Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2017, Az. 2 AZR 680/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 3249

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Juni 2016 - 21 [X.], 21 Sa 154/16 - aufgehoben, soweit darin festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2015 aufgelöst worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung sowie hinsichtlich des Antrags auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs wird die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des [X.] vom 29. Oktober 2015 - 9 Ca 1889/15 - zurückgewiesen.

3. Im Übrigen ist die Beklagte des eingelegten Rechtsmittels der Revision verlustig.

4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 82 % und die Beklagte 18 % zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die [X.]en streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und hilfsweise um einen Nachteilsausgleich.

2

Die Klägerin (klagende [X.]) war bei der [X.] auf dem [X.] beschäftigt.

3

In der Vergangenheit hatte die [X.] ([X.]) sämtliche Vorfeld- und Passagedienstleistungen an den Flughäfen T und [X.] erbracht. Im Zuge gesellschaftsrechtlicher Umorganisationen gliederte sie den Geschäftsbereich Passage aus. Die betreffenden Arbeitsverhältnisse gingen im Mai 2012 im Wege des [X.]etriebsübergangs auf die [X.]eklagte über. Diese spaltete ihren [X.]etrieb im [X.] in die [X.]etriebsteile T und [X.] auf und übertrug den [X.]ereich der Passagierabfertigung des [X.]etriebsteils [X.] auf eine neu gegründete Gesellschaft. Die Arbeitsverhältnisse der am [X.] beschäftigten Arbeitnehmer verblieben überwiegend bei der [X.], die zuletzt etwa 190 Arbeitnehmer beschäftigte.

4

Einzige Auftraggeberin sowie einzige Kommanditistin und in der Gesellschafterversammlung allein stimmberechtigte Gesellschafterin der [X.] ist die [X.]. Deren Kommanditanteile wurden von einem Unternehmen der sog. [X.] gehalten.

5

Auf die Arbeitsverhältnisse mit der [X.] fanden zunächst deren Vergütungstarifverträge Anwendung. Im [X.]eptember 2013 traten allgemeinverbindliche Tarifverträge für [X.]odenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen in [X.] und [X.] in [X.], die deutlich niedrigere Entgelte vorsahen. Für die von der [X.] übernommenen [X.] vereinbarte die [X.]eklagte einen Überleitungstarifvertrag, der einen Ausgleich der [X.] über eine [X.]esitzstandszulage vorsieht.

6

Im [X.]eptember 2014 kündigte die [X.] sämtliche der [X.] erteilten Aufträge spätestens zum 31. März 2015. Die Gesellschafterversammlung der [X.] wies daraufhin den Geschäftsführer der Komplementärin an, alle zur Vorbereitung einer [X.]etriebsstilllegung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die [X.] vergab die gekündigten Aufträge, so sie weiter ausgeführt wurden, an andere, überwiegend der sog. [X.] zugehörige Gesellschaften.

7

Die [X.]eklagte unterrichtete den [X.]etriebsrat mit [X.]chreiben vom 22. [X.]eptember 2014 von der geplanten [X.]etriebsstilllegung. Nach ergebnislosen Verhandlungen über einen Interessenausgleich vereinbarten die [X.]etriebsparteien in einem gerichtlichen Vergleich die Einsetzung einer Einigungsstelle betreffend den Abschluss eines Interessenausgleichs und eines [X.]ozialplans. Weiter kamen sie überein, zu einer der ersten beiden [X.]itzungen der Einigungsstelle solle ein Vertreter der [X.] „eingeladen“ werden.

8

Die Einigungsstelle tagte im November und Dezember 2014 an vier Terminen. In einem an den Einigungsstellenvorsitzenden gerichteten Anwaltsschreiben vom 15. Dezember 2014 beanstandete der [X.]etriebsrat das Fehlen von Informationen zu den wirtschaftlichen und [X.] Gründen für die beabsichtigte [X.]etriebsänderung. Insbesondere müsse die [X.]eklagte anhand von Unterlagen die „konzerninterne Kalkulation“ gegenüber den von den Fluggesellschaften vergebenen Aufträgen offenlegen. Die [X.]eklagte erteilte die verlangten Auskünfte nicht. In der Einigungsstellensitzung am 18. Dezember 2014 erklärten ihre Vertreter die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert. Ein Mitarbeiter der [X.] war zu diesen nicht hinzugezogen worden. Am 21. Januar 2015 beschloss die Einigungsstelle mit [X.]timmenmehrheit einen [X.]ozialplan sowie die Einrichtung einer Transfergesellschaft.

