Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2007, Az. XII ZR 163/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5232

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. Februar 2007 Küpferle, [X.] der Geschäftsstelle als Urkundsbeamtin in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 722, 723; [X.] Art. 7 § 1; [X.]: [X.]. 103 Abs. 1, 123 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen (hier: slowe-nischen) Entscheidung über den Kindesunterhalt, die Bestandteil eines Schei-dungsurteils ist, setzt die vorherige Anerkennung der Scheidung durch die Lan-desjustizverwaltung (Art. 7 § 1 [X.]) nicht voraus. [X.], Urteil vom 14. Februar 2007 - [X.] - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Rich-ter Sprick, [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 1. [X.] des [X.] vom 1. September 2005 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass a) es sich bei dem auf dem Gebiet der [X.] anerkannten und für vollstreckbar erklärten Titel um den [X.] im Urteil des [X.] vom 20. Juni 1990 - [X.] - in Verbindung mit den [X.] des [X.] vom 7. August 2000, 1. Oktober 2000, 26. Juni 2001, 26. April 2002, 23. April 2003 und 6. August 2004 handelt und b) der laufende monatliche Unterhalt ab 1. Dezember 1991 bis 31. Januar 1992 nicht 4.508 [X.], sondern 4.508 [X.] Tolar beträgt. Von Rechts wegen Tatbestand: Mit Urteil des Kreisgerichts (damalige Bezeichnung: "Grundgericht" = te-meljno sodiıe) [X.] vom 20. Juni 1990, rechtskräftig seit dem 9. Oktober 1990, wurde die Ehe des Beklagten mit der Mutter der beiden damals noch 1 - 3 - minderjährigen Kläger geschieden, das Sorgerecht für sie der Mutter zugespro-chen und der Beklagte verurteilt, zu Händen der Mutter für die beiden Kläger monatlich je 2.000 [X.] Kindesunterhalt ab 1. Juni 1990 zu zahlen. Auf Antrag der Kläger wurde dieses Urteil durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - auf dem Gebiet der [X.] mit der Maßgabe anerkannt und für vollstreckbar erklärt, dass der Beklagte zu gemäß Art. 132 des [X.]n Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen indexierten monatlichen Unterhaltszahlungen in [X.] bzw. ab 1. Februar 1992 in [X.]n Tolar verpflichtet ist. 2 Das [X.] wies die dagegen gerichtete Berufung des [X.] zurück. Dagegen richtet sich dessen zugelassene Revision. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass über den [X.] durch Vollstreckungsurteil nach §§ 722, 723 ZPO zu [X.] war. Nach diesen Vorschriften ist ein Urteil eines ausländischen Gerichtes ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung für vollstreckbar zu erklä-ren, wenn es nach dem für das ausländische Gericht geltenden Recht [X.] - 4 - [X.] erlangt hat und seine Anerkennung nicht nach § 328 ZPO ausgeschlossen ist. a) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, ist die An-wendung der §§ 722, 723 ZPO hier weder durch "[X.]" ([X.] = [X.] [EG] Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gericht-liche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidun-gen in Zivil- und Handelssachen) noch durch "[X.]Ia" ([X.] = Verord-nung [EG] Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die [X.] und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in [X.] und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhe-bung der Verordnung [EG] Nr. 1347/2000 [= "[X.]I"]) ausgeschlossen. 6 Zwar ist [X.] seit 2004 Mitglied der europäischen Union, so dass diese Verordnungen im Verhältnis zwischen [X.] und der [X.] grundsätzlich vorrangig anzuwenden sind. Die [X.] = "[X.]" ist nach ihrem Art. 66 Abs. 1 und 2 aber nicht auf Titel anzuwenden, die wie hier (1990) vor ihrem In[X.]treten geschaffen wurden, und die [X.] = "[X.]Ia" gilt ohnehin nicht für Unterhaltspflichten (Art. 1 Abs. 3 lit. e [X.]). Auch deren Vorläuferregelung, das EuGVÜ, kommt hier nicht zur Anwendung, da [X.] ihm nicht beigetreten war. 7 b) Auch eine vorrangige Anwendung des [X.] vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von [X.] kommt nicht in Betracht, da [X.] nicht Vertragsstaat ist (vgl. [X.]