Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.10.2023, Az. V ZR 161/22

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9540

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Gegenstand

Fortbestehen des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung bis zum Eintritt des Leistungserfolgs; Verhinderung des Rechtserwerbs durch Geltendmachung der Verjährungseinrede


Leitsatz

Hat der Schuldner eines Anspruchs auf Eigentumsverschaffung an einem Grundstück das zur Herbeiführung des Leistungserfolgs (Verschaffung des Eigentums) seinerseits Erforderliche getan, besteht zwar der Anspruch auf Eigentumsverschaffung bis zu dem Eintritt des Leistungserfolgs fort, der Schuldner kann aber den Eintritt des Leistungserfolgs nicht mehr durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verhindern (Klarstellung zu BGH, Urteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04, NJW-RR 2005, 241, 243).

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger und der Beklagte sind Brüder. Ihr Vater (im Folgenden: Erblasser) unterbreitete dem Kläger am 23. Dezember 2002 ein notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags über mehrere mit Grundpfandrechten belastete Grundstücke des Erblassers. Das Angebot war bis zum 31. Dezember 2009 unwiderruflich befristet. Am 30. Dezember 2009 nahm der Kläger das Angebot in notariell beurkundeter Form an. Nach dem Inhalt des Vertrags sollte der Käufer die Grundstücke frei von den in Abteilung III eingetragenen Lasten erwerben. Der Kaufpreis von 6 €/m², insgesamt 79.698 €, sollte innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, unter anderem der Löschung der in Abteilung III eingetragenen dinglichen Belastungen bzw. der Sicherstellung der Löschung dieser Lasten durch Überlassung der vollständigen [X.] an den Notar, fällig sein. Der Vertrag enthielt zudem die Anweisung an den Notar, vor Kaufpreiszahlung weder den Umschreibungsantrag an das Grundbuchamt weiterzuleiten noch dem Kläger vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunde zu erteilen, die die Auflassung enthalten; der Kläger verzichtete bis zur Bezahlung des Kaufpreises auf sein grundbuchrechtliches Antragsrecht und wies den Notar an, den Umschreibungsantrag erst dann zu stellen, wenn ihm der Verkäufer den Erhalt des vollen Kaufpreises schriftlich bestätigt habe. Am 15. Januar 2010 erklärte die bevollmächtigte [X.] im Namen beider Vertragsparteien die Auflassung sowie die Bewilligung und Beantragung der grundbuchrechtlichen Eigentumsumschreibung. [X.] verstarb der Erblasser und wurde von dem Beklagten allein beerbt.

2

Mit seiner noch im Jahr 2019 zugestellten Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Überlassung von [X.] und [X.] an den [X.] sowie auf Zustimmung zur Löschung der Grundpfandrechte in Anspruch. Zudem verlangt er die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten wegen Verzugs mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Während des laufenden Verfahrens hat der Kläger Anfang des Jahres 2022 den Kaufpreis von 79.698 € bei dem Amtsgericht hinterlegt. Unter Vorlage einer ihm daraufhin erteilten Ausfertigung der [X.] und der Eintragungsbewilligung hat er bei dem Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung beantragt, die noch nicht erfolgt ist.

