Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. KZR 27/13

Kartellsenat | REWIS RS 2014, 3909

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 27/13
Verkündet am:

22. Juli 2014

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Stromnetznutzungsentgelt VI
BGB § 315 Abs. 3,
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 255
a)
Macht ein Netznutzer geltend, die vom Netzbetreiber vorgenommene Be-stimmung des Entgelts für die Nutzung eines Elektrizitätsnetzes sei gemäß §
315 Abs.
3 BGB unwirksam, so kann eine Umkehr der Darlegungs-
und Beweislast zu Lasten des Netzbetreibers nicht auf den Umstand gestützt werden, dass die verlangten Entgelte um rund 9,75
% höher sind als die ge-nehmigten Entgelte eines darauffolgenden Abrechnungszeitraums.
b)
Ist eine Preisbestimmung gemäß §
315 Abs.
3 BGB unwirksam, so darf dem auf §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB gestützten Bereicherungsanspruch des Abnehmers auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Teils des Entgelts grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass der Gläubiger den über-höhten Preis ganz oder teilweise auf seine eigenen Abnehmer abwälzen konnte (Bestätigung von [X.], Urteil vom 4.
Dezember 2007

XI
ZR
227/06, [X.]Z 174, 334 Rn.
34; Urteil vom 5.
November 2002

XI
ZR
381/01, [X.]Z 152, 307, 315
f.). Dies gilt auch dann, wenn die nach §
315 Abs.
3 BGB unwirksame Preisbestimmung zugleich gegen kartellrecht-liche Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist.
[X.], Urteil vom 22. Juli 2014 -
KZR 27/13 -
O[X.]
-
2
-

[X.]
-
3
-
Der [X.]ellsenat des [X.] hat auf die
mündliche Verhand-lung vom 22.
Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck und die Richter Prof.
Dr. Strohn, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Bacher und Dr.
Deichfuß
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 24.
April 2013 verkünde-te Urteil des 2.
[X.]ellsenats des [X.] auf-gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung -
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens -
an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
Von Rechts wegen