9

Die Gesellschafterversammlung der [X.] entschied am 20. Januar 2015, den [X.]etrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Die [X.]eklagte erklärte anschließend - nach Anhörung des [X.]etriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - im Januar und Februar 2015 die ordentliche Kündigung aller Arbeitsverhältnisse.

Nachdem mehrere Kammern des Arbeitsgerichts die Kündigungen dieser ersten „Welle“ unter Hinweis auf Mängel im Verfahren nach § 17 [X.] für nichtig erklärt hatten, beschloss die [X.]eklagte, vorsorglich erneut Kündigungen auszusprechen. [X.]ie unterrichtete den [X.]etriebsrat mit einem durch [X.] übermittelten [X.]chreiben vom 10. Juni 2015 gemäß § 17 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]. Am 12. Juni 2015 leitete sie gegenüber dem [X.]etriebsrat die Verfahren nach § 102 Abs. 1 [X.]etrVG ein. Dabei teilte sie jeweils mit, dass es bei der [X.]etriebsstilllegung verbleiben solle. Der [X.]etriebsrat dankte mit [X.] vom 12. Juni 2015 für die Information nach § 17 Abs. 2 [X.] und unterbreitete am 17. Juni 2015 Vorschläge zur Vermeidung von Entlassungen. Hierzu erstellte die [X.]eklagte eine Präsentation, auf deren Grundlage am 24. Juni 2015 [X.]eratungen mit einer vom [X.]etriebsrat entsandten „[X.]“ stattfanden. Eine Einigung über die „Wiedereröffnung“ des [X.]etriebs wurde nicht erzielt. Die [X.]eklagte übermittelte der [X.]etriebsratsvorsitzenden auf deren Wunsch noch am gleichen Tag die Präsentation und gab Gelegenheit, sich bis um 18:00 Uhr des [X.] zu erklären. Die [X.]etriebsratsvorsitzende erwiderte mit [X.]chreiben vom 25. Juni 2015, das Gremium werde auf der Grundlage der Erörterungen in seiner nächster [X.]itzung am 30. Juni 2015 unverzüglich und abschließend [X.]tellung nehmen. Die Mitglieder der [X.] hätten nichts zu ergänzen und hofften, auf der [X.]asis ihrer am Vortag geäußerten Informationswünsche, in einem neuen Termin „inhaltlich weiterzukommen“. Die [X.]eklagte antwortete mit [X.]chreiben vom 26. Juni 2015, sie sehe keine Grundlage für ernsthafte Gespräche über die Wiedereröffnung des [X.]etriebs und habe sich deshalb entschlossen, die Kündigungen zu wiederholen. Am gleichen Tag reichte sie übereinstimmende Massenentlassungsanzeigen bei den Agenturen für Arbeit in [X.] und [X.] ein. Darin teilte sie mit, dass sich der „offizielle [X.]etriebssitz“ in [X.] befunden habe, während der überwiegende Teil der Arbeitnehmer vor der [X.]etriebsstilllegung am [X.] beschäftigt gewesen sei. Nach einer internen Abstimmung der Agenturen für Arbeit traf diejenige in [X.] die Entscheidung gemäß §§ 18, 20 [X.].

Die [X.]eklagte kündigte mit [X.]chreiben vom 27. Juni 2015 das Arbeitsverhältnis der klagenden [X.] zum 31. Januar 2016.

Die klagende [X.] hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die streitbefangene Kündigung gewandt. Die Entscheidung, den [X.]etrieb stillzulegen, sei rechtsmissbräuchlich gewesen. Die [X.]tilllegung habe den von langer Hand geplanten Versuch dargestellt, sich der „teuren“ [X.] zu entledigen. Die Aufträge der Fluggesellschaften seien lediglich innerhalb der „[X.]“ verschoben worden. Der Kündigung sei weder eine korrekte Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.]etrVG noch ein gesetzmäßiges Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 [X.] vorausgegangen.

Die klagende [X.] hat - soweit noch von Interesse - sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en nicht durch die Kündigung der [X.] vom 29. Januar 2015 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en nicht durch die Kündigung der [X.] vom 27. Juni 2015 aufgelöst worden ist;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit einem der Kündigungsschutzanträge die [X.]eklagte zu verurteilen, an die klagende [X.] als [X.]chadensersatz gemäß § 113 Abs. 3 [X.]etrVG, §§ 9, 10 [X.] einen [X.]etrag zu zahlen, der in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch [X.] Euro nicht unterschreiten sollte.

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die [X.]erufung der klagenden [X.] hat das [X.] den Kündigungsschutzanträgen stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die [X.]eklagte - nach Rücknahme des Rechtsmittels hinsichtlich des [X.] zu 1. - die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung bezüglich des [X.] zu 2. und des [X.] auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs.

