Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2010, Az. I ZR 166/08

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5478

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 166/08 Verkündet am: 24. Juni 2010 [X.] als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] 2001/83/[X.]. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. b, Art. 2 Abs. 2; [X.]/[X.] Art. 1 Abs. 2 Bu[X.]hst. a; [X.] § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 7; [X.] § 3 Nr. 1 Bu[X.]hst. a und Nr. 1 aE Bei der im jeweiligen Einzelfall zu treffenden Ents[X.]heidung, ob ein Erzeugnis ein ([X.] oder ein Medizinprodukt ist, sind neben seinen [X.] Wirkungen au[X.]h seine Neben- und Folgewirkungen zu berü[X.]ksi[X.]hti-gen und führen diese, soweit sie auf immunologis[X.]hem, [X.] oder pharmakologis[X.]hem Gebiet liegen, zu seiner Einordnung als Arzneimittel. [X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhand-lung vom 24. Juni 2010 dur[X.]h [X.], Dr. S[X.]haffert und [X.] für Re[X.]ht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 11. September 2008 wird auf Kosten der [X.] zurü[X.]kgewiesen. Von Re[X.]hts wegen
- 3 - Tatbestand: 1 Die [X.] zu 1, deren Alleingesells[X.]hafter der [X.] zu 2 ist, stellt das insbesondere in der Krebstherapie eingesetzte Mittel [X.]