-
4
-
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung eines Teils des ge-zahlten Entgelts für die Nutzung eines Hochspannungsnetzes im Zeitraum vom 1.
Januar bis 28.
Oktober 2005.
Die Klägerin betreibt ein Stromverteilnetz, die Beklagte das vorgelagerte Hochspannungsnetz. Die Klägerin zahlte für die Nutzung dieses Netzes [X.], die auf der Grundlage eines veröffentlichten Preisblatts (Anlage [X.]) [X.] wurden und deren Kalkulation die Verbändevereinbarung Strom
II plus zu-grunde lag.
Mit Anwaltsschreiben
vom 22.
Dezember 2008 ([X.]) forderte die Klägerin die Beklagte auf, einen Teil des gezahlten Entgelts für das [X.] zu erstat-ten. Im vorliegenden Rechtsstreit, der durch einen am 23.
Dezember 2008 ein-gegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides eingeleitet wurde, hat sie erstinstanzlich Zahlung von 633.967,50 Euro nebst [X.] begehrt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur noch Bereicherungsansprüche für den Zeitraum bis 28.
Oktober 2005 weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 503.289,36 Euro nebst [X.] verurteilt. [X.] wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt.
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3
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Klägerin stehe der mit der Berufung geltend gemachte Betrag gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB zu, weil die Beklagte nicht hinreichend darge-legt habe, dass die Bestimmung des Entgelts der Billigkeit entsprochen habe.
Die Darlegungs-
und Beweislast für
die Unbilligkeit der Bestimmung liege allerdings primär bei der Klägerin. Zwar spreche einiges dafür, dass die Kläge-rin zunächst nur Abschlagszahlungen erbracht habe. Diese hätten mit der von der Beklagten erstellten Endabrechnung aber ihre Bedeutung verloren. Nach der Abrechnung liege eine endgültige Zahlung vor. Die Klägerin habe auch nicht schlüssig dargelegt, das Entgelt unter Vorbehalt gezahlt zu haben. Der nach ihrer Auffassung aus Nr.
6.7 des [X.] konkludent zu entnehmende Vorbehalt
betreffe nur nachträgliche Rechtsänderungen oder be-hördliche Maßnahmen, nicht aber die Unbilligkeit der Entgeltbestimmung.
Der Darlegungs-
und Beweislast der Klägerin stehe aber eine sekundäre Darlegungs-
und Beweislast der Beklagten gegenüber. Diese sei gehalten, ent-sprechenden Sachvortrag der Klägerin substantiiert zu bestreiten, was schlüs-sigen Vortrag zur Angemessenheit der von ihr erhobenen Entgelte voraussetze. Der Sachvortrag der Klägerin, auf der Grundlage der genehmigten Preise aus dem ab 1.
Oktober 2006 gültigen Preisblatt ergebe sich ein um rund 9,75
% 4
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geringeres Entgelt, sei zur Begründung einer sekundären Darlegungs-
und Be-weislast ausreichend. Die Entgeltgenehmigung stelle ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit der genehmigten Entgelte und damit gleichzeitig für die Unbilligkeit der zuvor geforderten, im Ergebnis höheren Entgelte dar.
Der Beklagten sei es nicht gelungen, dieses Indiz zu widerlegen. Die von ihr vorgelegten Zahlen zielten auf eine Rechtfertigung der geforderten Entgelte nach der Verbändevereinbarung
II plus, ließen aber nicht erkennen, welche [X.] innerhalb der [X.] bestanden hätten und in welcher Weise die Beklagte diese genutzt habe. Da die Verbändevereinbarung keinen rechtsverbindlichen Maßstab für die Bil-ligkeit von Netznutzungsentgelten darstelle, sei mithin nicht dargetan, dass die geforderten und gezahlten Entgelte der Billigkeit entsprochen hätten.
Die Bestimmung des Entgelts habe deshalb durch das Gericht zu
erfol-gen, wozu gemäß §
287 ZPO eine Schätzung vorgenommen werden könne. Hierbei könne das ab 1.
Oktober 2006 geltende Preisblatt der Beklagten heran-gezogen werden. Dies führe zu einer Reduzierung des Entgelts um den von der Klägerin zuletzt geltend gemachten Betrag.
Dem Rückforderungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Netzentgelte vollständig an ihre Kunden weitergereicht habe. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung fänden im Bereicherungsrecht keine Anwendung. Sie dürften auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben herangezo-gen werden.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten die volle Darle-gungs-
und Beweislast für die Billigkeit der von ihr in
Rechnung gestellten Ent-gelte auferlegt.

a)
Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Netznutzer, der die Erstattung gezahlter Nutzungsentgelte verlangt, grundsätzlich die Darlegungs-
und Beweislast dafür trägt, dass eine vom [X.] nach §
315 BGB vorgenommene Bestimmung des Entgelts nicht der Billigkeit entspricht. Dieser Ansatz
steht in Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 5.
Februar 2003 -
VIII
ZR
111/02, [X.]Z 154, 5, 8
f.) und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
b)
Das Berufungsgericht ist ferner in Übereinstimmung mit der Recht-sprechung des [X.] davon ausgegangen, dass die Darlegungs-
und Beweislast beim Netzbetreiber liegt, wenn der Nutzer nur Abschlags-
oder Vorauszahlungen in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erbracht ([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2005 -
KZR
36/04, [X.]Z 164, 336, 343 -
Strom-netznutzungsentgelt
I) oder die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtli-chen Nachprüfung gezahlt hat ([X.], Urteil vom 20.
Juli 2010 -
EnZR
23/09, [X.], 385 Rn.
26
ff. -
Stromnetznutzungsentgelt
IV; Urteil vom 15.
Mai 2012 -
EnZR
105/10, [X.], 382 Rn.
33 -
Stromnetznutzungsentgelt
V). Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall nicht [X.].
Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin, die Revisionserwiderung erhebt keine Gegenrügen. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht zu erken-nen.
c)
Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht schließlich davon aus-gegangen, dass den Netzbetreiber eine sekundäre Darlegungslast treffen kann.
Nach der Rechtsprechung des [X.] muss ein Bereiche-rungsgläubiger, dem insoweit der Beweis einer negativen Tatsache obliegt, 13
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nicht jeden theoretisch denkbaren Rechtsgrund für
die erbrachte Leistung aus-schließen. Es genügt vielmehr der Beweis, dass der vom Schuldner geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht. Dabei trifft den Schuldner eine erweiterte Behauptungslast, wenn der Gläubiger außerhalb des von ihm
darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen [X.] besitzt, während er selbst über derartiges Wissen verfügt und ihm nähe-re Angaben zumutbar sind. Im Rahmen des [X.] kann von ihm dann insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter [X.] der für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden ([X.], Urteil vom 5.
Februar 2003 -
VIII
ZR
111/02, [X.]Z 154, 5, 9).