3

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung hat das [X.] die Klage abgewiesen. Darüber hinaus hat es der in dem Berufungsverfahren für den Fall der Wirksamkeit des Kaufvertrags erhobenen Widerklage auf Feststellung der Verjährung des Übereignungsanspruchs stattgegeben. Gegen das Berufungsurteil wendet sich der Kläger mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht meint, der zwischen dem Kläger und dem Erblasser geschlossene Vertrag sei wirksam, insbesondere nicht nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Aufgrund dieses Vertrags sei der Beklagte als Rechtsnachfolger des Erblassers grundsätzlich zu der [X.] Übereignung der Grundstücke verpflichtet. Der Beklagte könne aber die beantragte Lastenfreistellung nach § 242 BGB verweigern, weil der Kläger den Übereignungsanspruch wegen der von dem Beklagten zulässigerweise erhobenen Verjährungseinrede auf Dauer nicht mehr durchsetzen könne. Damit entfalle ein schutzwürdiges Eigeninteresse des [X.] an der Lastenfreistellung. Der Übereignungsanspruch verjähre in der zehnjährigen Frist des § 196 BGB, die hier bereits mit Annahme des Angebots am 30. Dezember 2009 zu laufen begonnen habe. Es könne dahinstehen, ob es an einem verjährungsfähigen Anspruch auf Eigentumsübertragung fehle und damit keine Verjährung mehr eintreten könne, sofern zwar mangels Eintragung in das Grundbuch noch kein Eigentumserwerb erfolgt sei, der Schuldner aber - wie hier - die ihm insofern obliegenden [X.] vor Ablauf der Verjährungsfrist bereits vollständig vorgenommen habe. Eine derartige Ansicht werde zwar durch die Entscheidung des [X.] vom 15. Oktober 2004 ([X.]) nahegelegt; die vorliegende Fallkonstellation sei aber nicht mit derjenigen vergleichbar, welche der Entscheidung des [X.] zugrunde gelegen habe. Denn der Beklagte habe nicht die bloße Übertragung des Eigentums, sondern die Verschaffung [X.] Eigentums geschuldet. Insofern sei noch keine Erfüllung eingetreten. Auch habe es der Kläger wegen seines Verzichts auf das Antragsrecht nicht in der Hand gehabt, jederzeit den Eintragungsantrag zu stellen. Dass der Kläger den Kaufpreis hätte zahlen und damit die Voraussetzung für seine eigene Antragstellung hätte herbeiführen können, stehe dem nicht gleich, weil er dazu entgegen den vertraglichen Regelungen den Kaufpreis bereits vor Fälligkeit hätte zahlen müssen. Die mit Ablauf des 30. Dezember 2019 eingetretene Verjährung sei auch weder gehemmt worden noch habe sie neu begonnen. Insbesondere hemme die vorliegende Klage die Verjährung des Übereignungsanspruchs nicht, da diese lediglich auf Lastenfreistellung gerichtet sei und daher einen anderen Streitgegenstand habe. Wegen der Verjährung des Übereignungsanspruchs sei auch die zulässige [X.], über die aufgrund des Eintritts der innerprozessualen Bedingung zu entscheiden sei, begründet.

II.

5

Die Revision hat Erfolg. Sowohl die Abweisung der Klage als auch die Stattgabe der [X.] sind rechtsfehlerhaft erfolgt.

6

1. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des [X.] auf Lastenfreistellung nicht verneint werden.

7

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass sich aus dem zwischen dem Erblasser und dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag, dessen Wirksamkeit im Revisionsverfahren zu Gunsten des [X.] zu unterstellen ist, ein Anspruch des [X.] gegen den Beklagten als Rechtsnachfolger des Erblassers (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf Lastenfreistellung ergibt. Gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2, § 435 Satz 1 BGB schuldet der Verkäufer dem Käufer die Übertragung [X.] Eigentums und damit auch die Herstellung von [X.]. Der Kaufvertrag enthält hier im Hinblick auf die in Abteilung III eingetragenen Lasten zudem eine entsprechende Regelung.

8

b) Richtig ist - jedenfalls im Ergebnis - auch, dass der Anspruch auf Lastenfreistellung, für den die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB gilt, nicht verjährt ist. Selbst wenn man unterstellt, dass die Verjährungsfrist gemäß § 200 Satz 1 BGB bereits mit dem Vertragsschluss am 30. Dezember 2009 zu laufen begonnen hat, hat die am 2. Dezember 2019 eingegangene und demnächst zugestellte (§ 167 ZPO) Klage die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

9

c) Von [X.] beeinflusst ist jedoch die Annahme des [X.], der Beklagte könne dem Anspruch auf Lastenfreistellung den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten, weil der Kläger den [X.] wegen der von dem Beklagten erhobenen Verjährungseinrede auf Dauer nicht mehr durchsetzen könne.