her und vertreibt es als Medizinprodukt im Rahmen der photodynamis[X.]hen Therapie zur Bekämpfung von bestimmten Tumoren. Das Mittel wird dazu zunä[X.]hst in einer Salzlösung gelöst und sodann intravenös in den Körper des Patienten einge-führt. Dur[X.]h Ausbreitung im Körper gelangt es au[X.]h in das Tumorgewebe. Dort wird es angerei[X.]hert und überträgt bei der Rü[X.]kkehr von einem dur[X.]h Laserli[X.]ht bewirkten angeregten Zustand in seinen Grundzustand Energie von dem Laser-li[X.]ht auf den in den Zellen gelösten Sauerstoff. Der sogenannte Singulettsauer-stoff, der aus den infolge der Energieerhöhung veränderten Sauerstoffmolekü-len gebildet wird, führt dann zu einer S[X.]hädigung der Mito[X.]hondrien in den [X.]. Dies bewirkt letztli[X.]h deren Absterben, wobei der genaue Ablauf im [X.] ni[X.]ht geklärt ist. Das Mittel der [X.]n verändert si[X.]h im Verlauf der [X.] dagegen ni[X.]ht und wird deshalb vom Körper unverändert [X.] oder abgebaut. Am 31. Juli 2001 bot der dabei namens der [X.]n zu 1 handelnde [X.] zu 2 das Mittel [X.] mit einem S[X.]hreiben, das im na[X.]hfolgend wiedergegebenen Tenor des landgeri[X.]htli[X.]hen Urteils abgebildet ist, dem [X.] an. 2 Die Klägerin zu 1 vertreibt das von ihr bei der Klägerin zu 2 bezogene und in [X.] als Arzneimittel zur Behandlung von bestimmten Tumoren zugelassene Mittel Ph. , das mit derselben Therapie arbeitet wie das Mittel [X.]. 3 - 4 - 4 Die von den [X.], die das Mittel der [X.]n für ein ni[X.]ht zuge-lassenes Arzneimittel halten, deswegen erhobene Klage auf Unterlassung, S[X.]hadensersatz und Auskunftserteilung hat im ersten Re[X.]htszug im vollen [X.] und im Berufungsverfahren, in dem die [X.] das erstinstanzli[X.]he Urteil zum Teil ni[X.]ht verteidigt haben, insoweit Erfolg gehabt, als die [X.]n unter Androhung näher bezei[X.]hneter Ordnungsmittel verurteilt worden sind, es zu unterlassen, im ges[X.]häftli[X.]hen Verkehr zu Wettbewerbszwe[X.]ken a) ni[X.]ht zugelassene Arzneimittel, insbesondere das Arzneimittel [X.], zu Zwe[X.]ken interner Studien, zu Zwe[X.]ken von [X.] und/oder als Chemikalie zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten und/oder b) in der Werbung für ni[X.]ht zugelassene Arzneimittel zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, aa) dem Vertrieb ni[X.]ht zugelassener Arzneimittel für interne Studien und/oder Therapieversu[X.]he stehe ni[X.]hts im Wege und/oder arzneimit-telre[X.]htli[X.]h ni[X.]hts im Wege, und/oder [X.]) dem Vertrieb ni[X.]ht zugelassener Arzneimittel als Chemikalie stehe ni[X.]hts im Wege und/oder arzneimittelre[X.]htli[X.]h ni[X.]hts im Wege; und/oder [X.][X.]) zum anderen gebe es für Apotheken die Mögli[X.]hkeit, das Präparat [X.] als Chemikalie zu beziehen und an die Kliniker weiter- zugeben; insbesondere, wenn dies in folgender Form ges[X.]hieht: - 5 - - 6 - 5 Die [X.]n sind weiterhin als Gesamts[X.]huldner verurteilt worden, den [X.] sämtli[X.]hen aus den vorbezei[X.]hneten Handlungen entstandenen und/oder künftig entstehenden S[X.]haden zu ersetzen sowie na[X.]h Kalendervier-teljahren und Adressaten aufges[X.]hlüsselte Auskunft über diese Handlungen zu erteilen. Die [X.]n haben gegen das Berufungsurteil ein als Ni[X.]htzulassungs-bes[X.]hwerde bezei[X.]hnetes Re[X.]htsmittel eingelegt. Na[X.]h ihnen - na[X.]h Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision - erteiltem Hinweis, dass das Berufungsgeri[X.]ht die Revision zugelassen hat, haben sie geltend gema[X.]ht, dass das von ihnen eingelegte Re[X.]htsmittel als Revision anzusehen sei, und diese innerhalb der verlängerten Frist begründet. Die [X.] beantragen, das Re[X.]htsmittel zurü[X.]kzuweisen, das sie im Übrigen au[X.]h s[X.]hon für unzulässig halten. 