Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZR 36/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8041

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130717BIZR36.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
vom
13. Juli
2017
in dem Rechtsstreit

-
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-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 13. Juli
2017
durch [X.] Dr. Büscher, [X.], Prof. Dr.
Koch, die Richterin Dr. Schwonke
und den Richter Feddersen

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen das [X.]surteil vom 16. März
2017
wird auf Kosten des
[X.]
zurückgewiesen.

Gründe:
[X.] Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige An-hörungsrüge ist
nicht begründet.
1. Der
Kläger rügt ohne Erfolg, der [X.] habe seinen
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er seinen
Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe, dass nach der Rechtsprechung des [X.] bei einem System der indirekten Realisierung des gerechten Ausgleichs die Hersteller, Händler, Importeure und Business-Endnutzer jedenfalls nicht diejenigen sein dürften, die diese Belastung am Ende tatsächlich tragen müssten ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2016 -
C-470/14, [X.], 687 Rn. 36 und 41 -
EGEDA), und ein System, das nicht gewährleiste, dass die Kosten des gerechten Ausgleichs letztlich allein von den Nutzern von Privatkopien getragen würden, mit dem [X.]srecht unvereinbar sei ([X.], Urteil vom 22. September 2016 -
C-110/15, [X.], 155 Rn. 33 = WRP 1
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2016, 1482 -
Microsoft u.a./MIBAC u.a.; Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 4. Mai 2016 -
C-110/15, juris Rn. 63).
Der [X.] hat sich mit dem Vorbringen des
[X.]
auseinandergesetzt, -dass es den Geräteherstellern hier nicht möglich gewesen sei, die Gerätevergü-tung einzupreisen und so auf den Endnutzer abzuwälzen ([X.], Urteil vom 16.
März 2017 -
I [X.], [X.], 826 Rn. 37 -
Gesamtvertrag [X.]). Er hat berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Euro-päischen [X.] die Hersteller, Importeure und Händler nicht anstelle der Nutzer als eigentlichen Schuldnern des gerechten Ausgleichs mit einer Abgabe zu-gunsten der Rechtsinhaber belastet werden dürfen und daher die Möglichkeit haben müssen, eine von ihnen für die Privatkopie zu entrichtende Abgabe in den Preis für die Überlassung der vergütungspflichtigen Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung einfließen zu lassen ([X.], [X.], 826 Rn. 38 -
Gesamtvertrag [X.], unter Hinweis auf [X.], Urteil vom [X.] -
C-467/08, [X.]. 2010, [X.] = [X.], 50 Rn. 48 -
Padawan/
[X.]; Urteil vom 16. Juni 2011 -
C-462/09, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 909 Rn. 23 und 29 -
Stichting/Opus; Urteil vom 11. Juli 2013 -
C-521/11, [X.], 1025 Rn. 23 bis 25 = [X.], 1169 -
Amazon/[X.]; Ur-teil vom 10. April 2014 -
C-435/12, [X.], 546 Rn. 52 = [X.], 682