Entscheidungsgründe

Die verbliebene Revision der [X.] ist begründet. Die streitbefangene Kündigung ist wirksam (A.). Das kann der Senat ohne eine darauf bezogene Vorlage an den [X.] entscheiden (B.). Die klagende [X.] hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs (C.).

A. Die streitbefangene fristgerechte Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der [X.]en zu dem im Kündigungsschreiben angegebenen Zeitpunkt aufgelöst. Sie ist nach näherer Maßgabe der Senatsentscheidung vom 22. September 2016 (- 2 [X.] - [X.], 1) weder sozial ungerechtfertigt noch aus anderen Gründen unwirksam.

I. Die Kündigungserklärung war hinreichend bestimmt ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 62, [X.], 1).

II. Die ordentliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]. Sie ist auch nicht nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die vom Senat in seiner Entscheidung vom 22. September 2016 gegebene Begründung verwiesen ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 63 bis 66, [X.], 1).

III. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 iVm. § 21b [X.] angehört ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 67, [X.], 1). Es handelte sich nicht um eine unzulässige Anhörung „auf Vorrat“, weil vor Ausspruch der Kündigung auch noch die Verfahren gemäß § 17 [X.] und ggf. nach §§ 85 ff. [X.] zu durchlaufen waren (zu letztem [X.] 23. Oktober 2008 - 2 [X.]/07 - Rn. 32). Die Beklagte hatte ihren [X.] abschließend gefasst. Der Betriebsrat sollte sich nicht bloß gutachterlich zu einem fiktiven Sachverhalt äußern. Der mitgeteilte [X.] bedurfte bei Misserfolg des [X.]s keiner Neubewertung ([X.] 17. März 2016 - 2 [X.] - Rn. 17, 21, [X.]E 154, 303). Eine andere Frage ist es, ob die Beklagte den Betriebsrat erneut gemäß § 102 [X.] hätte anhören müssen, wenn sie sich - wie nicht - aufgrund der Konsultationen (oder der Einwände des [X.]) entschlossen hätte, den Betrieb teilweise wieder aufzunehmen und dementsprechend lediglich einen Teil der verbliebenen Arbeitsverhältnisse zu kündigen (dazu [X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 33).

IV. Entgegen der im Revisionsverfahren von der klagenden [X.] vertieften Auffassung hat die Beklagte auch das gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] für die erneute Kündigung erforderliche [X.] nach § 17 Abs. 2 [X.] korrekt durchlaufen.

1. Die Beklagte hat das [X.] rechtzeitig ordnungsgemäß eingeleitet. Sie hat den Betriebsrat vollständig unterrichtet und ihn zu Beratungen aufgefordert. Insbesondere hat sie ihm die „Gründe für die geplanten Entlassungen“ iSv. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] mitgeteilt. Hierfür reichte die Angabe, dass nicht beabsichtigt sei, den stillgelegten Betrieb wieder aufzunehmen. Die Übermittlung des [X.] vom 10. Juni 2015 durch [X.] genügte den in § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmten Formanforderungen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die vom Senat in seiner Entscheidung vom 22. September 2016 gegebene Begründung verwiesen ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 38, 40 und 41 bis 47, [X.], 1).

2. Die Beklagte hat mit dem Betriebsrat ausreichend gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] beraten. Dabei kann zugunsten der klagenden [X.] unterstellt werden, dass zumindest ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Beklagte ausüben konnte (so bereits ausdrücklich [X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 54, [X.], 1) und diese nicht allein darüber entscheiden konnte, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sie ihren Betrieb wieder aufnimmt und sich um neue Aufträge - sei es von innerhalb, sei es von außerhalb der sog. [X.] - bemüht.

a) Die Beklagte hat es nicht bei der Mitteilung belassen, es solle - vorbehaltlich besserer Erkenntnis aufgrund von Vorschlägen des Betriebsrats - bei der erfolgten Stilllegung verbleiben. Sie hat diese Absicht in dem die Konsultationen einleitenden Schreiben vom 10. Juni 2015 und der zur Grundlage der Beratungen gemachten Power-Point-Präsentation vom 23. Juni 2015 insbesondere mit zu hohen Personalkosten begründet und zugleich einen Weg gewiesen, den Betrieb wieder aufzunehmen. Hierzu müssten die Vergütungen rechtssicher und zeitnah auf das Niveau des [X.] abgesenkt werden. Damit wurde die Einschätzung des maßgeblichen Entscheidungsträgers - wer auch immer dies gewesen sein sollte - erneuert, die im Betrieb der [X.] anfallenden Personalkosten seien zu hoch, weshalb eine Betriebsfortführung nicht in Betracht komme (so bereits [X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 53, [X.], 1).