aa) [X.] ist insoweit schon der rechtliche Ausgangspunkt des [X.]. Es meint, der Verkäufer eines Grundstücks könne die geschuldete Verschaffung des Eigentums durch die Erhebung der Einrede der Verjährung verhindern, obwohl er bereits alle ihm insoweit obliegenden [X.] vorgenommen habe. Dies trifft nicht zu. Hat der Schuldner eines Anspruchs auf [X.] an einem Grundstück das zur Herbeiführung des [X.] (Verschaffung des Eigentums) seinerseits Erforderliche getan, besteht zwar der Anspruch auf [X.] bis zu dem Eintritt des [X.] fort, der Schuldner kann aber den Eintritt des [X.] nicht mehr durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verhindern.

bb) Der [X.] hat nämlich entschieden, dass bei erfolgsbezogenen Schuldverhältnissen der Schuldner, der das zur Herbeiführung des [X.] seinerseits Erforderliche getan hat, den Rechtserwerb des Gläubigers nicht mehr durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verhindern kann (vgl. Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 241, 243). Die Ausführungen des [X.]s beziehen sich - entgegen den Zweifeln der Revisionserwiderung - auch auf den [X.] auf [X.] an einem Grundstück und beschränken sich nicht auf die Prüfung eines Anspruchs auf Herausgabe des Ersatzes bei Unmöglichkeit nach § 281 Abs. 1 BGB aF.

cc) Allerdings ist die in dieser Entscheidung enthaltene Aussage, es fehle, soweit der Gläubiger von dem Schuldner ein - weiteres - Tätigwerden nicht verlangen könne, an einem Anspruch, der der Verjährung unterliegen könne (Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], aaO), missverständlich (vgl. kritisch daher BeckOGK/Piekenbrock, BGB [1.11.2023], § 196 Rn. 3.1; [X.] ZEV 2005, 395). Denn unzweifelhaft besteht ein [X.] solange fort, bis der geschuldete Leistungserfolg eingetreten ist (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück erlischt daher erst, wenn die Übertragung des Eigentums erfolgt ist. Da die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht nur die Auflassung, sondern auch die Eintragung des [X.] in das Grundbuch erfordert, erlischt ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück nach § 362 Abs. 1 BGB erst, wenn auch die Eintragung des [X.] in das Grundbuch erfolgt ist. Erst zu diesem Zeitpunkt, und nicht bereits dann, wenn der Schuldner die für die Eigentumsumschreibung erforderlichen [X.] vorgenommen hat, erlischt daher auch eine gegebenenfalls zur Sicherung des Anspruchs auf [X.] eingetragene Vormerkung (§ 883 Abs. 1 BGB; vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2019 - [X.], [X.], 229 Rn. 12).

dd) Trotz des [X.] des Anspruchs kann der Schuldner aber - und so sind die Ausführungen in dem Urteil des [X.]s vom 15. Oktober 2004 ([X.], NJW-RR 2005, 241, 243) zu verstehen - dann, wenn er alle für die Herbeiführung des [X.] von seiner Seite aus erforderlichen [X.] vorgenommen hat, den Eintritt des [X.] nicht mehr durch die Erhebung der Einrede der Verjährung verhindern.

(1) Das ergibt sich schon daraus, dass die Einrede der Verjährung den Schuldner gemäß § 214 Abs. 1 BGB nur dazu berechtigt, die Leistung zu verweigern. Hat der Schuldner aber die ihm obliegende Leistungshandlung bereits erbracht, gibt es keine Leistung mehr, die er verweigern könnte. Die auf eine bereits erbrachte Handlung bezogene Erhebung der Einrede der Verjährung ist daher wirkungslos. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner weiteren Handlungen des Gläubigers zur Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung; insbesondere fehlte für eine Klage des Gläubigers auf eine bereits erbrachte Leistungshandlung das Rechtsschutzbedürfnis.