/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 7 [X.]. 226; [X.]/Rausch 5. Aufl. [X.]. 15 [X.]. 95 [X.]. 172; [X.], [X.] des Unterhaltsrechts, 10. Aufl. [X.]. 8061). 8 - 5 - 2. Soweit das Berufungsgericht das Vorliegen von [X.] nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO verneint hat, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen; auch die Revision erinnert insoweit nichts. 9 3. Die erforderliche Prozessführungsbefugnis der Kläger für das vorlie-gende Verfahren nach §§ 722, 723 ZPO (vgl. [X.]/Wax/[X.]. [X.]. 3287) ist hier unabhängig von der Frage gegeben, ob die Mutter der Kläger den ursprünglichen Titel nach [X.]m Recht als deren Vertreterin oder im Wege der Prozessstandschaft erstritten hat (vgl. [X.], 1268; AG Lahnstein FamRZ 1986, 289, 290 zum jugos-lawischen Recht; a.A. wohl [X.] FamRZ 1999, 312 ff.). Beide Kläger waren nämlich im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung volljährig, Art. 117 Abs. 1 des [X.]n Gesetzes über Ehe- und Familienbeziehun-gen vom 26. Mai 1976 (EheFamG; [X.] Übersetzung in [X.]/[X.], Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil [X.] S. 58 ff.), und schon deshalb befugt, das vorliegende Verfahren im eigenen Namen zu betrei-ben (vgl. [X.]/[X.] ZPO 26. Aufl. § 722 [X.]. 64; Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 806 zur Prozessführungsbefugnis des Kindes für eine Abänderungsklage). 10 Die Kläger waren zwar nicht Partei des Scheidungsverfahrens, in dem das [X.] ergangen ist. Dennoch ist ihr Unterhaltsanspruch - wie es in Art. 78 Abs. 1 des [X.]n EheFamG und in Art. 421 Abs. 2 des sloweni-schen Gesetzes über das Streitverfahren vom 15. April 1999 ([X.] Über-setzung in [X.]/[X.] aaO S. 80) vorgesehen ist - in diesem Urteil gere-gelt worden, und zwar nicht nur im Innenverhältnis der Ehegatten untereinander (vgl. [X.]/[X.] aaO § 722 [X.]. 64; vgl. auch [X.] FamRZ 1983, 1157, 1158 zum [X.] Ehegesetz). Dies folgt nicht nur aus [X.]. 103 Abs. 1 und 123 EheFamG, die bestimmen, dass Eltern ihren Kindern unterhaltspflichtig 11 - 6 - sind, sondern auch aus der Überschrift zu [X.]. 78 ff. EheFamG ("Beziehungen der Eltern zu den Kindern nach der Ehescheidung") und insbesondere aus Art. 79 Satz 2 EheFamG, demzufolge auch das Kind eine Anpassung des im Scheidungsurteil festgelegten Unterhaltsbeitrages an veränderte Verhältnisse verlangen kann (vgl. [X.] FamRZ 1982, 631, 632 zum bosnisch-herzegowinischen Recht). An der Art des Unterhaltsanspruchs des Kindes [X.] sich durch die Trennung oder Scheidung der Eltern nichts (vgl. [X.] FamRZ 1991, 132, 136 zur Rechtslage vor der Unabhängigkeit [X.]s). Die Kläger sind daher, auch ohne Titelgläubiger zu sein, für das [X.] nach § 722 ZPO prozessführungsbefugt (vgl. [X.] ZPO § 722 [X.]. 16; [X.]/[X.] 2. Aufl. § 722 [X.]. 27; [X.]/[X.] ZPO 65. Aufl. § 722 [X.]. 7). 12 4. Allerdings ist Vollstreckungstitel nicht das Urteil des [X.] allein. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, handelt es sich um einen dynamischen Unterhaltstitel. Die darin festgelegten Unterhaltsbeträge werden nach Art. 132 Abs. 1 EheFamG der Wandlung der Lebenshaltungskos-ten und der persönlichen Einkommen in [X.] angepasst (vgl. [X.] FamRZ 2005, 1637, 1640). Das zuständige [X.] benach-richtigt schriftlich den Verpflichteten und den Berechtigten über die jeweilige Anpassung und den neuen Unterhaltsbetrag, Art. 132 Abs. 4 Satz 1 EheFamG. Diese Benachrichtigung bildet gemäß Art. 132 Abs. 4 Satz 2 EheFamG zu-sammen mit der Gerichtsentscheidung den Vollstreckungstitel (vgl. auch [X.] vom 26. März 2003 - 3 Ob 71/03t - ZfRV 2003, 189 - Leitsatz -). Das Amtsgericht hätte daher das [X.] in Verbindung mit den im Tenor aufgeführten Benachrichtigungen des [X.] für vollstreckbar erklären müssen. 