ACI [X.]). In den vom Kläger
herangezogenen Entscheidungen keine abweichenden Grundsätze aufgestellt; vielmehr hat er darin lediglich die von ihm bereits in früheren Entscheidungen entwickelten Grundsätze wiederholt und auf die entsprechenden -
auch vom Generalanwalt und im [X.]surteil zi-tierten -
Entscheidungen verwiesen.
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Entgegen der Ansicht des
[X.]
sind die weiteren Ausführungen des [X.] mit diesen Grundsätzen vereinbar. Der [X.] hat zwar für den Fall, dass die Hersteller, Importeure oder Händler damit rechnen mussten, dass die Geräte oder Speichermedien vergütungspflichtig sind, angenommen, eine rückwirkende Geltendmachung und Durchsetzung des Vergütungsanspruchs sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn eine nachträgliche Weiterbelastung der Gerätevergütung durch Hersteller, Importeure oder Händler an den eigentli-chen [X.] nicht mehr möglich sei ([X.], [X.], 826
Rn.
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Gesamtvertrag
[X.]). Diese Annahme steht jedoch mit der vorgenann-ten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] in Einklang. Mussten die Hersteller, Importeure oder Händler damit rechnen, dass die Gerä-te oder Speichermedien vergütungspflichtig sind, hatten sie die Möglichkeit, eine von ihnen für die Privatkopie zu entrichtende Vergütung in den Preis der Geräte oder Speichermedien einfließen zu lassen. Sie können sich dann im Falle ihrer späteren Inanspruchnahme nicht mit Erfolg darauf berufen, jetzt sei es ihnen nicht mehr möglich, die Belastung durch die von ihnen zu entrichtende Vergütung auf die Nutzer der Geräte oder Speichermedien abzuwälzen.
2. Der Kläger
rügt vergeblich, der [X.] habe sich nicht mit seinem
Vor-trag auseinandergesetzt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] die Vermutung einer ausgleichspflichtigen Nutzung bei einer Abgabe der Geräte und Medien an gewerbliche Abnehmer oder juristi-sche Personen nicht Platz greife ([X.], Urteil vom 5. März 2015 -
C-463/12, [X.], 478 Rn. 47 = [X.], 706 -
Copydan/[X.]; [X.], [X.], 155 Rn. 36 ff. -
Microsoft u.a./MIBAC u.a.; Schlussanträge des General-anwalts Wahl vom 4. Mai 2016 -
C-110/15, juris Rn. 45 f.) und die [X.] in anderen Mitgliedstaaten (unter anderem [X.], [X.] und [X.]) die nationalen Regelungen dementsprechend als nicht unionsrechtskon-4
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form und damit ungültig angesehen oder in dem Sinne angewandt habe, dass bei einer Überlassung von Geräten oder Medien an gewerbliche Abnehmer oder
juristische Personen ein gerechter Ausgleich nicht zu entrichten sei; der [X.] habe ferner seinen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und in Erwä-gung gezogen, dass es der Industrie nicht möglich sei, die erforderlichen Nachweise für das Vorliegen eines [X.] zu erbringen.
Der [X.] hat sich mit dem Vorbringen des [X.] auseinandergesetzt, bei einer Überlassung von Geräten an Gewerbetreibende bestehe nach [X.] keine Vergütungspflicht und dürfe deshalb auch keine widerlegliche Vermutung gelten, dass solche Geräte zur Herstellung von Privatkopien ver-wendet würden ([X.], [X.], 826 Rn. 35 -
Gesamtvertrag [X.]).
Dabei ist er davon ausgegangen ([X.], [X.], 826 Rn. 36 -
Ge-samtvertrag [X.]), dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Euro-päischen [X.] die unterschiedslose Anwendung der Vergütung für [X.] auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, mit der Richtlinie unverein-bar ist ([X.], [X.], 50 Rn. 52 und 53 -
Padawan/[X.]; [X.], 1025 Rn. 28 -
Amazon/[X.]; [X.], [X.], 478 Rn. 47 und 50 -
Copydan/[X.]), es mit der Richtlinie aber in Einklang steht, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermaterialien nicht eindeutig anderen Verwendun-gen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegbare Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung aufzustellen (vgl. [X.], [X.], 50
Rn.
54 und 55 -
Padawan/[X.]; [X.], 1025 Rn. 41 bis 43 -
Amazon/[X.]).
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6
-

Der [X.] hat ausgeführt, dass nach diesen Vorgaben eine solche [X.] nicht nur dann aufgestellt werden darf, wenn die Geräte oder Medien natürlichen Personen überlassen werden, sondern grundsätzlich auch dann, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer
überlassen werden ([X.], [X.], 826
Rn. 36
-
Gesamtvertrag [X.]). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] ist es zulässig, Hersteller oder Importeure, die Geräte oder Speichermedien mit dem Wissen an Gewerbetreibende verkaufen, dass sie von diesen weiterverkauft werden sollen, ohne aber Kenntnis davon zu ha-ben, ob es sich bei den Endabnehmern um private oder gewerbliche Kunden handelt, zur Zahlung einer Privatkopievergütung zu verpflichten, sofern diese Hersteller oder Importeure im Falle des Nachweises, dass die in Rede stehen-den Geräte oder Speichermedien an andere als natürliche Personen zu eindeu-tig anderen Zwecken als zur Vervielfältigung zum privaten Verkauf geliefert worden sind, von der Zahlung der Vergütung befreit werden und ein Anspruch auf Erstattung einer gleichwohl geleisteten Privatkopievergütung besteht, der durchsetzbar ist und die Erstattung der gezahlten Vergütung nicht übermäßig erschwert (vgl. [X.], [X.], 1025 Rn. 31 und 37 -
Amazon/[X.]; [X.], 478 Rn. 45 und 55 -
Copydan/[X.]).
Die Vermutung, dass Geräte, die nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, für vergütungspflichtige Nutzungen
verwendet werden, kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Verviel-fältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 [X.] angefertigt worden sind oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden ([X.], [X.], 826 Rn. 36

