 44/94, [X.]E 176, 303, [X.] 1995, 814, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im [X.]reitfall nicht gegeben.

2. Soweit der Antragsteller rügt, das [X.] habe den [X.] verletzt, weil es eine angekündigte [X.]ellungnahme nicht abgewartet habe, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen, welchen Inhalt die [X.]ellungnahme gehabt hätte und weshalb das [X.] verpflichtet gewesen wäre, seine Entscheidung bis zu einem ungewissen Zeitpunkt zurückzustellen.

3. Eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Antragstellers nach § 71 [X.] ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil zugleich eine Inanspruchnahme eines ebenfalls in den [X.] eingebundenen Unternehmens nach § 25d U[X.]G in Betracht käme. Nach dieser Vorschrift, die der Bekämpfung des [X.]s in Form von Karussellgeschäften dienen soll, kann ein Rechnungsempfänger, wie z.B. ein Buffer I oder --wie die GmbH im [X.] ein Buffer II, der nicht in einer unmittelbaren Beziehung zum [X.] steht, für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden, die eigentlich vom leistenden Unternehmer geschuldet wird, wobei Voraussetzung ist, dass der [X.] von dem Vorliegen eines Karussellgeschäftes wusste oder den Umständen nach von diesem hätte Kenntnis erlangen müssen (BTDrucks 14/6883). Im [X.]reitfall konnte das [X.] aus seiner Sicht von der Möglichkeit des § 25d U[X.]G vor Erlass des angefochtenen [X.] keinen Gebrauch machen, weil es die Rechtsauffassung vertrat, die GmbH habe keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt und folglich nicht als Unternehmer gehandelt.

Sofern durch die Entscheidung des [X.] und die infolgedessen geänderte Rechtsauffassung des [X.] nunmehr der Weg für ein Vorgehen nach § 25d U[X.]G eröffnet ist, kann dies auf die Rechtmäßigkeit des auf § 71 [X.] gestützten [X.] keine Auswirkungen haben. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist § 71 [X.] keine Sanktions-, sondern eine Haftungsnorm, mit der ein [X.] Ausgleich herbeigeführt werden soll. Dabei bemisst sich der für die Haftung maßgebliche Schaden allein nach dem Umfang der tatsächlichen Erfüllung der [X.]euerschuld, zu deren rechtzeitiger Begleichung der in Anspruch genommene [X.] verpflichtet war (Senatsurteil vom 21. Juni 1994 VII R 34/92, [X.]E 175, 198, [X.] 1995, 230). Im Fall eines unberechtigten Vorsteuerabzugs besteht der Schaden in der Begründung eines Umsatzsteuervergütungsanspruchs, der im Ergebnis zu einer entsprechenden Minderung der [X.]euerschuld und zu einem nicht angemeldeten nominalen [X.]euerbetrag führt ([X.]-Urteile vom 26. September 2012 VII R 3/11, [X.]/NV 2013, 337, und vom 5. August 2010 V R 13/09, [X.]/NV 2011, 81). Da die bei der Finanzbehörde eingereichten Voranmeldungen nach § 168 i.V.m. § 164 [X.] zu [X.]euerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führen, ist mit der Abgabe der unrichtigen [X.]euererklärungen die begangene [X.]euerhinterziehung vollendet (Senatsurteil in [X.]/NV 2013, 337). Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die nicht angemeldeten nominalen [X.]euerbeträge auf Dauer verkürzt sind (Entscheidungen des [X.] --[X.]-- vom 21. Januar 1998  5 [X.]R 686/97, Zeitschrift für Wirtschaft, [X.]euer, [X.]rafrecht --wistra-- 1998, 146, und vom 20. April 1999  5 [X.]R 54/99, [X.], 298). Dabei haben hypothetische Kausalverläufe, wie etwa eine theoretische Inanspruchnahme eines weiteren [X.]s nach § 25d U[X.]G, außer Betracht zu bleiben. Dies gilt selbst dann, wenn durch die mögliche Inanspruchnahme mehrerer [X.] und die Versagung des Vorsteuerabzugs eine Überkompensation einträte, denn eine solche hätte ihre Ursache nicht im Haftungsrecht, so dass die Rechtmäßigkeit eines auf § 71 [X.] gestützten [X.] nicht durch den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Änderung von [X.] oder einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme weiterer [X.] nach § 25d U[X.]G in Frage gestellt werden kann.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei nachträglicher Erfüllung der Primärschuld durch den [X.]euerschuldner oder einen ebenfalls in Haftung genommenen Gesamtschuldner eine Änderung des [X.] in Betracht kommt. In diesen Fällen kann der [X.] nach § 131 [X.] den Widerruf des [X.] beantragen, der durch eine Tilgung der Erstschuld nach Erlass der Einspruchsentscheidung nicht rechtswidrig wird (Senatsentscheidung vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, [X.]E 195, 510, [X.] 2002, 267). Ob im [X.]reitfall unter der Voraussetzung einer Rückgängigmachung der von der GmbH getätigten Umsätze eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 U[X.]G in Betracht gezogen werden könnte --wie das [X.] meint-- ist im Rahmen der hier zu treffenden summarischen Entscheidung aufgrund der präsenten Akten nicht zu entscheiden.

