Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2017, Az. IX ZR 182/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10285

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300517B[X.]182.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 182/16
vom

30. Mai
2017

in dem Rechtsstreit

-

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.], die Richte-rin Möhring
und den Richter Meyberg

am 30. Mai
2017
beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 15.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
Juli 2016 gemäß §
552a Satz
1 ZPO auf Kosten der Beklagten [X.].

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats
Stellung zu nehmen.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf bis zu 30.000

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2, [X.] Rechtsanwälte, die eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt haben, aus einem [X.] wegen [X.] und die Beklagte zu 3, eine am 17.
Juni 2011 von den Beklagten zu
1 und 2 gegründete Anwaltsge-sellschaft in der Form einer Aktiengesellschaft nach
[X.] Recht, auf 1
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Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagten zu 1 und 2 alle Passiva
und Aktiva
ihrer vormaligen Anwaltsgesellschaft in die neue [X.] hätten und diese deswegen nach [X.] Recht neben den Beklagten zu
1 und 2 für deren Anwaltsfehler hafte.
Die Beklagten betreiben eine [X.] in [X.] und [X.], die von [X.] erreichbar ist.

Der in [X.] lebende Kläger betrieb bis Ende 2003 in der Rechts-form einer GmbH und betreibt seit 2004 unter der Firma H.

Spedition
e.[X.] ein Speditionsunternehmen. Er legte aufgrund von Vermögensverwal-tungsverträgen
vom 26.
August 1998
und vom
15.
September 2006 Gelder bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Firmensitz in der [X.] (künftig: Unternehmen) an, die ohne Erlaubnis nach §
32 Abs.
1 KWG ihre Anlagepro-dukte in [X.] vertrieb. Deswegen beauftragte er seine Rechtsanwälte, die neben ihm 60 bis 100 weitere Mandanten gegen dasselbe Unternehmen vertraten, mit der Rückholung der Gelder aus der [X.]. Das
[X.] Un-ternehmen
wurde insolvent und es ist seit 2010
ein sogenanntes Nachlassver-fahren nach [X.] Recht anhängig. Deswegen fragten die klägerischen Anwälte
Ende
2010 den Beklagten zu
1, ob er bereit sei, ihre Mandanten
im Nachlassverfahren zu vertreten.

Mit Schreiben vom 3.
Januar 2011 überließ der Beklagte zu
1 den [X.] Anwälten per Email zum Ausdrucken Auftragsformulare, Vollmachten sowie Formulare für die sogenannten Forderungseingaben im [X.]. Das genannte Schreiben war an die geschädigten Kunden des [X.] gerichtet; in ihm stellte der Beklagte zu
1 seine Anwaltskanzlei und das Nachlassverfahren vor und erklärte die Bereitschaft, die Geschädigten im Nach-lassverfahren zu vertreten. Die klägerischen Anwälte vervielfältigten die [X.] und leiteten sie mit einem Anschreiben an ihre Mandanten weiter, unter 2
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anderem an den Kläger. Dieser
gab die Unterlagen unterschrieben unter dem Datum des 13.
Januar 2011 an seine Anwälte zurück, die sie
an die Beklagten zu
1 und 2 weiterleiteten. Danach hatte der Kläger die Beklagten zu
1 und 2 mit der Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und der Vertretung in den [X.] beauftragt. [X.] meldete der Beklagte zu
1 die klägerischen Forderungen im Nachlassverfahren an und stimmte in der Gläubigerversammlung am 7.
November 2011 auch namens des [X.] dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern vorbehaltlos zu.

Parallel zum Nachlassverfahren verklagte der Kläger die ehemaligen Verwaltungsräte und Direktoren des Unternehmens auf Schadensersatz. Die Klage hatte keinen Erfolg, weil die Schadensersatzansprüche des [X.] -
so das Berufungsgericht
-
nach dem anzuwendenden [X.] Recht gemäß Artikel
303 Abs.
2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) untergegangen seien. Nach dieser Regelung wahrt ein Gläubiger, welcher dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, seine Rechte gegen [X.], Bürgen und Gewährspflichtige nur, sofern er ihnen mindestens zehn Tage vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Ab-tretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat.