6 Ents[X.]heidungsgründe: [X.] Na[X.]h Ansi[X.]ht des [X.] ist das Mittel [X.] ein Arz- neimittel, das ohne entspre[X.]hende Zulassung ni[X.]ht verkehrsfähig ist und des-sen Vertrieb und Bewerbung dur[X.]h die [X.]n daher re[X.]hts- und wettbe-werbswidrig ist. Das Mittel habe bei seiner Verwendung im Rahmen der photo-dynamis[X.]hen Therapie eine pharmakologis[X.]he Wirkung, weil es im Rahmen einer vom geri[X.]htli[X.]hen Sa[X.]hverständigen Prof. Dr. S. so bezei[X.]hneten untrennbaren Wirkkaskade dazu bestimmt sei, im mens[X.]hli[X.]hen Körper zur Be-einflussung der mens[X.]hli[X.]hen physiologis[X.]hen Funktionen angewandt zu wer-den. Es weise aber au[X.]h eine Dosis-Wirkungsbeziehung auf, die na[X.]h der eu-7 - 7 - ropäis[X.]hen Leitlinie zur Einstufung und Abgrenzung von Arzneimitteln und [X.] stark dafür spre[X.]he, dass es si[X.]h um ein Arzneimittel handele. Selbst wenn im Hinbli[X.]k auf seine nur mittelbare pharmakologis[X.]he Wirkung no[X.]h Zweifel an der Einordnung des Mittels verblieben, wäre [X.] zumin- dest na[X.]h der Zweifelsfallregelung des Art. 2 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie 2001/83/[X.] zur S[X.]haffung eines Gemeins[X.]haftskodexes für Humanarzneimittel als Arznei-mittel anzusehen. Das Vertrauen, das dur[X.]h die na[X.]h Abmahnung und [X.] am 6. Februar 2002 im [X.] ([X.]; im Folgenden: [X.]) dur[X.]h-geführte Bespre[X.]hung bei den [X.]n mögli[X.]herweise entstanden sei, sei jedenfalls na[X.]h Kenntnis der Ents[X.]heidung des [X.] ([X.]; im Folgenden: [X.]) vom 28. April 2003 ni[X.]ht mehr gegeben gewesen. I[X.] Die gegen diese Beurteilung geri[X.]htete Revision der [X.]n ist zwar zulässig, aber unbegründet. 8 1. Der von den [X.]n innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision eingerei[X.]hte, als Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerdes[X.]hrift bezei[X.]hnete S[X.]hriftsatz vom 29. Oktober 2008 ist bei einer die beteiligten Interessen angemessen be-rü[X.]ksi[X.]htigenden Auslegung als Revisionss[X.]hrift zu verstehen, die au[X.]h die [X.] bestehenden weiteren formellen Erfordernisse erfüllt. 9 a) Prozesshandlungen sind zwar keine re[X.]htsges[X.]häftli[X.]hen [X.], aber grundsätzli[X.]h entspre[X.]hend den für diese geltenden Regeln aus-legungsfähig. Die Auslegung darf daher au[X.]h im Prozessre[X.]ht ni[X.]ht am bu[X.]h-stäbli[X.]hen Sinn des Ausdru[X.]ks haften, sondern muss den wirkli[X.]hen Willen der [X.]en erfors[X.]hen. Im Hinbli[X.]k auf den verfassungsre[X.]htli[X.]hen Anspru[X.]h auf 10 - 8 - effektiven Re[X.]htss[X.]hutz und auf das Re[X.]ht auf Gehör ist im Zweifel als gewollt anzusehen, was na[X.]h den Maßstäben der Re[X.]htsordnung vernünftig ist und der re[X.]ht verstandenen Interessenlage der erklärenden [X.] entspri[X.]ht ([X.], [X.]. v. 10.11.2009 - [X.], NJW-RR 2010, 275 [X.]. 9; [X.], ZPO, 22. Aufl., vor § 128 [X.] 248, jeweils m.w.[X.]). Das Verständnis der abgegebenen Erklärung wird dabei allerdings nur insoweit dur[X.]h die tat-sä[X.]hli[X.]hen Interessen der erklärenden [X.] bestimmt, als si[X.]h diese aus den äußerli[X.]h in Ers[X.]heinung tretenden Umständen ersehen lassen. Maßgebend ist daher unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der dur[X.]h die gewollte Formulierung gezogenen Auslegungsgrenzen der objektiv zum Ausdru[X.]k gebra[X.]hte Wille des Erklären-den ([X.] NJW-RR 2010, 275 [X.]. 9 m.w.[X.]). Dabei sind alle Nebenumstände mit zu würdigen, die den Empfängern - im zweiseitigen Verfahren also sowohl dem Geri[X.]ht als au[X.]h dem Prozessgegner - bekannt waren oder sein mussten. Bei fristgebundenen [X.], wie sie insbesondere bei der [X.] und Begründung von Re[X.]htsmitteln abzugeben sind, können allerdings nur diejenigen Umstände berü[X.]ksi[X.]htigt werden, die für die Empfänger inner-halb der Frist erkennbar waren (vgl. [X.], [X.]. v. 10.10.2006 - [X.], NJW-RR 2007, 413 [X.]. 8; [X.]. v. 12.1.2010 - VIII ZB 64/09, juris [X.]. 5; [X.] aaO vor § 128 [X.] 247, jeweils m.w.[X.]). b) Na[X.]h diesen Grundsätzen ist bei der Auslegung des S[X.]hriftsatzes vom 29. Oktober 2008, mit dem die [X.]n innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Berufungsurteil Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde eingelegt ha-ben, das dem Revisionsgeri[X.]ht zusammen mit diesem S[X.]hriftsatz vorgelegte und den [X.] bereits zuvor dur[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht zugestellte Be-rufungsurteil mit zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Der Umstand, dass die [X.]n den mit dem S[X.]hriftsatz vom 29. Oktober 2008 eingelegten Re[X.]htsbehelf als "Ni[X.]htzu-lassungsbes[X.]hwerde" bezei[X.]hnet haben, ließ si[X.]h dana[X.]h nur damit erklären, 11 - 9 - dass ihre Prozessbevollmä[X.]htigten die - allerdings bereits im Tenor des Beru-fungsurteils ausgespro[X.]hene und in den Gründen der Ents[X.]heidung au[X.]h [X.] - Zulassung der Revision entweder gänzli[X.]h übersehen oder - was näher liegt - beim Abfassen des S[X.]hriftsatzes aus dem Bli[X.]k verloren hatten. Die Einlegung der Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde ließ zudem hinrei[X.]hend deutli[X.]h erkennen, dass die [X.]n die Ents[X.]heidung des [X.] zum einen ni[X.]ht hinnehmen wollten und zum anderen als aus re[X.]htli[X.]hen Gründen mit der Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde - und damit au[X.]h und erst re[X.]ht mit der Revision - anfe[X.]htbar ansahen. 