4. Die Versagung des von der GmbH geltend gemachten Vorsteuerabzugs aufgrund ihrer Einbindung in einen [X.]betrug ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht zu beanstanden.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] haben die Finanzverwaltung und das nationale Gericht den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise geltend gemacht worden ist ([X.]-Urteile vom 3. März 2005 [X.]/03, [X.]. 2005, [X.], und in [X.]. 2006, [X.], Rz 55). Nicht nur bei Scheingeschäften, sondern auch bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der [X.]euerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war ([X.]-Urteile vom 12. Januar 2006 [X.]/03, [X.]/03, [X.]/03, [X.]. 2006, [X.], und in [X.]. 2006, [X.]; [X.]-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, [X.]E 217, 194, [X.] 2009, 315). Dabei handelt es sich um einen von der Rechtsprechung des [X.] eigenständig entwickelten Versagungsgrund (Grube, Darstellung und Analyse der neueren Rechtsprechung zum innergemeinschaftlichen [X.], Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2013, 8). Entgegen der Ansicht der Beschwerde lässt sich der Entscheidung des [X.] in [X.]. 2006, [X.] nicht entnehmen, dass die Anwendung dieses Grundsatzes nur dann in Betracht kommt, wenn nationale Rechtsvorschriften diesen Versagungsgrund ausdrücklich normieren. Gegen eine solche Deutung spricht bereits der zweite Leitsatz der Entscheidung, der auf die im ersten Leitsatz wiedergegebene nationale Bestimmung keinen Bezug mehr nimmt. Im Übrigen hat der [X.] zur Auslegung des Art. 17 der [X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern [X.]ellung genommen, der in Abs. 2 die Voraussetzungen des Rechts zum Vorsteuerabzug regelt, und in diesem Zusammenhang auf den allgemeinen Grundsatz hingewiesen, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt sei. Die Entscheidungsgründe sind dahin zu deuten, dass dem Recht auf Vorsteuerabzug eine missbräuchliche Inanspruchnahme des [X.] entgegensteht und dass die nationalen Finanzverwaltungen und nationalen Gerichte dies --unabhängig von der ausdrücklichen Normierung eines solchen Versagungsgrundes in den nationalen [X.] zu berücksichtigen haben. Daher ist eine von der Beschwerde angemahnte nationale Regelung zur Versagung des Vorsteuerabzugs entbehrlich. Auch ist kein Grund ersichtlich, einen Unternehmer, der nicht als [X.], sondern wie im [X.]reitfall als Buffer II tätig wird, von der Versagung des Vorsteueranspruchs auszunehmen, die im Übrigen eine zulässige Ausnahme vom [X.] ist ([X.]-Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 78/07, [X.]/NV 2010, 2132).