Nunmehr
verlangt der Kläger wegen des Verlusts dieser Ansprüche von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 35.656,23

, teilweise in der Form der Freistellung
und in Höhe von 7.825,18

e-digungserklärung im Laufe des Rechtsstreits. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung
des [X.] hat das Oberlandesge-richt durch Zwischenurteil entschieden, dass die [X.] Gerichte internatio-nal zuständig seien. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision 4
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möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils er-reichen.

II.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das angerufene [X.] München
II
nach Art.
16 Abs.
1, Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c Fall
2 des [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung ge-richtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 30.
Oktober 2007 (künftig: [X.] oder [X.]) international zuständig. [X.] der Klage seien Ansprüche des [X.] aus einem Vertrag, welchen er als Verbraucher geschlossen habe. Die Beklagten zu
1 und 2 hätten ihre Tä-tigkeit auf [X.] als Wohnsitzst[X.]t des [X.] sowohl durch ihren Inter-netauftritt als auch durch ihr Schreiben vom 3.
Januar 2011 ausgerichtet, als sie die Mandanten der klägerischen Rechtsanwälte, auch den Kläger,
am 3.
Januar 2011 werbend angeschrieben und dem Anschreiben Auftrags-
und Vollmacht-formulare beigefügt hätten.
Auch die Beklagte zu 3 könne im [X.] in [X.] verklagt werden.

III.

Die statthafte Revision gegen das Zwischenurteil (§
280 Abs.
2 Satz
1 ZPO) ist zulässig. Doch liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der [X.] nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§
552a Satz
1 ZPO).

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1.
Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Fragen zugelassen, ob der Vertragsschluss des [X.] für die Annahme des [X.] nach Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c Fall
2 LugÜ
2007 von der Ausrichtung der Tätigkeit des Vertragspartners motiviert sein müsse, ob das Tatbestands-merkmal des [X.] verlange, dass der Vertragspartner des [X.] allgemein Kunden im Wohnsitzst[X.]t des [X.] anspreche,
und ob der Rechtsnachfolger des Vertragspartners des [X.] im [X.] verklagte werden könne. Diese Fragen sind nicht mehr [X.]. Der [X.] hat sie mit Urteil vom 9.
Februar 2017 (IX
ZR 67/16, [X.], 565) im Sinne der angefochtenen Entscheidung entschieden. Der spätere Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Unternehmer muss durch die auf den
Wohnsitzst[X.]t des [X.] ausgerichtete Tätigkeit des Unternehmers nicht motiviert worden sein ([X.], Urteil vom 9.
Februar 2017, [X.]O Rn.
36
ff). Für die Annahme des [X.] reicht ein konkretes Ver-tragsangebot aus, das sich an einen Verbraucher persönlich richtet, selbst nach einem mehr oder weniger losen geschäftlichen Kontakt. Denn auch und gerade im Ansprechen bestimmter Einzelpersonen kann der Wille des Unternehmers Ausdruck finden, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern in anderen [X.] herzustellen ([X.], [X.]O Rn.
44). Ein Verbraucher verliert den [X.] nicht dadurch, dass das Vertragsverhältnis auf Seiten seines [X.] nach Vertragsschluss auf einen Dritten übergeht ([X.], [X.]O Rn.
51
ff).

2.
Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a)
Die Wertung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu
1 und 2 hätten ihre anwaltliche Tätigkeit auf [X.] ausgerichtet, hält der eingeschränk-ten revisionsrechtlichen Überprüfung stand (vgl. [X.], [X.]O Rn.
28). Dabei kann 8
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der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagten zu
1 und 2 allein durch die Ausgestaltung der Internetseite ihre anwaltliche Tätigkeit gerade auch auf [X.] ausgerichtet haben. Denn jedenfalls die Gesamtschau von [X.] und den von den Beklagten zu
1 und 2 vorgenommenen Tätigkeiten, um den Vertragsschluss zu erreichen, ergibt das Ausrichten ihrer Tätigkeit ge-rade auch auf [X.].