b) Vor diesem Hintergrund hätte der Betriebsrat entweder versuchen können, ein anderweitiges Einsparpotenzial aufzuzeigen, oder sich ernsthaft auf das ihm von der [X.] eröffnete Szenario einlassen müssen. Letztes hat er nicht dadurch getan, dass er darauf beharrt hat, ihm müsse die „konzerninterne Kalkulation“ der Aufträge der Fluggesellschaften eröffnet werden. Damit war nicht etwa das Signal verbunden, der Betriebsrat werde sich ggf. für die aus Sicht der [X.] erforderliche Absenkung der Personalkosten einsetzen. Vielmehr konnte die Beklagte angesichts der im Verhandlungstermin am 24. Juni 2015 abgegebenen Erklärungen davon ausgehen, der Betriebsrat wolle ausschließlich Argumente gegen eine - zumindest nennenswerte - Vergütungsabsenkung sammeln, nämlich auf der Grundlage konkreter Zahlen einwenden können, die „Konzernspitze“ möge in ihren Gewinnerwartungen zugunsten der Mitarbeiter der [X.] „zurückstecken“.

c) Darauf musste die Beklagte sich nicht einlassen. Die Freiheit des Arbeitgebers oder eines hinter ihm stehenden [X.], zu entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt Massenentlassungen erfolgen sollen, wird durch die [X.]/[X.] vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (- [X.] -, ABl. [X.] vom 12. August 1998 S. 16), deren Umsetzung § 17 Abs. 2 [X.] dient, nicht beschränkt. Die [X.] bezweckt nur eine Teilharmonisierung. Sie überlässt es dem nationalen Recht, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen festzulegen, unter denen der Arbeitgeber gegebenenfalls Massenentlassungen vornehmen kann oder nicht ([X.] 21. Dezember 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 29 ff.). Deshalb kann eine über das nach dem [X.] vorgesehene Maß hinausgehende Kontrolle der unternehmerischen Entscheidung nicht mittelbar über das [X.] erzwungen werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung „aus freien Stücken“ von dem [X.] getroffen oder ob sie ihm von einem beherrschenden Unternehmen „diktiert“ wird.

V. Die streitbefangene Kündigung ist nicht gemäß § 17 Abs. 3 [X.] iVm. § 134 BGB nichtig. Die Beklagte hat am 26. Juni 2015 eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet. Der Einwand, sie habe durch Falschangaben bewirkt, dass die für den Betriebssitz nicht zuständige Agentur für Arbeit C nach §§ 18, 20 [X.] entschieden habe, geht angesichts der erfolgten Betriebsstilllegung und dem damit verbundenen Untergang der betrieblichen Einheit jedenfalls bezüglich der zweiten „Kündigungswelle“ fehl ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 69 f., [X.], 1).

VI. Weitere Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich.

B. Der Senat hat bereits in der Entscheidung vom 22. September 2016 (- 2 [X.] - insbesondere Rn. 83 bis 85, [X.], 1) ausführlich dargelegt, warum es einer Vorlage an den [X.] nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht bedarf. Daran hält er auch unter Berücksichtigung der dem Gerichtshof vom [X.] mit Beschluss vom 24. November 2016 (- 10 [X.], 10 Sa 921/16 -) zur Vorabentscheidung unterbreiteten Fragen fest. Die dort formulierten Fragestellungen sind im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Der Senat hat zugunsten der klagenden [X.] unterstellt, dass zumindest ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Beklagte ausüben konnte und diese nicht allein darüber entscheiden konnte, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sie sich an weiteren Ausschreibungen von Fluggesellschaften oder anderen Auftragnehmern beteiligt (Fragen 1, 2, 4 und 5). Zudem ist der Senat davon ausgegangen, dass der Betriebsrat wusste, „welche betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gründe das beherrschende Unternehmen“ (zu hohe Personalkosten) für seine Entscheidung hatte, den Betrieb der [X.] nicht wiederaufzunehmen (Frage 3). Ob im Einzelfall die für ein ordnungsgemäßes [X.] erforderlichen Informationen erfolgt sind, haben nach der Aufgabenverteilung zwischen dem [X.] und den nationalen Gerichten letztere zu entscheiden.

C. Die klagende [X.] hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 [X.]. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die vom Senat in seiner Entscheidung vom 22. September 2016 gegebene Begründung verwiesen ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 73 bis 81, [X.], 1).

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Söller    

        

    K. Schierle    

                 

Meta

2 AZR 680/16

26.10.2017

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 29. Oktober 2015, Az: 9 Ca 1889/15, Teilurteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2017, Az. 2 AZR 680/16 (REWIS RS 2017, 3249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3249

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.