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Versagung des Vorsteuerabzugs mit der Folge der gleichzeitigen Begründung eines Zahlungsanspruchs gegen den [X.]euerpflichtigen keine Sanktion in Form einer Kriminalstrafe, so dass nicht von einer Verkürzung von [X.]euern i.S. des § 370 Abs. 1 [X.] ausgegangen werden könnte. Vielmehr ist die Zahlungspflicht im [X.]euerschuldverhältnis begründet. In Höhe des durch den unberechtigten Vorsteuerabzug herabgesetzten Betrags ist nämlich eine bislang ungetilgte [X.]euerschuld entstanden (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, [X.]/NV 2002, 891). Die Versagung des Vorsteuerabzugs wirkt sich damit auf eine nach den Vorschriften des U[X.]G tatsächlich entstandene Umsatzsteuerschuld aus und begründet keinen eigenen Anspruch auf eine zusätzliche [X.]euerschuld, die dem Unternehmen als Verwaltungssanktion auferlegt wird. In den Rechtsfolgen bestehen somit erhebliche Unterschiede zu dem Fall der Versagung der [X.]euerbefreiung und des in § 6a U[X.]G normierten Vertrauensschutzes im Fall einer tatsächlich durchgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung eines Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat, wenn der Unternehmer davon Kenntnis hat, dass der Empfänger die im Bestimmungsland entstandene [X.]euer nicht abführen wird ([X.]-Urteil vom 7. Dezember 2010 [X.]/09, [X.]. 2010, [X.]). Denn in diesem Fall tritt der steuerliche Schaden allein im Ausland ein, so dass sich vergleichbare Rechtsfragen nicht stellen ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2010, 2132). Daher lässt sich entgegen der Ansicht der Beschwerde die zu § 6a U[X.]G entwickelte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht auf den [X.]reitfall übertragen.

5. Zu Recht weist das [X.] darauf hin, dass in Fällen der betrügerischen Einbindung in [X.]e beim Vorliegen von Scheingeschäften, denen keine umsatzsteuerbaren Leistungen zugrunde liegen, eine Berichtigung der geschuldeten Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 U[X.]G in Betracht kommt, da es sich in diesen Fällen um einen unberechtigten [X.]euerausweis handelt. Liegt indes eine wirtschaftliche Tätigkeit vor, so dass von einer Unternehmereigenschaft des Betroffenen auszugehen ist, kommt eine Anwendung des § 14c Abs. 2 U[X.]G nicht in Betracht, so dass sich der dem Fiskus zugefügte Vermögensschaden zumindest durch eine Korrektur nach § 14c Abs. 2 U[X.]G nicht ausgleichen lässt. Dieser Umstand und die damit verbundene Ungleichbehandlung beider Fälle kann jedoch nicht dazu führen, dass das [X.] in den Fällen, in denen eine Korrekturmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 U[X.]G nicht gegeben ist, aufgrund einer etwaigen Ermessensreduzierung am Erlass eines auf § 71 [X.] gestützten [X.] von vornherein gehindert wäre. Denn in beiden Fällen sind etwaige Korrekturmöglichkeiten, die zu einem Wegfall oder einer Reduzierung der Erstschuld führen könnten, nur in Ausnahmefällen zu berücksichtigen.

In den Fällen von [X.]euerhinterziehung wird der im steuerlichen Haftungsrecht zu beachtende Subsidiaritätsgrundsatz bereits durch § 191 Abs. 5 Satz 2 [X.] und § 219 Satz 2 [X.] eingeschränkt. Das [X.] braucht in Bezug auf die Primärschuld den Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht zu beachten und mit dem Erlass eines [X.] auch nicht abzuwarten, bis [X.] gegen den [X.] ausgeschöpft sind. Darüber hinaus braucht es auch nicht zuzuwarten, bis die Beteiligten etwaige Korrekturmöglichkeiten nach umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften ausgeschöpft haben. Nur bei außergewöhnlichen Umständen, bei denen feststeht, dass die [X.]euerschuld und damit die Primärschuld nicht besteht bzw. zu erlassen wäre, kann der Erlass eines [X.] ermessensfehlerhaft sein. Infolgedessen ist nach der Rechtsprechung des [X.] im Rahmen der Ausübung des [X.] eine beim [X.]euerschuldner vorhandene [X.] zu berücksichtigen ([X.]-Urteil vom 17. Oktober 2001 II R 67/98, [X.]/NV 2002, 610).

