Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.09.2010, Az. 29 W (pat) 174/10

29. Senat | REWIS RS 2010, 3072

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TIP DER WOCHE (Wort-Bild-Marke)" –Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 40 261.4

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 23. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters Dr. [X.] und der Richterin Dorn

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des [X.] vom 26. Januar 2009 und 25. Mai 2010 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das farbige (rot, weiß, schwarz, grau) Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 25. Oktober 2007 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 16: [X.], Bücher, Zeitschriften, Journale;

4

[X.]: Werbung, auch im [X.];

5

[X.]: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften.

6

Mit Beschluss vom 26. Januar 2009, bestätigt durch Erinnerungsbeschluss vom 25. Mai 2010, hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung vollständig gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Wortelemente des angemeldeten Zeichens “[X.] der Woche“ in ihrer Gesamtbedeutung vom angesprochenen [X.] als “Ratschlag für den Zeitraum einer Woche“ und damit als bloßer [X.], nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden würden. Ein solcher Hinweis “[X.] der Woche“ werde nach dem Ergebnis der Recherche auch von unterschiedlichen Anbietern zur unmittelbaren Angebotsbeschreibung für Waren und Dienstleistungen verwendet. Auch die gestalterischen Elemente würden der [X.] keine Unterscheidungskraft verleihen. Sowohl die Form des Schriftzuges als auch die Gestaltung des Hintergrundes und der Umrahmung seien für sich allein betrachtet oder zusammen genommen zu üblich, um die Schutzfähigkeit der angemeldeten Kombination begründen zu können. Der überaus größte Teil der angesprochenen Abnehmer werde die [X.] nur als sachlichen Hinweis auf den Inhalt bzw. das Thema sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen verstehen.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

8

die Beschlüsse der Markenstelle vom 25. Mai 2010 und vom 26. Januar 2009 aufzuheben.

9

Zur Begründung trägt sie vor, dass der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden könne. Jedenfalls sei das angemeldete Wort-/Bildzeichen wegen der konkreten grafischen Ausgestaltung in seiner Gesamtwirkung ausreichend unterscheidungskräftig. Ein weiteres Indiz für die Schutzfähigkeit sei der Umstand, dass die Anmelderin bereits Inhaberin der quasi identischen [X.] Wort-/Bildmarke Nr. 394 02 168 sei, welche nahezu dieselben Markenbestandteile wie die [X.] aufweise. Auch sei das Verzeichnis der älteren Marke fast identisch mit dem der [X.].

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 und 2 [X.] zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg.

Der Eintragung des vorliegenden [X.] als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.], entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.], 850, 854 Rdnr. 18 - [X.]; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 411 Rdnr. 8 - [X.]; 778, 779 Rdnr. 11 - [X.]; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.], 1153 - anti [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 850, 854 Rdnr. 19 - [X.]; [X.], 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.], 1043, 1044 - [X.]; [X.] GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen ([X.], 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; a. a. [X.] - anti Kalk). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den (geringen) Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt.

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend - entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung - nicht festgestellt werden, dass das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unterliegt.

www.tippderwoche.eu ); “ www.geldanlage-aktuell.de/top-renditen/tipp-der-woche ); “ www.art-magazin.de/kunst/33292/gib_mir_fuenf_tipps_der_woche ); “

Die angemeldete Wortfolge ist daher eine dem Verkehr aus verschiedenen Zusammenhängen geläufige Werbeaussage, die die Aufmerksamkeit auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lenken soll und gleichzeitig zum Ausdruck bringt, dass im Zusammenhang mit den jeweils beworbenen Waren und Dienstleistungen ein aktuelles Angebot erbracht wird, das dem angesprochenen Publikum als Entscheidungshilfe dienen soll.

Für die beanspruchten Waren der Klasse 16, nämlich “[X.], Bücher, Zeitschriften, Journale”, eignet sich “[X.] der Woche” als Angabe über den Inhalt dieser Waren. Unter dem Titel “[X.] der Woche” können nützliche Hinweise aus diversen Bereichen gegeben werden, wie Gesundheit, Ernährung, Fernsehen, Bücher, Musik, Finanzen, Wirtschaft, Reisen etc. Für die angesprochenen [X.]e wird im Vordergrund der Hinweis “[X.] der Woche” unter einem näher zu spezifizierenden Gesichtspunkt stehen. Sie werden darin jedoch keinen betriebsbezogenen Herkunftshinweis erkennen.