2. Die dana[X.]h zulässige Revision der [X.]n hat jedo[X.]h in der Sa[X.]he keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Berufungsgeri[X.]ht vorge-nommene und für die weitere Beurteilung der Sa[X.]he ents[X.]heidende Einordnung des Mittels [X.] als ([X.] s[X.]hon deshalb ri[X.]htig ist, weil das [X.] dieses Mittel in seinem S[X.]hreiben vom 28. April 2003 ent-spre[X.]hend eingeordnet hat. Sie erweist si[X.]h jedenfalls deshalb als re[X.]htsfehler-frei, weil das Berufungsgeri[X.]ht mit Re[X.]ht ni[X.]ht die bei der Anwendung des Mit-tels der [X.]n allerdings auf physikalis[X.]hem Gebiet liegende primäre Wir-kung, sondern die dadur[X.]h ausgelöste, auf pharmakologis[X.]hem Gebiet liegende weitere Wirkung des Mittels als dessen bestimmungsgemäße Hauptwirkung angesehen hat (dazu unten unter II 2 a). Damit sind sowohl die mit der Klage geltend gema[X.]hten Unterlassungsansprü[X.]he (dazu unten unter [X.] und [X.]) als au[X.]h die Folgeansprü[X.]he auf S[X.]hadensersatz und Auskunftserteilung begrün-det (dazu unten unter [X.]). 12 a) Das Berufungsgeri[X.]ht hat die Frage, ob das Präparat der [X.]n ein mangels Zulassung verkehrsunfähiges ([X.] ist, mit Re[X.]ht bejaht. 13 - 10 - 14 aa) Stoffe sowie Stoffzubereitungen sind dann Funktionsarzneimittel, wenn sie im oder am mens[X.]hli[X.]hen oder tieris[X.]hen Körper angewendet oder einem Mens[X.]hen oder einem Tier verabrei[X.]ht werden können, um entweder die physiologis[X.]hen Funktionen dur[X.]h eine pharmakologis[X.]he, immunologis[X.]he oder metabolis[X.]he Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beein-flussen oder aber eine medizinis[X.]he Diagnose zu erstellen (vgl. Art. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. b der Ri[X.]htlinie 2001/83/[X.] zur S[X.]haffung eines Gemeins[X.]haftskode-xes für Humanarzneimittel; § 2 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Medizinprodukte und damit keine Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Herstel-ler zur Anwendung für Mens[X.]hen mittels ihrer Funktionen zum Zwe[X.]ke der Er-kennung, Verhütung, Überwa[X.]hung, Behandlung oder Linderung von Krankhei-ten zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am mens[X.]hli[X.]hen Körper weder dur[X.]h pharmakologis[X.]h oder immunolo-gis[X.]h wirkende Mittel no[X.]h dur[X.]h Metabolismus errei[X.]ht wird (Art. 1 Abs. 2 Bu[X.]hst. a der Ri[X.]htlinie 93/42/[X.] über Medizinprodukte; § 3 Nr. 1 Bu[X.]hst. a [X.]; § 2 Abs. 3 Nr. 7 [X.]). Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen sind daher Medizinprodukte, wenn ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung ni[X.]ht auf pharmakologis[X.]hem, sondern auf physikalis[X.]hem Gebiet liegt. Dies gilt au[X.]h dann, wenn ihre Wirkungsweise dur[X.]h pharmakologis[X.]h oder immunologis[X.]h oder metabolis[X.]h wirkende Mittel unterstützt wird (§ 3 Nr. 1 a.E. [X.]). [X.]) Das Berufungsgeri[X.]ht hat mit Re[X.]ht ni[X.]ht die bei der Anwendung des Mittels der [X.]n auf physikalis[X.]hem Gebiet liegende primäre Wirkung, sondern die dadur[X.]h ausgelöste, auf pharmakologis[X.]hem Gebiet liegende wei-tere Wirkung des Mittels als dessen bestimmungsgemäße Hauptwirkung ange-sehen. 