Dagegen brauchte das [X.] im [X.]reitfall im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nicht zu prüfen, ob die [X.]euerschuld, d.h. die von der GmbH geschuldete und mit Bescheid vom 19. Mai 2010 festgesetzte [X.] für den Monat November 2009, für die der Antragsteller haftet, zu mindern oder zu erlassen sein würde. Denn der [X.] des Antragstellers hat die gegen die [X.] eingelegten Einsprüche noch vor dem Erlass des [X.] zurückgenommen und damit die Bestandskraft der [X.]euerbescheide herbeigeführt. Somit waren hinreichende Gründe, nach denen das [X.] mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Erlass der [X.]euerschuld hätte ausgehen müssen, bei Erlass des [X.] nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei Erlass der Einspruchsentscheidung von einer gesicherten Überkompensation des Schadens nicht ausgegangen werden konnte. Denn auf die von ihm geltend gemachten Vorsteuerbeträge hat der Distributor nicht endgültig verzichtet und Rechtsmittel gegen die geänderten [X.] eingelegt. Unter solchen Umständen können selbst Zahlungen von Gesamtschuldnern auf die Erstschuld bei der Ermessensentscheidung außer Betracht bleiben (Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 VII R 37/06, [X.]/NV 2008, 526). Sofern sich aufgrund der Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts in anderen Fallkonstellationen als denen des [X.]reitfalls --insbesondere bei [X.] erweiterte Möglichkeiten zur Schadenskompensation bzw. zur Aufhebung der Erstschuld ergeben, kann dies keinen Einfluss auf die im konkreten Haftungsfall zu treffende Ermessensentscheidung haben, denn die Unterschiede in den Korrekturmöglichkeiten haben keine Ursache im Haftungsrecht (zur Überkompensation vgl. Senatsurteil in [X.]/NV 2013, 337).

6. Soweit der Antragsteller die Tatsachenfeststellungen des [X.] angreift, ist im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich, dass das als "klarstellender Vortrag" bezeichnete Vorbringen zu einer Rechtswidrigkeit des [X.] führen könnte, zumal der Antragsteller die Berichtigung vermeintlicher Unrichtigkeiten oder Unklarheiten in dem vom [X.] festgestellten Tatbestand durch einen Antrag nach § 108 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 [X.]O hätte veranlassen können.

Soweit die Beschwerde darüber hinaus vorträgt, trotz einfacher Darstellung der Preisgestaltung im [X.] und des dynamischen Marktgeschehens hätte das [X.] die Indizien unzutreffend gewürdigt und mit der Verwendung des Begriffs "Lieferanten" deutlich gezeigt, den dynamischen Markt nicht verstanden zu haben, kann daraus nicht geschlossen werden, das [X.] sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Antragsteller habe von der Einbindung der GmbH in einen [X.] Kenntnis haben müssen. Vielmehr ist die vom [X.] vorgenommene Würdigung der Indizien nachvollziehbar, wenn nicht sogar naheliegend. Im steuerlichen Bericht vom 2. Dezember 2013 sind eine Vielzahl an Indizien aufgelistet, die bei einer summarischen Betrachtung den Schluss nahelegen, dass dem Antragsteller --der in der Hauptverhandlung kein Geständnis abgelegt und ein Kennenmüssen der Umstände bestritten [X.] die Einbindung in einen groß angelegten [X.] nicht verborgen geblieben sein kann. Nachvollziehbar legt der Bericht als zu berücksichtigendes präsentes Beweismittel eine unübliche Preisgestaltung und exemplarisch unzureichende Preisverhandlungen dar. Vor dem Hintergrund der Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens in mehreren Mitgliedstaaten, über die der Antragsteller Erkundigungen einzog, plante er die die Gründung von Tochtergesellschaften in Mitgliedstaaten der [X.], in denen das insbesondere der [X.] dienende Erhebungsverfahren noch nicht eingeführt werden sollte. Ausweislich des steuerlichen Berichts belegen die Bemühungen um "alternative Handelsplätze" sowie die im Büro der GmbH sichergestellten Unterlagen, dass der Antragsteller in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH und dem für die Risikoprüfung Verantwortlichen von der Einbindung in einen [X.]betrug wusste. Bei diesem Befund bestehen nach Auffassung des beschließenden Senats keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs und damit an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Antragstellers nach § 71 [X.].

