Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. XI ZR 77/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2971

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI
ZR
77/13
Verkündet am:
16. September 2014
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
September
2014 durch [X.] [X.] und [X.]
Ellenberger, [X.], Dr.
Matthias und die Richterin Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13.
Zivilsenats des Hanseatischen
Oberlandesgerichts in [X.] vom 30.
Januar
2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine in [X.] ansässige Bank, nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem dieser eine Kapitalan-lage finanziert hat. [X.] beansprucht von der Klägerin im Wege der Widerklage Zahlung von 62.706,06

a-ge aus Eigenkapital und für Provision aufgewendet bzw. durch die Verwertung einer Sicherheit verloren hat.

1
-
3
-
[X.] nahm mit Vertrag vom 22./29.
März
2006, den er an sei-nem Wohnsitz in [X.] unterzeichnete, bei der Klägerin einen Kontokorrent-Rahmenkredit bis zu 120.000

auf. In der Vertragsurkunde
heißt es u.a.:
"3. Kreditzweck:

Aufbau Altersvorsorge

12. Anwendbares Recht und Gerichtsstand:
Alle Rechtsbeziehungen des Kunden mit der Bank unterstehen
dem
liechten-stei"

[X.] finanzierte mit dem Darlehen den Erwerb einer Kapitalle-bensversicherung mit einer Einmalprämie von 150.000

bei der [X.]

AG mit Sitz in [X.] (nachfolgend: [X.]

). Das vom Beklagten hierfür aufgewandte Eigenkapital betrug 50.000

. In den [X.] Versicherungsbedingungen für diese Lebensversicherung der
[X.]

heißt es in §
5
Abs.
3:
"Wie Ihre Beiträge, abgestimmt auf Ihre Risikobereitschaft, angelegt werden, bestimmen Sie aufgrund der vor Versicherungsbeginn festgelegten Anlage-strategie."

[X.] unterzeichnete am 1.
Februar
2006 ein mit "Anlagestrate-gie"
überschriebenes Formular, in dem es u.a. heißt:
"Die Verwaltung des Vermögens basiert auf folgender Anlagestrategie

Anlageziel:
Vermögenszuwachs
Aufteilung [X.]:

in Prozent

S.

Garantie

oder ff.
100 %
2
3
4
-
4
-

Ich erkläre [X.] ausdrücklich damit einverstanden, dass folgender Vermö-gensverwalter für die Verwaltung des [X.] eine Vollmacht erhält:

S.

AG

"

Darüber hinaus unterzeichnete der Beklagte am 22.
März
2006 ein mit "Verwaltungsvollmacht an Dritte"
überschriebenes Formular der Klägerin, mit dem er als Vollmachtgeber die S.

AG mit Sitz in der [X.] (nachfolgend: S.

) als Bevollmächtigte ernannte, ihn gegenüber der Klägerin zu vertreten. Mit weiterer Erklärung vom 22.
März
2006 [X.] er seine Ansprüche aus dem mit der [X.]

geschlossenen Lebens-versicherungsvertrag sicherungshalber an die Klägerin.
Die gesamte Kapitalan-lage war dem Beklagten von seinem Anlageberater M.

empfohlen worden.
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten am
16.
Januar
2009 die Schließung einer Deckungslücke von 28.699

, die durch eine Wertminderung der verpfändeten Lebensversicherung entstanden war. Daraufhin trat der [X.] Ansprüche aus einer weiteren Kapitallebensversicherung an die Klägerin ab. Am 26.
Januar
2010 forderte die Klägerin den Beklagten "letztmalig"
auf, ei-ne noch bestehende Unterdeckung von 19.330

zurückzuführen.
Da diese [X.] erfolglos blieb, stellte die Klägerin, wie von ihr angekündigt, das [X.] fällig.
Mit ihrer Klage beansprucht die Klägerin nach Verwertung der siche-rungshalber verpfändeten und zusätzlich abgetretenen Ansprüche aus den [X.] noch 22.990,87

. [X.] begehrt mit der [X.] die Rückzahlung des von ihm aufgewandten Eigenkapitals von 50.000