Gesamtvertrag [X.]).
Diesen Nachweis haben die Hersteller oder Importeure der Geräte zu erbringen. Würde bei einer Überlassung von zur Anfertigung von Privatkopien geeigneten und bestimmten Geräten an andere als natürliche Per-8
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7
-

sonen den Rechtsinhabern die Darlegungs-
und Beweislast dafür
auferlegt, dass diese Geräte für die Anfertigung von Privatkopien genutzt werden, wäre nicht gewährleistet, dass sie
einen gerechten Ausgleich für den ihnen entstan-denen Schaden erhalten (vgl. [X.], Urteil vom 30.
November 2011

I
ZR
59/10, [X.], 705 Rn. 42 = [X.], 954 -
PC als Bild-
und Tonaufzeichnungsgerät).
Dies widerspräche der Rechtsprechung des [X.], wonach der Mitgliedstaat, der die Privatkopie-ausnahme in sein nationales Recht einführt, eine wirksame Erhebung des ge-rechten Ausgleichs gewährleisten muss ([X.], [X.], 909 Rn.
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Stichting/Opus).
Demnach hat sich der [X.] mit dem Vorbringen des
[X.]
und der [X.] maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] befasst. Das rechtliche Gehör des
[X.]
ist nicht deshalb verletzt, weil der [X.] seiner
Rechtsauffassung nicht gefolgt und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] davon ausgegan-gen ist, dass die Vermutung einer ausgleichspflichtigen Nutzung grundsätzlich auch bei einer Abgabe von Geräten oder Medien an gewerbliche Abnehmer aufgestellt werden darf. Die Rechtsprechung in anderen Mitgliedstaaten geht gleichfalls davon aus, dass nach der Rechtsprechung des [X.] bei einer Überlassung von Geräten oder Medien an gewerbliche [X.] ein gerechter Ausgleich zu entrichten sein kann (vgl. [X.], Ur-teil vom 21. Februar 2017 -
4 Ob
62/16, [X.], 388 Rn. 46 und 59).
3. Der Kläger
rügt ohne Erfolg, der [X.] habe sich in seiner Entschei-dung nicht mit seinem
Vorbringen eines kartellrechtswidrigen Verhaltens der Beklagten auseinandergesetzt.
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Der [X.] hat den Einwand des
[X.] berücksichtigt, die Festsetzung der Vergütung durch das [X.] verstoße gegen Art. 102 AEUV, weil die Beklagten ihre marktbeherrschende Stellung für ein preismissbräuchli-ches Verhalten ausnutzten, indem sie eine im Vergleich zu anderen Mitglied-staaten und im Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung überhöhte Vergütung forderten, darüber hinaus verstoße die vom [X.] festgesetzte Erstattungsregelung für [X.] gegen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, weil danach [X.], die ihre [X.] über [X.] Vorlieferan-ten kauften, anders als anderen [X.] die Vergütung nicht erstattet werde ([X.], [X.], 826 Rn. 63 -
Gesamtvertrag [X.]). Er hat ausgeführt, die Festsetzung des Inhalts des Gesamtvertrags und insbesondere die Festset-zung von Art und Höhe der Vergütung durch das [X.] nach billi-gem Ermessen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG) verstoße schon deshalb nicht ge-gen [X.] oder [X.]s Kartellrecht, weil das [X.] nicht Adressat der kartellrechtlichen Regelungen sei. Darin, dass die beklagten [X.] die Festsetzung eines Gesamtvertrags durch das Ober-landesgericht nach billigem Ermessen beanspruchten, liege keine missbräuch-liche Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung ([X.], [X.], 826 Rn. 64 -
Gesamtvertrag [X.]). Da die vom
Kläger aufgeworfenen kartellrechtli-chen Fragen nicht entscheidungserheblich waren, war
die Sache nicht -
wie vom Kläger
angeregt -
an den [X.] (§ 94 GWB) abzugeben.
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I[X.] Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Koch

Schwonke
Feddersen
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 15.01.2015 -
6 Sch 15/12 WG -

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Meta

I ZR 36/15

13.07.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZR 36/15 (REWIS RS 2017, 8041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8041

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 212/14

I ZR 84/11

I ZR 255/14

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I ZR 28/11

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