Auch für die angemeldeten Dienstleistungen der [X.] “Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften” steht die Wortfolge “[X.] der Woche” noch in einem engen sachlichen Zusammenhang zur o. g. inhaltsbezogenen Angabe bei den Waren der Klasse 16 und ist daher nicht unterscheidungskräftig ([X.] [X.], 949 - My World).

Bei den Dienstleistungen der [X.] “Werbung, auch im [X.]” sind die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens ebenfalls nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen. Hinsichtlich dieser Dienstleistungen kommt der Wortfolge “[X.] der Woche“ im Verkehr zwar nicht die Bedeutung einer inhaltsbeschreibenden Angabe zu. Denn es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, dass [X.] durch das beworbene Produkt charakterisiert werden, weil eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Für die Werbung ist entscheidend, in welchem Medium sie platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird ([X.] GRUR a. a. [X.] 951 Rdnr. 24 - My World). Auf den thematischen Bezug der verfahrensgegenständlichen Wortfolge zu den Dienstleistungen der [X.] kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da “[X.] der Woche” eine geläufige Werbeaussage darstellt, die, wie oben dargestellt, in verschiedenen Zusammenhängen tatsächlich verwendet wird und vom angesprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst wird (vgl. u. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

Dies allein reicht aber nicht aus, um der angemeldeten Marke die Schutzfähigkeit abzusprechen.

Denn es ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht ([X.] GRUR 1991, 136, 137 - [X.]; a. a. [X.] - anti Kalk; [X.] [X.], 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen ([X.] - anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - [X.]). Dies ist vorliegend der Fall.

Die einzelnen - jeweils schräg geschriebenen - Buchstaben des Wortes “[X.]“ sind versetzt zueinander angeordnet, wobei der Buchstabe “I“ sich leicht unterhalb des Buchstaben “T“ befindet, während der Buchstabe “P“ wieder ein Stück höher liegt, aber immer noch unterhalb des Buchstabens “T“. Die rechts unterhalb davon angeordneten Wörter “DER [X.]“ stehen rechtsbündig untereinander und sind - im Unterschied zum Wort “[X.]“ - in deutlich kleineren und gerade geschriebenen Buchstaben mit gleichmäßiger Anordnung ausgeführt. Die weißen Buchstaben aller drei Wortelemente sind dreidimensional/schattiert ausgeführt und heben sich farblich deutlich von dem roten Untergrund ab, wobei die drei Buchstaben des Wortes “[X.]“ aufgrund ihrer Größe, der versetzten Anordnung und zentralen Stellung besonders hervorstechen. Die beschriebene Anordnung der Wortelemente innerhalb des auffallenden knallroten Rechtecks mit abgerundeten Kanten und schwarzer Umrandung vermitteln einen unverwechselbaren, charakteristischen Gesamteindruck, der geeignet ist, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Funktion zu beeinflussen. Der nicht unterscheidungskräftige Sinngehalt der Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens wird daher durch das auffallende Hervortreten der grafischen Elemente so weit überlagert, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden kann.

Im Hinblick auf die markante grafische Gestaltung unterliegt die angemeldete Marke ungeachtet ihrer nicht unterscheidungskräftigen Wortelemente auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Denn es wird nicht der Schutz für eine zeichenmäßige Verwendung der Wortfolge “[X.] der Woche“ in jedweder Form, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung begehrt. Diese bestimmt und beschränkt zugleich den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung (vgl. [X.] GRUR a. a. [X.] - [X.]).

In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Anmelderin - neben der von ihr geltend gemachten ähnlichen Voreintragung Nr. 394 02 168 aus dem [X.] - über eine weitere vergleichbare Voreintragung Nr. 302009025439 der [X.] Wort-/Bildmarke

Abbildung

verfügt, welche am 15. Oktober 2009 eingetragen wurde und - bei identischem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis - auch nahezu die gleichen Markenbestandteile wie die verfahrensgegenständliche [X.] aufweist.

Meta

29 W (pat) 174/10

23.09.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.09.2010, Az. 29 W (pat) 174/10 (REWIS RS 2010, 3072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3072

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