, des aus der Verwertung der weiteren Lebensversicherung erzielten Erlöses von 5
6
7
-
5
-
11.706,06

und der an die S.

gezahlten Darlehensvermittlungsprovision von 1.000

.
[X.] hält [X.] Verbraucherschutzrecht für anwendbar und meint, dass er danach berechtigt sei, seine auf Abschluss des Darlehensvertra-ges gerichtete Willenserklärung zu widerrufen.
Zudem
habe die Klägerin wegen Verletzung von Aufklärungspflichten über die Risiken des Anlagemodells Scha-denersatz zu leisten.
Das [X.] hat der Klage antragsgemäß stattgegeben und die Wi-derklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat demgegenüber die Klage ab-gewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 62.706,06

nebst Zinsen zu bezahlen. Mit der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge zu Klage und Widerklage
wei-ter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von [X.]eresse, im Wesentlichen ausgeführt:

8
9
10
11
-
6
-
Die [X.] Verbraucherschutzvorschriften (§§
355, 495
Abs.
1 [X.] in der bis zum 10.
Juni
2010
gültigen Fassung, und §
358 [X.] in der bis zum 29.
Juli
2010 gültigen Fassung, nachfolgend
jeweils
aF) seien nach Art.
29 EG[X.] in der bis zum 16.
Dezember
2009 gültigen Fassung
(nachfolgend: aF)
anwendbar. Der streitgegenständliche Kreditvertrag sei als [X.] einer Dienstleistung anzusehen. Der Lebensversicherungsvertrag [X.] nur im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag und der Beteiligung an dem "S.

Garantie Fonds"
gesehen werden, da es sich um ein "geschlos-senes Anlagekonzept"
gehandelt habe. Die [X.]

sei mit versicherungs-typischen Risiken

der Leistung einer bestimmten garantierten [X.] bei Eintritt des Versicherungsfalles

nicht belastet worden. Der von ihr im Fall des Todes des Versicherungsnehmers zu leistende Betrag bemesse sich vielmehr nach dem zu diesem Zeitpunkt aktuellen Wert des [X.]. Die [X.]

habe an einem wichtigen Teilaspekt der Vermögens-verwaltung

der Regulierung der aus der Vermögensverwaltung anfallenden Kosten

direkt mitgewirkt, damit
"gewissermaßen eigenhändig"
eine wesentli-che Dienstleistung im Rahmen der Vermögensverwaltung erbracht
und sei den Kunden gegenüber faktisch wie eine Vermögensverwalterin aufgetreten.
Das "Anlagekonzept"
sei darauf angelegt gewesen, dass die eingezahl-ten Beträge in einen der S.

Garantie
Fonds investiert würden. [X.] habe der Versicherungsnehmer in Bezug auf den in den [X.] einzubringenden Vermögenswert keine Wahlfreiheit gehabt.
Im Prospekt des Fonds werde
eine "klassische Vermögensverwaltung"
beschrieben, wonach die Kundengelder im Deckungsstock "nach dem [X.] in unterschiedliche alternative Investmentstrategien über mehrere Hedge Fonds Manager und [X.] inves-tiert"
würden. Unter Berücksichtigung der "miteingekauften"
Vermögensverwal-12
13
14
-
7
-
tung durch die S.

liege auch keine Dienstleistung von nur untergeordneter Natur vor, da die Kapitalanlage möglichst
gewinnbringend habe investiert wer-den
sollen.
Der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 6.
Dezember
2010 erklärte [X.] seiner auf Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung sei gemäß §§
495
Abs.
1, 355 [X.] wirksam. Eine Widerrufsfrist habe ge-mäß §
355
Abs.
3 [X.] in Ermangelung einer Widerrufsbelehrung nicht
be-standen. Da es sich bei dem Darlehen und dem "Kapitalanlagevertrag"
um ver-bundene Verträge im Sinne von §
358
Abs.
3 [X.] gehandelt habe, müsse der Beklagte der Klägerin weder die Darlehensvaluta noch die entstandenen Zinsen oder Kosten erstatten. Die Klägerin sei verpflichtet, dem Beklagten die
von ihm eingebrachten 50.000

die geleistete Vermittlungsprovision
von 1.000

l-ten Lebensversicherung zu erstatten.