(2) Dementsprechend kann der Schuldner eines Anspruchs, der auf Eintritt eines [X.] gerichtet ist, den Eintritt dieses Erfolgs nicht mehr mit der Erhebung der Einrede der Verjährung verhindern, wenn er im Hinblick auf den Eintritt dieses Erfolgs alle von seiner Seite aus erforderlichen [X.] vorgenommen hat. Kann der Leistungserfolg ohne die Mitwirkung des Schuldners eintreten, lässt sich sein Eintritt durch die Erhebung der Einrede der Verjährung nicht (mehr) verhindern. Den Schuldner trifft nur noch die Nebenpflicht, den Eintritt des [X.] nicht zu gefährden (vgl. [X.], Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 241, 243, und - allgemein zur Leistungstreuepflicht - Urteil vom 19. Januar 2018 - [X.], [X.] 2018, 686 Rn. 19 f. mwN).

(3) Auch der Verkäufer eines Grundstücks - wie hier der Beklagte als Rechtsnachfolger des Erblassers - kann die von ihm geschuldete [X.] nicht mehr durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verhindern, wenn er bereits alle [X.], die von seiner Seite aus für die Übertragung des Eigentums erforderlich sind, vorgenommen hat. Dass der Käufer nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 435 Satz 1 BGB oder aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von dem Verkäufer zudem die Verschaffung [X.] Eigentums verlangen kann, ändert hieran nichts.

2. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Annahme des [X.], dass keine [X.] des Beklagten für die Eigentumsübertragung mehr erforderlich sind, hält den Angriffen des Beklagten stand. Infolgedessen ist die Erhebung der Einrede der Verjährung durch den Beklagten wirkungslos.

a) Die für den Eigentumswechsel nach § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB notwendige Auflassung erklärte die von den Kaufvertragsparteien insoweit bevollmächtigte [X.] in deren Namen am 15. Januar 2010. Zwar ist die nach § 873 Abs. 1 BGB für den Eigentumsübergang ebenfalls erforderliche Eintragung in das Grundbuch noch nicht erfolgt. Die Eintragung selbst gehört aber ohnehin nicht zu den von dem Verkäufer geschuldeten [X.], da sie eine behördliche Tätigkeit ist, die der Schuldner aus Rechtsgründen nicht besorgen kann (vgl. [X.], Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 241, 243 mwN). [X.], die der Beklagte zu erbringen hat, sind für die Eintragung des [X.] in das Grundbuch nicht mehr erforderlich.

b) Für die Eintragung des [X.] in das Grundbuch bedarf es nach § 19 GBO der Bewilligung des eingetragenen Eigentümers als desjenigen, der von der Eintragung betroffen ist, sowie nach § 20 GBO des Nachweises der Einigung über die Übertragung des Eigentums. Zudem erfolgt die Eintragung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GBO nur auf Antrag desjenigen, der von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Sowohl die Auflassung als auch die Bewilligung wurden am 15. November 2010 von der von den Vertragsparteien bevollmächtigten [X.]n in der nach § 29 Abs. 1 GBO erforderlichen Form erklärt. Es kann dahinstehen, ob - was sich den Feststellungen nicht eindeutig entnehmen lässt - bereits der von der [X.]n gestellte Antrag dem Grundbuchamt zugeleitet wurde. Jedenfalls ist der Kläger als derjenige, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, in der Lage, selbst einen Umschreibungsantrag bei dem Grundbuchamt zu stellen, was er während des laufenden Verfahrens unter Vorlage der ihm nach der Hinterlegung des Kaufpreises erteilten Ausfertigung der [X.] und der Eintragungsbewilligung auch getan hat. Zu einem eigenen Antrag ist er nach dem Vertrag berechtigt, wenn er den Kaufpreis gezahlt bzw. hinterlegt hat.

