Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. IX ZB 248/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5885

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 248/09

vom

9. Juni 2011

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 63 Abs. 1
Wer aufgrund schwerwiegender Straftaten charakterlich ungeeignet ist, frem-des Vermögen zu verwalten, und gleichwohl die Bestellung zum Insolvenzver-walter annimmt, kann von einer Vergütung ausgeschlossen sein.

[X.], Beschluss vom 9. Juni 2011 -
IX ZB 248/09 -
LG Hannover

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein und [X.], die Richterin [X.] und den Richter Dr.
Fischer

am
9. Juni 2011
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11.
Zivilkammer des [X.] vom 19.
Oktober 2010 wird auf Kos-ten des weiteren Beteiligten zu
2 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 64.856,22

Gründe:

I.

Auf Eigenantrag der Schuldnerin ordnete das Insolvenzgericht am 10.
August 2001 vorläufige Maßnahmen an und bestellte R.

M.

zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 1.
Oktober 2001 wurde das Insolvenzver-fahren eröffnet und der vorläufige Verwalter
zum Insolvenzverwalter bestimmt. In diesem sowie auch in anderen Insolvenzverfahren führte er unbefugt den Titel Diplom-Betriebswirt. Mit Schreiben vom 28.
Juni 2005 erklärte er mit [X.] Wirkung seinen Rücktritt als Insolvenzverwalter. Wenige Tage zuvor hatte er bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige erstattet. Mit rechtskräftigem Urteil 1
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-
des [X.] vom 16.
Oktober 2007 wurde er wegen Untreue in 106 Fällen, bezogen jeweils auf andere Insolvenzverfahren,
zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen veruntreute er erstmals 1998 ihm als Insolvenzverwalter zur Verfügung stehende Gelder. In der Folgezeit nahm er im Rahmen eines sogenannten [X.] und durch die Errichtung von Sammelkonten in erheblichem Maße Veruntreuungen von [X.] vor, um insbesondere wirtschaftliche Schwierigkeiten [X.] von ihm und Familienangehörigen errichteten [X.] auszugleichen. Bis zu seiner Ernennung zum [X.] im vorliegenden Verfahren hatte er insgesamt etwa 20.600.000

veruntreut. Der veruntreute Gesamtbetrag belief sich bis Mitte 2005 auf 43.000.000

Die Vergütungsansprüche des vormaligen Insolvenzverwalters
werden
nunmehr, nachdem über dessen Vermögen selbst das Insolvenzverfahren [X.] wurde, von
dem weiteren Beteiligten zu 2
als Insolvenzverwalter
weiter-verfolgt. Das Amtsgericht hat den auf 64.856,22

n-trag wegen Verwirkung
(Rechtsgedanke des §
654 BGB)
abgewiesen. Die hier-gegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der Rechts-beschwerde verfolgt der weitere
Beteiligte
zu 2
den Vergütungsanspruch [X.].

II.

Die gemäß §§
6, 7, 64 Abs.
3 [X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statt-hafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie kei-nen Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der frühere Verwalter habe sich bereits vor seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter in diesem Verfahren, in ganz erheblichem Maße strafbar gemacht. Im Hinblick auf das von ihm
be-triebene System der Veruntreuung [X.] müsse davon ausgegangen werden, dass er bereits seit seiner Bestellung zum vorläufigen und sodann endgültigen Verwalter in diesem Verfahren den Willen gehabt ha-be, gegebenenfalls auch auf die Massegelder dieses Verfahrens zuzugreifen. Ihm müsse daher als eine zur Verwirkung eines Vergütungsanspruchs führende schwere Pflichtverletzung angelastet werden, durch die Annahme
der Bestel-lung eine solche konkrete Gefährdung der Masse herbeigeführt zu haben.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt in ent-sprechender Anwendung des Grundgedankens
des §
654 BGB bei [X.], vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtenverstößen des [X.]s in Betracht. Hierbei gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausge-schlossen ist ([X.], Beschluss vom 6.
Mai 2004 -
IX
ZB 349/02, [X.]Z 159, 122, 132). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbesondere seine Ehrlichkeit gehört ([X.], Beschluss vom 6.
Mai 2004 -
IX
ZB 349/02, aaO S.
129; vom
17.
März 2011 -
IX
ZB 192/10, [X.], 663 Rn.
20). Darum können strafbare Handlungen eines Verwalters zum Nachteil der
Masse seine Entlassung rechtfertigen. Dabei erfordert die Entlassung nicht, dass die [X.] Pflichtverletzung im Rahmen des konkreten Verfahrens erfolgte. Vielmehr 4
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-

5

-
genügt es, wenn eine in anderen Verfahren verübte Straftat die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lässt ([X.], Beschluss vom 17.
März 2011 -
IX
ZB 192/10, aaO).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte das Beschwerdege-richt im Hinblick auf die von ihm festgestellten
Umstände zum Zeitpunkt der Ernennung im Oktober 2001, die von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage ge-stellt werden, annehmen, der pflichtwidrigen Annahme der Bestellung als [X.] komme ein so erhebliches Gewicht zu, dass ein Ausschluss von der Vergütungsfestsetzung nicht unverhältnismäßig sei. In diesem Zusammen-hang kann jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau auch berücksichtigt wer-den, dass im Einzelfall die Verwirkung auch schon wegen unerlaubten Führens

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eines akademischen Titels in Betracht kommen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
September 2009 -
V
ZB 90/09, NJW-RR 2009, 1710 Rn.
19
ff).

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.11.2008 -
903 IN 526/01-0-
-

LG Hannover, Entscheidung vom 19.10.2009 -
11 [X.]/09 -

Meta

IX ZB 248/09

09.06.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. IX ZB 248/09 (REWIS RS 2011, 5885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5885

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