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entschei-denden Punkt nicht stand.
Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte hat der Senat geprüft und bejaht. Sie ergibt sich für die Klage aus Art.
2
Abs.
1 EuGVVO und für die Widerklage jedenfalls aus §
39 ZPO in entsprechender Anwendung.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die dem [X.] §§
495
Abs.
1, 355, 358 [X.] seien gemäß Art.
29
Abs.
1 EG[X.] auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag anwendbar, ist rechtsfehlerhaft. Dem Beklagten steht nach diesen Vorschriften kein Widerrufsrecht
zu.
15
16
17
18
-
8
-
1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der von den Parteien ge-schlossene Kreditvertrag dem in Ziffer
12 der Vertragsurkunde gewählten Recht des Fürstentums [X.] unterliegt. Das Zustandekommen und die Wirk-samkeit der Einigung der Parteien über das anzuwendende Recht beurteilen sich vorliegend gemäß Art.
27
Abs.
4 in
Verbindung
mit Art.
31
Abs.
1
EG[X.]
nach dem Recht des Fürstentums [X.]. Da das [X.] dieses Recht nicht ermittelt hat, ist revisionsrechtlich zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die zwischen den Parteien getroffene Rechtswahlvereinbarung nach liechtensteinischem Recht wirksam ist.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die gemäß Art.
27 EG[X.] eröffnete
Rechtswahl vorliegend nicht nach Art.
29
Abs.
1
EG[X.]
eingeschränkt, da dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor-liegen.
a) Das streitgegenständliche Darlehen stellt

anders als das Berufungs-gericht meint

keinen Vertrag zur Finanzierung einer Dienstleistung
im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] dar.
Ein Kredit-
oder Darlehensvertrag ist als Finanzierungsvertrag
im Sinne des Art.
29 EG[X.] einzustufen, wenn zwischen ihm und einem Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen oder über die Erbringung von Dienst-leistungen eine Zweckbindung besteht, er mithin der Finanzierung eines sol-chen Liefer-
oder Dienstleistungsvertrages dient ([X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.]
Rn.
55; MünchKomm[X.]/[X.]y, 4. Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
21; Soergel/von [X.], [X.], 12. Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
11). Dabei ist der Begriff der "Erbringung von Dienstleistungen"
in Art.
29
Abs.
1 EG[X.] nach dessen Schutzzweck
weit auszulegen. Er umfasst tätigkeits-bezogene Leistungen aufgrund von Dienst-, Werk-, Werklieferungs-
und Ge-19
20
21
22
-
9
-
schäftsbesorgungsverträgen (Senatsurteile vom 26.
Oktober
1993

XI
ZR
42/93, [X.]Z
123, 380, 385 und vom 13.
Dezember
2005

XI
ZR
82/05, [X.], 248, 253; [X.], Urteil vom 19.
März
1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 130
f.). Maßgebend ist, dass
die geschuldete tätigkeitsbezogene Leistung für den Vertrag prägende Bedeutung hat (vgl. [X.], Urteil vom 19.
März
1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 131; [X.]/[X.], aaO, Art.
29 EG[X.]
Rn.
61). Handelt es sich hingegen bei der geschuldeten tätigkeitsbezo-genen Leistung um eine untergeordnete Nebenleistung, liegt kein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen
im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] vor (vgl. Senatsurteil vom 13.
Dezember
2005

XI
ZR
82/05, [X.]Z
165, 248, 253; [X.], Urteil vom 19.
März
1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 131; [X.], [X.], 255, 259; MünchKomm[X.]/[X.]y, aaO, Art.
29 EG[X.]
Rn.
20).
aa) Gemessen daran stuft das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft Verwal-tungsleistungen der [X.]

bzw. der S.

als wesentliche Dienstleis-tungen
im Rahmen des zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Ver-trages
ein.
(1)
Das Darlehen diente ausweislich der vertraglich vereinbarten Zweck-bestimmung dem Aufbau der Altersvorsorge. Gegenüber der
[X.]

gab der Beklagte als Anlageziel "Vermögenszuwachs"
an. Zur Erreichung dieses Ziels investierte der Beklagte nach den unangegriffenen Feststellungen des Be-rufungsgerichts den Darlehensbetrag sowie das eingesetzte Eigenkapital in die Beteiligung an einem "S.