[X.])
Die Internetseite der Beklagten zu
1 und 2 enthält allerdings allenfalls schwache Anhaltspunkte für ein Ausrichten ihrer Anwaltstätigkeit auf [X.]. Doch belegt der Internetauftritt, dass die Beklagten zu
1 und 2 ihre [X.] auch auf Mandanten aus dem Ausland ausgerichtet haben, ohne Verbrau-cher als Mandanten auszuschließen. Dabei hat der Kläger mit der Vorlage ei-nes Ausdrucks der aktuellen Internetseite der Beklagten zu
3 das Erforderliche getan, um den Inhalt der Internetseite der Beklagten zu
1 und 2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses frühestens im Januar
2011 zu beschreiben. Es hätte nunmehr den Beklagten oblegen, diesen Vortrag gemäß §
138 Abs.
2 ZPO substantiiert zu bestreiten ([X.], [X.]O Rn.
30
f).

Auf der in [X.] und [X.] abgefassten Internetseite warben die Beklagten zu
1 und 2 damit, ihre Rechtsanwälte sprächen neben [X.] und [X.], Italienisch, [X.] und [X.], wovon nur [X.], [X.] und Italienisch Landessprachen sind. Weiter haben die Beklagten zu
1 und 2 darauf hingewiesen, Personen und Unternehmen aus der [X.] und aus dem Ausland zu vertreten. Sie boten eine international ausgerichtete Rechtsberatung an und warben mit internationalen Kompetenzen. Sie verwendeten einen anderen Domänennamen oberster Stufe als den der [X.]; Telefonnummer und Anschrift waren mit [X.] und [X.] versehen. Interessenten konnten über die Internetseite, die von 11
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[X.] aus zu erreichen war, Kontakt zu den Beklagten aufnehmen (vgl. [X.], [X.]O Rn.
33). Dass den angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die forensische Tätigkeit der internationale Charakter fehlte, hindert die nationalen Gerichte nicht, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Indizien dennoch ein Ausrichten der Tätigkeit auf einen anderen St[X.]t anzunehmen. Denn keines der vom [X.] aufgestellten Kriterien ist für sich alleine für die Annahme des Merkmals des [X.] erforderlich oder ausschlaggebend. Der [X.] misst dem Indiz des [X.] Charakters der Tätigkeit zudem nur eine begrenzte Wirkung zu ([X.], [X.]O Rn.
34
f).

bb)
Das Berufungsgericht durfte in dem Schreiben der Beklagten zu
1 und 2 vom 3.
Januar 2011 ein Werbeschreiben sehen, durch das ein Ausrichten begründet wird (vgl. [X.], [X.]O Rn.
25). Die Beklagten zu
1 und 2 haben mit ihrem Schreiben nicht nur einem die Bedingungen eines Anwaltsmandats erfra-genden Interessenten geantwortet, sondern ihnen weder namentlich noch in der Zahl bekannte Mandanten der klägerischen Anwaltskanzlei beworben, um sie zu einem Vertragsschluss zu veranlassen. Weiter haben sie ihnen entweder ein ausdrückliches Angebot oder aber eine Aufforderung zur Abgabe eines Ange-bots gemacht. Dadurch haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in [X.] ansässige Mandanten zum Abschluss eines [X.]es zu motivieren (vgl. [X.], [X.]O Rn.
39
ff). Einen faktisch bereits ausgehandelten [X.] hat es ausweislich des Anschreibens vom 3.
Januar 2011 nicht
gegeben ([X.], [X.]O Rn.
40). Der [X.] kann auch nicht deswegen verneint werden, weil der Kläger den [X.] mit den [X.] zu
1 und 2 letztlich aufgrund einer dahin gehenden Beratung und Empfeh-lung durch seine
[X.] Anwälte geschlossen hat. Gegen das Merkmal des [X.] spricht jedenfalls nicht die fehlende (oder über den Zurechnungs-13
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zusammenhang zu modifizierende) Kausalität oder Motivation durch die absatz-fördernde Tätigkeit des Unternehmers, weil diese nicht erforderlich ist. Für das Merkmal des [X.] kommt es darüber hinaus auf eine tatsächlich vor-handene Schutzbedürftigkeit nicht an, solange der Vertragspartner eines gut-gläubigen Unternehmers nicht den Eindruck erweckt, er handele zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken (vgl. [X.], [X.]O Rn.
47). Zudem sind vorliegend den Beklagten zu
1 und 2 die absatzfördernden Handlungen der
klägerischen Anwälte zuzurechnen. Die im Streitfall festgestellten Umstände sprechen für ein gemeinsames Vermarktungskonzept von klägerischen Anwälten und Beklagten. Deswegen ist die Empfehlung durch die klägerischen Anwälte, die Beklagten zu
1 und 2 zu beauftragen, diesen als Unternehmer zuzurechnen, weil sie mit deren Wissen und Wollen als Teil des Konzeptes erfolgt ist (vgl. [X.], [X.]O Rn.
48
ff).

b)
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, dass der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 15 [X.] ist.