15 - 11 - (1) Dafür, dass es si[X.]h bei der na[X.]h dieser Bestimmung für die Abgren-zung zwis[X.]hen Medizinprodukten und Arzneimitteln maßgebli[X.]hen Wirkungs-weise ni[X.]ht allein um die unmittelbare Wirkung des Mittels entweder auf phar-makologis[X.]hem, immunologis[X.]hem oder [X.] Gebiet oder aber auf anderen Gebieten handeln kann, spri[X.]ht zunä[X.]hst einmal, dass na[X.]h Art. 1 Abs. 2 Bu[X.]hst. a der Ri[X.]htlinie 93/42/[X.] und § 3 Nr. 1 a.E. [X.], mit dem diese Ri[X.]htlinienbestimmung in das deuts[X.]he Re[X.]ht umgesetzt worden ist, ein Medizinprodukt au[X.]h dann vorliegt, wenn die bestimmungsgemäße Hauptwir-kung mit Unterstützung von Mitteln errei[X.]ht wird, die pharmakologis[X.]h und/oder immunologis[X.]h und/oder metabolis[X.]h wirken und als sol[X.]he daher keine Medi-zinprodukte sind. Denn diese Regelung setzt voraus, dass die bestimmungs-gemäße Hauptwirkung ni[X.]ht notwendigerweise allein und/oder unmittelbar dur[X.]h das Medizinprodukt errei[X.]ht werden muss. 16 (2) Die so genannte MEDDEV-Borderline-Leitlinie, die eine europäis[X.]he Expertengruppe aus Behörden- und Industrievertretern unter Federführung der Kommission der Europäis[X.]hen Union zur Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten entwi[X.]kelt hat und die deshalb au[X.]h zur Konkretisierung des Begriffs der pharmakologis[X.]hen Wirkung mit heranzuziehen ist, versteht [X.] eine We[X.]hselwirkung zwis[X.]hen den Molekülen der in Frage stehenden [X.] und einem zellulären Bestandteil (Rezeptor), die entweder in einer direk-ten Reaktion (Antwort) resultiert oder die Reaktion (Antwort) eines anderen Agens blo[X.]kiert. Die Leitlinie setzt daher keine unmittelbare We[X.]hselwirkung mit "zellulären Bestandteilen des Anwenders" voraus, sondern lässt jegli[X.]he We[X.]h-selwirkung zwis[X.]hen den Molekülen der in Frage stehenden Substanz und "ei-nem zellulären Bestandteil" genügen (vgl. [X.]/Koppe-Zagouras, [X.] 2010, 152, 158). 17 - 12 - (3) Dass eine Si[X.]htweise, die allein die unmittelbare Wirkung des [X.] berü[X.]ksi[X.]htigt, zu kurz greift, wird zudem dur[X.]h die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie 2001/83/[X.] in der dur[X.]h die Ri[X.]htlinie 2004/27/[X.] geänderten Fassung bestätigt. Dana[X.]h gilt diese Ri[X.]htlinie in [X.], in denen ein Erzeugnis unter Berü[X.]ksi[X.]htigung aller seiner Eigen-s[X.]haften sowohl unter die Definition von —Arzneimittelfi als au[X.]h unter die Defini-tion eines Erzeugnisses fallen kann, das dur[X.]h andere gemeins[X.]haftli[X.]he Re[X.]htsvors[X.]hriften geregelt ist. Diese Regelung führt zwar ni[X.]ht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt werden. Die Vorrangregelung für das Arzneimittelre[X.]ht kommt vielmehr nur dann zur Anwendung, wenn die Arzneimitteleigens[X.]haft des Produkts [X.] ist; denn andernfalls würden die strengeren Vors[X.]hriften des Arzneimittel-regimes auf Sa[X.]hverhalte erstre[X.]kt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausrei[X.]hende Re[X.]htfertigung aus Gründen des Gesund-heitss[X.]hutzes vorliegen würde (vgl. [X.], Urt. v. 15.1.2009 - [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 511 [X.]. 23 ff. - He[X.]ht-Pharma/Gewerbeaufsi[X.]hts-amt Lüneburg; Urt. v. 5.3.2009 - [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.] 2009, 321 [X.]. 79 - Kommission/Königrei[X.]h Spanien). Die Regelung des Art. 2 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie 2001/83/[X.] stellt aber klar, dass bei der im jeweiligen Einzelfall zu treffenden Ents[X.]heidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, alle seine Eigens[X.]haften zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind. Aus diesem Grund sind in [X.] insbesondere au[X.]h seine Neben- und Folgewirkungen in Re[X.]hnung zu stellen und führen diese, soweit sie auf immunologis[X.]hem oder [X.] oder - wie hier - pharmakologis[X.]hem Gebiet liegen, zu seiner Einordnung als Funktionsarzneimittel (vgl. [X.], Heilmittelwerbere[X.]ht, 2. [X.], [X.] 2001/83/[X.]. 2 [X.] 6). 18 - 13 - b) Da es si[X.]h bei dem Mittel der [X.]n [X.] dana[X.]h um ein Arz- neimittel handelt, war allein das [X.] für Ents[X.]heidungen und [X.] hinsi[X.]htli[X.]h seiner Zulassungspfli[X.]ht zuständig ([X.], Urt. v. 2.10.2002 - [X.], [X.], 162 f. = WRP 2003, 72 - [X.]). Die [X.]n handelten deshalb au[X.]h insoweit wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 11 UWG 2004 i.V. mit § 21 Abs. 1 [X.], als sie auf die Ri[X.]htig-keit der ihnen vom [X.] erteilten günstigen Auskünfte vertrauten (vgl. [X.] 163, 265, 270 - Atemtest; [X.], Urt. v. 20.10.2005 - I ZR 10/03, [X.], 82 [X.]. 21 = [X.], 79 - Betonstahl; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 [X.] 11.18 und 11.54; Mün[X.]hKomm.UWG/S[X.]haffert, § 4 Nr. 11 [X.] 39). Dasselbe gilt, soweit die M.