Garantie Fonds". Das bei der Klägerin auf-genommene Darlehen diente somit der Finanzierung des Erwerbs dieser Kapi-talanlage.

23
24
-
10
-

(2) Dem steht nicht entgegen, dass

nach Auffassung des Berufungsge-richts

der Beklagte im
Zusammenhang mit seiner Investition

mittelbar

auch für die Verwaltung anfallende Kosten zu tragen hatte.
Solche Gebühren betreffen untergeordnete Nebenleistungen (vgl. [X.], [X.], 255, 257; [X.],
Beschluss vom 15.
No-vember
2012

I-34 U 83/11,
S.
8, n.v.), die typischer Weise mit einer Beteili-gung an einem Investmentfonds verbunden sind. Diese Leistungen besitzen schon angesichts des Verhältnisses der hierfür üblicherweise vereinbarten Ent-lohnung von zwischen 0,3 und 2,0% des [X.] (vgl. Förster/
Hertrampf, [X.], 3.
Aufl., Rn.
136) zur Investitions-summe für den [X.] keine prägende Bedeutung.
Darüber hinaus ist die gemäß Art.
29 EG[X.] erforderliche Zweck-bindung zwischen
dem streitgegenständlichen Darlehen und Verwaltungsleis-tungen der [X.]

nicht gegeben. Die laufenden Verwaltungskosten soll-ten nach dem Vertragszweck, einen Vermögenszuwachs zu erzielen, nicht aus dem streitgegenständlichen Darlehen finanziert werden, sondern aus den mit der Investition erwirtschafteten Erträgen. Zu einem Vermögenszuwachs beim Beklagten konnte die Investition erwartungsgemäß nämlich nur dann führen, wenn die mit ihr erzielten Erträge mindestens die [X.] sowie die laufenden Verwaltungskosten decken. Besondere Verwaltungskosten sollten

wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat

ohnehin vom [X.] später an die [X.]

nachgeschossen werden.
bb) Zu Unrecht macht die Revisionserwiderung geltend, Art.
29
Abs.
1 EG[X.] sei auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag anzuwenden, weil 25
26
27
28
-
11
-
dieser der Finanzierung eines Kapitallebensversicherungsvertrages und damit einer Dienstleistung gedient habe.
Zwar trifft es zu, dass die Gewährung
von Versicherungsschutz als Dienstleistung anzusehen ist (vgl. [X.],
NJW 1987, 572, 573; MüncKomm[X.]/[X.]y, 4.
Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
18; Soergel/
von
[X.], [X.], 12.
Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
7; [X.], [X.]ernationales Versicherungsvertragsrecht, 1997, Art.
15 EG[X.]
Rn.
5) und Versicherungs-verträge dementsprechend als Dienstleistungsverträge
im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] eingestuft werden können (vgl. Armbrüster in [X.]/[X.], [X.], 28.
Aufl., Vor Art.
7 EG[X.]
Rn.
23). Soweit [X.] aber gemäß Art.
37 Satz
1
Nr.
4 EG[X.] nicht den Regelun-gen der Art.
27 bis 36 EG[X.], sondern den Art.
7 bis 15 EG[X.] in der bis zum 16.
Dezember
2009 geltenden Fassung (nachfolgend: aF) unterworfen sind, beansprucht Art.
29
Abs.
1 EG[X.]
aF keine Geltung (vgl. [X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.]
Rn.
30 und 53; Münch-Komm[X.]/[X.]y, aaO, Art.
29 EG[X.]
Rn.
18; [X.], [X.]ernationales Versi-cherungsvertragsrecht, 1997, [X.]. Art.
7 EG[X.]
Rn.
17).
So liegen die Dinge hier. Der Versicherungsschutz, der dem in [X.] wohnhaften Beklagten für den Fall seines Todes gewährt wurde, deckte
nach Art.
37 Satz
1
Nr.
4 EG[X.] in
Verbindung
mit Art.
7
Abs.
2
Nr.
4
Buchst.
a
EG[X.] aF ein in der [X.] belegenes Risiko. [X.] schon der Lebensversicherungsvertrag nicht in den Anwendungsbereich des Art.
29 EG[X.], gilt dies