d)
Das Berufungsgericht ist indes davon ausgegangen, dass die
Be-klagte
insoweit nicht nur eine Darlegungslast trägt, sondern auch die
Beweis-last. Dies ist mit den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast nicht ver-einbar.
Nach der Rechtsprechung des [X.] finden die Grundsätze über die sekundäre Darlegungslast keine Anwendung auf die Beweisführung ([X.], Urteil vom 17.
Januar 2008 -
III
ZR
239/06, [X.], 982 Rn.
18). Selbst eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden kann aus diesen Grundsätzen nicht abgeleitet werden, sondern allenfalls aus §
142 ZPO
([X.], Urteil vom 26.
Juni 2007 -
XI
ZR
277/05, [X.]Z 173, 23 Rn.
16).
e)
Die vom Berufungsgericht im Ergebnis angenommene
Umkehr der Darlegungs-
und Beweislast kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die für das [X.] verlangten Entgelte von den genehmigten Entgelten aus dem ab 1.
Oktober 2006 geltenden Preisblatt abweichen.
Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen die Ergebnisse der unmittel-bar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 und der Strom-netzentgeltverordnung durchgeführten Genehmigungsverfahren zwar bei der 18
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Billigkeitskontrolle der zuvor verlangten Entgelte herangezogen werden, weil sie auf den Unternehmensdaten des Jahres 2004 und damit auf einer zeitnahen und auch für angrenzende Jahre brauchbaren Beurteilungsgrundlage beruhen (vgl. [X.],
Urteil vom 20.
Juli 2010
EnZR
23/09, [X.], 385
Rn.
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Stromnetznutzungsentgelt
IV). Dies gilt indes nur für die gerichtliche Bestim-mung des Entgelts gemäß §
315 Abs.
3 Satz
2 BGB und setzt somit voraus, dass die Unbilligkeit der vom Netzbetreiber getroffenen Bestimmung feststeht.
Die Annahme des Berufungsgerichts, wenn die Genehmigung der [X.] ein Indiz für die Billigkeit der Festsetzung bilde, begründe eine Abweichung von den genehmigten Entgelten ein Indiz für die Unbilligkeit, ist nicht
tragfähig. Sie beruht auf der Prämisse, nur ein einziges Entgelt könne der Billigkeit ent-sprechen. Diese Prämisse ist unzutreffend.
Eine Vertragspartei, die nach §
315 Abs.
1 BGB zur Bestimmung der Leis-tung befugt ist, hat einen Ermessensspielraum. Die von ihr vorgenommene Be-stimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die durch §
315 Abs.
3 BGB gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht hingegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2005 -
I
ZR
299/02, [X.]Z 163, 119, 130 = GRUR 2005, 757
-
PRO-Verfahren). Daraus ist zu folgern, dass nicht jede Abweichung von einer behördlichen Genehmigung oder einer gerichtlichen Bestimmung des Entgelts als Indiz für die Überschreitung des [X.] gewertet werden kann. Jedenfalls die vom Berufungsgericht festgestellte Abweichung um 9,75
% reicht hierfür nicht aus. Damit kann offen bleiben, ob es überhaupt eine abstrak-te Grenze
gibt, von der an eine solche Indizwirkung in der Regel bejaht werden kann.
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2.
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe ihrer Darlegungslast nicht genügt.
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob an den Vortrag des Netzbetreibers geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn diesen wie hier nur eine sekundäre Darlegungslast trifft. Der Vortrag der Beklagten ist auch dann hinreichend substantiiert, wenn er an denselben Anforderungen gemes-sen wird, die gälten, wenn der Beklagten die primäre Darlegungslast obläge.
a)
Nach der Rechtsprechung des Senats wird der allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den §
315 Abs.
1 BGB vorsieht, durch §
6 Abs.
1 [X.] aF konkretisiert.
Danach wird das Ermessen des Netzbetreibers in zweifacher Hinsicht [X.]. Außer an