GmbH als Benannte Stelle i.S. von § 3 Nr. 20 [X.] am 5. Juli 2002 bes[X.]heinigt hat, dass das Produkt [X.]

die Anforderungen des [X.] und mit bestimmten [X.] Nummern au[X.]h die Anforderungen des [X.] der Ri[X.]htlinie 93/42/[X.] über Medizinprodukte erfüllte (a.A. Deuts[X.]h in Deuts[X.]h/[X.], [X.], § 3 [X.] 13). 19 [X.]) Der dana[X.]h gemäß § 1 UWG a.F., § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG 2004 [X.] Unterlassungsanspru[X.]h ist au[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h die [X.] in Fortfall gekommen, mit der die Ri[X.]htlinie 2005/29/[X.] über unlautere Ge-s[X.]häftspraktiken in das deuts[X.]he Re[X.]ht umgesetzt worden ist. Diese Ri[X.]htlinie hat na[X.]h ihrem Art. 3 Abs. 3 die Re[X.]htsvors[X.]hriften der Mitgliedstaaten in [X.] auf die Gesundheits- und Si[X.]herheitsaspekte von Produkten unberührt ge-lassen (vgl. [X.], Urt. v. 15.1.2009 - I ZR 141/06, [X.], 881 [X.]. 16 = [X.], 1089 - Überregionaler Krankentransport; [X.] 180, 355 [X.]. 34 - Festbetragsfestsetzung). 20 - 14 - d) Die vom Berufungsgeri[X.]ht vorgenommene Beurteilung der Folgean-sprü[X.]he der [X.] auf S[X.]hadensersatz und Auskunftserteilung wird als sol[X.]he von der Revision ni[X.]ht angegriffen und lässt ebenfalls keinen Re[X.]htsfeh-ler erkennen. Da das [X.] für die abs[X.]hließende Beurteilung der Frage, ob das Mittel der [X.]n ein Arzneimittel ist oder ni[X.]ht, ni[X.]ht zuständig war, durften diese auf die Ri[X.]htigkeit der ihnen vom [X.] insoweit erteilten Auskünfte ni[X.]ht vertrauen und handelten daher fahrlässig, soweit sie ihr Mittel im Vertrauen auf die Ri[X.]htigkeit dieser Auskünfte in den Verkehr bra[X.]hten (vgl. [X.] 163, 265, 271 - Atemtest). 21 II[X.] Na[X.]h allem ist die Revision der [X.]n mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurü[X.]kzuweisen. [X.] Büs[X.]her
S[X.]haffert Kir[X.]hhoff Vorinstanzen: [X.], Ents[X.]heidung vom 29.01.2008 - 25 O 25/02 - [X.], Ents[X.]heidung vom 11.09.2008 - [X.]/08 -

Meta

I ZR 166/08

24.06.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2010, Az. I ZR 166/08 (REWIS RS 2010, 5478)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5478

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I ZR 11/14

Zitiert

I ZR 166/08

VIII ZB 64/09

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