entgegen der Ansicht der Revisionserwide-rung

erst recht nicht für den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag, mit dem der Beklagte diesen Lebensversicherungsvertrag finanziert hat.

29
30
-
12
-
cc) Anders als die Revisionserwiderung annimmt, rechtfertigt vorliegend auch nicht die Verweisung in Art.
15 EG[X.] aF auf die Art.
27 bis 36
EG[X.] eine Anwendung des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] zugunsten des [X.]n. Denn Art.
15 EG[X.] aF findet auf Kreditverträge keine Anwendung. Der sachliche Anwendungsbereich der Art.
8 bis 15 EG[X.] aF wird durch Art.
7
Abs.
1 EG[X.] aF bestimmt ([X.], [X.]ernationales Versicherungsver-tragsrecht, 1997, Art.
7 EG[X.]
Rn.
1; Bruck/[X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., Einf. [X.]. VersR
Rn.
23
f.). Danach knüpfen diese Vorschriften an die in Art.
7
Abs.
1 EG[X.] aF genannten Versicherungsverträge an, sodass sich die Art.
8
ff. EG[X.] aF und damit auch Art.
15 EG[X.] aF nicht auf Kreditverträge bezie-hen. Von der Rückverweisung nach Art.
15 EG[X.] aF auf die allgemeinen ver-tragsrechtlichen Kollisionsregeln der Art.
27 bis 36 EG[X.] wird daher der hier in Streit stehende Kreditvertrag nicht erfasst.
b) Entgegen der weiter von der
Revisionserwiderung vertretenen [X.] ist der streitgegenständliche Kreditvertrag auch für sich genommen nicht als Dienstleistungsvertrag
im Sinne des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] anzusehen. [X.] fallen nämlich nicht allgemein unter Art.
29
Abs.
1 EG[X.] ([X.]/[X.], [X.], Bearb. 2002, Art.
29 EG[X.]
Rn.
56 mwN; MüncKomm[X.]/[X.]y, 4. Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
22 mwN; Soergel/
von [X.], [X.], 12. Aufl., Art.
29 EG[X.]
Rn.
11). Nach Systematik und Wortlaut erfasst Art.
29
Abs.
1 EG[X.] Kreditverträge nur dann, wenn sie der Finanzierung einer Dienstleistung oder der Lieferung einer beweglichen Sa-che dienen (vgl. zutreffend [X.], [X.], 255, 259;
[X.]/[X.], aaO, Art.
29 EG[X.]
Rn.
54).
Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in anderem Zusammenhang die Vergabe von Bankkrediten als "Erbringung von Dienstleistungen"
eingeord-net hat (vgl. Senatsurteil vom 28.
Februar
2012

XI
ZR
9/11, [X.], 747
31
32
33
-
13
-
Rn.
21). Ob die Gewährung eines Darlehens eine Dienstleistung im Sinne des im dort entschiedenen
Fall auszulegenden Art.
5
Nr.
1
Buchst.
b
2. Spiegel-strich EuGVVO ist, war nach dem [X.] autonom auszule-genden Wortlaut dieser Norm zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 28.
Februar
2012

XI
ZR
9/11, [X.], 747
Rn.
16), der nicht mit dem des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] übereinstimmt. Da in Art.
29
Abs.
1 EG[X.] ausdrücklich nur bestimmte
Finanzierungsverträge genannt werden, kann bei dessen Auslegung insoweit nicht Rechtsprechung übernommen werden, die zu Regelungen er-gangen ist, die diese Präzisierung nicht enthalten.