[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.]s sind [X.] natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden
kann. Der Begriff des [X.] ist eng auszulegen und nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen
anderer als Unternehmer angese-hen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit
oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt. Die Beweislast für die 14
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Verbrauchereigenschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft ([X.], [X.]O Rn.
13).

bb)
Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger den [X.] allein zu nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zwecken mit den Beklagten zu
1 und 2 geschlossen hat, weil er die
dem [X.] zugrundeliegenden Kapitalanlageverträge
zu einem allein nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zweck geschlossen hat. Es
hat sich nach Anhörung des [X.] davon überzeugt, dass dieser die Kapitalanlageverträge mit dem Unter-nehmen geschlossen hat, um sein privates Vermögen zu verwalten, nicht aber um Betriebsvermögen seiner GmbH oder seines Einzelhandelsunternehmens anzulegen. Unstreitig sei der Kläger gegenüber dem [X.] Unternehmen unter seinem eigenen Namen und nicht namens der Gesellschaft
oder seines Einzelhandelsunternehmens aufgetreten. Auch spreche die Natur der vermittel-ten Anlagen gegen die Annahme, das Geld sei zu betrieblichen Zwecken ange-legt worden. Bei diesen handele es sich nämlich um aus dem Bereich der priva-ten Vermögensanlagen bekannte Anlageformen. Mit dem Kläger sei eine Ver-mögensanalyse durchgeführt worden, deren Fragen sich mit der privaten Le-bens-,
Einkommens-
und Vermögenssituation des [X.] befasst hätten. Für eine Vermögensanlage für betriebliche Zwecke könne der Senat keine Anhalts-punkte erkennen. Das gelte auch, wenn die Behauptung der Beklagten zutreffe, der Kläger habe die Mittel für die Geldanlagen in der [X.] aus den (unver-steuerten) Betriebseinnahmen seiner Gesellschaft oder seines [X.] gezahlt.

Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der 16
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Tatrichter entsprechend dem Gebot des §
286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also voll-ständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungs-sätze verstößt ([X.], [X.]O Rn.
15). Solche Fehler weist die Revision nicht nach. Sie rügt insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig den Vortrag der Beklagten übergangen, der Kläger sei deswegen als Unternehmer anzuse-hen, weil er die Betriebseinnahmen seiner Gesellschaft und seines Einzelhan-delsunternehmens bei dem [X.] Unternehmen angelegt habe, die er als Bargeld am [X.] Fiskus vorbei in die [X.] geschafft
habe. Das ange-legte Geld entstamme deswegen nicht seinem Privatvermögen und sei auch nicht aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt worden. Der Kläger hätte substantiiert vortragen und nachweisen müssen, dass er die ange-legten Gelder in sein Privatvermögen überführt und dann aus seinem Privat-vermögen in die [X.] transferiert habe. Deswegen entbehre die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe als Verbraucher gehandelt, jeder trag-fähigen Grundlage.

Der behauptete [X.] liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, es kam auf diesen Vortrag nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht an.
Diese Ansicht des [X.] ist auch richtig, weil der Vortrag unerheblich ist. Auch wenn der Kläger das Geld für die Kapitalanlagen aus den
(unversteuerten) Betriebsein-nahmen seiner Gesellschaft und seines Einzelhandelsunternehmens entnom-men haben sollte, um dieses
selbst am [X.] Fiskus vorbei in eigenem Namen in der [X.] anzulegen, verfolgten
die ihrem Wortlaut und Inhalt nach auf eine solche private Vermögensanlage ausgerichteten
Anlageverträge
keine beruflichen oder gewerblichen Zwecke. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die (möglicherweise strafrechtlich relevante) Herkunft des Geldes für die 18
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Zweckbestimmung unerheblich. Denn anderenfalls würde der [X.] eine internationale Zuständigkeit selten begründen können, weil ein Verbraucher die Geldmittel für seine privaten Geschäfte regelmäßig mit berufli-chen Einnahmen erwirtschaftet ([X.], [X.]O Rn.
17).