13 - 7 - [X.] Die Revision greift allein die Auffassung des Berufungsgerichts an, die Vollstreckbarkeitserklärung habe nicht der vorherigen Anerkennung des Schei-dungssausspruchs nach Art. 7 § 1 [X.] bedurft. Dem hält die Revision entgegen, bei dem [X.]n Urteil habe es sich - nach dem als lex fori maßgeblichen [X.]n Verfahrensrecht - um ein Verbundurteil im Sinne des § 623 ZPO gehandelt. Wie sich aus der Begründung des [X.]s [X.], habe die Verurteilung des Beklagten zur Unterhaltszahlung auch in engem sachlichem Zusammenhang mit der Entscheidung über das Sorgerecht für die Kinder und folglich auch mit der Ehescheidung selbst gestanden, so dass die Unterhaltspflicht nicht von der Wirksamkeit der Scheidung losgelöst werden könne. Deshalb hätte die Entscheidung zum Unterhalt erst nach Anerkennung des Scheidungsurteils für vollstreckbar erklärt werden können. 14 Das verhilft der Revision indes nicht zum Erfolg. 15 Eine Anerkennung des [X.] war zwar nicht schon nach Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 3 [X.] entbehrlich, da die Ehegatten nicht beide dem Staat angehörten, dessen Gerichte die Scheidung ausgesprochen haben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte im Zeitpunkt der Scheidung [X.]r Staatsangehöriger. 16 Für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer in einem auslän-dischen Scheidungsurteil getroffenen weiteren Nebenentscheidung, z.B. einer Verurteilung zu Unterhaltszahlungen, ist das Verfahren vor der Landesjustiz-verwaltung nach Art. 7 § 1 [X.] aber nicht erforderlich (vgl. [X.] NJW 1967, 1398, 1402; zum Gesetzeszweck vgl. auch Senatsbeschluss [X.] 112, 127, 134). Nur wenn die weitere Entscheidung auf dem Eheurteil beruht, ohne dieses also keinen Bestand haben kann, darf sie erst nach Anerkennung des 17 - 8 - [X.] für vollstreckbar erklärt werden ([X.] 64, 19, 22 = FamRZ 1975, 273, 274). Das ist hier nicht der Fall. Der ausgeurteilte Unterhaltsanspruch der Kinder beruht nicht auf dem Scheidungsausspruch, sondern besteht - wie oben unter [X.] dargelegt - unab-hängig hiervon. 18 Der Senat schließt sich daher der in Rechtsprechung und Literatur herr-schenden Meinung an, dass die Vollstreckbarerklärung des Kindesunterhaltsti-tels nicht der vorherigen Anerkennung der Scheidung nach Art. 7 § 1 Fam-RÄndG bedarf (vgl. [X.] DAVorm 1981, 166 f.; [X.] [X.] 1982, 490 f.; [X.] FamRZ 1979, 718, 719; [X.] 1977, 62, 64; [X.]/Schütze ZPO 3. Aufl. § 722 [X.]. 46; Soergel/[X.] BGB 12. Aufl. Art. 19 EGBGB [X.]. 115; [X.] in Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens VIII [X.]. 180.7; [X.] 1986, 477, 481; [X.]/Linke aaO 3285; a.A. [X.] FamRZ 1989, 785 m. abl. [X.]. [X.] [X.] 1990, 59 f.). Denn das Anliegen des Art. 7 § 1 [X.], ein-ander widersprechende Entscheidungen über die Wirksamkeit einer ausländi-schen Ehescheidung im Inland zu vermeiden (vgl. Senatsurteil [X.] 112, 19 - 9 - 127, 134), wird durch den Ausspruch der Vollstreckbarkeit des Titels über den Kindesunterhalt nicht tangiert. Hahne Sprick [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: [X.] ([X.]), Entscheidung vom 07.02.2005 - 62 [X.]/01 [X.] - [X.], Entscheidung vom 01.09.2005 - 1 UF 98/05 -

Meta

XII ZR 163/05

14.02.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2007, Az. XII ZR 163/05 (REWIS RS 2007, 5232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5232

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