der Beachtung des Diskriminierungsverbots muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach §
6 Abs.
1 Satz
4 [X.] aF einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§
1 [X.] aF) und darüber hinaus der [X.] wirksamen [X.] dienen sollen. Danach kommt es für die Beur-teilung, ob die Ermessensentscheidung des Netzbetreibers der Billigkeit ent-spricht, darauf an, inwiefern das geforderte Netzentgelt der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient. Es obliegt dabei dem Netzbetreiber, im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihm nach seiner Kalkulation durch den Netzbetrieb in dem in Rede stehen-den Zeitraum entstanden sind, abzudecken waren und welchen Teil seiner Ein-nahmen er zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des Eigenkapitals mit dem der Klägerin berechneten Preis [X.] wollte ([X.],
Urteil vom 20.
Juli 2010 -
EnZR
23/09, [X.], 385 Rn.
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f. -
Stromnetznutzungsentgelt
IV).
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-
b)
Im Streitfall hat die Beklagte wie bereits erwähnt ihre
Kalkulation of-fengelegt. Damit hat sie die aufgezeigten Anforderungen an die Substantiierung ihres
Vortrags
erfüllt.
Die Beklagte hat die angesetzten Kosten im Einzelnen aufgeführt und dargelegt, anhand welcher Methoden sie diese aus der Bilanz und der
Gewinn-
und Verlustrechnung abgeleitet hat. Sie hat auch den Zinssatz für die [X.] Verzinsung des Eigenkapitals angegeben, und zwar mit 6,5
%. Ferner hat sie dargelegt, nach welchen Grundsätzen sie die Kosten auf die Netznutzer verteilt hat.
Dies entspricht den oben genannten Anforderungen und ermöglicht die gerichtliche Überprüfung, ob die von der Beklagten angewendeten Methoden vor dem Hintergrund der gesetzlichen Anforderungen dem Maßstab der Billig-keit entsprechen.
c)
Das Berufungsgericht hält den Vortrag für unzureichend, weil ledig-lich dargelegt werde, dass die Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinba-rung
II
plus eingehalten seien, nicht aber, welche Spielräume diese Prinzipien eröffnet hätten und in welcher Weise die Beklagte diese
ausgefüllt habe.
Damit hat das Berufungsgericht die vom Senat aufgestellten Anforderun-gen an die Substantiierung des [X.] überspannt.
Wie die Revision zutreffend geltend macht, hat die Beklagte zum Beispiel eingehend aufgezeigt, welche verschiedenen Möglichkeiten es zur Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen auf das Anlagevermögen und zur Vertei-lung der Kosten auf die einzelnen Netznutzer gibt und aufgrund welcher [X.] sie sich für die von ihr angewendete Methode entschieden hat. Dass es hinsichtlich weiterer, für die Preisbildung wesentlicher Faktoren Spielräume ge-28
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geben haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird weder vom Berufungsgericht noch von der Revisionserwiderung konkret aufgezeigt.
III.
Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif.
1.
Das Berufungsgericht wird der Klägerin im wiedereröffneten Beru-fungsverfahren auf der Basis der zutreffenden Verteilung der Darlegungs-
und Beweislast Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen geben müssen.
2.
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin ein Anspruch zusteht, wird es die Klage nicht im Hinblick auf die weiteren von der Revision erhobenen [X.] abzuweisen haben.
a)
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe der von ihm vorge-nommenen Entgeltbestimmung unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Senats sei es nur zulässig, die verlangten Preise entsprechend den Kürzungen herabzusetzen, die die Regulierungsbe-hörde im Rahmen der