bb) Keinen Erfolg hat der Einwand der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.], es hätte einer Zustimmung des Beklagten für die Weiterleitung des Eintragungsantrags an das Grundbuchamt bedurft. Zwar hat der Kläger den Notar in dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Kaufvertragsangebot angewiesen, den Umschreibungsantrag gemäß § 15 GBO erst dann zu stellen, wenn ihm der Verkäufer den Erhalt des vollen Kaufpreises schriftlich bestätigt habe. Zwingend ist dies aber nicht, weil der Kläger - wie geschehen - nach Hinterlegung des Kaufpreises die Ausfertigung der [X.] und der Eintragungsbewilligung verlangen und den Umschreibungsantrag dann selbst stellen konnte.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Da der Beklagte dem Anspruch auf Lastenfreistellung nicht den Einwand der Treuwidrigkeit entgegenhalten kann, können auch der Feststellungsantrag bezüglich der Verzugsschäden sowie der Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht mit dieser Begründung abgewiesen werden. Damit ist zugleich die Bedingung für die Entscheidung über die [X.] entfallen. Der [X.] kann aber nicht zugunsten des [X.] entscheiden, weil das Berufungsgericht die Unwirksamkeit des Kaufvertrags gemäß § 138 BGB als Grundlage für den geltend gemachten Anspruch mit rechtsfehlerhafter Begründung verneint und es für eine eigene Entscheidung des [X.]s an hinreichenden Feststellungen fehlt.

1. Das Berufungsgericht meint insoweit, der Beklagte habe zwar dargelegt, dass der Wert der Grundstücke mehr als das Sechsfache des Kaufpreises betrage, wonach der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB erfüllt wäre. Allerdings fehle es an dem erforderlichen Vortrag zu weiteren subjektiven Elementen.

2. Insofern ist schon - wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt - zweifelhaft, ob das Berufungsgericht erkannt hat, dass ein Kaufvertrag, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein kann (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 19. Januar 2001 - [X.], [X.], 298, 301 f.). Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, sind die Ausführungen des [X.] von [X.] beeinflusst.

a) Allerdings muss auch bei einem wucherähnlichen Rechtsgeschäft zu dem objektiv auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung der subjektive Umstand des Handelns des Begünstigten in verwerflicher Gesinnung hinzukommen, damit der Vertrag sich als sittenwidrig darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juli 2002 - [X.], [X.], 154, 155 f.; Urteil vom 2. Juli 2004 - [X.], [X.], 8, 14). Insoweit bedarf es eines Vortrags zu den subjektiven Voraussetzungen des wucherähnlichen Geschäfts. An den Vortrag der benachteiligten [X.] sind aber keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem Vortrag zu einem groben objektiven Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ersichtlich ist, dass die davon benachteiligte Vertragspartei sich auf die daraus begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (vgl. [X.], Beschluss vom 2. April 2009 - [X.], [X.], 797 Rn. 14; Urteil vom 9. Oktober 2009 - [X.], [X.], 363 Rn. 19).

b) Hier hat sich der Beklagte, worauf die Revisionserwiderung hinweist, im Berufungsverfahren auf den Unterschied des Wertes der Grundstücke und des Kaufpreises und die sich daraus ergebende tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung berufen. Dieser Vortrag genügt den hieran zu stellenden Anforderungen für die subjektiven Voraussetzungen des wucherähnlichen Geschäfts.

3. Das Berufungsgericht wird daher Feststellungen zu treffen haben, inwieweit von einem objektiv besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen ist, und gegebenenfalls die tatsächliche Vermutung, die aus dem objektiv besonders auffälligen Missverhältnis folgt, tatrichterlich zu würdigen haben; dabei wird es auch die familiäre Beziehung zwischen den Vertragsparteien in den Blick nehmen müssen.

Brückner     

      

Göbel     

      

Malik 

      

Laube     

      

Grau     

      

Meta

V ZR 161/22

13.10.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 20. Juli 2022, Az: 4 U 109/21

§ 196 BGB, § 200 S 1 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 214 Abs 1 BGB, § 362 Abs 1 BGB, § 433 Abs 1 S 2 BGB, § 435 S 1 BGB, § 873 Abs 1 BGB, § 925 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.10.2023, Az. V ZR 161/22 (REWIS RS 2023, 9540)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9540

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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