7. Die Behauptung der Beschwerde, das [X.] habe ein etwaiges Mitverschulden des [X.] im Rahmen seiner Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen, trifft nicht zu. Zum einen hat das [X.] darauf hingewiesen, dass ein Verschulden des [X.] nicht vorliegt, zum anderen hat es auf das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2004 XI R 3/03 ([X.]E 205, 394, [X.] 2004, 919) verwiesen, nach dem das Ermessen im Fall einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme eines [X.]s, der zu einer [X.]euerhinterziehung Beihilfe geleistet hat, derart vorgeprägt ist, dass es einer Begründung der Ermessensentscheidung nicht bedarf. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein etwaiges Mitverschulden der Finanzbehörde nur in den Fällen im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, in denen ihr Fehlverhalten gegenüber einem eher geringen Verschulden des [X.]s besonders stark ins Gewicht fällt (Senatsentscheidungen vom 2. November 2001 VII B 75/01, [X.]/NV 2002, 310; vom 11. Mai 2000 VII B 217/99, [X.]/NV 2000, 1442, und vom 19. März 1999 VII B 158/98, [X.]/NV 1999, 1304). Von einer groben Pflichtverletzung des [X.] durch bloßes Zuwarten und Erteilung der Zustimmung nach § 168 [X.] trotz gefasster Absicht, den Vorsteuerabzug zu versagen, und einem eher geringen Verschulden des Antragstellers, das gegenüber dem Verwaltungshandeln nicht besonders ins Gewicht fällt, kann im [X.]reitfall jedoch keine Rede sein; immerhin wurde der Antragsteller rechtskräftig wegen [X.]euerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.]) verurteilt.

8. Soweit die Beschwerde beanstandet, dem [X.] habe bei Erlass des angefochtenen [X.] lediglich ein Zwischenbericht und ein vorläufiger Ermittlungsbericht der [X.]euerfahndung vorgelegen, kann dieser Umstand nicht zur Rechtswidrigkeit des [X.] führen. Im Rahmen der Ausübung des ihr zustehenden [X.] und Auswahlermessens kann die Finanzbehörde sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzbar machen, wobei sie den Ausgang eines anhängigen [X.]rafverfahrens nicht abzuwarten braucht (Boeker in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 71 [X.] Rz 20; [X.]-Urteil vom 27. August 1991 VIII R 84/89, [X.]E 165, 330, [X.] 1992, 9). Soweit nach Erlass des [X.] ein Freispruch erfolgen sollte, sind die Voraussetzungen für eine Rücknahme des [X.] nach § 130 Abs. 1 [X.] zu prüfen ([X.] in [X.], [X.] § 71 Rz 13, m.w.N.). Erst recht hängt der Erlass eines auf § 71 [X.] gestützten [X.] nicht von der vollständigen Erstellung und Vorlage eines Schlussberichts der [X.]euerfahndung ab.

Zudem ist im [X.]reitfall zu berücksichtigen, dass das [X.] den am 13. Januar 2012 erlassenen Haftungsbescheid nicht nur auf den vorläufigen Ermittlungsbericht vom 11. Februar 2011, sondern auch auf die Verurteilung vom 21. Dezember 2011 des Antragstellers wegen [X.]euerhinterziehung und damit auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gestützt hat. Es brauchte dabei weder die Vorlage eines Schlussberichts der [X.]euerfahndung noch das Ergebnis des vom Antragsteller vor dem [X.] eingeleiteten Revisionsverfahrens abzuwarten. Ausreichend ist vielmehr, dass das [X.] aufgrund eigener Ermittlungen und der Aktenlage bei Erlass des [X.] zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Voraussetzungen einer [X.]euerhinterziehung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. [X.] ist darüber hinaus, dass das [X.] den steuerlichen Bericht über die Feststellungen im Rahmen der [X.]euerfahndungsprüfung erst am 2. Dezember 2013 und damit nach Erlass des [X.] erstellt hat. Soweit die Beschwerde eine Verletzung des § 202 Abs. 2 [X.] behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass Ermittlungsberichte der [X.]euerfahndung keine Prüfungsberichte i.S. des § 202 Abs. 1 [X.] sind ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 202 [X.] Rz 1), auch wenn Verwaltungsvorschriften (Nr. 127 A[X.]BV ([X.]) 2013, B[X.]Bl I 2012, 1019, 1051) auf eine entsprechende Anwendung des § 202 [X.] verweisen.

Eine Gehörsverletzung durch das [X.] liegt nicht vor, weil der Antragsteller selbst vorträgt, dass ihm dieser Bericht bereits im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 12. Februar 2014 zugesandt worden ist. Auch der vorläufige Ermittlungsbericht vom 11. Februar 2011 war ihm aus dem [X.]rafverfahren bekannt.