ersten Entscheidungen zur Entgeltgenehmigung vorge-nommen hätte; die vom Berufungsgericht vorgenommene Herabsetzung an-hand des Verhältnisses zwischen den früher verlangten und den der ersten [X.] zugrunde liegenden Entgelten sei demgegenüber unzulässig.
Diese Rüge ist unbegründet.
Der Senat hat es in der oben aufgezeigten Entscheidung ([X.], Urteil vom 20.
Juli 2010
EnZR
23/09,
[X.], 385 Rn.
41
ff.
-
Stromnetznutzungsent-gelt
IV) nicht beanstandet, die richterliche Bestimmung des Entgelts anhand von durchschnittlichen Kürzungsraten aus den ersten Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Dies schließt es indes nicht aus, im Einzelfall einen anderen, (mindestens) in gleicher Weise geeigneten Maßstab heranzuziehen.
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Einen solchen Maßstab hat das Berufungsgericht zutreffend im Verhältnis zwischen den Entgelten gesehen, die die Beklagte vor und nach der ersten [X.] verlangt hat. Die beiden Entgeltregelungen betreffen unmittelbar aufeinanderfolgende Zeiträume. Mangels besonderer Umstände des Einzelfalls -
deren Vorliegen weder festgestellt ist noch von der Revision
aufgezeigt wird -
kann davon ausgegangen werden, dass sich die Kostenstruktur im Netz der Beklagten innerhalb dieser Zeitspanne nicht wesentlich geändert hat. Nach der Lebenserfahrung
ist zudem damit zu rechnen, dass die Kosten selbst bei [X.] gleichen Ausgangsbedingungen aufgrund der Teuerung angestiegen sind. Angesichts dessen erscheinen die Entgelte, die für das konkrete Netz Ge-genstand der ersten Entgeltgenehmigung waren, als Maßstab für die richterli-che Entgeltbestimmung grundsätzlich mindestens ebenso gut geeignet wie die aus einer Mehrzahl von Entscheidungen bezüglich unterschiedlicher Netzbe-treiber gebildeten Durchschnittswerte der von der Regulierungsbehörde vorge-nommenen Kürzungen. Mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten -
der sich weder aus den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt noch von der Revision aufgezeigt wird -
brauchte sich das Berufungsge-richt folglich nicht mit der Frage zu befassen, welches Entgelt Gegenstand des ersten Antrags der Beklagten auf Erteilung einer Entgeltgenehmigung war und welche Kürzungen die Regulierungsbehörde ausgehend davon vorgenommen hat.
b)
Die Revision
macht geltend, das Berufungsgericht habe der Beklag-ten den Einwand der Vorteilsausgleichung zu Unrecht versagt.
Diese Auffassung, für die sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch das [X.] eingesetzt hat, ist unzutreffend.
aa)
Wie auch die Revision und das [X.] im Ansatz nicht verkennen, finden die schadensersatzrechtlichen Grundsätze der [X.] im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nach der Rechtsprechung 40
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14
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des [X.] grundsätzlich keine Anwendung ([X.], Urteil vom 4.
Dezember 2007
XI
ZR
227/06, [X.]Z 174, 334 Rn.
34; Urteil vom 5.
November 2002 -
XI
ZR
381/01, [X.]Z 152, 307, 315
f. [X.]).
Das gilt
auch im Streitfall. Besondere Umstände, die zu einer abweichen-den Beurteilung führen, liegen entgegen der Auffassung der Revision und des [X.]s nicht vor.
bb)
Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben können zwar im Einzel-fall Ausnahmen in Betracht kommen. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Verhältnis zwischen zwei Netzbetreibern aber nicht mit der Konstellation vergleichbar, die der von ihr zitierten Entscheidung des [X.] vom 21.
Dezember 1961 (III
ZR
130/60, [X.]Z
36, 232 = NJW 1962, 580) zu-grunde lag.