Auch soweit die Beklagten unter Hinweis auf §
286 ZPO rügen, dass das Berufungsgericht nicht ohne Nachweis den Angaben des informatorisch ange-hörten und wenig glaubwürdigen [X.] habe glauben dürfen, das Geld privat angelegt zu haben, greift die Rüge nicht durch. Nach §
286 Abs.
1 Satz
1 ZPO erfolgt die Beweiswürdigung auf der Grundlage des gesamten Inhalts der Ver-handlungen und des Ergebnisses einer durchgeführten Beweisaufnahme. Den Inhalt der
Verhandlungen bilden das gesamte Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung, der Inhalt der von ihnen eingereichten und in Bezug genommenen Schriftsätze und sonstigen Unterlagen und ihr sonstiges Pro-zessverhalten. Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht eingehalten, indem es die klägerischen Angaben gewürdigt und mit den vorgelegten Urkunden abge-wogen hat. Im Übrigen setzt die Revision lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts (vgl. [X.], [X.]O Rn.
16).

Die Geschäfte des [X.] im Zusammenhang mit der Verwaltung eige-nen Privatvermögens lassen ihn nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als Verbraucher nicht entgegen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Anlage einer [X.] einen solchen Umfang annimmt, dass sie eine kaufmännische Orga-nisation erforderlich macht, kann dahin stehen, weil dies auf den Kläger nicht zutrifft (vgl. [X.], [X.]O Rn.
18).
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c)
Der [X.] nach Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c LugÜ
2007 ist auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 3 gegeben, wie das Be-rufungsgericht zutreffend entschieden hat. Allerdings wurde die Beklagte zu
3 erst nach Abschluss des [X.]es gegründet, sie wurde daher nicht originär Vertragspartnerin des [X.] im Sinne der genannten Regelung. Doch hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte zu
3 habe bei der Gründung das Ge-schäft der nicht im Handelsregister eingetragenen einfachen Gesellschaft T.

,
Rechtsanwälte, übernommen, und zwar mit allen Aktiven und Passiven. Nach dem Vortrag des [X.] hat dies nach [X.] Recht zur Folge, dass die Beklagte zu
3 dem Kläger neben den Beklagten zu
1 und 2 als Gesamtschuldnerin hafte. Dann aber bleibt es bei
dem [X.] auch gegenüber der Beklagten zu
3. Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des [X.] ist es unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners des [X.]vertrages nach Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c/Art.
17 Abs.
1 Buchst.
c
EuGVVO aF/nF, Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c [X.] verklagt. In beiden Fällen ist der [X.] gegeben ([X.], [X.]O Rn.
52
f).

Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach dem [X.] ist es nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzufüh-ren. Das angerufene Gericht prüft im Stadium der Prüfung der internationalen Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach den Vorschriften des nationalen Rechts, sondern ermittelt nur die Anknüp-fungspunkte mit dem St[X.]t des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf das nationale Gericht, soweit es 21
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nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht, die einschlägigen Behauptungen des [X.] zu den die internationale Zustän-digkeit begründenden Merkmalen als erwiesen ansehen ([X.], [X.]O Rn.
54).

3.
Hat mithin die Revision keine Aussicht auf Erfolg, steht die grundsätz-liche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision einer Revisionszurückweisung durch Beschluss nach §
552a ZPO nicht entgegen ([X.], Beschluss vom 15.
Februar 2017 -
IV ZR 373/13, nv Rn.
13; [X.]/[X.] ZPO, 31.
Aufl., §
552a Rn.
3).

Kayser
[X.]
Pape

Möhring
Meyberg

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.01.2016 -
13 O 4779/14 [X.] -

OLG München, Entscheidung vom 20.07.2016 -
15 U 845/16 [X.] -

23

Meta

IX ZR 182/16

30.05.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2017, Az. IX ZR 182/16 (REWIS RS 2017, 10285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10285

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