III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Nach den in der Rechtsprechung an-erkannten Grundsätzen kommt weder eine entsprechende Anwendung des Art.
29
Abs.
1 EG[X.] in Betracht (vgl. [X.], Urteile vom 13.
Dezember
2005

XI
ZR
82/05, [X.]Z
165, 248, 254
f. und vom 19.
März
1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 133
ff.) noch eine Anwendung der [X.] Vor-schriften über den Widerruf von Verbraucherkrediten nach Art.
34 EG[X.] (vgl. [X.], Urteile vom 13.
Dezember
2005

XI
ZR
82/05, [X.]Z
165, 248, 255
ff. und vom 19.
März
1997

VIII
ZR
316/96, [X.]Z
135, 124, 135
f.).

IV.
1. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563
Abs.
1 Satz
1,
Abs.
4 ZPO).
34
35
-
14
-
Der Senat ist zwar befugt, das maßgebliche ausländische Recht selbst festzustellen, da das Berufungsgericht entsprechende Feststellungen nicht ge-troffen
hat ([X.], Urteile vom 21.
Februar 1962

V
ZR 144/60, [X.]Z 36, 348, 356, vom 29.
Februar 1968

VII
ZR 102/65, [X.]Z 49, 384, 387 und vom 27.
Mai 1993

IX
ZR 254/92, [X.]Z 122, 373, 378; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
563 Rn.
27; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
563 Rn.
31). Er macht vorliegend aber von der ihm nach §
563
Abs.
4 ZPO gegebenen Mög-lichkeit Gebrauch, das Berufungsurteil aufzuheben (§
562
Abs.
1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen, da eingehende Ermittlungen des liechtensteinischen Rechts (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April
1992

IX
ZR
233/90, [X.]Z
118, 151, 168) und ggf. eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind.
2. Das Berufungsgericht wird unter Beachtung der nach §
293 ZPO be-stehenden Anforderungen (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April
1992

IX
ZR
233/90, [X.]Z
118, 151, 163
f.) gemäß Art.
27
Abs.
4 EG[X.] in
Verbindung
mit Art.
31
Abs.
1 EG[X.]
zu klären haben,
ob sich die Parteien in Ziffer
12 des streitgegenständlichen Kreditvertrages nach dem Recht des Fürstentums
[X.] wirksam auf die Anwendung von liechtensteinischem Recht geei-nigt haben. Soweit das Berufungsgericht danach die Anwendbarkeit von liech-tensteinischem Recht auf den Kreditvertrag bejahen sollte, wird weiter zu [X.] sein, ob dem Beklagten nach liechtensteinischem Recht ein Widerrufsrecht oder ein vergleichbares Recht zusteht, sich von dem Kreditvertrag zu
lösen. [X.] sind die Rechtsfolgen einer solchen Rechtsausübung nach liech-tensteinischem Recht zu klären. Soweit nicht schon die Rechtsfolgen eines [X.]s den [X.] entfallen lassen und sich die mit der Widerklage gel-tend gemachten Ansprüche nicht aus einer
etwaigen Rückabwicklung des [X.] nach liechtensteinischem Recht rechtfertigen, wird sich das Be-36
37
-
15
-
rufungsgericht damit zu befassen haben, ob dem Beklagten gegen die Klägerin Schadenersatzansprüche nach liechtensteinischem Recht zustehen.
Im Rahmen des nach §
293 ZPO bei der Ermittlung des ausländischen Rechts auszuübenden Ermessens wird zu bedenken sein, dass zur [X.] gemäß §
411a ZPO ein bereits erstelltes Sachverständi-gengutachten ohne Zustimmung beider Parteien dann verwertet
werden kann, wenn es in einem Gerichtsverfahren oder von der Staatsanwaltschaft eingeholt worden ist.

[X.]
Ellenberger
[X.]

Matthias
Derstadt
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 19.04.2011 -
327 O 300/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.01.2013 -
13 [X.] -

38

Meta

XI ZR 77/13

16.09.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. XI ZR 77/13 (REWIS RS 2014, 2971)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2971

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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