In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren die Kläger, die die Nichtigkeit eines Kaufvertrages wegen überhöhten Kaufpreises (durch unzu-lässige Einschaltung einer staatlichen Stelle als Zwischenhändler) geltend machten, nach der Bewertung des [X.] nicht als selbständig disponierende Kaufleute am Markt tätig, sondern als "Glieder in dem Automa-tismus der staatlich gelenkten [X.]" ohne jedes Preis-
oder Absatz-risiko. Die Weiterveräußerung der Ware ([X.]) zum Einkaufspreis zu-züglich eines behördlich bewilligten Handelsaufschlags war von Anfang an ge-sichert. Selbst die Käufer, an welche die Kläger die Ware zu liefern hatten, wa-ren im Vorhinein
behördlich festgelegt worden.
Auch wenn die Stellung eines Netzbetreibers, der ein vorgelagertes Netz in Anspruch nimmt, dazu die eine oder andere Ähnlichkeit aufweist, kann er nicht als bloßes Glied einer staatlich gelenkten [X.] angesehen werden. Er kann die Kosten der Nutzung vorgelagerter Netze zwar an seine Kunden weitergeben. Er trägt aber das Absatzrisiko und das Risiko der Zah-44
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lungsunfähigkeit seiner Kunden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, wenn die Klägerin überhöhte Entgelte [X.] kann, auch wenn sie nicht damit zu rechnen hat, ihrerseits von ihren Kun-den in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt umso
mehr, als sich die Stel-lung der Klägerin -
ebenfalls anders als in dem Fall aus der Nachkriegszeit -
nicht wesentlich von derjenigen der Beklagten unterscheidet.
cc)
Die vom Senat aufgestellten Grundsätze über die [X.] bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Verstößen gegen das [X.]ellrecht ([X.]) führen jedenfalls in Konstellatio-nen wie der vorliegenden ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
(1)
Nach der Rechtsprechung des Senats muss es sich ein Geschädig-ter, der wegen eines Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften Schadens-ersatz verlangt, schadensmindernd anrechnen lassen, wenn es ihm gelungen ist, einen wegen des Verstoßes überhöhten
Kaufpreis auf seine eigenen [X.] abzuwälzen
([X.], Urteil vom 28.
Juni 2011 -
KZR 75/10, [X.]Z 190, 145 Rn.
55
ff. -
ORWI). Diese Abnehmer können den Schaden, der ihnen durch die Abwälzung entstanden ist, unmittelbar vom Schädiger ersetzt verlangen, weil dieser aufgrund des begangenen Verstoßes auch
ihnen gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist (aaO Rn.
18
ff.).
(2)
Diese Grundsätze können auf Fälle, in denen eine Preisbestimmung schon gemäß §
315 Abs.
3 BGB unwirksam ist und dem Abnehmer deshalb ein auf (teilweise) Rückzahlung des Entgelts gerichteter Bereicherungsanspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB zusteht, nicht übertragen werden.
Ein Bereicherungsanspruch der genannten Art kann auch dann bestehen, wenn die unwirksame Preisbestimmung weder auf eine [X.]ellabsprache noch auf einen Missbrauch von Marktmacht zurückgeht. Dann
stehen typischerweise weder dem unmittelbaren Abnehmer noch den Abnehmern auf nachgelagerten 48
49
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-
16
-
Absatzstufen Schadensersatzansprüche gegen denjenigen zu, der die [X.] Preisbestimmung vorgenommen hat. Eine Inanspruchnahme dieses Schuldners durch mittelbare Abnehmer auf anderer Rechtsgrundlage scheidet in der Regel aus, weil es insoweit an einem unmittelbaren Rechtsverhältnis fehlt und weil auch eventuelle Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundloser Leistung grundsätzlich nur innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen gel-tend gemacht werden dürfen. Müsste es sich der erste Abnehmer anspruchs-mindernd anrechnen lassen, dass er das überhöhte Entgelt ganz oder
teilweise auf die nächste Absatzstufe abwälzen konnte, so blieben dem Schuldner die Vorteile der
unwirksamen
