Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.05.2023, Az. VIa ZR 26/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5162

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Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision des [X.] gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 17. Dezember 2021 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb im Jahr 2011 von einem Händler einen [X.] Kombi 1.6 [X.] zum Kaufpreis von 15.650,63 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der [X.] entwickelten Dieselmotor der Baureihe [X.] ausgestattet, der über eine Umschaltlogik verfügt.

3

Mit seiner Ende Oktober 2020 anhängig gemachten und der [X.] im Dezember 2020 zugestellten Klage hat der Kläger mit der in erster Instanz aufgestellten Behauptung, er habe ein Neufahrzeug erworben, Ersatz der Wertminderung des Fahrzeugs in Höhe von 3.912,66 € nebst Zinsen sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, den Erwerb eines Gebrauchtwagens vorgetragen und seinen Angriff um einen Hilfsantrag ergänzt. Das Berufungsgericht hat vor der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz mit Verfügung vom 7. Oktober 2021 unter anderem darauf hingewiesen, im Falle des Erwerbs eines Gebrauchtwagens komme die Gewährung von [X.] nicht in Betracht. Der Kläger ist dem vor der mündlichen Verhandlung mit dem Argument entgegengetreten, auch "in der hiesigen Situation eines gebraucht erworbenen Fahrzeugs" schulde die Beklagte aus Rechtsgründen die Leistung von [X.]. Das Berufungsgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2021 die Berufung zurückgewiesen, ohne den Hilfsantrag zu erwähnen. Es hat im Berufungsurteil als unstreitig festgestellt, der Kläger habe "einen Gebrauchtwagen" erworben. Diese Feststellung hat der Kläger mit einem [X.] angegriffen. Das Berufungsgericht hat diesen [X.] mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe im Berufungsverfahren selbst einen Gebrauchtwagenkauf vorgetragen.

4

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.

II.

5

Die Revision ist nach § 552a ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht (mehr) vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.

6

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, wie folgt begründet:

7

Der Anspruch des [X.] aus §§ 826, 31 BGB sei nicht (mehr) durchsetzbar, weil er verjährt sei. Die dreijährige Verjährungsfrist habe mit dem Schluss des Jahres 2016 begonnen, so dass sie mit Ablauf des Jahres 2019 und damit vor Klageerhebung geendet habe. Der Kläger habe spätestens im Jahr 2016 Kenntnis davon erlangt, dass sein Fahrzeug von dem sogenannten "Dieselskandal" betroffen sei. Auch stehe der Geltendmachung der Verjährungseinrede nicht der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen. Des Weiteren könne der Kläger sein Klagebegehren nicht auf andere Anspruchsgrundlagen stützen. Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 bzw. §§ 6, 27 [X.]-FGV bestünden nicht. Schließlich habe der Kläger gegen die Beklagte keinen [X.]anspruch gemäß § 852 Satz 1 BGB. Die Beklagte habe keinen Vorteil aus dem Vermögen des [X.] erlangt, da dieser das Fahrzeug als Gebrauchtwagen von einem [X.] gekauft habe.

8

2. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe einen Gebrauchtwagen erworben, greifen nicht durch.

9

a) Das Berufungsgericht hat im Berufungsurteil als in zweiter Instanz unstreitig festgestellt, der Kläger habe einen Gebrauchtwagen gekauft. Diese Feststellung, die mit dem Protokoll der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht in Widerspruch steht, hat der Kläger zwar mit einem [X.] angegriffen. Diesen [X.] hat das Berufungsgericht indessen für das Revisionsgericht bindend durch Beschluss vom 25. Januar 2022 zurückgewiesen. Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil zwar auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den [X.] zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind ([X.], Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, [X.], 1513 Rn. 12; Urteil vom 1. Juli 2021 - [X.], [X.], 1544 Rn. 31). So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht, in dem im Übrigen die vorbereitenden Schriftsätze des [X.] in der Berufungsinstanz vollständig mit der Feststellung des Berufungsgerichts übereinstimmen.

b) Der von der Revision gerügte Verstoß gegen § 139 ZPO ist nicht gegeben. Zwar kann das Gericht im Falle eines widersprüchlichen Vorbringens gehalten sein, auf seine Interpretation des Parteivortrags hinzuweisen (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1718, 1719; Urteil vom 23. November 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 357 Rn. 11). Der Kläger hat in der Berufungsinstanz indessen nicht widersprüchlich, sondern eindeutig zu einem Gebrauchtwagenkauf vorgetragen. Das Berufungsgericht hat bereits mit Verfügung vom 7. Oktober 2021 und damit lange vor der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2021 umfängliche Ausführungen zu seinem Verständnis des für das Berufungsverfahren maßgeblichen Vortrags des [X.] in zweiter Instanz - Gebrauchtwagenkauf - und der vom Berufungsgericht daraus gezogenen Schlüsse gemacht. Damit war den Anforderungen des § 139 ZPO in jedem Fall genügt.

3. Die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 852 BGB beim Gebrauchtwagenkauf, die das Berufungsgericht veranlasst hat, die Revision zuzulassen, ist durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteile des [X.] vom 10. Februar 2022 ([X.], Urteil vom 10. Februar 2022 - [X.], NJW 2022, 1311 Rn. 30; Urteil vom 10. Februar 2022 - [X.], [X.] 2022, 1039 Rn. 45; Urteil vom 10. Februar 2022 - [X.], juris Rn. 39; vgl. auch [X.], Beschluss vom 21. März 2022 - [X.], juris Rn. 12) in Übereinstimmung mit der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts geklärt. Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit auch im Übrigen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juni 2022 - [X.], NJW-RR 2022, 1251 Rn. 25 ff.) rechtsfehlerfrei entschieden.

4. Es besteht Gelegenheit, zur Höhe des Streitwerts in der Revisionsinstanz vorzutragen. Das Berufungsgericht dürfte den Hilfsantrag, den es bei der Wiedergabe der Anträge nicht aufgeführt hat, bei seiner Entscheidung versehentlich übergangen haben. Damit beliefe sich die Beschwer aus dem Berufungsurteil, weil der Kläger fristgerecht nicht auch einen Antrag nach §§ 320, 321 ZPO gestellt hat (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 23. April 2020 - [X.], juris Rn. 26), auf "bis 4.000 €", da die Nebenforderung (Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten) auch nicht teilweise zur Hauptforderung geworden sein dürfte. Sollte die Revision darüber hinaus, was der Revisionsbegründung nicht eindeutig zu entnehmen ist, den Hilfsantrag in dritter Instanz wieder einführen wollen, wäre sie insoweit, da sie über die Beschwer aus dem Berufungsurteil hinausgeht und eine Antragserweiterung in dritter Instanz nicht in Betracht kommt, als unzulässig zu verwerfen.

[X.]     

  

Möhring     

  

Krüger

  

Wille     

  

[X.]     

  

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

VIa ZR 26/22

22.05.2023

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Trier, 17. Dezember 2021, Az: 1 S 65/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.05.2023, Az. VIa ZR 26/22 (REWIS RS 2023, 5162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5162

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VII ZR 717/21

VII ZR 692/21

VII ZR 365/21

I ZR 137/20

I ZR 161/08

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