9. Soweit sich die Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit der gegen die GmbH erlassenen [X.] richtet, ist darauf hinzuweisen, dass diese infolge der Rücknahme der dagegen gerichteten Einsprüche bestandskräftig geworden sind. Somit können diese Einwände in dem vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Auch die behauptete Nichtigkeit der Bescheide nach § 125 Abs. 2 Nr. 1 [X.] aufgrund vermeintlicher Mängel in der sachlichen Zuständigkeit liegt nicht vor. Die [X.]euerbescheide wurden von dem für die [X.] erlassen. Auch wenn die [X.]euerfahndung auf den Erlass dieser Bescheide Einfluss genommen oder darauf hingewirkt haben sollte, verbliebe es beim Erlass durch die sachlich zuständige Behörde. Im Übrigen begründen Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit allenfalls dann einen [X.], wenn eine absolut sachliche Unzuständigkeit vorläge, so dass die Behörde --z.B. im Fall einer Ressortunzuständigkeit-- unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für den Erlass des Bescheids zuständig sein könnte ([X.] in [X.], § 125 [X.] Rz 18, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im [X.]reitfall offensichtlich nicht vor.

10. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Rücknahme der Einsprüche wirksam. Dass der ebenfalls einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH und Mitangeklagte zur Rücknahme der Rechtsbehelfe nur durch Äußerungen der [X.]aatsanwaltschaft und die Aussicht auf eine mildere [X.]rafe motiviert worden ist, kann an der Wirksamkeit der Rücknahme nichts ändern. Zwar ist die Rücknahme eines Einspruchs in besonders gelagerten Fällen unwirksam, wenn sie durch eine bewusste Täuschung oder Drohung veranlasst worden ist ([X.]-Urteile vom 29. Juni 2005 II R 21/04, [X.]/NV 2005, 1964, und vom 1. September 1988 V R 139/83, [X.]/NV 1989, 206), doch liegen im [X.]reitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Die Beschwerde behauptet lediglich, die [X.]aatsanwaltschaft habe in Bezug auf das [X.]rafmaß ein Angebot gemacht, das auch als Drohung habe verstanden werden können. In der Praxis ist es nicht unüblich, dass ein Angeklagter durch den Vertreter der [X.]aatsanwaltschaft darauf hingewiesen wird, dass sich ein ernsthaftes Bemühen um Schadensbegrenzung bzw. Wiedergutmachung im Rahmen der [X.]rafzumessung zu seinem Vorteil auswirken könne. Dabei liegt die Annahme fern, ein solcher Hinweis stelle eine unzulässige Drohung mit einer höheren [X.]rafe im Fall einer Nichtbefolgung des Hinweises dar. Zudem geht es nicht um einen erwarteten Verzicht auf Rechtsmittel gegen das [X.]rafurteil. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerde ist im [X.]reitfall nicht ersichtlich, dass der Mitangeklagte mit unlauteren Mitteln zur Rücknahme der Einsprüche veranlasst worden sein sollte. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen nach der Rechtsprechung des [X.] von einer Unwirksamkeit der Rücknahme der Einsprüche ausgegangen werden könnte.

11. Wegen der beantragten AdV der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen wird auf die Gründe des [X.]-Beschlusses verwiesen.

12. Gründe für eine Vollziehungsaussetzung wegen unbilliger Härte sind nicht ersichtlich.

13. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII B 99/13

12.09.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 26. April 2013, Az: 6 V 1827/12, Beschluss

§ 69 Abs 2 FGO, § 69 Abs 3 FGO, § 108 FGO, § 113 Abs 1 FGO, § 128 Abs 3 FGO, § 71 AO, § 125 Abs 2 Nr 1 AO, § 131 AO, § 168 AO, § 164 AO, § 191 Abs 5 AO, § 202 Abs 1 AO, § 202 Abs 2 AO, § 219 S 2 AO, § 370 Abs 1 AO, § 6a UStG 2005, § 14c Abs 2 UStG 2005, § 25d UStG 2005, Art 17 EWGRL 388/77, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.09.2014, Az. VII B 99/13 (REWIS RS 2014, 3008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3008

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