Preisbestimmung damit in der Regel schon aus Rechtsgründen erhalten. Dies ist mit der Zielsetzung von §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB nicht vereinbar und stünde auch in Widerspruch zu dem Anliegen, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen [X.]ellrechtsverstö-ßen zu fördern.
(3)
Ob eine abweichende Beurteilung geboten ist, wenn das Verlangen eines überhöhten Entgelts
ausschließlich auf einem Verstoß gegen kartellrecht-liche Vorschriften beruht, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Ein Bereiche-rungsanspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB, der sich wie hier bereits daraus ergibt, dass eine Preisbestimmung nach §
315 Abs.
3 BGB unwirksam
ist, darf jedenfalls nicht deshalb eingeschränkt werden, weil die Preisbestim-mung zugleich gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt oder dies zumin-dest nicht auszuschließen ist.
Der Bereicherungsanspruch aus §
315 Abs.
3 und §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB tritt in solchen Fällen vielmehr neben even-tuelle Schadensersatzansprüche aus §
33 GWB.
Sofern eine Handlung die Tatbestände mehrerer anspruchsbegründender Normen erfüllt, treten die daraus resultierenden Ansprüche, soweit sie auf das-selbe Ziel gerichtet sind, grundsätzlich in so genannter echter Anspruchskon-kurrenz nebeneinander, mit der Folge, dass jeder Anspruch nach seinen Vor-aussetzungen, seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbständig zu beurtei-52
53
-
17
-
len ist und seinen eigenen Regeln folgt (vgl. nur [X.], Urteil vom 19.
Oktober 2004 -
X
ZR
142/03, NJW-RR 2005, 172; Urteil vom 16.
September 1987 -
VIII
ZR
334/86, [X.]Z 101, 337, 343
f.). Eine abweichende Beurteilung ist zwar geboten, wenn einer Vorschrift zu entnehmen ist, dass sie einen Sachverhalt erschöpfend regeln und dementsprechend die Haftung aus anderen [X.] ausschließen oder in bestimmter Hinsicht beschränken will (vgl. nur [X.], Urteil vom 12.
Dezember 1991 -
I
ZR
212/89, [X.]Z 116, 297, 300; Urteil vom 17.
März 1987-
VI
ZR
282/85, [X.]Z 100, 190, 201).
In der hier zu beurteilenden Konstellation kann §
33 GWB aber nicht die
Zielsetzung ent-nommen werden, dass ein schon auf anderer Grundlage begründeter Bereiche-rungsanspruch einzuschränken ist, um jede Überlagerung des kartellrechtlichen Sanktionensystems
zu verhindern.
Zwar ist denkbar, dass der Schuldner wegen des überhöhten Entgelts
so-wohl von seinem unmittelbaren Abnehmer aus Bereicherungsrecht als auch von mittelbaren Abnehmern aus §
33 GWB in Anspruch genommen wird. Sofern den mittelbaren Abnehmern zugleich ein Ausgleichsanspruch gegen den [X.] Abnehmer zusteht, ist der Schuldner vor einer doppelten Inanspruch-nahme im Ergebnis aber dadurch geschützt, dass er entsprechend §
255 BGB (vgl. dazu [X.], Urteil vom 15.
April 2010 -
IX
ZR
223/07, NJW 2010, 1961 Rn.
29 [X.]) zur Leistung von Schadensersatz an den mittelbaren Abnehmer nur Zug um Zug gegen Abtretung von dessen Ansprüchen gegen den unmittel-baren Abnehmer verpflichtet ist. Zwar ist nicht auszuschließen, dass dem mit-telbaren Abnehmer in einzelnen Fallkonstellationen
keine Ausgleichsansprüche gegen den unmittelbaren Abnehmer zustehen. Diese theoretische Möglichkeit
54
-
18
-
bildet aber keine hinreichende Grundlage, um Bereicherungsansprüche des unmittelbaren Abnehmers abweichend von den anerkannten Grundsätzen des Bereicherungsrechts zu beschränken.

Meier-Beck
Strohn
Kirchhoff

Bacher
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.06.2012 -
37 O 180/09 ([X.]) -

O[X.], Entscheidung vom 24.04.2013 -
VI-2 U ([X.]) 8/12 -

Meta

KZR 27/13

22.07.2014

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. KZR 27/13 (REWIS RS 2014, 3909)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3909

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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