Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2011, Az. 3 StR 491/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 9434

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 [X.] vom 15. Februar 2011 Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja ___________________________________ BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Zur Abgrenzung von strafloser Vorbereitung und (versuchtem) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei Errichtung einer Indoor-Plantage zum Anbau von Cannabis, das nach der Ernte gewinnbringend veräußert werden soll.
[X.], Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 [X.] - [X.] in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 15. Februar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. September 2010 mit den [X.]. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Hiermit hat er Erfolg. 1 1. Nach den Feststellungen mietete der Angeklagte am 3. Mai 2009 und am 30. Juli 2009 unter falschen Namen jeweils ein Einfamilienhaus für andere Personen an, um diesen dort den Aufbau von "[X.]" zu ermöglichen. Die für die Aufzucht benötigten Utensilien sollte ein [X.] lie-fern, der bereits an der Anlage ähnlicher Plantagen mitgewirkt hatte und das Cannabis letztlich in [X.] verkaufen wollte. Während es in dem zuerst angemieteten Objekt nicht zum Aufbau einer Plantage kam, wurden in 2 - 3 - dem anderen Haus Cannabispflanzen angebaut. Am Tag der Durchsuchung wiesen diese einen Gesamtwirkstoffgehalt von 925,6 Gramm THC auf. 2. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht: Im [X.] Fall lag noch kein (versuchtes oder vollendetes) Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln vor, zu dem der Angeklagte Beihilfe geleistet haben könnte. Im Übrigen lassen sich die Voraussetzungen einer Bande den Feststellungen nicht entnehmen. 3 a) Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede [X.] auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.], [X.]St 50, 252, 256). Hiervon sind solche Handlungen abzugrenzen, "die lediglich typische Vorbereitungen darstellen, weil sie weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen" ([X.] aaO, 265 f.). Dabei ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles ab-zustellen. Zwar kann die Aufzucht von Cannabispflanzen durchaus den Tatbe-stand des Handeltreibens erfüllen, wenn der Anbau auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handel-treiben 5; Beschluss vom 12. Januar 2005 - 1 [X.], [X.]R BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4; Urteil vom 27. Juli 2005 - 2 [X.], [X.], 578). Jedoch hatte nach den Feststellungen in dem zuerst angemieteten Haus der Anbau nicht begonnen. Auch ein versuchter Anbau, zu dem es regel-mäßig erst mit dem Heranschaffen des Saatgutes an die vorbereitete Fläche kommt [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 60; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 82; [X.]/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 7; [X.]/[X.], BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 10), liegt nicht vor. 4 - 4 - Unter dem strafrechtlichen Aspekt des Anbaus von Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG liegt daher in der Anmietung des Hauses lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung. Entgegen der Ansicht des [X.] kann aus der weiten Auslegung, den der Begriff des [X.] mit Betäubungsmitteln in der Rechtsprechung erfahren hat, nicht geschlossen werden, dass das Anmieten des Hauses dennoch für die Haupttä-ter allein deswegen bereits vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge darstellt, weil geplant war, in dem [X.], das gewinnbringend weiterveräußert werden sollte. Allein dieser Plan ändert nichts daran, dass es sich bei der Anmietung des Hauses bei wertender Betrachtung lediglich um eine typische Vorbereitungshandlung weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes handelt [X.] aaO Rn. 455 und 558). 5 Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn der geplante Anbau im Hinblick auf ein bereits konkretisierbares Umsatzgeschäft hätte vorgenommen werden sollen [X.] aaO Rn. 558), und welche Anforderungen in diesem Fall an die Konkretisierbarkeit des Umsatzgeschäftes zu stellen wären, bedarf hier keiner näheren Betrachtung; denn dass die Ernten aus der für das [X.] vorgesehenen Plantage für bereits konkretisierbare Verkäufe [X.] waren, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. 6 Ebenso wenig muss sich der Senat mit der Frage befassen, ob die Be-schaffung von Setzlingen oder Samen (s. dazu [X.] 1 Rn. 248 ff., § 29 Rn. 61 f. und 558), die für die geplante Plantage bestimmt waren, bereits als vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln anzusehen wäre, zu dem der Angeklagte durch die vorherige Anmietung des Hauses Beihilfe geleistet haben könnte; denn auch derartige Beschaffungsvorgänge sind nicht festgestellt. 7 - 5 - b) Die Urteilsgründe belegen ferner nicht, dass der Betäubungsmittel-handel bandenmäßig begangen wurde. Sie ergeben nicht, dass eine (zumindest konkludente) Bandenabrede getroffen worden war. Selbst wenn sich dafür nicht alle Bandenmitglieder untereinander kennen müssen ([X.], Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 [X.], [X.]St 50, 160, 167 f.), ist doch erforderlich, dass jeder Beteiligte den Willen hat, sich zur künftigen Begehung von Straftaten mit ([X.]) zwei anderen zu verbinden. Das Vorliegen dieser Voraussetzung er-gibt sich aus den Feststellungen nicht. Die dortige Wertung, die Betreiber der Plantagen hätten "jeweils aufgrund einer stillschweigenden Übereinkunft als Bestandteil eines 'strahlenförmig' auf den [X.] als Zentralgestalt zulaufen-den Organisationsschemas" gehandelt, reicht zur Annahme einer Bande nicht aus; denn es bleibt offen, ob die verschiedenen Betreiber lediglich für sich (durchaus ähnliche) Geschäftsbeziehungen zu "dem [X.]" aufnehmen [X.] sich in diesem Rahmen auch untereinander zusammenschließen wollten. Nähere Feststellungen zu einer solchen Vereinbarung, etwa hinsichtlich ihres Inhalts oder der beteiligten Personen, fehlen. 8 3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei-dung. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich weitere Feststellungen zu einem etwaigen Anbau auch in dem zuerst angemieteten Haus und zu einem bandenmäßigen Zusammenschluss treffen lassen. 9 Sollte wiederum eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommen und das Vorlie-gen minder schwerer Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG zu prüfen sein, wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass das Höchstmaß der (ge-milderten) Strafe erst durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 ([X.], 2010, 2020) mit Wirkung ab dem 23. Juli 2009 auf zehn Jahre angehoben wurde. Der [X.] - 6 - te mietete das eine Haus bereits vor dieser Gesetzesänderung an, das andere erst danach. Im Übrigen wird zu beachten sein, dass die jeweilige Tatzeit (s. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 8 Rn. 5 mwN) vor dem 1. September 2009 lag, mithin vor In-krafttreten von § 31 BtMG nF, § 46b StGB. Bei der [X.] wird daher gegebenenfalls zu prüfen sein, ob die Strafrahmenverschiebung nach § 31 BtMG aF, § 49 Abs. 2 StGB für den Angeklagten günstiger wäre als die Anwen-dung des § 31 BtMG nF i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (§ 2 Abs. 3 StGB; s. [X.], [X.] vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, [X.], 523). 11 Becker von [X.] [X.]

Meta

3 StR 491/10

15.02.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2011, Az. 3 StR 491/10 (REWIS RS 2011, 9434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9434

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3 StR 491/10

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